Neues Pester Journal, März 1877 (Jahrgang 6, nr. 60-90)

1877-03-01 / nr. 60

» BER­EIN-»F · » = AB­­ " Budapest, Donnerstag Sees Vetter Journal, 1. März 187%.­­ ‚aus London brachte, traf hier mit dem verstörten­­ Boten aus Mapland aufanmen, der eilig berichtete, daß die gesammten uji­hen Neserven Ordre erhal­­ten haben, nächsten­­ Sonntag den Marsch nach der Grenze anzutreten. Natürlich fanden beide Nachrich­­ten in den Spalten der Zeitungen Aufnahm­­e und 23 verwirklichte er damit das Bild aus dem golde­­nen Zeitalter, daß Pardel und Lamm einmüthig neben­einander lagerten. Sudeß gehört nicht viel Scharfsinn bar, um in Berücksichtigung nachflat: tamben Neuter’schen Dementirungs : Engelchen ®­, etwas Verdächtiges zu wegen, möchten wir auch dem des finden, doch bekanntlich fiz in Zweifeln ins be Ten Lassen, auch dur Schreib­hiffie ihm Sollte Rußland die Fata Morgana der rufsischen Des den Türe­fen vorgespiegelt werden, um ihnen Appetit zum fglennigen Abschluß des Friedens zu machen, wäh­­rend die russischen Armeen, unbefümmert um vieles Diplomatische Blendwert, ihre Aufstellung vollendet ? Und da wir allzu großes Gewicht auf die Nachrichten von der Wuth und Eile mit welcher die Russen plöglich gegen die Türs­ten loszustürnen suchen. Wir erinnern und des An- Dräfig’schen Vergleiches vom Hafer und der Bettiche. Die Ruffen dürften es wohl nicht ist an Bersuchen seh, den Friedensschluß weichzustimmen, und diefe >­dungen, vereint mit den obgenannten Lodungen, dürften das bittersüße Gemisch verschulden, das uns jeßt täglich der Telegraph präsent ist.­­ Dieses zuffische Manöver hat auch theilweise­­ bereit den beabsichtigten Gffeft erzielt. Das Razifiz­­ationswerf mit Serbien hat sich in den legten Ta­­ten an der Form gespießt. Nun hat aló abgeschlossen «« k betrachtet wird.Den einzigen mageren Gewinn,den dngurken für ihre Siege von Deligrad und Dqucis erhalten ist das Verbot für die Serben,neue Befe­­stigungen aufzurichten.Die weitere Verpflichtung Serbiens,das Eindringen bewaffneter Banden in­­­­ die türkischen Provinzen zu hindern,scheint uns bei demvlaxen Charakter der serbischen Machthaber von wizmngerthut,daher geeignet,bei nächster Gelegen­­heit wieder Zwistigkeiten herbeizuführen.Als beson­deres bezeichnend für die fortschrittliche Gesin­­ung der Pforte es anzusehen, Serbien Boten, all zu beiten ? nur als Geid­­entpuppen ? die Türfen für die Pforte so daß sie die Gleidberechtigung der Juden in durch­gelest hat. In der Form des Friedensabschlusses it, wie bemerkt, ein Ausgleich getroffen worden, der nicht zum Nachtheile Serbiens sich repräsentirt. Der jerbische Traum von Größe und Machtzur wach hat nun mit diesem Friedensschluffe für lange Zeit sein Ende erreicht. Die hauptsächlichste politische Bedeutung Dieses Friedensschluffes liegt aber darin, daß das Kriegstheater wesentlich ein­­geschränkt ist, und daß Rußland nicht mehr die Ab­ fit Haben kann, den Krieg bis an die Grenzen Serbiens zu tragen. Dieses Faktum ist bereits sichergestellt, wenn auch der Friede mit Montes­negro noch auf Schwierigkeiten stoßen sollte. Bei der großen geographischen­ Entfernung und ger trennt den Serbien lan Mott­etegrd nicht­ mehr als ein wesentliches Glied der russischen Opera­­tionen angesehen werden.­nd so scheint bis auf die drohende russische Armee íchon jegt ungefähr dad Wort des , 60103" erfüllt, daß die orienta= Kar Trage wieder in das Stadium zuridgefehrt sei, ‚In welchen­ sie sichh zur Zeit der Berathung des Berliner Membrandıma befand, als Serbien und Montenegro noch die Friedlichsten Gesichter schnitten, und als die englische Flotte noch nicht nach der De­­fita-Bar gedampft war. Daß indessen in der Türkei eine Berfüffnung proklamirt worden, wird natürlich von den ruflishen Blättern vornehm ignorirt. Der Ausspruch des , 60103" von der Nachkehr der Dinge zum Stadium der Berliner Berathungen ist aber insofern nicht ohne Bedeutung, als er indiz­­iert damit eli­e Fingerzeit zu geben scheint, daß wieder Spielraum für diplomatische Thätigkeit ge­­wonnen werde. An­ der That wird es immer Elarer und Flarer, daß, während die Diplom­atif die Bühne leer steht, Hinter den Gouliffen allerlei geheime gű­den gesponnen werden. Zwischen England und Ruß­­land haben jedenfall, wenn auch vielleicht indirekte Verhandlungen stattgefunden. Der von uns mitges­theilte englische Blan, daß Rußland ein Jahr den Türken zum Smölebentreten der Berfüllung Frist gönnen solle, scheint der rufsischen Negierung mitgetheilt worden zu sein. Wenigstend hat Rußland auf diesen Vorschlag dich den Mund des „Nord“ geantwortet, daß Nußland für so lange Frist nit die Last seiner Nützungen ertragen könne und daß nur die Nähe der rufsischen Armee die Mafsacres der Christen in der Türkei verhin­­dere. Auf das legtere braucht man nicht weiter ein­­zugehen, da dies bloß eine Marotte und Wichtig­­teuerei der Rufsen ist, sich als Schuß der Christen in der Türkei einzustellen. Aber dag Rußland die Last der Rüstungen nicht ein Jahr noch ertragen kann, ist allerdings richtig. Denn Nufland braucht jeden Tag für seine mobilisirte Armee außer der be­­deutenden Inanspruchnahme der N­aturalverpflegung noch eine Million Rubel über das gewöhnliche Kriegsbudget: Allein Nukland hat mit jener Ant­­wort den englischen Vorschlag mißdeutet. England will an nicht, daß die Auffen nach Ablauf des Jahres mit dem Schwerte dreinschlagen. England gibt niemals den Nuffen die Erlaubnis, in die Tür­­kei einzudringen. Der Vorschlag zielte mir darauf, daß nach wußloser Verstreihng dieser Frist wieder diplomatische Verhandlungen wegen Durchführung von Reformen in der Türkei statthaben könnten. Auch müßte ja die Türkei, wenn die Auffen in Waffen bleiben, ihre Rüstungen fortlegen, um nicht wehrlos in die Hände ihres Feindes zu fallen. Lord Derby zielte also direkt auf die rufsischen Einwände gegen den englischen Borschlag, als er im Oberhause die Meußerung bhat, daß die Pforte mit einer halben­­ Million Menschen unter Waffen gar nicht in der Lage sei, Reformen durchzuführen. Mit dieser Grk­ü­­rung für einen die englische zuffiischen Verhandlungen vorläufig ihren vesultatlosen Abschluß gefunden zu haben.­­ Allein die zufftische Diplomatie schlummerte nicht, sie suchte andere Anknüpfungspunkte, die ihr nie mehr Erfolg verheigen. Es ist Fam mehr ein Geheimsiik, daß die Nuten durch Hinterthüren und Hintertreppen Verhandlungen in DolmaBaglefche pflegen. Natürlich erfüllen Diese abseiten Wege und diese unbekann­ter Berathun­gen,­ Die eine Vers­­tändigung „zu Bwein“ nicht unmöglich erz­einen lassen, die Welt mit gerechter De­ forglich. Daß die gegenwärtigen Machthaber in Konstantinopel nicht abgemeigt wären, Die Yort- Páter ihres Regiments und ihrer wüsten Wirth­ ichaft durch Zugeständnisse an Nurkland zu erlaufen, scheint kaum zweifelhaft. Und da; Nuklard anderer­­seits diese Gelegenheit und das freie Terrain im Konstantinopel mit aller Macht, mit Beziehung und Bedrohung auszubeuten sucht, mit einen greif­­baren Gring für seinen so zweifelhaft gewordenen Kriegslorbeer zu gewinnen, steht ganz außer Frage. Die Besorgnisse vor den geheimen Machinationern Naplands dürften auch jenes Mitglied des eng­­lischen­­ Unterhauses zu der Ankündigung der Smterpellation wegen der Nachfehr des Bot­­schafters nach London veranlaßt haben. Wie es nan allgemein Heißt, werden einige Mächte den Friedensabschluß mit Serbien zur­­ Wiederein­­führung der Botschaft in Konstantinopel benügen. Für diesen Fall würden wir den Friedensabschluß mit Freuden begrüßen. Denn die Abreise der Bot­­schafter hat die Palastintriguen ermöglicht und die Abwesenheit der Botschafter gibt den russischen Agen­­ten die erwünschteste Gelegenheit, alle ihre Deinen springen zu lassen. Mit der Nachtehr der Bot­­schafter wird auch wieder Luft dringen in Verhält­­nisse, die in ihrer Dunkelheit geradezu beängstigend wirken und sie auch auf die europäischen Staaten von so importanter Tragweite sind. Budapeft, 28. Februar. & Nach der Geltung des Abgeordnetenhauses hat heute ein Ministerrath stattgefunden, welcher bis 5 Uhr währte, selbst rein die Fürsten Milan und Sollte die tufsische Armee, die Höhere Zweite aufgestellt wurde, fid garde Oper sollte mobilisiring nicht 6108 legen, ohne anderes Interesse im dieser beiden nun schon einmal weit nachgegeten, englischen Orient Nikita weich zu dem Zivede nicht gerade Duodez dürften daß der Friede haben, — — * Finanzminister Szél begibt sich morgen Früh mit dem Schtellauge nach Wien. “ Unter dem Titel „Les intrigues moscovites en Turquie”, d. i. die moßfomwitischen Intriguen in der Türkei, v­­on Dr. Bugistre Belleyjan, in K­ommission bei Friedrich Kilian in Budapest, ein zeitges­mäßes Buch eerschienen, das in 17 Kapiteln die neuesten Ereignisse auf der Balkanhalbinsel bespricht und den Bes­weis zu liefern versucht, wie alle die wiederholten Aufs­­tände, Wirren, Mafsacres 2c., namentlich auch die Schlächtr sereien in Bulgarien, nur auf die S Intriguen russischer Agenten zurückzuführen sind. Der Berfaffer hat lange Jahre int Oriente gelebt, rennt alle Völkerstämme der Türkei aus eigener Anschauung und tritt mit aller Wärme und Entschiedenheit für die Kulturfähigkeit des türkischern Stammes ein. Das Mert, auf welches wir gelegentlich­­ Bud­, hier eristirt blos ein einziges Manuskript-Gremplar der Mederregung. Aus diesem und aus der heutigen ersten­­ Aufführung — aus der K­­­roeben fomme, — habe ich die Kenntniß des Lustspiels erlangt, doch bin ich Schon im Klaren darüber, mit mir selbst der Haltung des Bublikums — das Stüc als poetische Produk­­tion alle Achtung verdient. Man kann schlimmstens sagen „der Kuß“ ist kein Drama, kein Theaterstüc, und man mag damit nicht Unrecht Haben. Kein Theaterstüc, wo die Ereig­­nisse aus den Charakteren springen, wo das Gefek von Or­­face und Wirkung der Schlüssel für Alles ist, was vor­­geht; sein Drama mit knapp geschloffener Handlung, wo dem Anderen folgt; sein Bühnenwert von .«---«"«««reeller Inhalt.Ein heiteres Spiel vielmehr,ein interes­­santes Bhantasiren, ein munteres Aufgelegtsein des Poeten, der sich einmal seine eigene Welt erbaut, so Zofe und Teicht gejimmert, daß sie gerade nur für den Einen Abend aus­­hält und daß sie auch nicht recht viel Dunkelheit, höchstens von etwas mattem Mondschein un­­terbrochen, bestehen kann. Das gibt allerdings feine Theater: fort für die Wochentage, aber in die starken Effekte gewöhn­­licher Theaterabende hineingestreut, schafft es mit seiner poetischen Weihe Erholung und Erfri­hung. Ich glaube, daß diese Meinung dem Stüde gerecht wird und bak durch­ die Charakteristik, die nach in die Reihe der Dramen fällt, Döczi’, neben den ihrigen die man bei uns ge­meiniglich als der spanischen Schule angehörig bezeichnet, die übrigens au) von englischen und deutschen Dichtern ges­pflegt worden, von Dichtern so unerreichbar hohen Ranges, daß es nicht eben geschmacvoll wäre, den Namen Ludwig Bonder Bearbeitung, von der Szenerie und von der Darstellung ziemt wohl auch ein Wort zu sagen. Dingelstedt hat sich die theatermäßige Einrichtung des Stückes sehr anz gelegen sein lassen und hat viel Eifer darauf verwendet. Das Stück ist Hier in vier Akte eingetheilt, genau so, wie es im Buche vorgeschrieben. Die Bester Bearbeitung war sparsam­mer, sie hat mit drei Aufzügen, das Vorspiel abgerechnet, das Auslangen gefunden. Man legte auch sonst hier Werth darauf, dem Buche treu zu folgen, aber allmälig zeigte ich’s, daß Striche unerläßlich seien, und als man sich dazu ent­­schloß, sie zu machen, da gerieth man gerade auf dieselben Stellen, die auch der gegenwärtige Direktor des ungarischen Volkstheaters, Eugen Rátstofy, der Déczy’s Lufzspiel bez fanntl­ für das ungarische Nationaltheater eingerichtet, als die entbehrlichen gestrichen hatte. Man mag das Zusammen­treffen seltsam finden, für d­as dramaturgische Talent ihres Wolfstheater-Direktors ist es jedenfalls ein ehrendes Zeug­­niß, daß ein so gewiegter Theaterroutinier, wie Dingelstedt, seinen Spuren folgen mußte. Routinier ist in Wahrheit ein unzulänglicher Ausdruck für die Scharfe d­ramatische Empfin­­dung und den sicheren Theaterbild Dingelstedt’s, die sich bei der Szenirung des Lustspieles von Dóczi wieder ein­­mal glänzend bewährten. Und wo Dingelstedt persönlich nicht wirkte, da half Leminsky, der von einer ors­­entlichen Begeisterung für die Komödie erfüllt ist. Als — ich darf wohl ein Bisschen aus der Schule schwaßen — bei der Leseprobe die Darstellerin der Königin zufällig fehlte, da übernahm Lewinsty zwasch diesen Bart und er b­at das so bherrlich, daß Manchem der Gedanke kommen mochte, ob er nicht das Beste wäre, wenn Lewinsty das ganze Stück mit allen Rollen einfach vorlesen würde. Ich möchte das nicht mehr zugeben, seit ich Herrn Harte­mann in der Role des Königs gesehen. Das ist ein Schauspieler, wie ihn wenige Theater unter dem Wiener Hofburgtheater, ja man fenn geradezu sagen, Fein einzi­­ge beit Demn Künstler gibt es wohl da und dort, aber Künstler, die es sind, noch ehe sie dreißig Jahre alt ges worden, sind unter den Geltendheiten, die die Künstler ohnedies sind, die seltensten Ausnahmen. Hartmann ist­­ eine solche. ein Schauspieler voll Adel und voll Nobleffe, ein Künstler voll Liebenswürdigkeit und Anmuth. Er bringt für diesen tugendhaften jungsweilen König Alles mit, was die Rolle braucht und noch etwas darüber : sic­h selbst. Und außerdem gibt er noch dem Stüce ein Bestes, das er hat: seine Frau, welche die Rolle der Marita mit entzüdendem Netze spielt. Sie hat den hellen Ton lie­­benswürdiger Schaffhaftigkeit, die troßige Geberde jugendl­ichen Uebermuthes. Alles in Allem, sie ist eine charmante Marita. Die Hauptrolle des Adolar ist Herrn Mitters­mutter anvertraut worden, und befand sich auch im sehr guten Händen. Die Königin ist Frau Janu­sc, vor Zartheit und Duft, wie alle Gestalten dieser Künstlerin. Der Pfaffe Sobrinus mußte, den höheren Nachsichten des Burgtheater Rechnung zu tragen, in einen Notar umgez­wandelt werden. Meh­ner spielte ihn so,daß man so leicht das Urbild darunter vorstellen konnte. Der Gleichbes­iehtigung wegen ist denn auch der häßliche Jude in dem Märchen Adolav’s in einen Mauren verwandelt worden. . Doch nun zu dem Bericht über die Aufnahme, welche Déczy’s Stüd heute vor dem strengen Burgtheater-P­ublik­­um gefunden. Wenn dreizehn Hervorrufe an einem­ Abende, wenn lauter Beifall 065 Bublitums mitten in den Alten, wenn verständnißvolles Eingehen in die Intentio­­nen des Autor und bereitwilliges Hingeben an seine mitz unter fühnen Einfälle die Zeichen eines Erfolges sind, dann hat Déczy’s Lustspiel hier einen vollen Erfolg ges­­­cabt. Das Vorspiel verlief noch ohne Zeichen von Theil­‘ Eines­­ aus daß — zu stellen, ganz abgesehen von diesen Abend ich entworfen, es der Kategorie ohne

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