Neuer Weg, 1972. június (24. évfolyam, 7175-7200. szám)

1972-06-23 / 7194. szám

i DDR: Aussprachen IVlihai Marinescus Berlin (Agerpres). — Mihai Marinescu, Stellvertretender Ministerpräsident der Sozialistischen Republik Rumänien, Vor­sitzender der rumänischen Seite in der Gemischten Regierungskommission für Wirtschaftszusammenarbeit zwischen Ru­mänien und der DDR, der sich anlässlich der Tagung dieser Kommission in der DDR aufhält, besichtigte die Landwirt­schaftsausstellung „Agra 72“ in Markklee­berg und die Schiffswerften in Wismar. Bei diesem Anlass wurden Fragen von beiderseitigem Interesse im Zusammen­hang mit der Entwicklung der Zusam­menarbeit und Kooperation im Bereich der Landwirtschaftsgeräte und des Schiffs­baus erörtert. Die rumänischen Gäste befanden sich in Begleitung von Kurt Fichtner, Stell­vertretender Vorsitzender des Minister­rates der DDR, und anderer offizieller Persönlichkeiten. Luftangriffe Israels auf Gebiete Libanons Tel Aviv (Agerpres). — Israelische Flugzeuge, Artillerie und Bodentruppen haben Mittwoch libanesische Gebiete an der Grenze zwischen Libanon, Syrien und Israel wiederholt angegriffen, gab ein israelischer Militärsprecher bekannt. Er erklärte, dass Lager der palästinensischen Widerstandsorganisationen im Raum von Hasbaya und die wichtigsten Verkehrs­strassen beschossen wurden. Israelische Truppen haben drei libanesische Offiziere und zwei Polizisten gefangengenommen. Beirut. — Ein libanesischer Militärspre­cher erklärte, dass etwa 20 israelische Mi­litärflugzeuge einige Ortschaften im Süd­osten des Landes am Mittwoch wiederholt angegriffen haben und dass die israeli­sche Artillerie Lager der palästinensi­schen Widerstandsorganisationen beschos­sen hat. In der Ortschaft Hasbaya waren in den Reihen der Zivilbevölkerung Opfer zu verzeichnen. Die Telefonverbin­dungen zwischen dem Hauptquartier der libanesischen Armee und den angegriffe­nen Ortschaften wurden durch das Bom­bardement der israelischen Luftwaffe und Artillerie beschädigt. Die libanesische Regierung trat Don­nerstag vormittag in Beirut zu einer au­sserordentlichen Sitzung zusammen, um die Lage nach den israelischen Luftan­griffen von Mittwoch auf Gebiete im Süden des Landes zu prüfen. Bei den Angriffen waren nach Angaben einer pro­visorischen Bilanz 48 Tote und 55 Ver­letzte zu verzeichnen,. meldet France Presse. Der Sitzung der Regierung war eine Zusammenkunft des Obersten Rates der Nationalen Verteidigung vorangegangen. Dem Rat gehören der Präsident des Lan­des. Suleiman Frangieh, der Verteidi­­gungs- und der Aussenminister sowie der Generälstabschef, der libanesischen Ar­mee an. Filmmuseum in Paris Paris. — Das erste Filmmuseum der Welt ist vom französischen Kulturmini­ster Jacques . Duhamel in Paris eröffnet worden. Die Ausstellung mit dem Titel „75 Jahre Film“ bildet einen Anhang zur französischen Cinémathéque, deren Leiter und Gründer Henri Langlois vor mehre­ren Jahrzehnten damit begonnen hatte, Filmkopien vor ihrem sicheren Unter­gang zu retten. Das jetzt gegründete Filmmuseum ent­hält nicht nur seltene Beispiele der er­sten Filmkameras und -Vorführgeräte, sondern auch einen unschätzbaren Reich­tum an frühen Filmstreifen und Plaka­ten. Weitere Anziehungspunkte sind eine Rejhe von phantasievöllen Kostümen, ungezählte Fotos und Wiedergaben von Szenenbildern. Eines der Prunkstücke der Ausstellung ist zweifelsohne die Dekor­nachbildung aus dem berühmten deut­schen Stummfilm „Das Kabinett des Dr. Cagliari“. Olympiamünze in 20-Millionen-Auflage Bonn. — Die Auflage der Olympia­münze zu zehn DM mit dem ersten Mo­tiv (Strahlenspirale) in Höhe von zehn Millionen Stück wird um die gleiche Men­ge aufgestockt. Die Oiympiamünzen sind gesetzliche Zahlungsmittel. Seite 2 Emil Bodnaraş in Grosshritannien London (Agerpres). — Emil Bodnara'ş, Stellvertretender Vorsitzender des Staats­rates der Sozialistischen Republik Rumä- » nien, ist zu einem nichtoffiziellen Besuch nach Grossbritannien gereist. Er wird von Henri Coandă, Berater mit Ministerrang beim Staatsrat, begleitet. Bei seiner Ankunft auf dem Londoner Flughafen Heathrow wurde der Gast von Oberst Maxwell. Vertreter des Staats­sekretärs für auswärtige und Common­wealth-Fragen, und von Vertretern der Firma „Rolls Royce" begrüsst. Der Botschafter Rumäniens in Gross­britannien, Vasile Pungan, und Botschafts­mitglieder waren ebenfalls anwesend. Rumänisch-bulgarische Pariamentariergespräche Sofia (Agerpres). — In Sofia sind Be­sprechungen zwischen» der Delegation der Auşsenpolitischen Kommission der Gro­ssen Nationalversammlung unter Leitung von Mihai Dalea, Vorsitzender der ge­nannten Kommission, und der Ständigen Kommission für Aussenpolitik der Volks­versammlung der VR Bulgarien, unter Führung von Sawa Ganowski, im Gange. BTA meldet, dass die Parlamentarier der beiden Länder einen Meinungsaus­tausch über internationale Probleme Vor­nahmen und einander über die Tätigkeit der Kommissionen unterrichteten. Beson­deres Augenmerk wurde den europäischen Problemen zugewandt. Es wurde betont, dass die politische Atmosphäre gegen­wärtig für die Einberufung der Europa­konferenz günstig ist. Beiderseitig wurde das Streben gewürdigt, die Zusammen­arbeit auf dem Balkan zu verstärken und der Wunsch zum Ausdruck gebracht, zur Entwicklung von gutnachbarlichen Be­ziehungen zwischen den Ländern dieses Raumes, zur Sache der Festigung des Friedens und der Zusammenarbeit beizu­tragen. Die Besprechungen verliefen in einer Atmosphäre gegenseitigen Einver­nehmens und brüderlicher Freundschaft. Ausland i r/r Angriffe der Widerstandskräfte Beratung der patriotisch gesinnten Intellektuellen von Pnom Penh Kambodscha (Agerpres). — Die kambo­dschanischen Widerstandskräfte tragen pau­senlos wuchtige Angriffe auf strategisch wichtige Stellungen in der Umgebung von Pnom Penh vor, meldet die Kambodschani­sche Nachrichtenagentur. In diesem Raum wurden seit Anfang Juni zwei Bataillons und vier Kompanien der Lon-Nol-Truppen zur Gäpze oder zum Teil aulgerieben. Bei einem Angriff auf ein Bataillon der Saigoner intervententruppen in der Nähe der Stadt Kompong Rau in der Pro­vinz Svay Rieng wurden drei Kompanien der Feindtruppen kampfunfähig gemacht und drei Panzer zerstört. Überdies haben die kambodschanischen Patrioten drei amerika­nische Hubschrauber abgeschossen und an­dere zwei am Boden beschädigt. Im Zuge der Gefechte wurde der Kommandeur der 7. Saigoner Division, Generalmajor Nguyen Khoa Nam, der sich an Bord eines der ab­geschossenen Hubschrauber befand, getötet.' Die Kambodschanische Nachrichtenagentur meldet, dass in einem der befreiten Gebiete Kambodschas unter den Auspizien des Ko­mitees von Pnom Penh der Vereinigten Na­tionalen Front Kambodschas eine Beratung der patriotisch gesinnten Intellektuellen von Pnom Penh abgehalten wurde. Die Teilneh­mer der Beratung, die unter Vorsitz von Hou Youn, Innenminister der Königlichen Regierung der Nationalen Einheit Kambo­dschas, stattfand, erörterten die innere Lage sowie den internationalen Widerhall der Ereignisse in Kambodscha. Überdies wurden die Mittel und Wege erörtert, um eine allgemeine Offensive gegen die Mario­­nettenadministration und für die restlose Befreiung des Vaterlandes zu starten. Zum Abschluss der Beratung wurde eine Resolu­tion angenommen, worin volle Unterstüt­zung für die Vereinigte Nationale Front Kambodschas und die Königliche Regierung der Nationalen Einheit Kambodschas wie auch für den heldenmütigen Kampf gegen die volksfeindliche und antinationale Admi­nistration Lon Nols zum Ausdruck gebracht wird, den die Patrioten der kambodschani­schen Hauptstadt führen. In der Resolution wird überdies die Entschlossenheit bekräf­tigt, zur Festigung der Unabhängigkeit und Souveränität Kambodschas beizutragen, wie auch der unerschütterliche Wille des kam­bodschanischen Volkes, kompromisslos bis zur endgültigen Niederringung der Aggres­sion, bis zur Verteibung der Marionettenre­gierung von Pnom Penh zu kämpfen. Kambodscha Saigoner Truppen in Bedrängnis Südvleinamesische Patrioten fügten dem Feind schwere Verluste zu SUdvietnam (Agerpres). — Die südvietnamesischen Belreiungskämpler ha­ben im Raum von Quang Tri — Thua Thien, acht Kilometer östlich von Hai Lang, ein Bataillon Saigoner Marineinfanteristen abgefangen, meldet die Nachrichten­agentur Die Befreiung. Im Zuge eines heftigen Gefechts haben die Patrioten zwei Kompanien der Marionettentruppen aufgerieben. Überdies haben die Befreiungs­kämpfer nördlich der Dörfer Van Quy und Hoi Ky Phuong weitere zwei Saigoner Bataillons angegriffen, eine Kompanie zur Gänze anfgerieben und andere zwei dezimiert. Grosse Mengen Waffen und Munition wurden erbeutet. Einheiten der NBF haben fünf Flug­zeuge abgeschossen, zahlreiche Artillerie­stellungen des Feindes sowie 15 schwere Geschütze zerstört und ein Munitionslager in die Luft gesprengt. In der Nähe von Kontum im Raum von An Loc und im Mekong-Delta sind eben-falls heftige Kämpfe im Gange. An ei­nem einzigen Tag erlitten die Saigoner Marionettentruppen in diesem Abschnitt Verluste von nahezu 200 Toten und Ver­wundeten. Die Patrioten haben überdies zwei US-Hubschrauber abgeschossen, die Saigoner Truppen transportierten. Dabei kamen auch einige US-Militärangehörige ums Leben. Verwoltungsrot des PNUD-Programms tagt Debatte über Förderung der industriellen Entwicklung Genf (Agerpres). — Auf der Tagung des Verwaltungsrates des UNO-Pro­­gramms für Entwicklung sprach der ru­mänische Delegierte Bogdan Baltazar im Zuge der Debatte über die Rolle des PNUD bei der Förderung der industriel­len Entwicklung. Der Redner wies auf die besondere Be­deutung hin, die Rumänien der Rolle der Industrie bei der allge’meinen ökonomi­schen und sozialen Entwicklung der Ent­wicklungsländer beimisst und würdigte die positiven Ergebnisse, die das UNO­­Programm für Entwicklung bisher erzielt hat. Er machte überdies Empfehlungen für die Verstärkung der Tätigkeit dieser Körperschaft im Bereich der industriellen Entwicklung. Der rumänische Vertreter hob die Not­wendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen dem UNO-Programm für Ent­wicklung und der UNO-Organisation für industrielle Entwicklung (ONUDI) hervor und sprach sich zugunsten der Koordinie­rung der Tätigkeit der beiden Organisa­tionen zur Ausarbeitung und Verwirkli­chung der Projekte für technischen Bei­stand an die Entwicklungsländer aus. Als beredtes Beispiel für die Möglich­keiten, die die internationale Kooperation bei der Unterstützung der eigenen Be­mühungen der Entwicklungsländer bietet, erwähnte -der Redner das kürzlich zu­standegekommene Einvernehmen zwischen der rumänischen Regierung und der ONUDI, in Bukarest ein Büro des gemein­samen ONUDI-Zentrums Rumänien für chemische und petrochemische Industrie der Entwicklungsländer einzurichten. Er äusserte die Hoffnung, dass sowohl das PNUD als auch die ONUDI finanziell und technisch an dem Tätigkeitsprogramm die­ses Zentrums mitwirken werden. US-Luftwaffe setzt Bombenangriffe auf DR Vietnam fort Hanoi (Agerpres). — Die US-Luftwaffe hat Kam Dinh, eine der Grossstädte der DR Vietnam, neuerlich heftig angegriffen, meldet die Vietnamesische Nachrichtenagen­tur. Infolge dieses Luftangriffs wurden zahl­reiche Gebäude, darunter eine Elementar­schule und ein Kindergarten zerstört. Amerikanische B-52-Riesenbomber haben Siedlungen in den Provinzen Ha Bac, Quang Ninh. Nam Ha, Thanh Hoa. Nghe An, Ha Tinh, Quang Binh und im Raum von Vinh Linh angegriffen. In einer Erklärung des Aussenministeriums der DR Vietnam wird gegen diese Angriffe protestiert und die Regierung der USA auf­gefordert, die Verminung und Blockade der nordvietnamesischen Häfen sowie die Bom­benangriffe und alle anderen Verletzungen der Souveränität und Sicherheit der DR Vietnam unverzüglich einzustellen. Die Vietnamesische Nachrichtenagentur meldet, dass die Volksstreitkräfte in den Provinzen Vinh Phu und Ha Ban zwei ame­­merikanische F-4-Flugzeugo abgeschossen und deren Besatzungen gefangengenommen haben. In den Provinzen Ha Tinh und Nghe An wurden ebenfalls zwei amerikanische Flugzeuge abgeschossen. Damit hat sich die Zahl der in der DR Vietnam abgeschossenen US-Flugzeuge auf 3565 erhöht. Paris. — Auf einer Pressekonferenz er­klärte der Sprecher der DR-Vietnam-Dele­gation zur Pariser Vietnamkonferenz, Nguyen Thanh Le, dass die Delegation seines Lan­des weiterhin die Wiederaufnahme der Viererkonferenz verlangt, jedoch immer wie­der auf die Ablehnung der Delegationen der USA und der Saigoner Administration stösst. Nguyen Thanh Le hob hervor, dass der auf­opferungsvolle Kampf des vietnamesischen Volkes die Unterstützung der sozialistischen Staaten und aller friedliebenden Völker ge­­niesst. Dank diesem Kampf hat die Politik der USA zür „Vietnamisierung“ des Krieges immer wieder neue Niederlagen zu verzeich­nen, erklärte er abschliessend. Zum Kampf bereite kambodschanische Patrioten genwart“ lautet der Titel eines Vortrags, den Dan Grigorescu, Direktor der Rumänischen Bibliothek in New York, zum Abschluss des Hochschulj^hres an der New-Yorker Universi­tät hielt. Dem Vortrag wohnten mehr als 200 Universitätsprofessoren und Doktoranden bei. Fidel Castro, Erster Sekretär des Zentralko­mitees der Kommunistischen Partei Kubas und Ministerpräsident der Revolutionären Regie­rung. ist zusammen mit einer Partei- und Re­gierungsdelegation zu einem offiziellen Freund­schaftsbesuch in der CSSR eingetroffen. Er .leistet einer Entladung des ZK der KP der Tschechoslowakei und der Bundesregierung der CSSR Folge. US-Staatssekretär William Rogers unternimmt eine Asien-, Nahost- und Europa-Tournee. Im Zuge seiner Reise wird er vom 30. Juni. bis 2. Juli einen offiziellen Besuch in Djakarta, der Hauptstadt Indonesiens, abstatten. Die französische Regierung hat beschlossen, eine neue Kernver,suchsreihe auf dem Atol Mururoa im Pazifik vorzunehmen. Dies gab der Regierungssprecher Jean-Philippe Lecat nach der üblichen Wochensitzung des franzö­sischen Kabinetts bekannt. Der Präsident der BRD, Gustav Heinemann, wird Grossbritannien vom 24. bis 27. Oktober d. J. einen offiziellen Besuch abstatten. Er leistet einer Einladung von Königin Elizabeth II. Folge. Einen 75-Millionen-DM-Kredit gewährte Westdeutschland Marokko zwecks Finanzierung industrieller und energetischer Entwicklungs­projekte. Ein diesbezügliches Abkommen wur­de in Bonn unterzeichnet. Einen Meinungsaustausch über die Aufnah­me von gutnachbarlichen Beziehungen zwi­schen der DDR und der BRD im Einklang mit den Gepflogenheiten zwischen unabhängigen Staaten nahmen Michael Kohl, Staatssekretär beim Ministerrat der DDR, und Egon Bahr, Staatssekretär im Bundeskanzleramt der BRD, in Bonn vor. Die Abschaffung des Madrider Gerichts für öffentliche Ordnung forderten 500 Angehörige des Juristenverbandes in Barcelona auf einer Versammlung. Frau Sirimavo Bandaran^ike, Premiermini­ster der Republik Shri Lanka, stattet der Chi­nesischen VR am 24. Juni einen Staatsbesuch ab. Sie leistet einer Einladung der Regierung der Chinesischen VR Folge, meldet Neues China. NEUER WEG / 23. Juni 1972 Gipfelbesteigung aufgeschoben ? EWG-Konferenz liefert der Gemeinschaft Spaltmaterial Von unserem Pariser Korrespondenten Roland G i 11 e t GROSSE EREIGNISSE werfen bekanntlich ihre Schatten voraus. Das für den 19.—21. Oktober d.J. geplante EWG-Gipfeltreffen ver­düstert schon jetzt das politische Land­schaftsbild des Gemeinsamen Marktes. Die Unkenrufe jener scheinen sich zu bewahr­heiten, die davor warnten, dass die Erwei­terung der Sechsergemeinschaft um Gross­­britannien, Norwegen, Dänemark und Irland nur eine Vermehrung der Widersprüche und eine Komplizierung des an und für sich schon schwierigen Integrationsvorganges mit sich bringen werde. Was ursprünglich als eine Demonstration westeuropäischer Ein­heit gedacht war, droht zum Hick-hack ei­fersüchtig verteidigter Sonderinteressen zu werden. Der erste, der die Alarmglocke zog, war Präsident Georges Pompidou. Als gelegent­lich des jüngsten Besuches des belgischen Premiers Gaston Eyskens die geplante Kon­ferenz zur Sprache kam, erklärte er ziemlich unvermittelt : „Ich für meinen Teil würde nicht die Verantwortung übernehmen, neun Regierungschefs einzuladen, wenn bei sol­chem Treffen nur vage Absichtserklärungen und Vereinbarungen über unwichtige Fragen oder — was noch schlimmer wäre — kaum verhüllte Meinungsverschiedenheiten heraus­kämen.“ Da die Anregung zu dem Treffen von dem französischen Staatsoberhaupt stammt und Panis im Herbst Schauplatz des Zehnländertreffens sein sollte, zu dem Mr. Pompidou persönlich die Einladungen ver­sandt hätte, kam die dem belgischen Gast im Rohzustand servierte Frucht präsidentiel­­ler Überlegungen fast einer Ausladung gleich. Allgemeine Betretenheit war die Folge . . . Aus der Flut von Kommentaren schölte sich jedoch bald ziemlich einheitlich die Meinung heraus, die unwirsche Äusserung wäre der diplomatischen Kategorie ■ der Warnschüsse zuzurechnen und sei nicht als ein Vorwurf an die Adresse des Gastes zu verstehen. Aussenminister Schumann beeilte sich, von einer Kollektiv-Warnung zu spre­chen, und tatsächlich ist es nun, zwei Wo­chen später, die holländische Königin, die zur Empfängerin einer ähnlichen Botschaft auserkoren wurde. „Wenn kein echter Wunsch besteht, etwas Reales zustande zu bringen und wirkliche Fortschritte zu ma­chen, so lohnt es sich nicht, diese Gipfel­konferenz einzuberufen. Dann wäre es besser, sie aufzuschieben", meinte Georges Pompidou im Gespräch mit Königin Juliana. Die Tatsache, dass der Präsident in offen­barer Verstimmung zweimal in so kurzem Abstand auf dieses Thema zu sprechen kam, und zwar im Gespräch mit Staats- und Re­gierungsoberhäuptern von EWG-Ländern, deren Politik nicht unbedingt mit den An­sichten Frankreichs über Weg und Ziel der Gemeinschaft übereinstimmt, lässt darauf schliessen, wie t:ef die Meinungverschieden­heiten in dieser Frage sind. „France Presse" lokalisiert sie in den „unterschiedlichen Auffassungen, die die EWG-Mitglieder von der Wirtschafts- und Währungsunion, von einem konföderativen oder einem integrierten Europa haben . . UM HIER KLARER ZU SEHEN, muss man einen Blick Zurück werfen auf das Haager Gipfeltreffen vom Dezember 1969. Wichtig­stes Ergebnis jener Zusammenkunft war in den Augen Frankreichs die Verabschiedung eines genauen Stufenplans, wonach ein aus den sechs ÉWG-Löndern und allen bis 1980 eventuell noch beitretenden Staaten beste­hender wirtschaftlicher Grossraum gebildet werden sollte, innerhalb dessen eine einheit­liche Währung gelten soll Der NW-Leser wird sich erinnern, dass ein erster Schritt zu dieser einheitlichen Währung die Verrin­gerung der sogenannten Bandbreiten ge­wesen wäre, mit anderen Worten, möglichst fixe Wechselkurse der sechs Währungen un­tereinander und, vor allem, im Verhältnis einer jeden von ihnen zum Dollar, dem en­fant terrible der internationalen Valuten. Diesem Prozess der Bandbreitenverengung wurde eine zeitliche Frist gesetzt : drei Jahre, gerechnet ab Februar 1971. Es ver­gingen bekanntlich nicht drei Monate, und das ganze Projekt brach unter dem Wäh­rungssturm zusammen, den Spekulanten im Mai 1971 an den internationalen Börsen gegen den Dollar entfesselten. Die Stunde der Wahrheit enthüllte, dass die schönsten währungspolitischen Massnahmen politischer Rücksichtnahme weichen müssen. Das Ver­hältnis, und damit das Verhalten, zu den USA und ihrer angeschlagenen Währung wurde in den Augen der französischen Füh­rung zum Prüfstein der Aufrichtigkeit aller Europa-Bekenntnisse. Eine in diesen Tagen angestellte Zwischenbilanz muss sehr unbe­friedigend ausgefallen sein : die Fortschritte auf dem Wege zur Wirtschafts- und Wäh­rungsunion wurden als gänzlich unbedeu­tend, der Wille zu gemeinsamem Handeln als zu schwach gewertet. Von „einer deutlich vernehmbaren Stimme (West)Europas, das seine eigene Persönlichkeit zur Geltung bringt, ohne seine Freundschaften und Bünd­nisse zu verleugnen" (Präsident Pompidou), sei noch nichts zu hören. NACH DEM WENIG ÜBERZEUGENDEN AUSGANG des Referendums möchte der Präsident das Risiko einer Konferenz auf höchster Ebene, die in Lippenbekenntnissen stecken bleibt, nicht mehr eingehen. „Lieber Aufschub als ein Versager", ist daher die sich rasch verbreitende allgemeine Über­zeugung und, zweifellos, das Eingeständnis der Tatsache, dass noch viel Wasser die Seine hinunterfliessen muss, bis die Zehn ei­nen gemeinsamen Standpunkt erarbeitet haben werden. Denn zwar hat „France Presse" recht, wenn sie die Meinung äussert, eine Terminversclvebung auf nächstes Früh­jahr sei in keiner Weise tragisch, doch be­rechtigt nichts zu der Hoffnung, dass die Meinungsverschiedenheiten und Divergenzen bis dahin ausgeräumt sein werden. Heute feiert Luxemburg seinen Nationalfeiertag. — Unser Bild : Blick auf die Stadt Luxemburg Aus der Auslandspresse © Aus der Auslandspresse® Aus der Auslandspresse • Aus der Auslandspresse® Aus der Auslandspresse „Tod ist unser Geschäft, das Geschäft H ÜÜ Hamburg Kevin P. Buckley, Vietnam-Korrespon­dent des amerikanischen Nachrichten­magazins „Newsweek“, schockierte die US-Nation mit einem Bericht über das Pazifizierungsprogramm im Mekong-Delta, das 1969, so „Newsweek“, „die Herzen der Vietnamesen gewinnen sollte“. Statt dessen, so Buckley, töteten US-Soldaten vorsätzlich mehrere tausend Zivilisten. Der SPIEGEL veröffentlicht — unwesent­lich gekürzt — den Bericht des Ameri­kaners. Es kann, glaube ich, nachgewiesen wer­den, dass amerikanische Truppen Tau­sende vietnamesischer Zivilisten vorsätz­lich getötet haben. Dies ist ein sehr schwerer Vorwurf. Aber alle Zweifel an seiner Berechtigung sind für mich besei­tigt, seit ich eine der repräsentativsten — und „erfolgreichsten" — Episoden in der Geschichte der Pazifizierung Viet­nams sehr sorgfältig untersucht habe. Ende 1968 startete das US-Oberkom­­mando in Saigon ein „beschleunigtes Pa­zifizierungsprogramm“, eine Art „Sturm aufs Land". wie Regierungsbeamte es nannten. Zur Unterstützung dieser Kam­pagne begann die 9. US-Infanterie-Divi­­sion einen sechs Monate dauernden Ein­satz unter dem Code-Namen „Speedy Ex­press“, der sich auf die Kien-Hoa-Provinz im Mekong-Delta konzentrierte. Für meine Untersuchungen über „Spee­dy Express“ habe ich die militärischen Aufzeichnungen der ganzen Operation geprüft und Pazifizierungsbeamte inter­viewt, die mit den Verhältnissen in Kien Hoa vertraut sind. Ich habe mit Teilneh­mern an den Kämpfen gesprochen und bin die Krankenhauslisten durchgegan­gen. Ich bin durch ganz Kien Hoa gereist — zu Fuss. mit dem Jeep, im Boot und per Floss, um mit den Menschen zu re­den. Alle Beweise, die ich finden konn­te, lassen nur die Schlussfolgerung zu : Eine nicht genau zu ermittelnde Zahl nicht kämpfender Zivilisten — vielleicht um die 5000. wie ein Beamter vermutete — wurde durch Amerikaner getötet, zur „Pazifizierung“ Kien Hoas. Diese Todes­ziffer lässt das My-Lai-Massaker ver­gleichsweise unbedeutend erscheinen. Der Vietcong hatte in Kien Hoa nicht nur eine gut ausgebildete Armee aufge­stellt. Das Gebiet war weit mehr als eine Militärzone. Die Kinder der Soldaten be­suchten Schulen der Nationalen Be­freiungsfront (NLF), alte Männer . und Frauen meldeten sich in NLF-Kranken­­häusern, wenn sie Beschwerden hatten. Tausende von Familien fanden ein Aus­kommen in dem flachen Reisanbaugebiet, das den grössten Teil der Provinz aus­macht. Doch für die US-Kommandeure waren die Gebiete unter Vietcong-Kontrolle schlicht Kriegsschauplatz, „Indianer-Land“, in dem jede verdächtige Bewe­gung die Eröffnung des Feuers rechtfer­tigte. Die Bewohner galten als Feind­sympathisanten, aus denen ordentliche Bürger erst werden könnten, nachdem die Gegend pazifiziert sei. Die 9. US-Division setzte alles ein, was sie hatte. 8000 Infanteristen durchkämm­ten die dichtbevölkerte Landschaft ; nur selten allerdings trafen sie auf den aus­weichenden Feind. Also musste sich die Division zur Pazifizierung vor allem auf ihre 50 Geschütze und ihre 50, meist mit Raketen und leichten Maschinengewehren bestückten, Hubschrauber verlassen so­wie auf die tödliche Unterstützung der Luftwaffe. Insgesamt flogen die Bomber während der Dauer von „Speedy Express“ 3381 taktische Einsätze. „Tod ist unser Geschäft, und das Ge­schäft blüht.“ Dieses Motto einer Hub­schrauber-Einheit stand während der Operation an deren Gefechtsstand. Genau so war es auch. Sammelstatistiken über „Speedy Ex­press" führen 10 899 getötete „Feinde" auf. Allein im Monat März wurden „über 3000 feindliche Soldaten getötet : ... das ist das höchste Monalsergebnis aller ame­rikanischer Divisionen im Vietnamkrieg“, schrieb die offizielle Divisionszeitung. Als ein Stabsoffizier der Division danach gefragt wurde, wie diese hohe Zahl an Toten zustande gekommen sei, erklärte er, dass Hubschrauberbesatzungen häufig unbewaffnete „Feinde" auf offenem Feld .erwischt hätten. Doch Vietnamesen er­zählten mir wiederholt, dass diese „Fein­de“ einfache Bauern waren. Sie wurden niedergemäht, als sie auf ihren Reisfel­dern arbeiteten. Die ungenaue Zahl getöteter Vietname­sen war nicht das einzige Verdächtige an „Speedy Express“. Die gesamte Operation brachte nur eine beschämend kleine An­zahl von Feindwaffen zutage — ganze 748 trotz der beinahe 11 000 Toten. Ein Offizier der 9. Division erklärte dies damit, dass die Vietcong erschossen wor­den seien, „bevor sie an ihre Waffen konnten“. Ein Sprecher des US-Oberkommandos drückte dies anders aus : „Viele Einzel­kämpfer des Vietcong und ganze Gueril­la-Einheiten waren nicht mit Handfeuer­waffen ausgerüstet.“ Wie auch immer, die erste Erklärung gibt keinen Sinn, die zweite ist ganz offensichtlich falsch. Ich fand überzeugende Beweise dafür, dass alle Vietcong ausgezeichnet bewaffnet waren. Zivilisten natürlich hatten keine Waf­fen. Die ungeheure Diskrepanz zwischen den gezählten Toten und der Zahl erbeu­teter Waffen ist kaum zu erklären — es sei denn dadurch, dass viele Opfer un­­bewaffnete, unschuldige Zivilisten waren. Im Zivilhospital von Ben Tre beweisen Statistiken, in welchem Umfang vietna­mesische Zivilisten unter dem US-Militär gelitten haben. Im Verlauf von „Speedy Express“ wurden hier insgesamt 1882 Zi­vilisten mit Kriegswunden betreut. Gan­ze 451 waren durch Vietcongfeuer ver­wundet worden. Die übrigen 1431 waren, wie es in dar irrationalen Sprachregelung Vietnams heisst, durch „Freundes-Feuer“, von US-Waffen also, verletzt worden. Die Menschen, die im nun pazifizierten Kien Hoa leben, erinnern sich, wie sehr die amerikanische Kriegführung Anfang 1969 ihr Leben verwüstet hat. Praktisch jeder einzelne, mit dem ich sprach, hat auf irgendeine Weise darunter gelitten. Ein amerikanischer Berater, der die Verhältnisse im Delta kennt, schätzt : Wenn 10 899 Menschen getötet wurden, waren mindestens 5000 von ihnen nicht kämpfende Zivilisten. „Nichtkombattan­ten“, erklärte er, „wurden immer gemein­sam mit Vietcong aufgeführt.“ Selbst jene, denen physische Leiden er­spart blieben, brachte die Pazifizierung durch „Speedy Express“ ins Elend. Die von der NLF aufrechterhaltene Gesell­schaftsstruktur wurde zerstört, Menschen wurden von ihren fruchtbaren Ländereien in Flüchtlingslager getrieben, Schulen und Krankenhäuser zerstört. An einer Stelle, wo bis 1969 ein grosses Dorf ge­legen hatte, betrachtete ein US-Berater für das örtliche Pazifizierungsprogramm die Ruinen der Häuser und die anschei­nend endlose Reihe zerfetzter Kokosnuss­bäume, die einmal Haupteinnahmequelle der Menschen gewesen waren. Er sagte mir : „Es wird mindestens sechs Jahre dauern, bevor hier wieder Kokosnüsse angebaut werden können — vielleicht aber nie.“ Immerhin — der „Sturm aufs Land“ hatte Erfolg: Regierungstruppen besetzten die verwüstete Provinz, etwa 120 000 Menschen — so hiess es — waren pazi­fiziert. ‘ Doch selbst einigen amerikanischen Beamten schaudert es angesichts des Preises, den die Pazifizierung Kien Hoas gekostet hat. Einer von ihnen sagte zu mir: „Das, was die 9. Division insgesamt an Ziviltoten zu verantworten hat, ist un­geheuer.“ Wusste das US-Oberkommando, was geschah ? Meine Bitte um ein Interview mit dem US-Oberkommandierenden Ge­neral Creighton W. Abrams wurde abge­lehnt. Immerhin habe ich dem Sprecher von . Abrams einige Fragen stellen kön­nen : Wie definierte das Oberkomman­do, wer feindlicher Soldat ist ? Wie stell­te es fest, dass getötete unbewaffnete Vietnamesen Feindsoldaten waren ? Nach welchen Regeln wurde gekämpft ? Der Sprecher erwiderte, er wisse nicht, wie er das beantworten solle — eine bemer­kenswerte Antwort. Tatsache ist : Das US-Oberkommando wusste, dass eine Operation in Divisions­stärke im Delta schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung verursachen würde. Als Abrams den Kommandeur beför­derte, stellte er fest, dass sich die Divi­sion hervorragend geschlagen habe. i

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