Neue Zeitung, 2015 (59. évfolyam, 1-52. szám)
2015-01-02 / 1. szám
4_____________________________GEMEINSCHAFTEN DER U N G A R N D E U T S C H E N____________________NZ 1/2015 Gerade bei der Vorbereitung zum Mittagessen trat ich in die Küche: Auf dem Herd kochte Wasser und die Hausfrauen waren beim Karotten- und Kartoffelschälen. Altmutter und Schwiegertochter - letztere ist auch schon im Großmutteralter. Frau Magdalene Knebelspisz ist mit vollendeten 90 immer noch aktiv: ohne sie darf keine Küchenarbeit stattfinden. Ich kam zu ihr zu Besuch, gerade deshalb, weil sie eine der ältesten Bürgerinnen von Bocsa (Komitat Batsch-Kleinkumanien/Bács-Kiskun) ist. Ich wollte mir auch die Ehrenurkunde anschauen, die sie vom Ministerpräsidenten Viktor Orbán zum Geburtstag erhalten hat. Nach der Begrüßung nahmen wir am großen Tisch auf der verglasten Veranda Platz. Im schön beleuchteten Raum kamen die Schätze von Frau Knebelspisz hervor: Alben aus der Heimat, Memoiren, Fotos und mit denen auch die Erinnerung an eine schon längst vergangene Welt. Die alte Dame stammt aus der Kleinstadt Tscherwenka, die heute in der Vojvodina, in Serbien liegt. Und unsere gemeinsame Sprache ist neben dem Ungarischen jetzt das Deutsche. Sogar mit donauschwäbischem Akzent. Eine Zeitreise! Frau Knebelspisz, wir sind in Bócsa, in einem rein ungarischen Dorf. Wie sind Sie hierher gekommen, oder anders gefragt: wie ist Dire Lebensgeschichte? Ich bin in Tscherwenka geboren, das damals zu Jugoslawien gehörte. Das war schon nach dem Ersten Weltkrieg, 1924. Schauen Sie, hier sind die alten Fotos von meiner Heimat: die „Hochbrick“, der „Wochnmarksplatz“ und die evangelische Schule, wo ich auch gelernt habe. Meine Eltern hießen Adam Schmidt und Maria Grüßer. Mein Vater hat in der Zuckerfabrik gearbeitet, meine Mutter war zu Haus, „bei tr Kindr“. Die meisten Leute waren da Bauern. Sie haben Früchte, Kukrutz und Hanf angebaut. Im Dorf lebten neben den Deutschen Serben und auch Ungarn. Das war eine friedliche Zeit. Neben den Katholiken (hauptsächlich Ungarn) gab es Reformierte und Evangelische - diese „deutschen Kirchen“ stehen nicht mehr. Wie vergingen die Jugendjahre von Magdalene Schmidt? Ganz abenteuerlich: Mit 14 Jahren fuhr ich zusammen mit fünf anderen Mädchen nach Deutschland, um in einer Papierfabrik zu arbeiten. Das war bei Heilbronn, dann auch bei München. Wir waren drei Jahre lang dort, aber als die Bombardierungen im Krieg anfingen, musste ich nach Hause zu den Eltern zurück. Das waren schon die angelsächsischen Flieger? Ja, das war der Zweite Weltkrieg: wenn wir die Sirenen hörten, mussten wir aus der Fabrik in den tiefen Keller hinuntergehen. Das war sonst eine stark gemischte, internationale Gesellschaft, der der Krieg ein Ende setzte. Dann geriet ich nach Hause, und meine Mutter sagte: „Du bleibst hier, neben mir!“ Es hat aber nicht lange gedauert: Wir mussten fliehen, weil die Tito-Partisanen sich näherten. Alle Deutschen wussten: entweder die Flucht oder die Gräueltaten der Serben. 1944 verließen wir unser frisch gebautes Haus und das Dorf Tscherwenka mit Pferdekutschen, auf denen unser Hab und Gut war. Nach einigen Wochen Fahrt war die erste Station Almasch/Bäcsalmäs in Südungarn, wo wir einquartiert wurden. Da habe ich meinen künftigen Mann kennen gelernt. Wir haben geheiratet, dann zog meine Familie weiter, nach Deutschland. Meine Schwester lebt heute noch in München. Konnten Sie damals Ungarisch? Kaum etwas. Dann habe ich aber immer mehr gelernt. Wegen der damaligen Situation haben wir mit unseren drei Kindern hauptsächlich Ungarisch gesprochen. Und als wir hörten, dass in Bocsa Ackerland und Tanya zu verkaufen sind, zogen wir hierher. Und das ist schon eine rein ungarische Gegend. Ich lebe hier, mit 90 Jahren, meine ungarische Schwiegertochter betreut mich, und ich bin sehr dankbar. Lajos Káposzta Der Weg nach Ungarn Eine der ältesten Bürgerinnen von Bocsa Magdalene Knebelspisz ist mit vollendeten 90 immer noch aktiv Die „deutschen Kirchen“ in Tscherwenka stehen nicht mehr Verpflichtungen sind keine Möglichkeiten Gespräch mit der stellvertretenden Ombudsfrau Dr. Elisabeth Sándor-Szalay (Fortsetzung von Seite 3) man sieht, wie es gemacht wird, dann hat man wirklich schon einige Bedenken. Zum Beispiel hinsichtlich der Namensführung, oder jetzt neulich hinsichtlich der Übernahme der unterschiedlichen Schulen und der Ernennung der Direktoren, wo die Nationalitätenselbstverwaltungen und auch die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen sehr aktiv sind. Wir haben nicht nur einen Fall hier im Amt des Ombudsmannes, wo es darum geht, dass gegen das Gesetz - also contra legem - die Nationalitätenselbstverwaltungen nicht gehört werden, wenn es darum geht, einen Direktor zu ernennen und zu der Person Stellung zu nehmen. Das ist keine Möglichkeit, das ist eine Verpflichtung seitens der jeweiligen Organe, die entsprechende Person zu ernennen. Hier geht es darum, dass die Meinung der SelbstVerwaltungen sogar nicht in Betracht gezogen wird. Das dürfte nicht passieren, weil es ja um eine bessere Kenntnis seitens der Nationalitätenselbstverwaltungen geht. Diese Gremien und Gemeinschaften kennen ja ihre eigenen Fachleute und müssten angehört werden. Ähnliche Situationen sind es, die dann den an sich nicht schlechten gesetzlichen Rahmen durch Fehlinterpretationen oder Außer-Acht-Lassen von Verpflichtungen seitens der jeweiligen staatlichen Organe sprengen. Woran arbeiten Sie gerade im Amt? Neben den Fällen, die an uns geschickt werden, sind wir gerade dabei, die Wahlen auszuwerten. 2014 hatten wir mehrere davon, und bezüglich der Nationalitäten war das ein Stichjahr.