Pester Journal - Abendblatt, Oktober 1877 (Jahrgang 4, nr. 130-156)

1877-10-01 / nr. 130

u ABl ETT. KW. Zareuung We. ki BERN Re Abonnement für Budapest mit täglich zweimaliger Zustellung, für die Provinz ers­t einmal. Bestversendung : monatl. fl. 1.10, zyteim. fl. 2.16, viertelf. fl. 3.10, halbf. fl. 6. nr­ie Das Abendblatt des are Journal” meint täglich, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen Nachmittags nach 2 Uhr. m —__—— Redaktion: Administration des Ab­endblattes 2 kr. Göttereorgaszse ®. 2 m­eint "das Abendb Göttergassge­n re TÉK [nit medben billigst berechnet. a Der Fußschemel Oeterreichs. Budapest, 1. Oktober. An Händen und Füßen gebunden, so liegt der Riese Ungarn da. Man OKÉ nicht, welchen Auss­chlag dieses Neich einst in allen europäischen Ange­­legenheiten gegeben ! Man vergesse nicht, daß Ungarn Jahrhunderte lang den Krieg gegen den 3slam geführt und Europa vor der Ueberfluthung durch den Mahomechanismus mit Gut und Blut gejdagt hat! Man vergeise nicht, was Ungarn in den napo­leonischen Feldzügen dem deutschen Weiche ge­­leistet hat. Wieder dieser Ungarn war er, welches im­­ Jahre 1848 die ganze Welt durch seine Rechts und Frei­heitgliede in Orstaunen feste, die Helden von Paris weit hinter sich ließ und bewundernswerthe Beispiele nationaler Tapferkeit lieferte.­­­­Wieder Ungarn war es,­welches­ trotz seiner durch zwei alliirte Armeen bewirkten Niederwerfung, den Kaiserstaat rettete nach den Stürmen von­ 1859 undlssS und der Westhälfte zu der Freiheit ver­­half, für die er im Jahre 1848 geblutet hatte. Dieses Ungarn ist stets ins Gewicht gefallen in der europäischen Politik und alle Bölfer mit ihm, weil Ungarn IH As­el und Zanft behält. Und dieses große Ungarn, ein Neid­ von 16 Millionen, vor blühender Städte, üppiger Gefilde, rauschender Wälder, rauschender Ströme, dieses Un­garn muß jet stumm und gefiebelt zusehen, wie die Würfel der Entscheidung fallen in Bulgarien, O­h­ne una, vieleicht gegen un. Hätte Ungarn an einen fremden Staat zu zollen, wäre Ungarn ein wirkliches Königreich, ja nur ein Reich. Jede dieser Nationen stellt 20.000 Mann zum Kontingent. Rußland braucht diesen Sufkurs, braucht die Handvoll Montenegriner, braucht die wenigen Griechen. Rußland verbraucht ein ungeheurer Menschen­­Feldzug bereits unfähig geworden, ist sein heute seinen Alto beinahe Tribut so frei in feiner Bewe­­gung, wie Serbien, wie ganz anders würden sich die Dinge im Oriente gestalten. Man vergegenwärtige sich den Moment ! Das riesige Rußland war gezwungen, die Al­­ianz der Rumänen und Serben zu Zweifel, suchen, daß vor einer, diesem Kampf eine Halbe Armee. Nun denke man sich, ein selbstständi­­ges Ungarnm werfe im entscheiden­­den Augenblicke seine Kraft in die Bagidhale. Ungarn kann allein eine riesige Armee von nicht weniger als 400.000 Mann, wohl ausgerüstet und equipirt auf die Beine bringen. &8 solchen nach einer mehr Thatsache der russische Adler in seinem Konstantinopel augenblickich Aktion Ruslands gegen die Türkei die­ Rede sein künnte. Die orientalische Frage würde niemals durch­ Rußland gelöst werden. Die ungarisch-türkische Allianz würde und gegen jede nordische Invasion [hüten und doch die selbstgeschaffene Teilel unter Einfluß in Konstantinopel würde Hinreichen, um die Reform im Doriente durchzuführen. Rofig würde üm die Zukunft Ungarns gestal­­ten unter solchen Auspizien ! Und das Alles ist nur ein Traum. An Händen und Füßen gebunden liegt Ungarn da. E83 weiß, was es will, es wohnt in ihm was es will, die Kraft, auszuführen. Aber die Kraft ist gebunden, gebunden des NRechts, d­agund an Oesterreich Schmiedet. Die pragmatische Sanktion garantirt: den gegen­­seitigen Schuß beider Staaten. Ungarn fühlt sich im tiefsten Nerve angegriffen durch die russische Balfanerpedition. Wo it nun der Schuß, den ung Desterreich gez währen­ soll ? Bir fdh ohlenmächtiger zu Zweien, alz wir, e8 je waren zu Zeiten der ungarischen Könige. Ungarns Foh­rung ist eine vollständige. a noch mehr. Wir sind nicht bloß ifolirt, wir sind bezz armirt. Dem Ungarn allein würde aus­z reichen zur Entscheidung im Orient. Sei aber fan Ungarn nicht einmal a­llein vorgehen. Es ist der Schemel der österreichischen Politik. Original-Korrespondenzen. Wien, 29. September. (Originals Korrespondenz des „Bester Journal.) —0— Von einem Berliner Staatsmann, der hier als der geistvollste Interpret der Bismarck’schen Foeen betrachtet wird, zirkulirt unter unseren „Intimen” ein präg­­nantes Mot anläßlich der Bifite Cris­ps. Bekanntlich ist der Vizepräsident der italienischen Kammer an der Spree in sehr demonstrativer Weise gefeiert und Her v. B. (Bülow) sol sich nun geäußert haben: Preußen braucht It­alien unter allen Umständen, seitdem Ruß­­land durch seine Niederlagen als Machtfaktor verschwunden ist. Entweder wir bekommen eine Allianz zwischen Preußen, Oesterreich und Vytalien gegen das katholische Srantrere, oder Preußen und Italien werden sich allen einr austro»-fräntischen Bap ft Liga gegenübersehen. König Bu­ftor Em­a­nu­e­l zögert zwar, allein ee m­u­ß mit uns gehen, ob er nun will oder nicht, denn es handelt sich um die Existenz sein Lande. Schärfer kann man die Möglichkeiten der Zukunft allerdings nicht hinzeichnen, wenn auch vorläufig nicht die Gefahr ihrer Realisirung vorherrscht. In Wien ist man nach wie vor fest entschlossen, fo unter seinen Bedingungen von Deutschland so­zusagen wenn auch aus Paris wie derhboltfehlerverladende Allianz­anträge an verschiedene flek­fale Kreise unseres Hofes abgeschicht wurden Diese Herren möchten vielleicht, aber — sie sind, Gott sei Dant, selber völlig ohnmächtig ! — — Aus Belgrad sind hier Nachrichten eingelaufen, welche ü­ber den bevorstehenden Abmarsch der Truppen — bezie­­hungsweise die Weiterschreitung der Grenzen in südlicher und in westlicher Richtung — keinen Zweifel übrig lassen. Wie sei­nerzeit im Juli, fangen auch legt Berichte ein, welche sogar den Tag der serbischen Aktion anzugeben müssen, und es heißt in einem Konsular-Rapport, daß si die Milizen am Simok kommenden Nt­ttivodh in Bewegung geben­ werden. Man spricht auch von zwei Manifesten, welche der Fürst gleichzeitig erlassen wird und von denen das eine dem ser­­bischen Bolt und das andere den Mächten die Nothunwendig­­keit der serbischen Theilnahme am nationalen Befreiungskriege begreiflich machen sol. Der Redakteur dieser Schriftstüce war natürlich wiederum Herr Niftic, der so ziemlich die Schablone des Vorjahres benuzt hat. Merkwürdig ist, daß die Serben auch diesmal nicht offen mit der Sprache herauszurüden wagen und daß sie die Türken so sehr fürchten, daß im kei­­nem der beiden Maniste auch nur mit einem einzigen Worte die Frage der Unabhängigkeit berührt wird. Wahrscheinlich will Fürst Milan damit erst bis nach einem Siege seiner Truppen warten, wenn nicht anders Oesterreich aus gerissen sehr dur­chsichtigen Gründen sein Veto gegen die Broflamm­ung der Selbstständigkeit eingelegt hat. Bekanntlich s­chmeichelt sich das Wiener Kabinet, das das Protektorat über Serbien schließlich dem Habsburgerstaate selbst zufallen werde und in Belgrad scheint man sich für den Fall einer Niederlage auch mit diesem Lose bescheiden­ zu wollen. Die Verschwörung in Aronfadt. Bi­dapest 1. Oktober. Der heute hier eingetroffene " Kelet" bringt die folgen­­den Mittheilungen, zu den Waffenkonfissationen in Sieben­­bürgen : „Ein Zollbeamter aus Budapest bereist schon seit fünf Zügen als Königlicher­ Kommissär die Strecke Großwardein:Kronstadt und die örtlichen Grenzstatio­­­­nen. Auf Grund von Daten, die er in Händen hatte, nahm er in den Waarenmagazinen von Homoród bis Kronstadt Nachforschungen vor und fan­c­te verschiedene Sendungen, welche nach den ertrefften Bahnpunk­ten, wie Szepei-St.,György, Kezdi-Väsärhely 2c. abgehen sollen. Die größte Sendung — szwei ganze mit Hinterladern und Geschoffen gefüllte Waggons — wurde in Kronstadt konfiszert, wo übrigens die Nachforschun­­gen im M­aarenlagern no fortdauern. Diese Sendungen waren als „Maschinenbestandtheile“ aufgegeben.’ Zu bemerken ist,daß ähnliche Sendungen auch früher schon aus dem Kronstädter Bahnhofe abgingen, wahrscheinlich in Richtung der Bsds zaer unvDrstorger Bäffe Man erzählt sich, dab ein Fuhrmann auf der Landstraße eine Kiste verlor, die man nach Kronstadt zur Behörde brachte und die mit türfischenfez­ gefällt war Dies gab zu dem ersten ®PD erdachte Anlaß. Zur Staatsanwaltschaft in Maros:Väsärhely kam fon vor­ Tagen die­ Ordre, sich an den Thatort zu begeben. Nachdem der Oberstaatsanwalt auf Urlaub und ab­wesend war, reiste der Unterstaatsanwalt Dravesty am 27. b. nach Szepsi.­St.-Gydrgy der Oberstaantsan­walts-Substitut Sebestysn reiste an demselben Tage auf telegraphische Meinung nach Kreonstadt. Der Absender all dieser Sen­d­ungen in Wien— auch der­ in Budbapyeflfai fictien Shrappnell — ist ein geachtetes Mitglied der Tamile Schwarz" Das Blatt fügt noch hinzu, daß die Affaire in fäche­rischen Kreisenn eine förmliche Banks hervorgerufen habe. „Stelet" bezeichnet all die Waffensendungen nur als Schmuggelversuche nach Rumänien und be­streitet die Existenz einer Verschwörung in Kronstadt. Bei dem bereits weit gediehenen Stande der Angelegenheit entbehrt diese Anschauung natürlich aller Berechtigung. Die „Kronstädter 3ta." berichtet, DAB im dortigen Bahn­hofe 13 Kisten Hinterlader neuesten Systems, mehrere Kisten Patronen und anderes Kriegsmaterial fansirt wurden. Auch dieses Blatt bestätigt, das äh­nliche Sendun­gen früh heranstandalos,­ausgefolgt oder weiterbefördert wurden. Der Aufgeber der Sen­­dungen wohnt in Wien Burggasse Mr. 50. Adressirt waren einige dieselben an Horváth Rézdi,Bájárhely und Hermann Schwarz in Novágna und Mikö-Mifalu. (Bereits gemeldet.­­­ D. Ned.) Das In­fanterie-Regiment, das aus Kronstadt nach Rezdi-Väsärhely beordert wurde, steht unter Führung des Obersten De Fin. Auch aus der Umgebung von Kronstadt­ soll­ ein Husaren­­regiment nach Kezdi-Väsärhely abgehen. Dem»Sonn-und Feiertaggs Courier«wird zu diese­L Angelegenheit aus Budapest telegraphirt:»Der Gedanke zu dem phantastischen Unternehmen ist jedenfalls von hier, ausgegangen und steht die Bet­eiligung Klapkafsk dabei außer allem Reife.Das Geld zum Anlauf der Waffen soll von einem für die türkische Sache begeisterten,bekannten ungarischen Magnai­ten herrüben­" „Bayetsztes" wird ferner aus Hejesfalva telegraphirt: „Hier wurde eine­ große Quantität Patronen fonfiszirt. Eine Untersuchung wurde bis nun nicht eingeleitet, ist aber wahrscheinlich bevorstehrend." Das „N. Wr. Zgbt." meldet: „Auf dem hiesigen Nordbahn Staatsbahn und Nord mefitbah­nhofemmben zahlreiche fiften K­riegs3contrebande Ffonfizzirt, melde unter der Deklaration „Maschinen und­ Eisenbestandtheile“ nach Kronstadt bestimmt waren. Dieselben enthielten über eine Million Batronen, mehrere tausend Gewehre und andere Waffen im Gesammtwerb­e von mehr als 100.000 Gulden. Bereits sind die meisten Namen der Fabrikanten, Spediteure und Besteller dieser Waffen erub­t. Klapfa’s Theilnahme ist unzweifelhaft. Mehrere bekannte Polen sind ebenfalls kompromittirt. Tipa’s Anwesenheit am 22. b. M. stand mit dieser Affaire im Zusammenhang." mpathiri­en material. der Freiheit in eiserner Nach eigener Schägung sind im al­ 100,000 Mann mehr luge gelähmt und von gar nicht sp­ 5 nm » . (sakk . i % 7

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