Neue Zeitung, 2001 (45. évfolyam, 1-52. szám)

2001-01-05 / 1. szám

4 GEMEINSCHAFTEN DER UNGARNDEUTSCHEN NZ 1/2001 Der Schorokscharer Deutschklub - eine Gemeinschaft für Tradi­tions- und Sprachpflege, Freundschaft, Humor und Gemütlichkeit Vor 13 Jahren beschlossen wir zu­sammen mit der damaligen Direkto­rin des Táncsics-Kulturhauses von Schorokschar (XXIII. Bezirk von Budapest), Hilda Mérei, einen deut­schen Jugendklub zu gründen. Auf den Aufruf hin bekundeten zahlrei­che Schwaben des Bezirks Interesse, in solch einer Gemeinschaft mitma­chen zu wollen. Eingangs waren auch einige Jugendliche dabei, doch weil die Älteren überwogen und sich erfreulicherweise oft schwo­­wisch unterhielten, was die Jünge­ren nicht einwandfrei verstanden hatten, blieben langsam auch die paar jungen Leute weg. Nicht so aber die Fünfziger und Sechziger, sie brachten noch weitere Freunde und einstige Klassenkameraden mit in die Gemeinschaft die sich gerne deutsche Lieder, Blasmusikaufnah­men anhörten, die deutsche Sprache, die Mundart pflegten, über Vergan­genheit, Gegenwart und Programme ihrer engeren Heimat, aber auch vie­les über Geschehnisse der Ungarn­­deutschen anderer Gegenden erfah­ren wollten. Bald nach der Gründung schmie­dete sich eine echte Gemeinschaft, die sich der Freundschaft, dem guten Humor und der Traditions­pflege verschrieb. Kurz nach dem Start wurden auch die wichtigsten Symbole für den Freundeskreis kon­stituiert, so die dreieckige Fahne, auf blaue Seide gestickte Blumen mit einem Goldrahmen und dem Namen sowie dem Gründungsjahr „Schorokscharer Deutschklub 1987“. Die wunderschöne Fahne hat Anna Bieber entworfen und ange­fertigt. Das andere Sinnbild ist das Klublied LUSTIG IST DAS KLUB­LEBEN, dessen Text Jakob Roth zur Melodie von „Lustig ist das Zigeu­nerleben“ dichtete, der all das besingt, was für uns charakteristisch ist. Der Deutschklub ist kein Verein, er wird von den Mitgliedsbeiträgen und von der großzügigen finanziel­len Unterstützung der örtlichen Kommunalverwaltung und der deut­schen Selbstverwaltung unterhalten, wofür ihnen auch auf diesem Wege ein herzliches Dankeschön gilt. Das Zuhause, einen Klubraum, stellt das Táncsics-Kulturhaus zur Verfügung, dessen Leiterinnen den Deutschklub allesamt selbstlos unterstütz(t)en (Hilda Mérei, Franz Kóbor - leider nicht mehr unter uns - und heute ist es Marianne Geiger-Moldvai). Gleich zu Beginn war es der Wunsch aller Klubmitglieder, Ungarn zu bereisen und auch andere Schwabengemeinschaften im Lande kennenzulemen, mit ihnen freund­schaftliche Kontakte aufzunehmen und diese zu pflegen. In der zurück­liegenden Zeit unternahmen wir jedes Jahr mindestens einen Aus­flug, aber oft machten wir uns zwei­mal, im Frühjahr und im Herbst, auf den Weg, um schöne Gegenden und die Werte unseres Landes zu ent­decken und zu besichtigen. Bei die­sen Ausflügen versuchten wir immer, zu je einer ungamdeutschen Gruppe in der jeweiligen Region Kontakte aufzunehmen, von der man vieles erfahren konnte und zum Abschluß zu einem angenehmen Plausch, gemeinsamen Feiern invi­­tiert wurde. An diesen Nachmittagen und Abenden ist man sich bei Speis, Trank und Gesang nahe gekommen, und die Stimmung schlug oft hohe Wogen. Die Grundlage zur Freund­schaft bildeten die gemeinsame Kul­tur und die deutsche Sprache. Fro­hen Herzens und mit vielen Erleb­nissen kehren die Schorokscharer stets von diesen Ausflügen nach Hause zurück, denn sie wissen, beim nächsten Mal gibt es eine fröh­liche Begegnung in ihrer engeren Heimat, wo die Gastfreundschaft erwidert werden kann. Solche innig­freundschaftlichen Beziehungen pflegt der Schorokscharer Deutsch­klub zu dem Frauenchor in Willand, dem Heimatverein Tschawa, dem Frauenchor in Schaumar, dem Gannaer Frauenchor, dem Polaner Gemischtchor, dem Deutschklub von Ödenburg, dem Freundeskreis der Takser Donauschwaben und dem Deutschklub in Wesprim. Diese Freundschaften werden durch Begegnungen mal hier, mal dort und zwischendurch brieflich oder per Telefon aufrechterhalten. Die vielen und vielerlei Pro­gramme des Schorokscharer Deutschklubs widerspiegeln all die Bemühungen, einiges vom Alten zu bewahren, dies zu pflegen und den anderen zu zeigen: Es gab Ausstel­lungen über einstige Handwerke von Schorokschar, von Handarbei­ten der Klubmitglieder, alten Fotos und Gegenständen sowie Trachten­stücken. Den Klubraum im Dachgeschoß, wo der Deutschklub jeden zweiten Dienstag seine Beschäftigungen abhält, versuchte man heimisch­bequem einzurichten. Vergilbte Bil­der an den Wänden führen das ein­stige Schorokschar vor Augen, auf anderen Tafeln wiederum ist das Leben der Freundesgemeinschaft verewigt: Trachtenbilder, Handwer­ker, Feste in den Gasthäusern vor dem Weltkrieg und Feierstunden des Deutschklubs jetzt, die großen Fest­tage, Weihnachten, Neujahr, Fasching, Ostern, Weinlesefest und die Ausflüge. Es sind allesamt fröh­liche Stunden, mal bei stimmungs­vollem, schimmernden Kerzenlicht, mal beim lustigen Faschingsbegra­ben. Bei diesen Festen und auch bei den Ausflügen wird viel gesungen, all die Lieder, die Jakob Roth - ein leidenschaftlicher Sammler der deutschen Volksweisen - in je einer Mappe für jedes Klubmitglied bereit hält und sie in Sekundenschnelle verteilt. Die Schorokscharer verste­hen es, Feste nicht nur mit Inhalt zu füllen, sondern sie auch durch die Äußerlichkeiten feierlich und schön zu gestalten. Alle helfen dann, um den Klubsaal in einen Festraum zu verwandeln und den kleinen Imbiß, die selbstgebackene Pocherei appe­titlich zu servieren. Auf den Tisch kommen dann immer auch Erfri­schungsgetränke und ein guter Roth-Wein. Die meisten Mitglieder des Deutschklubs sind ihrer Mundart mächtig, die einst die Muttersprache von über 10.000 Schorokscharem war, und die heute noch gerne gesprochen wird. Diese dem Wiener Dialekt ähnliche Mundart hat man unter Mitwirkung der Klubmitglie­der auf einer Tonkassette festgehal­ten, die Anfang 2001 herausgebracht wird. Von dieser 90-Minutenkasset­­te kann man die Feste von Schorok­schar im Jahresablauf ausführlich kennenlemen, über die in unver­fälschtem Schwowisch erzählt wird. Die Seniorengemeinschaft verlor leider schon einige Mitglieder, derer man mit Pietät gedenkt, die in Gedanken auch heute mit in der Freundschaftsrunde sind. Der Deutschklub patroniert die zweisprachigen Klassen der Paneu­­ropa-Grundschule, indem manche Mitglieder den Kindern alte Sitten und Bräuche des ehemaligen Markt­fleckens an der Kleinen Donau schildern. Zu Weihnachten wieder­um werden die Betagten von den Kindern mit einem deutschen Fest­programm beschert. Die Winterprogramme des Deutschklubs umfassen Videoaben­de mit Aufnahmen über ungamdeut­­sche Feste und Gruppen, man hört sich oft Tonkassetten von Chören und Blaskapellen an, man feiert Namenstage, lernt neue Lieder sin­gen, erzählt über die Vergangenheit und veranstaltet Diskussionen zu verschiedenen aktuellen Themen. Im Rahmen des Jahresprogramms möchte man möglichst viele Museen in Budapest besichtigen, wie zuletzt die wunderschöne Möbelausstellung im Schloßmu­seum von Tetting/Nagytétény oder die Ungarische Nationalgalerie auf der Burg. Allesamt unvergeßliche Erlebnisse, und dazu wird dann auch der geplante Schmaus auf einem Sautanz (Stichbraten) in einer Gast­stätte gehören. Und man wartet schon auf das Frühjahr, wo wieder eine Busreise z.B. in die schöne Schwäbische Türkei unternommen werden kann. Árpád Hetényi Leiter des Schorokscharer Deutschklubs Beim zehnjährigen Jubüäum des Deutschklubs in Schorokschar Zu Besuch beim Deutschklub in Wesprim

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