Neue Zeitung, 1993 (37. évfolyam, 1-52. szám)
1993-01-02 / 1. szám
UNGARNDEUTSCHES WOCHENBLATT 37. Jahrgang, Nr. 1 Preis: 10 Ft Budapest, 2. Jänner 1993 11- Der Esel geht vor Zufrieden nach getaner Arbeit, voller Zuversicht blickt diese Wuderscher Großfamilie irgendwann in der Zwischenzeit in die Zukunft. Haben wir Grund zu ähnlicher Zufriedenheit? Oder sollen wir eher daran denken, welche tragischen Jahre über diese und Hunderttausende ähnliche Familien später hereingebrochen waren? Können wir heute optimistisch sein? Wenn man an die letzte Sitzung des Vorstandes des Verbandes der Ungarndeutschen zurückdenkt, an eine sechsstündige, ziemlich unfruchtbare Debatte, die die Anwesenden schön langsam vertrieb, so kann man eher zum Pessimismus neigen. Seit dem „Erneuerungskongreß“, von dem viele mindestens den Anfang einer tatsächlichen Erneuerung erhofft hatten, kann man in den führenden Gremien kaum einen konstruktiven Gedankenaustausch miterleben, von Konzepten ganz zu schweigen. „Der Esel geht vor“, sagte wieder zutreffend Franz Heilig aus Wesprim, als es darum ging, ein Konzept sollte her für den erforderlichen neuen Kongreß. Man hat aber den Eindruck, daß es gar keinen Esel gibt, oder wenn es einen geben sollte, geht er sicher nicht vor, so daß die arme Herde ziemlich ratlos herumtrottete. Neue Gedanken erhofft sich das Sekretariat wohl von einem neuerlichen Fragebogen. Ob das einzige Möglichkeit ist, ein Konzept auszuarbeiten, mit Zielen, Werten und Aufgaben, die für uns Ungarndeutschen wirklich wichtig sind? In Soloarbeit wird das nicht gehen! Allmählich setzt sich vielleicht doch die Erkenntnis durch, daß wir von der gegenwärtigen Voksfrontorganisation Abschied nehmen sollten, wenn wir im heutigen demokratischen Ungarn als ernstzunehmender Ansprechpartner gelten wollen auf lokaler wie auf Landesebene. Den ersten Schritt auf diesem Wege haben Vertreter von 26 ungarndeutschen Vereinen im November in Tengelic getan, indem sie Forderungen stellten, über die es sich zu diskutieren lohnt. Denn nur wenn man einander zuhört und versucht, die unterschiedlichen Argumente auch zu begreifen, kann man — wenigstens in den wichtigsten Fragen — auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Wird das Jahr 1993 tatsächlich die ersehnte Erneuerung bringen? Johann Schuth Viele scheinen keine Ahnung zu haben, was das Wort legitim, Legitimität eigentlich heißt: Legitim: rechtmäßig, gesetzlich anerkannt; Legitimität: Rechtmäßigkeit einer Staatsgewalt; Übereinstimmung mit der demokratischen Verfassung, Gesetzmäßigkeit eines Besitzes, Anspruchs; Legitimitätsprinzip: innere Rechtfertigung der Gesetzmäßigkeit, bes. einer demokratischen Regierungsform (alle Gewalt geht vom Volke aus). Wir wünschen unseren lieben Lesern ein glückseliges, erfolgreiches, neues Jahr! An gewisse Kriterien gebunden Budgetunterstützung für Minderheitenorganisationen Der mit der Vorbereitung des Minderheitengesetzentwurfes befaßte parlamentarische Unterausschuß hat seine Arbeit beendet, über das Expertenmaterial werden Koordinierungsverhandlungen zwischen den sechs Parteien aufgenommen, verlautete im parlamentarischen Menschenrechtsausschuß. Das Gremium debattierte über Verteilungsprinzipien der 220 Millionen Forint ausmachenden Rahmensumme, die der Staatshaushalt zwecks Unterstützung der nationalen und ethnischen Organisationen separierte. Nach Ansicht der Abgeordneten sollte das für dieses Jahr erarbeitete System auch 1993 in Betracht gezogen werden, doch müßten in Zukunft bei den Zuschüssen gewisse formale Regelungen stärker berücksichtigt werden. So beispielsweise das Vorhandensein einer Gründungsurkunde und die gültige gerichtliche Registrierung der Antragstellerorganisation. Außerdem sollten nur jene Organisationen gefördert werden, die seit mindestens einem halben Jahr wirken. Denn es müsse der Anschein zerstreut werden, die Unterstützungssumme würde den Nationalitätenorganisationen als subjektives Recht zustehen. Im Zusammenhang damit kam auch zur Sprache, daß am Budgetrahmen ausschließlich die Landes- und Regionalorganisationen beteiligt würden, während für die Unterstützung der lokalen Organisationen die Selbstverwaltungen zu sorgen hätten. (MTI) Aus dem Inhalt Minderheitenförderung aus Deutschland — Seite 3 Zum Jahreswechsel — Seite 4/5 Bewährtes bewahren. Neues schaffen — Seite 7 Noch leise, aber nicht mehr zu überhören — Seite 8/9 Sie können Verständnis wecken — Seite 11 Deutsche Minderheiten dürfen nicht als Faustpfand mißbraucht werden In der Bundestagsdebatte über »Förderung der Deutschen und ihrer Kultur im staatlichen Europa und jenseits des Urals sowie des ostdeutschen Kulturerbes in der Bundesrepublik Deutschland« betonte der SPD-Abgeordnete Horst Sielaff, die Deutschen würden in ihren Herkunftsländern nur bleiben, wenn sie dort von ihren Nachbarn als Menschen akzeptiert würden und auch eine ökonomische Zukunft für ihre Kinder sähen. Deutsche Hilfe dürfe dabei nicht überschätzt oder nur deshalb gegeben werden, damit die Deutschen um jeden Preis in ihren heutigen Staaten oder Wohnorten blieben. Diese Hilfe sei nicht ausschlaggebend dafür, ob die Menschen blieben oder nicht. Sie helfe vielleicht, das Bleiben zu erleichtern bzw. den Willen zum Bleiben zu unterstützen. Über die Förderung im bisherigen Rahmen würde aller(Fortsetzung auf S. 2)