Neue Zeitung, 1990 (34. évfolyam, 1-52. szám)
1990-01-06 / 1. szám
WOCHENBLATT DES VERBANDES DER UNGARNDEUTSCHEN 34. Jahrgang, Nr. 1 Preis: 1,80 Ft Budapest, 6. Jänner 1990 Vor einem schicksalsentscheidenden Jahr? Will man sich ausmalen, was 1990 in der Nationalitätenpolitik bringen wird, so ist das verstrichene Jahr dafür der beste Ausgangspunkt. 1989 sind wichtige politische Weichen gestellt worden. Die Beschlüsse des Kongresses im Jahre 1988 schienen für die Zukunft des deutschen Verbandes determilierend wichtig, sind ja der Kampf gegen Assimilation, der Ausbau und das Funktionieren des muttersprachlichen Unterrichts sowie der Interessenvertretungen und die Gewinnung der Jugend Grundpfeiler inserer Nationalitätenenxistenz. Die wesentlichsten Elemente unserer modifizierten Satzungen bestehen darin, daß durch die Gründung von lokalen und regionalen Organen der Aufbau von unten ermöglicht wird. Im Vorstand sind jetzt auch die Leiter der Komitatsorganisationen vertreten und die Wahl der Würdenträger erfolgt demokratisch. Es verstrich ein Jahr, und unsere Satzungen erwiesen sich als inaktuell, veraltet, denn in der neuen politisch-organisatorischen Situation ist die Lage unseres Verbandes, unser Verhältnis zur Volksfront und zu den Parteien ganz anderer Natur. Es stellte sich die Frage der Verbandsmitgliedschaft, des weiteren von Platz und Rolle der Vereine, und zur Sprache kam auch die Schwerfälligkeit des Wirkungsmechanismus von Vorstand und Secretariat und des Informationsflusses. Ein hervorstechendes Ereignis les Jahres 1989 war im Frühjahr die rertigstellung des mit Auslandsspenden gebauten Lenau-Hauses, des Sitzes des Lenau-Vereins. Dieses repräsentative Gebäude wurde Zentrum des Deutschtums von Transdanubien, ja ganz Südungarns, ln Anbetracht seiner vielfältigen Programme, seiner modernen Ausrüstung, seiner Gästezimmer und eines Reisebüros wächst die Bedeuung und Anziehungskraft des Hauses von Tag zu Tag, auch für die Allslandsdeutschen. Das Frühjahr 1989 ist das Datum des Baubeginns des Ungamdeutschen Zentrums in Frankenstadt/ Baja, wozu die Bundesrepublik zwei Millionen DM Unterstützung reichte. In der ersten Bauphase wird ein Acht-Klassen-Gymnasium errichtet, dieser folgt die Errichtung einer Grundschule mit ebenfalls acht Klassen, eines Kindergartens und eines Schülerheimes, wozu 1990 ebenfalls 2 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. Die Kontrolle des Nationalitätencharakters der Schule obliegt dem Verband. Ein ebenfalls wichtiges Ereignis war, daß es im September vorigen Jahres zum ersten Treffen zwischen dem Verband der Ungamdeutschen und der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn kam, bei dem die Gebiete und Möglichkeiten der Zusammenarbeit ermessen und ein Kooperationsausschuß ins Leben gerufen wurden. Ihm obliegt u. a. die Einberufung einer Historikerkonferenz für Herbst 1990, die Erschließung und Realisierung weiterer Stipendienmöglichkeiten, die Förderung von Arbeitsaufnahmen und Partnerschaftsbeziehungen im Ausland USW. (Fortsetzung auf S. 2) Aus dem Inhalt Klagen, Klagen, Klagen Seite 3 Erfahrungen eines Ungarndeutschen Seite 6 Budapester Schülerinnen in Biel Seiten 10—11 Leserbriefe Seite 12-13 Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher gegründet Die ungamdeutsche Jugend mobilisieren, eigene Freundeskreise gründen, zu einer gesunden Identität der Jugend beitragen, die deutschsprachige Kultur, die positiven Traditionen des tausendjährigen Zusammenlebens im Karpatenbecken kennenlernen, pflegen, bewahren und weitergeben möchte die Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher (GJU), die am 31. Dezember im Fünfkirchner Lenau-Haus gegründet wurde. Junge Ungarndeutsche, die in den letzten Jahren vor allem durch die Jugendlager einander kennengelernt haben, schlossen sich nun zusammen, um gemeinsame Ziele zu verfolgen, gemeinsam Vorhaben zu verwirklichen, die in der Satzung festgelegt sind. Ein elfköpfiges Präsidium wurde beauftragt, die Arbeit zu koordinieren. Als vorrangiges Ziel gilt das Werben von Mitgliedern, vor allem in bereits bestehenden Formationen (Deutschklubs, Deutschzirkel, Tanzgruppen usw.). Der neuen Jugendorganisation wurde von MISZOT (Verband der Ungarländischen Jugendorganisationen) 100 000 Forint zur Verfügung gestellt, um die Organisationsarbeiten zu erleichtern. Zur Präsidentin der Gemeinschaft Junger Ungarndeutschen wurde Erika Radnai aus Schaumar/ Solymár, Germanistikstudentin der ELTE, gewählt. Die Gemeinschaft hat vor, Beziehungen zu Jugendorganisationen in den deutschsprachigen Ländern, bzw. bei den deutschen Minderheiten in den verschiedenen Ländern auszubauen. Die Gründungsversammlung war mit einer schwäbischen Silvesterparty verbunden. Verfemt Vertrieben Rückbesinnung auf europäische Tragödien Unter diesem Motto fanden vom 16. bis 19. November 1989 in Bozen/ Bolzano (Italien) — unter der Schirmherrschaft der Südtiroler Landesregierung und der Stadtgemeinde Bozen — Internationale Informationstage über Umsiedlung, Aussiedlung, Flucht, Vertreibung und Vernichtung von Volksgruppen 1918-1948 statt. Deutsche, österreichische, italienische, schweizerische, polnische, tschechoslowakische, ungarische, griechische, finnische und sowjetische Vortragende sprachen über das Schicksal türkischer, griechischer, italienischer, slowenischer, deutscher, ungarischer und jüdischer Volksgruppen vom Mittelmeerraum und Südosteuropa bis zum Baltikum und Osteuropa. Über die Aussiedlung der Ungarndeutschen hielt Prof. Dr. Lóránt Tilkovszky einen Vortrag, wobei er zahlreiche Berührungspunkte zur Problematik der Umsiedlung der Südtiroler Deutschen fand. (Siehe seinen Beitrag auf Seite 4.) Die Geschichte der Option der Südtiroler Deutschen wurde übrigens in einer Ausstellung und einem Dokumentarfilm demonstriert. Ziel dieser Informationstage war „die Überwindung der Vergangenheit, die Überwindung des Nationalismus“ und die Suche nach „Wegen zu einem Europa der ethnisch-kulturellen Vielfalt und Toleranz“. Das gesamte Beratungsmaterial wird in Buchform herausgegeben. Verfolgt