Neues Pester Journal, Januar 1877 (Jahrgang 6, nr. 1-31)

1877-01-01 / nr. 1

ä ..8«­­suememeanFj-f1.14,ha viertelj. fl Sn ; u = Roaag, Er; ig. den d. Fa FÚ u . “3 Zr «­­ BEE” Yinter Blatt erscheint morgen, Dienstag, wie gewöhnlich. Neujahr, Budapest, 31. Dezember. Tr Am ersten Morgen des feimenden Jahres wünscht und erbittet sich der Mensch Glück. Und gleichwie hat eriie Zücheln des Kindes erfreut, ob­­gleich Niemand weiß, wa es eigentlich bedeutet, so erfüllt and­ der Tag, da wir die Vergangenheit ab­­schließen und ein neues Datum (für das Boltsleben) beginnen, unsere Brurft mit neuen Hoffnungen, 0er gleich Niemand sagen könnte, was wir denn zur er­­warten haben­­den, zinsentragenden in seiner eisernen Kaffe meh­­rt. Papiere die foli­­erthe. Auch der Staat findet sein Gedeihen, wer die Fechtung gut nd die Kon­­junkturen für bie­ten Die öffentlichen SKaffen sind nicht Leer, wenn die Privataffen gefüllt sind, und murrt der Magen nicht, so ist auch die öffentliche Stimmung nicht nie zufrieden. Solch’ ein gutes Jahr ihäte Ungarn not­. So ärger er Jemandem geht, desto mehr gute Wünsche hat er. Wer nicht? hat, der muß Alles verlangen; wer Etwas Hat, dessen geringster Wunsch ist, das Wenige, was er hat, nicht zu verlieren. Meder Ungarn ziehen zur Stunde so böse Zeiten, daß die Menschen vor der Zukunft Angst haben, und wenn zwei Leute einander Glück wünschen, fügen sie Hinzu: „Gott möge und vor allem linglüc­ke wahren!” Zur selben Zeit, da die Kinder den Eltern und die guten Freunde einander mit dem Wunsche begegnen, daß ihnen der Himmel alles Gute be­­scheeren möge, machen sich auch die Politiker auf, um einander zu beglückwinichen. Die Negierun eines armen Boltes lebt ebenfalls von heute an morgen und wer gar nichts mehr hat, worauf er vertrauen könnte, dem thut’s doch wohl, sich der Hoffnung anvertrauen zu können. Schenken kann die Negierung dem­ Lande nichts, versprechen kann sie nichtS, mit Krieg und Sinie drohen will sie nicht — was bleibt ihr also übrig, als wenigsitens mit Hoffnungen zu vertrösten? Wer möchte auch am Kenjahrstage verzweifeln wollen? . So veranstalten denn dieN­egierung und die Stüße derselben, die liberale Partei, für­ neue Sabre eine gegenseitige Demonstration, damit sie sich coram publico äußern können. In so schweren, trüben Zeiten ist er wohl nöthig, daß auch die Propheten sprechen, Und so werden demnach int­efner Palais Gorove und Tipa morgen, Reden halten, während die Hebuigen zuhören und , Elfen!" rufen werden. Wir missen gestehen, dab wir neu­gieriger auf Gorove’3 aló auf Tika’3 Nee sind. Warum? Tipa ist gewohnt, einen hohen Ton anzuschlagen , aber kann er uns wohl unter den gegenwärtigen Verhältnissen von seinen Standpunkte Neues jagen? Was kann er uns Gutes verheißen? Und es kann doch nicht seine Aufgabe sein, unsere Stimmung noch Düsterer zu gestalten. Aber Gorove spricht im Namen der liberalen Bartei, im Nam­en jener Bartei, deren Politik im sechten Jahre so latent war, wie in der Gleichung das x, während die eines stetig wachsenden Knechteß, dad Inkasio geht Nation doch fordern konnte, daß die Politik einer War die Vergangenheit eine böse, so wird es och in der Zukunft besser gehen ; folgt ja auf a Sonnenschein, Hoffentlich stehen und seine sieben mageren Jahre bevor, und Hoffentlich sind als Strafe die sieben egyptischen Plagen über und nicht vers­hängt. Haben wir gefehlt? Sowohl! Wir haben schwer gefehlt. Doch haben wir für unseren Leicht­sinn auch, schwer gebüßt 63 war bereit genug und über genug der fühnenden Strafe. Schwer tragen wir an der Zaft, welche die vergangenen Jahre und aufgebün­det, doch Hoffentlich brechen wir unter ihr nicht zusammen. Der Zufall und das lingewisse, die in dem Menschenleben von der Wiege bis zum Grabe eine so gewichtige Rolle spielen, werden Doch für Ungarn nicht mit hartnädiger Konsequenz nur­­ verhängnißvoll bleiben wollen? Wir haben böse, Zeiten erlebt, doch haben wir auch schon ärgere ge­ fehen. Hoffen wir, daß wir uus auch bessere erleben werden. ‚Noch am Grabe wird die Hoffnung aufge­­pflanzt, wir aber stehen noch nicht am Grabe unse­­res staatlichen Lebens. Wenn der Same, den der Siemann mit sorgsamer Hand in die See streut, vom Thaue' gedeiht und am warmen Strahl der Sonne reift,­­ un als reife Brucht dem Landmann in den Schoß, zu fallen, wenn des Handwerfers emsiger Fleiß sich allabendlich vor nicht zu bewältigender Arbeit sieht­ und die Gehilfen seine Zeit gewinnen, die bestellten Waaren abzuliefern; wenn die vollen Waarenlager­ fi rasch leeren und in der offenen Ladenthüre die Käufer einander ausweichen müssen, dann gibt es ein gutes Jahr, denn der Landmann zahlt seine Schulden und schafft sich neue Haus- und Wirth­­schaftsgeräthe ein; der Gewerbsmann baut sich eine Merkstatt, kauft V­orräthe ein, dingt immer mehr Gesellen und bringt seine Töchter an den Mann; der Kaufmann knüpft neue Verbindungen an, genießt gut von Statten, und ren sich an Stelle der Felge großen arte nicht unbekannt sei. Wenn das noch zur Wahrheit werden, Worte haben wir bereits ges­aung gehört. Wenn man Ungarn durch Schöne Neden und großartige Debatten beglücken könnte, so wären wir im legten Jahrzehent zum ersten Staate des Kontinent geworden, so wären wir nicht so tief gesunken, daß wir und nun nicht zu hab­en und nicht zu helfen wissen. Wern die Regierung und die Ma­jorität im Unteresse de Landes zu handeln were mögen, so mögen sie Handeln, fehlt es ihnen aber hiezu an moralischen und materiellen Plänen, so mögen sie zum Mindesten davon überzeugt sein, dag et Taktik und Disziplin hier nichts mehr wügen. Auch wir wünschen der Regierung alles Gute. Empfindet doch alles Böse, von dem sie betroffen wird, auch dad Bolt! Den vielen Mißerfolgen des vergangenen Jahres, mögen im neuen Jahre eben so viele Siege und Errungenschaften folgen. Möge günstig gerwesen. | A Proklamirung der türkischen Berfaffung­ Konstantinopel, 26. Dezember, Seit Samstag, den 23. Dezember, sind­ wir fanz fik­tionell. Die P­olitit Midhat Pasha’s triumphirt, Lieber die Geremonie der Verkündigung der Berfaf­­fung auf der hohen Pforte dürften die nachfolgenden De­­tails von Interesse sein. Tags zuvor verichiete das Ceres­monten: Bureau (Tehrifat) Einladungsfarten an alle fer Heren Würdenträger und Funktionäre, an die Mlema’s, an die geistlichen Chefs und Notabeln der verschiedenen christ­­lichen Gemeinden. Sie wurden eingeladen, sich Mittags in offizieller Gala auf der hohen Pforte einzufinden. Auch die fremden Botschafter und Gesand­ten erhielten Einladungen, welchen sie jedoch persönlich seine Folgen gaben, sie liehen sich dur) ihre ersten Dolmetsche repräsentiren. Die rus­­sische Botschaft sendete jedoch ihren fünften Dolmetsch. Am Morgen des Verkündigungstages durcheilten öff­­entliche Ausrufer die türkischen Viertel, um die Bewohner zu verständigen. Daß die zu gewärtigenden Artilleriesalven nichts Beunruhigendes haben, sondern einer großen Ceres­monie auf der Pforte gelten werden, zu welcher die tinfische Bevölkerung eingeladen sei. Die Polizei gab auf in den triflichen Vierteln und den verschiedenen Korporationen die Weisung, Deputationen, aus mindestens dreißig Mit­­gliedern bestehend, zur Feierlichkeit zu entsenden. Außerdem wurden verschiedene Mafregeln der öffentlichen Ordnung getroffen, unter Anderem auch den Telegraphen­ Bureau, die Ordre ertheilt, seine auf die Verfassung bezügliche De­­peiche vor der offiziellen Verkündigung abgehen zu lassen. Der Tag war regnerisch, allein trog des schlechten Better: waren die Gonloirs und der große Vorhof der­­ hohen Pforte lange vor­ Mittag von einer über 20,00 Köpfe zählenden Menge belegt. Die malerischeste Gruppe wurde von dem geistlichen Würdenträgern der christlichen Gemeinden gebildet. Boi Allen trat der akumenische Patrirch, Msgr. Joachim, mit seinem goldgestichten rothen Mantel, seiner majestätisch getragenen byzantinisc­hen Krone und den Gezepter in der Hand, hervor. Ebenso pittorest nahmen sich der Patriarch der gregoria­­nischen Armenier, Migr. Narses, der Patriarch der katholischen Armenier, Migr. Haffun, der Patriarch­ der orientalische katholischen Armenier, Migr. Kupe Lian, der bulgarische Crard, Migr. Anthim und die m­itten bulgarischen Erzbischöfe aus. DS erschienen auch der Kaimakam (Stellvertreter der Groß-Nab­­binern), welche Lebtever wegen des Sabbaths nicht bei­­wohnen­­ konnte, und endlich der Präsest der ottoma­­nischen Protestanten. Gegenüber diesen Repräsentanten der fremden Kulte war die Gruppe der Ulemas postivt, welche durch ihre reichen Kostüme und vielfar­­bigen Zurbans einen noch frappanteren Eindruck machte. Ueberall waren Truppen mit Muftibanden auf­­gestellt. Auf dem Wege, welchen der erste Gefreier des Sultans, Said Bey, mit seinem Gefolge bei Leber­­bringung des faiferlichen Hats und der sanktionirten Ver­­fassungsurkunde nehnen­ sollte, bildeten Truppen ein langgestrecktes Spalier. Gegen 1 Uhr verbindeten Tromp­petensignale die Ankunft des Faiferlichen­ Botschafters. ALSbald gingen ihm Profugier Midhat Bafda und der Sheiflzuli$Salamı, begleitet von den an­­deren Ministern und M Würdenträgern auf der Straße ent: ftein geschmind­es Blut in Seide hervor und überreichte es unter Gesten der größten Ghrerbietung Midhat Bascha. Dieser bewegte sich nun mit seiner Begleitung unter strömenden Negen bis zu der vor den Arkaden von Nach­e Djami errichteten Estrade, welche mit dem türkischen Wappen und Fahnen befürm­t war. Mipdhat erbrach hierauf das Siegel des Etui und übergab den Hat und die Verfassungsurkunde Mahmud Bey, dem­ Chef des Bureau Amebdji, welches den Verkehr zwischen der Pforte und dem Sultan vermittelt, zur öffentlichen Berlefung, welche denn auch, von häufigen Afflamationen unterbrochen, unverzüglich erfolgte. Nach der Berlefung verrichtete der erste Almosenier der Pforte ein Gebet unter andächtiger Betheiligung aller Anwesens­chein. Interessant ist es, daß auch in diesem Gebete die Patriarchen der fremden Kulte ausdrücklich mit einge­schlossen und öffentlich genannt wurden. Es ist dies der erste Fall seit dem Bestande des ottomanischen Reiches und unzweifelhaft auch die erste Wirkung der verfündeten Verfassung. Hierauf bestieg Midhat Bafda die Gfirade und hielt an der Menge eine kurze Ansprache, welche von betäubenden Afflanationen gefolgt war. Durchnaht bis auf die Haut zerstreute sich hierauf Die Menge, und Midhat Pascha, Stolz auf sein Werk, begab sich in den großen Saal des Großvezierats, um die Glühwünsche der Minister, Uemas, Funktionäre und Patriarchen entgegenzunehmen. Alle Anwesenden unterzeichneten hierauf­eine­ bereits vorbei­­eitete Dankadresse an den Sultan,» ee RR Am Momente, als die Geremonte beendigt­en, ' »H­­«-,­­ « | 5 H ?

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