Neue Zeitung, 1990 (34. évfolyam, 1-52. szám)

1990-01-06 / 1. szám

NZ 1/90 Klagen, Klagen, Klagen Das war wieder ein Tag, als sich viele ihren Ärger von der Seele re­den konnten! Wie denn auch nicht, wenn es um den Nationalitätenun­terricht geht? Die sich damit be­schäftigende Sitzung des für die ein­heimischen Minderheiten zuständi­gen Unterausschusses beim Minder­heitenkollegium des Ministerrates am 4. Dezember war ein „lauter Aufschrei“ — um dem diesjährigen Deutschen Kalender einen Titel zu entlehnen. Die Lage des Nationalitätenun­terrichtswesens wurde in einem 24 Seiten umfassende Informationsbe­richt des Bildungsministeriums zu­sammengefaßt und geschildert. Und diese gibt Grund genug zum Klagen und „Aufschreien“. Doch was bringt das? Was bringt eine noch so gute Studie, in der Probleme genannt werden, die man seit Jahrzehnten kennt? Sie kann natürlich ein guter Ausgangspunkt sein, um die mise­rablen Zustände zu verändern. Aber: Hat es solche Analysen nicht schon des öfteren gegeben? Haben Verbandsleitungen, Lehrerbildungs­intitute und Nationalitätenkongres­se nicht wiederholt auf die Unhalt­barkeit der Lage des Nationalitäten­unterrichts — und aller einschlägi­gen Schulen, Bildungseinrichtungen — hingewiesen? Wird nicht seit Jahrzehnten — über die „24. Stun­de“ gesprochen, über die Assimila­tion? Und was ist geschehen? Ist au­ßer Worten etwas geschehen? Ja, es gibt seit ein paar Jahren den zwei­sprachigen Unterricht. Und die Lehrer dazu werden ab nächstem Jahr ausgebildet. Dr. Katharina Wild, amtierende Leiterin des Deutschlehrstuhls an der Fünfkirch­ner Universität: „Es heißt, der zwei­sprachige Unterricht soll gefördert und verbreitet werden. Das kann aber innerhalb von zehn Jahren nicht verwirklicht werden, weil es keine Lehrer gibt. Diese Unter­richtsform kann nur in größeren Schulen eingeführt werden, weil man dazu mindestens drei Deutsch­lehrer braucht. Deshalb muß auch der sprachunterrichtenden Form mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, weil dies auch an kleinen Schulen durchgeführt werden kann.“ Ja, „muß“. Der Lehrstuhl muß zum Beispiel — mit wenigen Lehrkräften und schlechten Löhnen — um zweieinhalbmal mehr Lehrer ausbilden und Russischlehrer um­bilden. Vieles andere „muß“ ge­macht werden. Wie seit Jahrzehn­ten. Wie und wovon? An den Kon­zeptionen wird gearbeitet. Bis dahin bleibt es wie seit Jahrzehnten dabei, daß einem wenigstens das Recht und die Möglichkeit gegönnt ist, seinen Ärger von der Seele zu reden. Durchgeführt werden muß übri­gens auch eine Assimilationsfor­schung, worüber der stellvertreten­de Minister Csaba Tabajdi überra­schenderweise vor der Mittagspause der Sitzung abstimmen ließ und die von der Mehrheit unterstützt wurde. Daß die Vertreter der Nationalitä­tenverbände nicht zu dieser Mehr­heit gehörten? Daß die slowakische Generalsekretärin z. B. eher eine „Überlebensforschung“ unterstüt­zen würde? Das ist ihr gutes Recht. Aber die Mehrheit des Unteraus­schusses, dessen Mitglieder nach Angaben des Kollegiums zu 70 Pro­zent Minderheitenangehörige sind, war für die Assimilationsforschung. Und so hat sich eine ausführliche Diskussion der Frage auch erübrigt. Tabajdi schloß sie mit dem Satz: „Es wurde darüber abgestimmt!“ ab. Jo­hann Wolf art, Sekretär des Verban­des der Ungarndeutschen, meinte nach der Mittagspause bitter: „Ein staatliches Amt hat nicht die Aufga­be zu bestimmen, wie sich die Natio­nalitätenvertreter zu verhalten ha­ben. Es ist wahrscheinlich, daß bei solchen Abstimmungen die Vertre­ter der Minderheiten in der Minder­heit bleiben.“ Doch der stellvertre­tende Minister konnte darauf nicht mehr reagieren, weil er zur Jubi­läumsveranstaltung des Verbandes der Ungarn in Kroatien fahren muß­te. So bleibt die Antwort bis zur nächsten Sitzung offen. —nek Berlin, Ende November 1989 Wir drei aus Ungarn trafen uns in Berlin. Da das Bier zur Zeit dort noch billiger ist als bei uns, bestellten wir je ei­nen Krug in der Schenke, nicht weit vom Hotel. Wir drei Ungarn, ich ein Ungamdeutscher, der zweite deutscher Abstammung mit einem deutschen Namen, der dritte ein echter Ungar. Damit möchte ich natürlich nicht sagen, daß in Ungarn nur ein jeder dritte ein Stockungar ist. Es war reiner Zufall. Beim Bier unterhielten wir uns unga­risch, wenn ein Ungar auch mit dabei ist, gehört es sich so. Unser Tischkumpel aus der DDR kam eben mit dem nächsten Bier und Kom zurück uns sprach uns ohne Einleitung an: „Wir sind nicht auf alle Polen böse. Es gibt auch gute Polen. Wir sind nur wegen der nervös, die hier alles aufkaufen, um Geschäfte zu machen. „Wir sind keine Po­len“? so ich, „wir sind Ungarn“. „Ungarn? Also euch mögen wir sehr. Ihr müßt sofort noch ein Bier auf meine Ko­sten trinken. Euch haben wir vieles zu verdanken. Mit der Hilfe der BRD kommen wir bald hoch und dann geben wir eure Hilfe zurück.“ Jetzt, wo unsere Wirtschaft in jeder Minute zusammenbrechen kann, ist es doch beruhigend, daß wir laut unse­res Kumpels in der Zukunft mit der Hilfe der DDR rechnen können... Zitate „Den Nationalitäten droht sogar in den reichen Demokratien die As­similation. Die Demokratie garan­tiert den Nationalitäten nur die Möglichkeiten zur Praktizierung ih­rer Rechte. Gegen die spontane Aufsauge- und Aufreibungswir­kung der Mehrheit kann sich die Minderheit ohne Hilfe nicht weh­ren“. „Vonnöten ist ein Gesetz für die Nationalitäten und die ethnischen Minderheiten. Dies könnte die Basis dessen sein, daß der passive Minder­heitenschutz durch einen aktiven er­setzt wird. Die Nationalitäten müs­sen an der Gesetzgebung beteiligt sein und ihre Abgeordneten müssen von ihnen selbst gewählt werden. Ein Ausschuß des Parlaments muß sich mit den Nationalitätenangele­genheiten befassen, und ein anderer Ausschuß muß sich mit den Belan­gen des Ungartums außerhalb unse­rer Grenzen beschäftigen“. (Aus einem Vortrag des stellvertreten­den Ministers Csaba Tabajdi vor dem Nationalitätenausschuß des Komitats­­rates Baranya in Fünfkirchen) 3 Charles Duke: 72 Stunden auf dem Mond Er sei aufgeregt gewesen wie ein kleiner Junge, als er die ersten Schritte auf dem Mond machte, er­innert sich Charles Duke. In seiner Erregung habe er anfangs nur stot­tern können. Während sein berühm­terer Vorgänger Neil Armstrong, der erste Mann auf dem Mond, den vermutlich lange zurechtgelegten Ausspruch tat: „Ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein großer Schritt für die Menschheit!“? ent­rang sich Charles Duke nur der Auf­schrei: „Yahoo, wir sind da!“ Der 54jährige amerikanische Bri­gadegeneral der Reserve ist einer der bisher zwölf Erdbewohner, die für längere oder kürzere Zeit auf dem Mond weilten. Über sein kos­misches Abenteuer erzählte er auf einem Treffen in Budapest, zu dem der bundesdeutsche Arbeitskreis christlicher Publizisten und der World Leadership Council, eine pri­vate Stiftung aus Texas, geladen hat­ten. Bei dieser Gelegenheit über­reichte Charles Duke dem ungari­schen Parlamentssprecher István Fodor eine amerikanische Flagge, die seinerzeit die Reise zum Mond mitgemacht hatte. Der Astronaut verbrachte 1972 als Mitglied des Apollo-16-Teams 72 Stunden auf dem Erdtrabanten. Von seinem Aufenthalt in einem et­wa 60 Kilometer weiten Tal, das er von der Gestalt her mit einem Al­pental vergleicht, hat er den Ein­druck ewigen Friedens mitgenom­men. Seine Heimat, die Erde, be­kam er in diesen Tagen nur mühsam zu Gesicht, da sie senkrecht über ihm stand und es ihm in seinem Raumanzug schwer fiel, sich nach hinten zu neigen. Das schönste Schauspiel seines Lebens bot sich ihm an Bord von Apollo-16, als er den bunten Planeten Erde erstmals in seiner vollen Gestalt — „wie ein kostbares Juwel“ — erblickte. Auf der Rückfahrt erlebte er den Auf­gang der Erde hinter dem Mond. Er sei ergriffen gewesen von dem Ge­fühl: „Dies ist die eine unsere Welt, auf der wir in Frieden leben müs­sen.“ Trotz Ruhm und Anerkennung, trotz materiellen Wohlstands sei er innerlich lange nicht zur Ruhe ge­kommen, erzählte er. Die Wende in seinem Leben beschrieb er mit den Worten: „Erst als ich mein Leben in einer bewußten Entscheidung Jesu gab, fand ich Frieden und einen Sinn in meinem Leben.“ Die dramatische Veränderung, die sein Dasein da­durch erfahren habe, bestimme ihn dazu, in der ganzen Welt umherzu­reisen und den Menschen davon zu erzählen. — mm —

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