Neue Zeitung, 2005 (49. évfolyam, 1-52. szám)
2005-01-07 / 1. szám
NZ 1/2005 GEMEINSCHAFTEN DER UNGARNDEUTSCHEN „Notwendige Modifizierung ist unsere Pflicht“ Das Parlament müsse deshalb im Frühjahr über die Modifizierung des die Minderheiten betreffenden Rechtsmaterials abstimmen, damit sich die Volksgruppen in Ungarn auf die Wahl ihrer Selbstverwaltungen im Jahre 2006 vorbereiten können, unterstrich Attila Mesterházy, der für Minderheitenbelange verantwortliche politische Staatssekretär im Ministerium für Jugend, Familie, Soziales und Chancengleichheit, auf der Sitzung des Parlamentsausschusses für Menschenrechte. „Wollen wir die Verfassung und die rechtlichen Verfügungen einhalten, dann sind wir auch zur notwendigen Modifizierung verpflichtet“, so der Staatssekretär, der auch betonte, wie wichtig es sei, daß der Beschluß der Gesetzgebung weit vor Beginn der Wahlkampagne 2006 unter Dach und Fach sein müsse. Dem stimmten die der Sitzung beiwohnenden Vorsitzenden der Landesselbstverwaltungen der Minderheiten zu. Wie Mesterházy sagte, sei Fidesz zwar Mitte Oktober „aus dem Vier-Parteien-Konsens ausgestiegen“, doch würden die Schlichtungsgespräche der vier Parteien mit Einbeziehung der Vorsitzenden der Landesselbstverwaltungen fortgesetzt. Im Namen der Landesgremien der 13 Minderheiten sagte der Vorsitzende der Zigeuner- Landesselbstverwaltung, alle würden die Schaffung der Landesebene und die Abschaffung des Elektorensystems für wichtig halten. Es liege in der Verantwortung der vier Parlamentsparteien, ob 2006 die Minderheitenwahlen ausgeschrieben werden können. Der Fidesz-Abgeordnete Johann Hargitai meinte, solange die Regierung im Parlament nicht die Fortsetzung der allgemeinen Debatte vorschlage, solange gäbe es in dieser Frage auch „stehendes Wasser“. Günstig wäre anstatt des Elektorensystems eine Methode, damit die Landesselbstverwaltungen durch Direktwahlen Zustandekommen können. Amt für Gleiche Behandlungsweise Im Sinne eines Regierungsbeschlusses wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 2005 ein Amt für Gleiche Behandlungsweise ins Leben gerufen (dafür sind 149,2 Millionen Forint vorgesehen), um Rechtsverletzungen schneller Abhilfe zu leisten und im Interesse wirkungsvollerer Sanktionierungen. Das Amt, an das sich jeder wenden kann, muß innerhalb von spätestens 75 Tagen feststellen, ob eine Gesetzesverletzung erfolgt ist oder nicht. Das Amt kann die Einstellung des rechtsverletzenden Zustandes anordnen, weitere Rechtsverletzungen verbieten, seinen Beschluß publik machen und auch eine Strafe verhängen. Im Falle von staatlichen Organen untersucht diese Behörde auch von Amts wegen, ob das Prinzip gleiche Behandlungsweise verletzt worden ist. Das Amt für Gleiche Behandlungsweise wird ein Organ der zentralen öffentlichen Verwaltung sein und der Ministerin für Jugend, Familie, Soziales und Chancengleichheit Kinga Göncz unterstellt. Den 17 Mitarbeitern des Amtes wird ein sechsköpfiges Beratergremium zur Seite stehen. Altofner Krumpiemkönig Jedes Jahr am zweiten Weihnachtsfeiertag veranstaltet die Deutsche Selbstverwaltung von Altofen (III. Budapester Bezirk) zusammen mit dem Braunhaxler-Verein den „Ofner Krumpiernkiritog“. Während dem Gedenken an die seinerzeit zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion Verschleppten um 9.30 Uhr vor dem Altofner Rathaus nur an die 40 Personen beiwohnten, waren es eine Stunde später schon an die 300 Leute, die sich im Gasthaus Rozmaring meldeten, um den Anstecker, eine symbolische Kartoffel am ungarischen Nationalband, zu erhalten. Ein Höhepunkt der Veranstaltung ist jedesmal die Wahl des „Krumpiernkönigs“ als Anerkennung von Arbeit für die Gemeinschaft. Dieses Jahr wurde Ferenc Krizsán, der Vorsitzende der Slowakischen Selbstverwaltung des III. Budapester Bezirks, gekürt, der sich, zusammen mit seiner Frau, einer Schwäbin, seit Jahren an der Tätigkeit der Deutschen Selbstverwaltung und des Braunhaxler-Vereins beteiligt. „Krumpiemkönigin“ wurde Frau Zsuzsa Mayerhofer Ledényi. Mit ihrer Hilfe und der ihres österreichischen Mannes kann man immer rechnen, vor allem im sozialen Bereich. Die Postfachadresse der Neuen Zeitung gilt nicht mehr! Bitte alle Postsendungen an unsere Adresse: Redaktion Neue Zeitung Budapest, Lendvay Str. 22 H-1062 „Verzeihen ja, vergessen nie“ Gedenkfeier zum 60. Jahrestag der Verschleppung der Ungamdeutschen (Fortsetzung von Seite 1) nicht davon sprechen.“ Die Bewertung und Besprechung aller solcher geschichtlichen Ereignisse zur rechten Zeit und an entsprechender Stelle sei nicht erfolgt. Dies nachzuholen, wäre eine mögliche Aufgabe des 21. Jahrhunderts für Historiker, Politiker, Forscher, zusammen mit den Überlebenden. Denn aus den Fehlem der Geschichte des 20. Jahrhunderts müsse man lemen. „Die Geschichte des 20. Jahrhunderts hat uns mit seinen zwei Diktaturen gelehrt, wenn jemand nicht aus den Fehlem der Geschichte lernt, wird er dazu verurteilt, daß er sie noch einmal erleben muß. Im 21. Jahrhundert muß für die Ungarn, für Europa ein Leben mit neuer Qualität geschaffen werden, wo Malenkij Robot nie wieder passiert, wo Mädchen und Frauen nie wieder zusammengetrieben und zur Zwangsarbeit verschleppt werden, wo Menschen nicht aus ihrer Heimat vertrieben werden. Für mich war das 20. Jahrhundert die erlebte Geschichte. Es war die Geschichte unserer Eltern, unserer Großeltern. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts soll uns lehren, daß das Heilen der Wunden unsere historische und politische Verantwortung ist. Und das bedeutet auch die Schaffung einer besseren Welt für die Kinder und Enkelkinder all jener, denen so viel Unrecht und Leid zugefügt worden ist.“ Nachdem die Kränze niedergelegt worden waren, begab man sich zum Festkonzert in die Innenstädtische Pfarrkirche am Széchenyi-Platz. Die Messe wurde von Bischof Michael Mayer zelebriert. Im Festsaal des Komitatstages, wo der Schlußteil der Gedenkveranstaltung stattfand, sprach Historiker Dr. Miklós Füzes über die Geschehnisse vor 60 Jahren. Nach der Vorführung von Szenen aus dem Werkfilm über die Verschleppung erzählten einige, was mit ihnen damals geschah. Auch die anderen betagten Menschen und ihre Angehörigen wurden gebeten, frei darüber zu sprechen, welchen Grausamkeiten sie ausgeliefert waren. Doch viele haben geschwiegen. Lag es daran, daß sie schon müde waren, oder daran, daß immer noch Angst die Stimmbänder lähmt? Zur Sprache kam allerdings die noch immer mangelhafte Entschädi-gung der Verschleppten. Denn nur diejenigen bekamen eine Entschädigung, die mindestens drei Jahre lang Zwangsarbeit verrichten mußten. Zur Rolle einer solchen Gedenkfeier sagte Zoltán Schmidt: „Die Botschaft ist, daß wir uns daran unbedingt erinnern müssen. Wir dürfen und können die Geschehnisse vor 60 Jahren nicht vergessen. Verzeihen aber kann man.“ Die Aufgabe der älteren Generation sei es, die Geschehnisse den Kindern und Kindeskindem zu erzählen, sich nicht in Schweigen zu hüllen, damit die nachfolgenden Generationen dazu beitragen können, daß diese Zeiten nicht in Vergessenheit geraten und auch dadurch eine Wiederholung der Ereignisse verhindert werden könne. Christian Erdei Gedenktafel an der Lakics-Kaseme Dr. László Körinek, Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland „Im politischen Dialog muß es mehr Geduld und Verständnis, in der Gesetzgebung mehr Einhelligkeit zur Umsetzung der nationalen Ziele geben. Unsere ungarischen Gemeinschaften jenseits der Grenzen, unsere Glaubensgemeinschaften und unsere nationalen Minderheiten soll niemand verletzen. Das fordert auch die europäische Kultur, das fordern unsere Traditionen und das fordert unsere Verfassung“. (Staatspräsident Ferenc Mádl in seiner Neujahrsansprache) 3