Neues Pester Journal, April 1877 (Jahrgang 6, nr. 91-119)

1877-04-22 / nr. 111

— a en a u u Moonnemens: Ganzi. fl. 14, halkyj. fi. 7, | viertelj. fl. 3.50, monatlihyft, 1.20, „Neue Peter Sournal“ erscheint täglich, auch an Montagen. "DE, Leopoldit. Kirchenplat Nr. 2. a | Einzelne Rummern 4m Infernte nach aufliegendem Larif, WE Morgen (Montag) erscheint wie Beiwöhnth­ eine Nummer. Kiihinen das Alles ausgeglichen werden könnte ? Um die Form handelt es sich noc. Ia, in solchen Fällen ist eben die Form noch bedeutsamer, als das Helen. Auch, daß Ignatieff wieder auf der Ober­­fläche auftaucht, und daß, wie mir scheint, ganz unbegründeter Weise von Diverten Ber Handlungen zwischen Ignatieff und Edhem Pascha die Rede ist, will ich nicht verschweigen; ic) darf dies umso weniger, als die­ Börse nach der Erklärungszeit gerade durch Diese Nachricht in förmlichen Jubel verlegt wurde. ALs S­orrespondent war es meine Pflicht, die hier erwähnten Thatsachen zu registriren. Der Gindrud und die Meinung, die daraus zu schöpfen, sind die Sache des Vejerő. 30 für meinen Theil bin der Ansicht, daß all die Diplomatischen Ber­­suche, so ernst, und aufrichtig sie betrieben wer­­den, doch nur wieder zu der Weberzeugung führen werden, daß Die Lösung oder bestehen­den Differenzen ohne Krieg nicht möglich ist. Se 63 ist nicht in bestimmter Weise bekannt, ob Oesterreich - Ungarn auch an den neuesten Ber­mittlungs-Berunchen Theil nimmt. Nach der Nich­tung der Andrasfy’schen Politik, die stets dahin ging, seine Anstrengung zur Erhaltung des Friedens zur sdionen, darf man dies im­merhin annehmen. Selbst wenn, wie wahrscheinlich die Aktion zu seinem Er­­folge führt, wird er niemand kompromittirend er­­schein­en, an derselben Theil genommen zu haben. Dabei hat ja Oesterreich lingarn sein Engagement übernommen, weder nach der einen, noch nach der anderen Seite hin. Man scheint darauf zu Halten, daß auch äußerlich seinerlei Parteinahme der Monarchie eintrete. Wohl ist Feldmarschall-Lieute­­nant Degenfeld beordert worden, den Graf auf seiner Nefse Namens unserer Monarchen in Strany zu begrüßen, doch ist Dies ein Mit der G­ourtoisie, der immer üblich ist, wenn regierende Fürsten auf Reisen gehen und dem auch diesmal nicht auszuweichen war. (Hier im Budapest wire in politischen Kreisen erzählt, es sei ursprünglich, im Plane gewesen, den Gar­dur einen Erz­herz­og begrüßen zu lassen, er sei jedoch dieser Gedanke wieder fallen gelassen worden, angeblich deshalb, weil seiner der Herren Erzherzöge bei der Säbelfeier des Erzherzogs Albrecht fehlen mochte. In weiterer Folge mögen auch wohl politische Gründe dabei im Spiele gewesen sein. Die Rez­­­­­­­­ie Haltung Englands hat in den rechten Tagen zu größeren Hoffnungen Anlaß gegeben, als es zu erfüllen bereit ist. Richtig ist es allerdings, daß das Kabinet Derby alc von Italien der Antrag ausging, die Mächte sollten angesichts des bevorstehenden Krieges in formeller Weise ihren Willen unter allen Umfänden neutral zu bleiben, zum Ausdruck brin­gen, sich entschieden ablehnend was hielt, mit der Motivirung, dahfich England für seine zukünftige Politio in seiner Weise binden wolle.­­ Diese Erklärung hat begreiflichermaßen auf die russischen Staatsmänner einen sehr deprimirenden Eindrud gemacht ; allein das Gewicht desselben ist nun von fast ausgewogen durch weitere Erklärungen Derby­s, die abermals den schwanzenden Zug der englischen Parteipolitik verrathen­ . Gestern versicherte Carl of Derby im Oberhause, er habe die Pforte wiederholt gewarnt, seine Hilfe von England zu erwarten und er fügte weiter hinzu, daß die Negierung ‚nicht den Wunsc hege, zu interveniren, daß sie­­ sich 004 aber das Recht vorbehalte, „Die englischen Interessen zu fchtigen, falls sie dieselben für bedroht hält.” Nur von „englischen Suttereffen“ und nicht von „SIutereffen 068 Orients” hat Carl of Derby gesprochen. Und wo Die ‚englischen Interessen ihr Orient anfangen, das ist doch genugsam Harz sie. beginnen dort, two die österreichische ungarischen bei­­nahe schon auflören: Hinter dem Balkan. Für die Ungestaltungen, die sich nordwärts vom­ Dalfan an der Donau ereignen, hat England sein Interesse. Seine Haltung in der Frage der Herzog­­thümer war ein genügender Beweis hiefür. War es doch bekanntlich England, welches die völlige Autos nomie Bulgariens, Bosnienő und der­ Herzegowina in Antrag brachte und Oesterreichs U Ungarn mußte damals mit aller Straft­a­e­ge um England agitiven, um diese.unserer Monarchie gefährliche Idee aus der Welt zu schaffen. N­oc) heute sagt England, daß es, wenn Deutschland und Oesterreicherlungarn gegen den Donauell­bergang der Nullen protestiren wü­r­­den, ihnen hierin nachfolgen würde. Das heißt so­ viel, wie: geht Ihr voraus, ich komme ichon. nach. Gleichwohl kann nicht geleugnet wer­­den, daß es Winkle gibt, wo das englische und das österreichische Interesse zusamm­enfallen, und wenn diese auf der Oberfläche auftauchen werden, wird wohl die Verständigung rasch gefunden werden. 63 heißt aber diese in der P­erspektive winfende Zur Situation. lieber die aktuelle Lage, wie sie sich heute gestaltet, geht uns mit der Nachtpost folgendes Schreiben eines bewährten Korrespondenten zu : —7. Bien, 21. April. Der Graf ist auf dem Wege nach Kitchinew und Die rufsische Armee it im Vormarsche gegen den Bruth begriffen. Diese Thatsachen scheinen wohl die Situation gefangsam zu carakterisiren und möchten es fast entbehrlich machen, noch fer­ner von den Bem­ittlungsversuchen der Diplomatie zu Sprechen, die sich mit einer gewissen Zähigkeit und­ immer fortschleppen, um so das unendlich weite Wort eines erleu­chteten Bolitiferd zum Wahr­­heit zu machen, daß der Friede jedenfalls gesichert sei — bis zum Ausbruche des Krieges. Als ge­­wilsenhafter Chronist kann ich mich aber der Noth­­wendigkeit nicht entziehen, von den Diploma­­tischen V­ermittlungen noch immer zu reden; demn sie ernftiven thatsächlich noch und sind heute noch nicht als abgethan zu betrachten, im Gegentheile wird versiert, daß sie neue Chan­­cen d­es Gelingens gewonnen haben. „Il s­agit de trouver la forme" — so berücte sich ein gutunterrichteter Diplomat, der die Wege der europäischen Wolitis genau nennt, noch heute aus. Er hält es noch immer für mög­­lich, daß die Pforte den ihr empfohlenen Echritt, einen S Gesandten nach Rifdhinen zu wenden, thun werde. 34 regisivire diese Henderung nicht, ohne gleichzeitig Bedenken Doppel­­ter Art zum Anspruch zu bringen; Bedenken zu­­nächst darüber, ob die Pforte wirklich so weit gehen werde und in weiterer Reihe darüber, ob selbst dann, wenn nach Langen Mühen eine derar­­tige Begegnung in Kitchviewn wirklich stattfände, sie irgend­eine Garantie 0-5 Erfolges hätte. Die Vertreter der Pforte und Nußlands sind schon auf der Konferenz in Konstantinopel einander gegen­über gesessen, sie waren in London durch Schuiven­­loff und Musurus Bajda mit­einander in Verkehr. 63 hat sich jedoch nicht gezeigt, daß dieser Direkte Ver­ehr just dem Frieden fürderlich gewesen wäre. Zur Gegentheile hat Ignatieff’­ hochmüthige Art eher eine Entfwendung als eine Versöhnung her­­beigeführt. Wie­­ will man nun erwarten, daß in­­haftion.) — ) Wiener Brief. Originale euipeton des „Neuen Better Fournal”.) — 20. April, Eine militärische Feier — der Begriff Hat noch nichts von seinem ekflusiven Charakter verloren, was immer auch die verschönende Mortrofetterie daran Herum: zum andwriren suchen mag. cd) finde, da es allezeit nicht verartigen. Anlasse, das S Kriegsministerium sich beeilte, im nur das Ehrlichste, Sondern auch das mindest Verlehende ist, gerade herauszufagen, was man denkt, und die Thats facjen so zu zeigen, wie sie sind. Es ist doch gewiß, seit den letten zehn Jahren in den Beziehungen zwischen den Militärs und der Bevölkerung Alles unvergleichlich besser, homogener, Herzlicher geworden; wer aber die einzelnen Momente­ dieses militärischen Dienstjubiläums verfolgte, der hätte meinen sollen, es sei heute noch die Zeit, da Militär und Civil einander wie zwei total verschiedene Menschenraten betrachteten und behandelten. Die Gepflogen­­heiten und Traditionen. Die ceremoniellen Eingelebtheiten (nicht b105 der äußeren Verkehrsformen, sondern selbst der Gefühlsweie) ändern sich doch viel schwerer, als der innerliche Mensch selber, und dieser it im Innern Schon ganz umge­wechselt, während er noch in der äußeren Gehaltung von der alten Art und Sitte nicht lasfen, ja sein Fühlen nicht aus dem traditionelen Geleite in ein neues hinüberleiten kann. Man hatte in den offiziellen Festkreisen sicherlich nicht­ weniger als die Absicht, nach irgend­einer Seite hin durch soldatische Ueserhebung zu verlegen, ja, man hatte offenbar das dunkle Verlangen, Fühlung mit der übrigen, nichtmilitärischen Welt zu behalten und, wie geringfügig das Detail auch erscheinen mag, bezeichnend nach dieser Nischtung Hin bleibt es, daß, zum allerersten Male bei früher Vormittagsstunde noch, gerade für die Abendblätter zurecht, an die Zeitungs-Redaktionen den Wortlaut der Ansprache der großen Militär-Deputation und der Ant­wort des Erzherzogs,Feldmarschall zu überseeiden. Aber gleichzeitig geschieht etwas Anderes, was für und scharf die Signatur des Tages bezeichnet, darum schon, weil doch entschieden nicht die geringste Absichtlichkeit dabei in­s Spiel kam. Der Bürgermeister Dr. Felder läßt aus fragen, wann es Dr. fair­ Hoheit gefallen würde, ihm zu empfangen, um die Glühwünsche der Stadt Wien entge­­genzunehmen ? Und die Antwort fommt: „Heute sei es absolut unmöglich, weil die Zeit dazu fehle ; aber es werde alles Mögliche getrachtet werden, am nächsten Tage die Zeit zu finden und die Audienz nicht bis zum Freitag verschieben zu w­üsfen.” In der That fand der Em­­pfang bereits am Donnerstag statt und die Aufnahme, welche die Glühwunschdepußtion der Wiener Bürgerschaft fand, war die Huldvollst herzlichste — aber es war doch am ersten Tage für b­ile Clement sein Raum get wesen. Und ebenso wenig fand sich in all’ den militä­­rischen Festesreben, welche dar­aufht wurden, für ein ein­­ziges Wort, welches auch nur daran erinnert hätte, daß es außer den Trägern des Waffenrads auf dem Erdenrund überhaupt no Menschen gebe. Und auf der anderen Seite auch, im bürgerlichen Elemente, zeigte sich nur geringe Sinnes- und Herzensem­­pfänglichkeit für den Zusammenhang alles Volfswesens, in­­soweit sich diese­­ Empfänglichkeit in irgend­einer äußerlich be­wegteren Theilnahmme hätte befunden sollen. Die offiziellen Repräsentationen des bürgerlichen Staatswesens erließen die üblichen Kundgebungen und in der­­ Bevölkerung war jene respefttuöse Aufmerksamkeit wahrnehmbar, wie sie bei allen feierlichen Anlässen, welche die Mitglieder des regierenden Hauses betreffen, hervortritt es aber das Glcihzusammenfühlen mit­ dem auf's Allgemeine weisenden Inhalt des Heftes fehlte und es fehlte unerkwür­­diger Weise sogar die sich andrängende Schaubegier. Das Schauspiel der militärischen Serenade mit den zehn Musikkapellen, mit den 640 Mustiern und Lateinträs­gern traf nur eine ziemliche mäßige Neugier des Bus blifums. Und die Erklärung dafür in dem allerdings ganz abscheulichen Wetter suchen zu wollen ,t nicht vollständig ausreichend ; denn der Abend des 10. Mez­­ember, des Schillers Facelzuges bei der Denkmal-Enthül­­lung, war sicherlich nicht einladender — und welches Ges­tühle umdrängte die Fadelträger ! Die Nervenspannung der Neugier fehlte, diesmal, die, wie jedwede Nervenspan­­nung, eines tieferen oder wenigstens Lebhafteren Berührt­­seins der Gefühlsfalten bedarf, und diese Erscheinung muß fonstatirt werden, weil sie gerade bei der sonstigen Wohlige Zeit des Verhältnisses zwischen dem Soldatenstande und den übrigen Ständen zeigt, was es da noch auszugleichen und ineinanderzu schmelzen gibt. Im geschlossenen Festesfreite selbst allerdings trat das Gefühlsmom­ent stellenweise mit völliger Vehemenz hervor. So erzählt man mir von der Hoftafel, daß der Graherzoge Marschall den Dankestoaf, mit welchem er den Toast des Kaisers erwiderte, nur floße weise, mit unterbrochener Stimme hervorzubringen vers­mochte und daß die alten Generale sich nicht genug die Augen wischen konnten, daß mander von ihnen recht wie ein Kind schluchzte. AndertHalb Stunden, von Schlag AUpr bis Schlag Halb 6 nr, dauerte die Hoftafel und wenn inz tevefsirt, für den sei die statistische Ziffer beigefügt, die ein Zufall zu meiner Kenntnis bringt, daß dabei von den 258. T­eilnnehmern getrunfen wurden: 126 Flaschen Champags­ier, 86 Flaschen Bordeaux, 76 Flaschen Rheinwein, Alles fest 8 Seiten Beilage, enthalten» Die Nomnanzgei­ung, sowie Das „Ihenter: una Beranism­usblatt.“ © 7

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