Neue Zeitung, 1997 (41. évfolyam, 1-52. szám)

1997-01-04 / 1. szám

Lorenz Kerner, Vorsitzender der Landesselbstverwaltung der Ungamdeutschen Gedanken zum Jahreswechsel An der Schwelle des neuen Jahres, inmitten der Festtagsstille, ist nach al­tem Brauch Einkehr geboten, um zu­rückzublicken auf das Vergangene, auf Erreichtes im Familiären wie im Gesellschaftlichen. Manches, was uns bewegte, was durchlebt und ge­tan wurde, bringt sich noch einmal in Erinnerung, will beachtet und durch­dacht sein. Stolz können wir Ungamdeutsche sein auf das von uns allen Geleistete rnd Geschaffene. Es ordnet sich zum jroßen und Ganzen - Schritt für schritt —, das entschlußffeudig in den Selbstverwaltungen bewirkt und tat­­oll in den Dörfern und Städten ver­­.iunftvoll und bedächtig umgesetzt wird. Als beredte Beispiele sollen hier nur erwähnt werden: - die vielversprechenden Aktivitä­ten der 164 ungamdeutschen Minder­heitenselbstverwaltungen, - die immer inhaltsvollere Arbeit der mit deutscher Hilfe eingerichteten Begegnungsstätten und Klubs, - die mehrere tausend Menschen bewegende vielseitige Tätigkeit unse­rer zahlreichen zivilen Organisatio­nen, - das Festival junger Talente in Bohl/Böly im März, - die ungamdeutschen Tage in Pápa im August, - die Woche der ungamdeutschen Kultur in Ödenburg im September, - die landesweite Kulturschau „Heimatmelodie” am 24. November in Fünfkirchen und - das erfolgreiche 12. Festival un­serer besten 27 Volkstanzgruppen am 31. November und 1. Dezember in Szekszárd. Das macht uns nicht selbstzufrie­den, denn noch ist der Berg nicht er­klommen, noch sind unsere Ziele nicht erreicht. Doch Schwung und Begeisterung werden anhalten - so die Signale von überall her. An all die Vielzahl von Initiativen ist zu erin­nern, sie werden beachtet und gewer­tet, vor allem auch von jenen, die uns gewählt haben, die uns in unserer Ar­beit schätzen, und wissen, daß auf uns Verlaß ist. Was wir beginnen, bringen wir auch zu einem guten Ende. So ist unser Ansehen im Lan­de, das sich schon immer durch Fleiß, Leistung und Können auszeichnete. Diese Eigenschaften ließen und las­sen uns zu verläßlichen Partnern wer­den. Auf uns kann man bauen. Das war so, das bleibt so. Darauf vertraut man. Deshalb sind unsere Beziehungen zur Mehrheitsnation eindeutig und konfliktlos. Das Jahr mit seinen Erinnerungen bringt uns auch jene dunkle Zeit mit ihrem Schattendasein zurück, die un­vergessen bleibt. Mit der wissen­schaftlichen Tagung aus Anlaß des 50. Jahrestages der Vertreibung setz­ten wir ein Zeichen, indem wir sie unter das Thema „Der Beitrag der Ungamdeutschen zum Aufbau der gemeinsamen Heimat” stellten. Al­lein daran ist erkennbar, was uns be­wegt und womm es uns geht. Wir verloren uns nicht im Rückwärtsge­wandten, sondern stellten - ohne überheblich zu sein — mit dem Blick nach vom die Frage: Wo ständen die Vertreiberländer heute wirtschaftlich, wären sie nicht den nationalistischen Parolen gefolgt? Geschwächt, doch nicht geschla­gen, faßten wir nach Jahren der Bit­ternis neuen Mut, bahnten uns mit Vertrauen den Weg zu unserer Aner­kennung und gaben auch unserer Kultur und Muttersprache wieder Zu­versicht. Mit kleinen Schritten wurde manches vollbracht, wenn wir an die Kultur- und Tanzgruppen und die wichtigen identitätsfördemden Ein­richtungen denken. Sie sind Márk­steine unserer Bemühungen, damit sich das Ungamdeutschtum nicht verliert, damit es sein traditionsrei­ches Antlitz behält. Zu denken war an 40 Jahre Deutscher Klassenzug im Leöwey-Gymnasium, 40 Jahre Deut­sches Regionalradio, Deutscher Lehrstuhl in Fünfkirchen, und 1997 feiert unsere Neue Zeitung ihren 40. Geburtstag. Der werterhaltende Sinn ihres Einflusses wird z. B. im univer­sitären Bereich ganz deutlich. Früher studierte lediglich eine Gruppe un­­gamdeutscher Studenten an Hoch­schulen und Universitäten, gegen­wärtig sind es weit über hundert al­lein an den germanistischen Lehr­stühlen. Ihre guten muttersprachli­chen Leistungen gründen sich auf die muttersprachbewußte familiäre Um­gebung und die solide Aus- und Wei­terbildung in allen Bildungs- und Er­ziehungseinrichtungen. Zu denken ist aber auch an unsere ungamdeutsche Literatur; für die Au­toren ist das deutsche Wort Wurzel und Heimat, sie geben seit 25 Jahren unserer Muttersprache wieder Hoff­nung und Würde. Indem wir uns der Literatur und Kunst zuwenden, er-(Fortsetzung auf Seite 3) Tag der Minderheiten in der zivilisierten Welt - innerhalb dieser in Europa - sind ohne die Re­spektierung und Realisierung der Minderheitenrechte weder die Ent­wicklung zu garantieren noch unsere demokratischen Institutionen zu stär­ken, betonte Premier Gyula Horn bei der Übergabe der mit Gedenkplatte, Urkunde und je 200 000 Forint ver­bundenen Minderheitenpreise der Republik Ungarn am 18. Dezember im Parlament. Der Ministerpräsident unterstrich: Mit der Deklarierung des 18. Dezembers zum Minderheitentag wollte die Regierung den feierlichen Anlaß dazu schaffen, damit die Ge­sellschaft das Leben der Minderhei­ten, ihre Kultur, Traditionen sowie deren uns alle bereichernde Werte besser kennenleme. Unter den Aus­gezeichneten befanden sich Dr. Béla Szende und Botschafter Dr. Heim­chen (die NZ-Gespräche finden Sie in unserer Doppelnummer 51- 52/1996). Der deutsche Botschafter spendete den mit dem Minderheiten­preis verbundenen Geldbetrag der Deutschen Bühne Ungarn, deren Eh­renmitglied er ist. Eine der meistdiskutierten Fragen sei, wie die ungarländischen Minder­heiten bei den nächsten Wahlen zu einer Parlamentsvertretung gelangen können, betonte Staatschef Árpád Göncz beim Treffen der Vertreter der Minderheitenselbstverwaltungen in Sátoraljaújhely. Dieses Problem sei auf alle Fälle zu lösen. Er wisse, daß die Minderheitenselbstverwaltungen (MSW) wenig Geld zur Realisiemng ihrer Aufgaben erhalten. Wenn MSW-Vertreter in der örtlichen Kommune bzw. die Bürgermeister in den MSW Stimmrecht hätten, würde dies unbedingt zur Effizienz der Zu­sammenarbeit beitragen, meinte Göncz. Beim Minderheitentag in Bé­késcsaba sprach Gábor Gellért Kiss, Vorsitzender des Parlamentsaus­schusses für Menschenrechte, Reli­gions- und Minderheitenbelange, un­ter anderem auch über die in Vorbe­ (Fortsetzung auf Seite 3) Aus dem Inhalt Klubraum in Mözs übergeben Mir einer großangelegten Pro­grammreihe wurde der 18. Dezem­ber, der Tag der ungarländischen Minderheiten, in der Gemeinde Tol­­na-Mözs im gleichnamigen Komitat gefeiert. Zum Angebot des Tages ge­hörten verschiedene bunte Auffüh­rungen in den Kindergärten, Schulen und im örtlichen Gymnasium. Im Mittelpunkt all dieser Programme stand die feierliche Übergabe des neuen Klubraumes im vormaligen Gebäude des Gemeinderates. Seite 2 „Mein Wunsch ist, Schauspielerin zu werden” Seit Mitte Oktober studiert die junge Fünfkirchnerin Ildikó Frank Schau­spielkunst am Deutschen Staatsthea­ter in Temeswar (Rumänien). Er­möglicht wurde die vierjährige Aus­bildung durch die finanzielle Zu­wendung der Donauschwäbischen Kulturstiftung des Landes Baden- Württemberg. Falls sich das Pilot­projekt bewährt, sollen weitere junge Ungamdeutsche in Temeswar ein Vollstudium erhalten und dadurch der Nachwuchs für die Deutsche Bühne Ungarn gesichert werden. Seite 4 Forschungs- und Lehrerbildungszentrum der Ungarndeutschen Am 1. September 1994 begann das Zentrum mit Unterstützung des Mi­nisteriums für Bildung und Kultur an der Universität ELTE Budapest sei­ne Arbeit. Das Zentrum hat sich zum Ziel gesetzt, in den Fragen des un­garländischen Deutschtums eine ko­ordinierende Funktion zu erfüllen und als Informationsbasis und Kom­munikationszentrum zu arbeiten so­wie die Koordination von Unterricht und wissenschaftlicher Publikations­tätigkeit wahrzunehmen. Eine neue Aufgabe nahm das Zentmm wahr, als es in den Unterricht des vom Germanistischen Institut angebote­nen Spezialprogramms für die deut­sche Minderheit eingestiegen ist. Seite 5 Wörter und Wendungen Anläßlich der vom Fünfkirchner Le­nau-Verein und dem Institut für do­nauschwäbische Geschichte und Landeskunde (Tübingen) am 29./30. November im Lenau-Haus veranstal­teten Konferenz „Deutsche Literatur im Donau- und Karpatenraum (1918-1996)” referierte Dr. Béla Szende über die Geschichte des Ver­bandes und die Entstehung der Lan­desselbstverwaltung der Ungam­deutschen. Wir veröffentlichen das Referat in Fortsetzungen. Seite 6 NZ-Bei läge BUSCH-TROMMEL

Next