Neue Zeitung, 1999 (43. évfolyam, 1-53. szám)

1999-01-02 / 1. szám

4 AUSZEICHNUNG/NZ-GESPRACH NZ 1/99 Mit dem Minderheitenpreis des Ministerpräsidenten ausgezeichnet Heinrich Reitinger Heinrich Reitinger ist geschäfts­führender Vorsitzender des Un­­gamdeutschen Sozial- und Kul­turwerks und war über vier Jahr­zehnte geschäftsführender Vor­sitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn. Er ist Gründungsmitglied des Fünf­kirchner Nikolaus-Lenau-Kul­­turvereins. Heinrich Reitinger stammt aus der kleinen Gemeinde Sérsekszőlős bei Tab in der Schomodei. Ihm wurde bei Kriegsende dasselbe Schicksal zuteil wie den über 200.000 Ungamdeutschen, die aus der gemeinsam mitaufgebauten Heimat vertrieben wurden. Er war damals 26 Jahre alt. In seiner neuen Heimat, in Bayern, gründete er im Rahmen des Roten Kreuzes die Betreuungsstelle für die Südost­deutschen, weil sich in Deutsch­land damals niemand um die Auf­nahme der Vertriebenen kümmerte. Sechs Jahre später, am 4. März 1951, wurde in München die Bundeslandsmannschaft der Deut­schen aus Ungarn gegründet, deren geschäftsführender Vorsitzender er wurde. Dieses Amt bekleidete er bis 1996, also 45 Jahre lang. 1950 trafen sich die führenden Persönlichkeiten der vertriebenen Ungamdeutschen zu einer Tagung in Bad Kissingen. Sie verabschie­deten auf Vorschlag von Heinrich Reitinger ihre erste Resolution, in der es heißt: Trotz des großen Unrechts der Vertreibung wollen wir uns mit dem Ungamtum ver­söhnen, denn nicht das ungarische Volk hat uns vertrieben. Im Mai 1961, anläßlich der Anhörung aller südostdeutschen Landsmannschaften im außenpoli­tischen Ausschuß des Bundestages, wo es um die Aufnahme der diplo­matischen Beziehungen mit den osteuropäischen Staaten ging, hat sich allein die Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn dafür ausgesprochen. Die Delegation wurde von Heinrich Reitinger geleitet. Das von Reitinger 1968 gegrün­dete Ungamdeutsche Sozial- und Kulturwerk organisiert zweijählich die Backnanger Kulturtagung, zu der seit 1984 regelmäßig auch ungarndeutsche und namhafte ungarische Referenten eingeladen werden, um die gemeinsame Geschichte, die historische Rolle und den Beitrag der Ungamdeut­schen zum Aufbau Ungarns aufzu­arbeiten. Unsere ersten Kultur­gruppen gastierten offiziell Anfang der 80er Jahre auf Einladung von Heinrich Reitinger in der Bundes­republik Deutschland. Seitdem sind kulturelle Begegnungen, Gemein­de-, Schul- und verschiedene ande­re, die Ungarndeutschen berei­chernden und vielseitig fördernden Partnerschaften zum Alltagsge­schehen geworden. 1947 wechselte Heinrich Reitin­ger vom Roten Kreuz zum Evange­lischen Hilfswerk Bayern, wo er bis zu seiner Pensionierung arbeite­te. Durch seine Mitarbeit hat das Diakonische Werk in Ungarn 61 Kirchen, 18 Altenheime und drei Heime für behinderte Kinder reno­viert und modernisiert. In den 80er und 90er Jahren organisierte Rei­tinger mit der Teilnahme von Pfar­rern aus Bayern mehrere hundert deutschsprachige Gottesdienste in Ungarn sowie sprachliche Aus- und Fortbildungskurse für ungarländi­sche evangelische Pfarrer in Deutschland. Die von ihm geleite­Herr Botschafter, mit dem 31. Dezember ging die österreichische EU-Ratspräsidentschaft zu Ende. Wie sieht die Bilanz der österreichi­schen Ratspräsidentschaft aus? Aus der Sicht Ungarns ist es am wichtigsten, daß sich die Mit­gliedsstaaten der Europäischen Union entschieden haben, Beitritts­verhandlungen auf der Ebene des Rates mit den Beitrittskandidaten zu führen. Das ist deshalb so wich­tig, weil die eigentlichen Aufnah­meverhandlungen zwischen ihnen und den Mitgliedsstaaten stattfin­den. Die vorherigen Gespräche, unter dem Begriff screening bekannt geworden, sind nur die Vorbereitungen für diese Runde. Aus den eigenen österreichischen Erfahrungen möchte ich hinzufü­gen, daß dieser Schritt auf der Vor­bereitungsebene mit der Kommis­sion vor den echten Verhandlungen sehr wichtig ist. Ein weiterer sehr wichtiger .Bereich sind die internen Reformen der EU. Ich glaube, daß da doch unter der österreichischen Präsidentschaft die Mitgliedsstaa­ten wesentliche Orientierungs­punkte festgelegt und sich sehr deutlich dafür ausgesprochen haben, diesen Prozeß im März 1999 zu Ende zu führen. Von Bedeutung sind ferner das Fünfte Rahmenprogramm der Forschung, die Beschäftigung im Umweltbe­reich, das Sechsliterauto, das 2008 ten ungamdeutschen Organisationen, ins­besondere das Sozial­­und Kulturwerk, sen­den bis zum heutigen Tag jährlich im Werte von 40.000 DM Me­dikamente nach Un­garn, in erster Linie an Ungamdeutsche. Durch seine Mitarbeit erhalten hilfsbedürftige Ungamdeutsche (Verschleppte, In­ternierte, Kriegswitwen, -invaliden und -waisen) seit 15 Jahren Spen­den im Werte von jährlich über 15.000 DM. 1956 - während der Revolution - war Heinrich Reitin­ger zweimal mit großen Lebens­mittel-, Medikamenten- und Klei­dertransporten nach Ungarn gefah­ren, um mit den Spenden der ver­triebenen Ungamdeutschen „dem Volk und seinen tapferen Söhnen zu helfen“. eingeführt werden soll. Und ver­gessen wir die Vorbereitung auf die Wirtschafts- und Währungsunion nicht. Was wurde in dieser Zeit im Bereich Nationalitäten, Minderheiten er­reicht? Wir haben in Ungarn mit den Landesselbstverwaltungen der Minderheiten Kontakt aufgenomm­­men. Da wir dieses Thema für sehr wichtig halten, veranstalteten wir Mitte Dezember ein Treffen unter dem Motto „Minderheiten und Europa“. Mitveranstalter waren das Amt für Minderheiten, die Deut­sche Botschaft und das Ungarische Justiziministerium. Über dieses Ereignis berichtete auch Ihre Zei­tung (Seite 3), und deshalb möchte ich hier nur darauf verweisen. Was sind die Schwerpunkte, die Ihr Land an die Bundesrepublik Deutschland weitergibt? Am wichtigsten ist die Erweite­rung. Dann folgt die interne Reform der EU und die Zukunft der Union. Diese Diskussionen müssen weitergeführt und vertieft werden. Kommen wir jetzt zu den bilateralen Beziehungen. Was für ein Jahr war 1998 aus dieser Sicht? Meines Erachtens war es ein aus­gesprochen erfolgreiches Jahr. Der Besuchsaustausch war sehr dicht. Die Kontakte wurden auf allen Ebenen intensiv gepflegt. Davon „Aus den Vertriebenen wurden Mittler“ betitelte er seinen Vortrag auf der ersten Budapester Histori­kerkonferenz der Ungarndeut­schen. Auch im Zusammenfinden der beiden amputierten Teile unse­rer Volksgruppe ist sein Beitrag nicht wegzudenken. Für seine Verdienste wurde Heinrich Reitinger 1956 mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, 1971 mit dem Bayerischen Ver­dienstorden und 1991 mit dem Gro­ßen Bundesverdienstkreuz ausge­zeichnet. zeugt am besten, daß sich die Staatspräsidenten, die Regierungs­chefs und die Außenminister zwei Monate nach Antritt der neuen ungarischen Regierung gegenseitig besucht haben. Ein wesentliches Element war die Unterzeichnung des Grundsatzvertrages über die Errichtung einer Euregion zwi­schen dem Burgenland und Győr- Moson-Sopron sowie Vas. Ich ver­rate sicher kein Geheimnis, daß sicherlich noch ein drittes Komi­tat, und zwar Zala, sich dieser Zusammenarbeit anschließen wird. Wird es in der Auslandskulturpolitik Ihres Landes zu irgendwelchen Akzentverschiebungen kommen? Sie wird konsequent weiterge­führt, wie bisher. Wenn es eine Neuigkeit gibt, dann ist es das Interesse Österreichs daran, daß die Frage der Kultur im Rahmen der europäischen Integration ihren Platz bekommt. Es geht nicht darum, eine gemeinsame einheitli­che europäische Kultur anzustre­ben. Ganz im Gegenteil. Die Stär­ke Europas besteht in der Ver­schiedenheit der Kulturen. Eine bessere Zusammenarbeit, ein viel­seitiger Austausch zwischen den Kulturen liegt in unser aller Inter­esse. Auf dieses Thema legte die österreichische EU-Präsident­­schaft großen Wert. Albin Lukács NZ-Gespräch mit Dr. Hannes Pórias, Botschafter Österreichs in Ungarn • • Lorenz Kerner, Heinrich Reitinger, Agnes Szauer, Christine Godknecht und Botschafter Hasso Buchru­­cker im Parlament

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