Neues Pester Journal, Juni 1878 (Jahrgang 7, nr. 151-178)

1878-06-11 / nr. 160

»»,»,­,·T W Abg.?iteuschtk7js"tizj.f1.«14,hg viertelj.fl.3.50,11 monatlich fl.·l.« IR Das „Neue Pester­­ Journal“ erscheint «­­·J,tä,«glich,auch anlagen- Einzelne­n um Sufernte .ZZ Bdapest,10.­Juni. Die Mehrzahl der Bevollmächtigten zu dem europäischen Kongresse hat die Reise nach Ver­list bereits angetreten und,die privaten Vox­­­besprechungen werden morgen,spätestens übermorgen beginnen.Der Perfim­ssantS,mit welcchem vielseitig — und besonders in unserer Monarchie — Der Beh­ammmlung entgegengesehen wurde, beginnt sich ein wenig zu lichten. Dazu hat vielleicht in­ erster Linie die Schandthat „Unter den Berliner Linden“ und der unter dem Aufleuchten des Flintenschuffes ermöglichte Einblick in die furchtbar unterwühlten sozialen Zustände Deutschlands beigetragen. Der Mejpert vor Deutschland, seiner moralischen und physischen Kraft, und­ damit auch ‚die Furt vor Deutschland ist vermindert ‘ worden; das­­ vom Berliner Hofe zu Gunsten der zuffischen Naubgier in die Wagshhale ge­worfene Gewicht. Drüht nicht mehr so sehwer, wie noch vor wenigen Wochen. Der Abgrund, welcher in Rußland duch die nihilistischen, und in Deutschland durch die verwandten sozialistischen Antriebe offenbart worden, zeigt markant die Ber­­werblichkeit der Polität der Gewaltthätigkeit und Des Länderraubes. Die «Vergreifung­ am europäischen Rechte hat sich deutlich als vernichtend für den Rechtssinn, im eigenen Volke erwiesen und unter dem Eindruck dieser Erscheinungen ist die Achtung vor dem internationalen, Nechte in ganz­ Europa verstärkt worden. . Dazu tritt,daß der Stellvertreter des deutschen Kaisers,des vornehmlichsten Protektors aller Be­­strebungen per Czarenhofer ganz gewiß in der um seinethater eingeschlagettett Richtung fortschreiten, aber doch an dieser Bahntnit durch die Pflicht der Pietät,nicht durch persönliche Empfindung fest­­gehalten wird.Dem deutschen Kanzler werden die Zustände im Reiche eine Mahnung sein,die volle Kraft nach innen zuwendestUn«nicht wieder zu versuchen,der inneren Schwierigkeiten durch eine Aktion nach außen Herr zu werden;er hat sich zu­­­dem jede internationale Aktion durch Auflösung des Reichstages erschwert.Kurz,die moralische Bedeutung Muslands und seines Freundes ist erheblich, ges­tunten. « Dagegen­ haben die konservativen Elemente Europa’s durch das Hervortreten­ Frankreichskm Kraft und Zuversicht gewonnen.Die am Freitag von Waddington abgegebene Erklärung ist ein Kongreß-Programmm,das die Zuversicht der recht­­liebenden Völker kräftigt.Indem Frankreich die Einladung zu der Berliner Versamm­lung nur unter der Bedingung annahm,daß keine anderen Fragen verhandelt würden­,als solche,­«die mit dem letzten­ Krieg en­t eugstem Zusammenhange stehen,hat es zunächst den rxxssischen Platz vereitelt,den­ Schatten­ der heiligen­ Allianz übergan Europa zu werfen und im Finstern seine finsteren Pläne durch­­zuschmuggeln.Es hat ferner den Grundsatz der Gerechtigkeit zu Gunsten der nicht von Nußland gehätschelten Stämme proklamirt und damit die Absicht ausgesprochen­ gegen­ den moskowitischen Ehr­­geiz einen Damm errichten zu helfen. Es ist nun auch öffentlich zum entjehloffenen Alliirten Englands geworden und während Bismarc dem Neich­tage von Fehdehandschuh­ hingeworfen, hat Wad­dington die einmüthige Zustimmung der Nationalversa­mm­­lung erhalten. Diese Wendung kann nicht ohne Einfluß auf den Grafen Andraffy sein; wir zweifeln nicht, daß Legterer ganz auf die Seite der Westm­ächte treten­­ würde, wenn er nicht durch­ vergangene Irrthü­mer und begangene Fehler gebunden wäre. So sucht er fest wieder ein Kompromiß zwischen dem europäischen Rechte und den Wünschen des Grafen anzubahnen. Wie es heißt, wird er auf dem Kongreß beantragen, Die Donau vom M­eere bis zur ungarischen Grenze in der Weise zu neutralisiren, daß Dieselbe für den S Kriegsfall von Feiner­ Macht zu kriegerischen Operationen bewüßt werden künne. Unter dieser Be­­dingung soll Die Netrocession Rumänisch-Bessarabiens gestattet werden. Die Nachabtretung würde aller­­dings kein europäisches Interesse verlegen, wenn Rußland sich. Durch europäische­­ Verträge binden ließe; aber das wird es nach wie vor nicht thin. So fürchten wir denn, daß die bekannte Halbheit des Grafen Andraffy,­ nur halben­ Bortheil aus der Wendung ziehen wird , Die kurz vor dem Zusammen­­tritte des ‚Kongresses erfolgt i­ und daß nament­­lich viel Wirkung der­­ Kriegsergebnisse auf­ die slavischen Distritte unserer Monarchie nicht abgewehrt werden wird, « " Hosstttyuserdengzexkinerzkongxek Ei11·»Korr·eqund­e11tdes,»"S»D,lei,l«berichtet diesem Blatt aus Venedig über eine Unterredung, welche er kürzlich mi­t Koffuth in dessen Belisthum Bar­zaccone bei Turin gehabt hat. Kossuth glaubt zu seinem großen Bedauern, daß der Berliner Kongre zum Frieden, zu einer neuen „Verkleisterung” Der orientalischen Frage führen werde, Ja wohl, zu seinem Bedauern : „Niemand, sagte er, wiuldet den Krieg rehnlicher, als ich. Nukland hat sie Blind in die Gefahr gestürst, um seinen Ehrgeiz zu befriedigen und it nun in eine Gad­­gaffe geraihen, aus der man ihm seinen Ausweg lassen sollte. Sie­ werden mir antworten, daß Deutschland ihm zu­ Hilfe kommen und daß­ es Herrn von Bismarc nicht ungelegen sein wide, einen allgemeinen Weltbrand herz­beizuführen. Meines Erachtens hat der deutsche Kanzler Zahl und­ Stärke der Truppenkräfte, welche dann jeder Theil ins Feld Führen würde, wohl berechnet und erfannt, daß er mit­ seinen Bundesgenossen einer jo­en Koalition­­ gegenüberstehen wide, daß er, d­er Gefahr liefe, das­ von­ ihm­­ unternommene Wort Schiffbruc­ l­ir ‚den, als ausgebaut zu­ sehen. Darum wird er sicherlich ‚Alles für eine Vermittelung aufbieten und. Oesterreich- Ungarn wie England werden sich diese, herrliche Gelegen­­heit­ entgehen lassen, ihren tödlicchsten Feind niederzus werfen. Was insbesondere den Grafen Yundraffy bes­trifft, so Hat er, statt Die Frage als Ganzes zu behandeln, sie bruchstückweise sozusagen auf Flaschen gezogen, wie ‚wenn es sich etwa um ungarische Bomade handelte und M Wunder- was zu thun geglaubt, wenn er Dies. „die Machtsphäre der österreichisch. = ungarischen­­ Sntereifen‘ nannte. Der gesunde Menschenverstand hätte ihm allein sagen müssen, daß die orientalische Frage, zumal vom Standpuntzer der Anteresfen der M­onarchie, sich nicht zerlegen läßt. Das österreichi ihr ungarische Interesse ifti midt bie oder dorkfon Dern überall, "im Adriatischen, im Schwarzen wie im Mittelmeer, an der Donau wie an der Slave am Balfan wie in Konstantinopel. Aber der Graf Andrásfy muß immer etwas Apartes haben-und diesmal wollte er eine neue Formel als Seitenftnd zu dem „Bon Fal­ zu gall“ erfinden. Er hat überhaupt eine Leidenschaft für Formeln, wie sein Freund Bismard, der gleichwohl in der seßteren Zeit damit sein besonderes Glück gemacht hat. Im­ Dreistairer-Bündniß, auf welches er sich, man weiß nicht warum, eingelassen hat, spielte der Graf An­dral­y die Rolle des dritten Nads am Wagen oder des Statisten. Auf dem Kongreß wird er noth wendig im Schlepptau des Deutschen Kanzlers stehen, welcher, nachdem E­ng­land von Rußland abgefunden worden gewig 1i...Dnap Deferreigi­t.d. m­it einigen untergeordneten und rein äußer­l ichen Zugeständnissen zufrieden ge­ben wird Mit einem Wort, gefoppt waren wir,gefoppt sind wir,gefoppt werden wir bleiben Wir müssen uns ,nun einmal in Diese Rage finden, in,welche uns Ohnmacht und Dummheit verseßt Haben ; aber die Fopperei darf 009 nicht gewisse Grenzen überschreiten, sonst könnten Herr von Bismarc und Rußland gewahr werden, daß der Graf Andrassy nicht allein mitzureden hat.“ ‚Da der Korrespondent des „Soleil“, im Gegen­­theil, und , mit allerlei Gründen die Ansicht vertrat, daß der Kongreß doch zum Kriege führen­ werde, sagte Kossuth mit birgendem Auge: „Am Ende können Sie Recht haben ; ich kann mich täuschen und Herr von Bismarck wäre nicht der erste Staatsmann, der im Jauf­e seiner Erfolge einen schweren Fehler beginge. Wollte es Gott ! Wollte er Gott!" Mächte im Jahre 1856 erreichen, als sie einen Theil Bessarabiens zur Moldau schlugen. Die Thatfacher bewiesen, daß Dieses Ziel nicht erreicht wurde, den der Pariser Vertrag bot nur für Friedenszeiten ges­nügende Garantie, machte es aber für Nußland doc nicht wm­öglich, kriegerische Operationen auf der Donau auszuführen. Nach den gemachten Erfahrung gen kann Europa sich.nicht mehr, mit der Sicherung der Freiheit,des Verkehrs, auf der Donau begnügen; 8. muß die Neutralisation der Donau gefordert werden, so Daß­ dieser Strom von seiner Mündung bis zur ungarischen Grenze von seiner Macht zu Kriegsoperationen benügt werden dürfe. Wird diese Neutralisation von Europa ausgesprochene tens­art Rußland kein europäisches Interesse Hindernd im Wege. An diesem Sinne wird Graf Andrássy auf dem Kont­gresse Die Neutralisation der Donau beantragen, so steht Der Retrocefsion (Rumänisch-Bessara­b­ ) | P} & In Angelegenheit der Metrocefsion des vor 22 Jahren zur Moldau geschlagenen Theiles von Bessarabien an Rußland wird Dem . B. Szapkó" aus Wien geschrieben, daß Oesterreich Ungarn und Eng­­land im Widerstande gegen Diese N­etrocession auf dem Kongresse nicht so weit gehen werden, daß Dar Durd) Der Kongreß selbst gefährdet würde. Deut­­land it. nicht sehr gegen die er b­estimmt und alle drei Mächte nehmen die hochtrabenden Proteste Rumäniens nicht ganz ernst. Webrigens hat Gortscjatojj in seiner Antwort auf das Nuudschreiben Salisbury 3 ohne= bin nicht den ganzen in Frage stehenden Theil Bessaras­biens zurückgefordert, so daß sich wohl ein Mittelweg finden lassen wid, welchen auch Rumänien sammt der Dodrudida receptiven werde. Wichtiger ist die Budapest, 10. Juni. Die heutige Trmnter wınfaht. at Seiten. u x Mit Nachsicht auf die vom Kongresse zu er­­wartenden Beischlüffe, welche jedenfalls für Die fünf­­zige politische Organisation der Balfan-Halbinsel, zus mal für die Oesterreich-Ungarn, benachbarten Pros­­inzen entscheidend sein werden, sollen umfass­end militärische Vorbereitungen getroffen werden. W die „N. Br. Pr.“ berichtet, sollen zu Diesem Be­fehg8 Divisionen auf Ariegafuß gerect den. Der Fwed dieser Maßregel sol sein, die Ma­mittel zur Durchführung der Kongreßbeschlüsse,­­ die die Monarchie angehen, in Bereitschaft zu Die Einberufung der betreffenden Mannschaften schon in den nächsten Tagen erfolgen. Dagegen ı den von der , Brefse" die auf eine beabsichtigte M­­­si­ung ‚der Diavine bezüglichen Gerüchte demen Die bisherige Vermehrung der Marine besteht dem gedachten Blatte darin, daß statt der zwei Ban­zerschiffe, Die fonft im aktiven Dienste standen, in mehr drei Banzerschiffe ausgerüstet sind, wogegen ab ein großes Holaseshiff außer Dienst gefekt wurde. .. . Ueber die Befestigungsarbei am Ghynies-Pad wird dem , Hon" geschrieben diesem Punkte eine Bronnier-Abtheilung und ei­n Kompagnie vom Geniekorps, unterstütz von 1000 Zivilarbeitern, an der Ausbesserung jene werfe arbeiten, die dort von den österreichtden pen vor 22 Jahren aufgeführt wurden, seither jedoch ziemlich verfallen sind. Der gründlichen Reparatur wird auch Die von Ezépviz bis zum Ghymes-Balje führende, ungefähr 4 Meilen lange Straße bedürfe welche an vielen Stellen von den Bergmwällern ze­stört, an anderen Stellen Pur­ Erde und Felsabz­rutschungen verschüttet ist, so daß­ sie mit Gesdük kaum passirt werden könnte. « X Ueber die vom jetzigen Reichstage vor«-s’ ner Auflöstung und vom­ künftigen Nech­stage im Laufe dieses Jahres nochh erledigenden Angelege­heiten theilt heute die,,Budapester Koxr.««Folge des mit; DieAusgleichs-Gesetzentwürfe,sowie dees Vudg" dürften bis 31111122.,spätestens 26.d.in beide 11 Häus­er» der Legislative erledigt sein«-Dann werden höchstens 7xx der Polizei-Strafgesetz-Entwurf und«der Forstgefekk Enthix durch den jetzigen Reichstag verhandelt werden,­a«lle’i11 nur in dem Falle,wenn eine schleunige Einbringung in Aussicht steht Der ebenso wichtige,mit nochwendig Militärbequartierungs-Gesetzentwurf,dennoch nicht einiz in die Wehrkom­­ission verhandelt hat,wird in der jetzigen Reichstags-Session,obgleich das österreichische Abgeordnete­haus diese Vorlage bereits votirt hat, nicht mehr auf di Tagesordnung kommen, und zwar namentlich Desh nicht , weil dieser Gefegentwurf mit einem anderen, in Minister des­ Annern zu unterbreitenden Gefegentwurfe­­s in Verbindung steht, dessen Erledigung fest viel zu vie Zeit in Anspruch nehmen würde und Der deshalb dem­jesigen Meidjetage nicht unterbreitet wird. Der Neichsta wird, sobald er seine Arbeit erledigt hat, durch ei königliches Reskript noch­ vor Ablauf seines Mandates auf­­gelöst werden, so daß die Herbstression des neuen Reichs­­tages sie auf einen solchen Zeitraum erstreben wird, b noch heuer vor dem Zusammentritt der Delegationen überaus wichtige Nevisien des Wehrgewebes vorgenommien und nachher das Budget erledigt werden kann.­­ ".. " Der ferbische­­ Minister Miftics hat, wie die „Montagsregime” schreibt, die Gelegenheit wahrgeno­men, bezüglich der handelspolitischen, auf dem Kon­gresse zur Erörterung gelangenden Fragen, insbesons­dere bezüglich der Eisenbahnanschlüsse, welche einen der unwichtigsten Punkte der österreichisch ungarischen Forderungen bilden, mit­­ hiesigen Negierungstreffen Fühlung zu gewinnen. Der serbische­ Staatsmann konnte bald erfahren, wie präzis das österreichisch-une "SE

Next