Neues Pester Journal, August 1878 (Jahrgang 7, nr. 211-241)
1878-08-01 / nr. 211
WMIDOUUOTEO > Unser” Staatsschiff ist in ein Meer Hinauss gestoßen worden, voll Untiefen und Niffen, und keiner vermag dafür zu bürgen, daß es wieder den Hafen "erreichen werde, Und wenn Graf Andriffy wirklich zum Ziele seiner — wie er jagt — „großangelegten“. Politis’ gelangt, wenn nicht nur Bosnien und die Herzegowina, auch Serbien, Montenegro, Albanien und Mazedonien annestirt werden, dann mag Ungarn sich fragen, was es mit dem Leben seiner kräftigsten Männer erfauft hat. Denn "Die neue" Monarchie’ wäre kein Oesterreich- Ungarn mehr, könnte dur Feine Macht der Welt dualistif gestaltet, müßte durch den Säbel tagtäglich nei zusammengeschmiedet werden, "gleichviel, ob man ihr icentralistische oder föderalistische Alfırrem” verleiht Für Ungarn wäre in "soldher Monarchie adj Plag — nur nigt der Plak, auf welchen" Geschichte, "Necht und Vertrag uns Anspruch geben. "Und die’ Blutopfer, deren baldigen Beginn an" der Narenfa und dem Karaula-Sattel zwischen Banjaluta "und Travnik" wir fürchten möüssen, werden von, bo "nicht für Ungarn gebracht.. Beites Pester Journal \ 1. August 1978: Anfangen des nächsten Reichstages, Budapest, 31. Juli. Auf seinem Gebiete des öffentlichen Lebens erwies sich bisher unsere Legislative so steril, als in Bezug auf Die sogenannten „Freiheitsfragen“. Ueberblicht man die riesige Menge der seit dem Jahre 1867 geschaffenen Gehege, so ber gegiet man darunter insgesammt nur zweien, deren Inhalt sie auf die Regelung solcher Materien bezieht, die mit dem religiösen Glauben, mit der Geistes- und Gewissensfreiheit in Verbindung stehen; und diese beiden Gesete fallen noch in die allererste Periode unseres miedergewonnenen Verfassungslebens. Es sind das G.A. 17:1867, welcher die bürgerliche "und politische Gleichberechtigung der israelitischen " Bewohner Ungarns ausspricht, und G.A. 52: 1868, worin die Neoiprozität der rezipirten christlichen Konfessionen," deren Gleichbefeitigung und Gegenseitigkeit festgestellt wird. Seit der Schaffung dieses Tegteren Gefetes, also seit vollen zehn Jahren, hat unsere Legislative auf kirchenpolitischem Gebiete keine weitere gesebgeberische That vollbracht. War hiezu etwa seine Veranlassung geboten? Besteht hiefür kein Bedürfniß ? Wohl gab es wiederholte Veranlagungen und offenbarte sich ebenso oft das dringliche Bedürfnis zur endlichen, freiheitlichen Regelung der konfessionellen Verhältnisse; auch nahm unser Abgeordnetenhaus hiezu im mehreren Füllen einen kräftigen Anlauf; allein es kam doch zu seinem Erfolg. Wer gedenkt nicht des Tages, als der verewigte Baron EHtvds am 28. Februar 1870 seinen Gelegentwurf „über die freie Ausübung der Religion und die Gleichberechtigung der Glaubensbekenntnisse” dem Reichstag vorlegte ? Wie alle Enunziationen Dieses Guitarren einer Art verworrenen, summenden und quiefenden Lärms vollführen, der höchst , fremdartig und keineswegs unangenehm klingt. Was Das maurische Dorcester spielt, ist gewiß seine Mut im europäischen Sinne des Wortes. Wir darin vergebens die uns geläufigen Rhythmen und Klangfolgen suhen. Allein wenn wir uns in Diese eigenartige "orientalische Vonwelt versenfen, wenn wir geduldig und aufmerksam eine Weile Dieser Mutt laufen , Die weder von ‚den geiseln eines bestimmten Taktes, noch von den Regeln unserer Harmonie eingezwängt it, so finden mwir,im diefen bizarren Läufen, in diesen bald, aufs, bald niederwogenden Trillern, in diesen monotoner,flagenden Andante’s und jcherzosartigen Fapriziören Staccato s unendlich viel Stimmung und Charakter. Diese maurische Muft ist Die Mutter Der Spanischen.. Die Rarifer erkennen in ihr das Vorbild jener furiosen Weisen, für welche sie im jüngsten Karnevals der „Estudiantina” so entzückt zugejubelt haben. Die Coplas,s welche von Hendaya bis Sadir in allen Bauernhütten und Herrenhäusern gesungen werden. Die " schluchzenden Malaguanas;, die dem Spanier lauter Klagerufer zu ‚entladen pflegen, die feurigen Habanaras, bei denen sich ‘der Yandago besonders flott tanzt, sind: entfernte Epos jenes Melodienschaches, Den die Arabers aus ihrer Wüstenheimath nach der Pyrenäensdalbinsel eingeführt und den sie bei ihrer Vertreibung nicht ganz wieder mit sich genommen hatte, Seltenen Mannes, war auch dieser Entwurf vom Geiste wahrer Humanität, Daufrictiger Freiheitsliebe und von Gerechtigkeitssinn erfüllt, derselbe ‚bildet ein ehrenvollwürdiges Denkmal des zu früh verblichenen Denters und Staatsmannes. Doc der ‚Entwurf, gelangte niemals zur meritorischen Behandlung. Jenen Werke des freisinnigen Eötvds man sich nur noch die epochale Rede Franz Dea!’s vom 28. Juni 1874 zur Seite stellen; in derselben plaidirte der ‚Weise der Nation“ für die Trennung des Staates von der Kirche, für die Aufhebung alles Zwanges, in Glaubensfachen und für die Einführung der obligatorischen Eivilehe. Leider war, die Begeisterung, mit welcher damals Deaf’s Rede, gen die gebührende Aufmerksamit geschenft werde. Unserem Vätern des Landes” in spe empfehlen wir im Dieser Beziehung «vor Allen die nachstehenden Punkte zur Erwägung und Orientierung. Das sogenannte „Suden-Eimanzipationsgejeß” it ein beschämenddes Flidwert, welches im feiner Halbschlächtigkeit dem Janımer unserer firchenpolitischen Gejeggebung überhaupt zur Schau trägt. Dasselbe „emanzipirte“ ‚zwar :„Körperlich, and. politisch die» Israeliten, allein »es beließ; sie in konfeszioneller Hinsicht in der alten, blos , geduldeten" Stellung... Die moraisische Religion genießt seine Gleichberechtigung, fieges im Parlamente und in der Presse, wie im ganzen. hört nicht: zu den’ s rezipirten" Konfessionen, weszhalb: auch: wer, Mebertritt. zu: derselben; fowier die eheliche Verbindung: zwischen Zudemm und Christen: geießlich unstatthaft it. Aber: au) Das ’Gefäß über Rande aufgenommen. ward, bei den Meisten nur: Strohfeier. Zwar "erklärte Kol..v. Ghyczy nochwei Jahre später (30. Juni 1875), er „möchte den Tag nicht, erleben, an dem sich die öffentliche Meinung bezüglich der Dinge ändern würde, die sein Areum d. Dedi vorgebracht habe“. Aber, diese Sinnesänderung scheint Dodi zu sein; zum Mindesten begegnet man seit Jahren in uninieren, öffentlichen und poliz, tischen Kreisen Feiner Meußerung, die auf den‘ ernstlichen Wunsch nach baldiger Regelung , ber. fir: Henpolitischen. Zustände: schließen siche. Während ‚der jüngst abgelaufenen Reichstagsperiode ist es seinem „Landesvater” eingefallen, an den Beschluß des Hauses vom’ 3. März 1874 bezüglich der obligatorischen" Civilehe zu erinnern ; ebenso fiel der‚ Gefegentwurf‘. über die Religionsfreiheit, welcher, sammt "einem Motivenberichte der kirchenpolitische Ausschuß am 26. April‘ 1875 dem Neidetage ‚überreichte, der Vergessenheit "anheim. Endlich bezmühte sich auch feiner Der Herren Deputitien, Die Regierung an ihre Zusage vom 23. Juni 1874 zu erinnern, wornach sie über die bürgerliche Cheschließung noch im Herbste 1874 eine Vorlage ein bringen werde; ja, selbst Die von der Regierung für den Winter 1875—76 offiziösl angezeigten Gefegentwürfe über die Nothemlehe und über die ‚Seite der Nazarener fanden inmitten der Ausgleichswirren im Kern und der Wechselfälle der äußeren Politik keine weitere Beachtung. Wir müßten an alle diese Momente des ‚fruchtlosen Anlaufes und der uneingelösten Versprechunger‘ mahnen, um die trostlose Lage unserer kirchenpolitischen Legislation mindestens in flüchtigen Umrissen zu.harakterisien. Nun wurde aber das Ausgleichswert zu Stande gebracht Die ‚Reziprozität der s christlichen» „rezipirten“ Kirchen leidet an. erheblichen Mängeln, unter denen: ohne Zweifel der Bekenntnikzwang als wer bes‘ eingetreten »deutendste bezeichnet werden muß. Denn derselbe hat nicht 608. den Taufzwang zur Folge, sondern er gebietet auch die Zugehörigkeit: zu einer »Dieser „rezipirten” Kirchen; er verpflichtet zun-Steuerleistung für die Erhaltung der Konfession , selbst im ‚dene. - Falle, als mann ihr nicht mehr angehören will und verwehrt Den Austritt in eine andere, nicht regiz pirte »Konfession, sowie die Erklärung,garzeiner bestimmten Konfession angehören zu wollen. Diese Beschränkungen, Dieser Zwang und Gewisenspruch widerspricht dem MWefen des modernen Rechts: und Kulturstaates; er sind das Nette mittelalterlicher. Auffassung und jener staatssichhen ‚Institution, die in Ungarr seinen gejeblichen Borden, mehr . besigt. . Die Gewissen von Tausenden gleichberechtigter. Staatsbürger werden schwer belastet, das . Glüc. der - Familien, gestört, die geistige und moralische Entwicklung gehemmt. Dem gegenüber muß es Aufgabe der künftigen Legislative sein, zur gereglten Anerkennung und Durchführung zu bringen, daß die weltliche Macht Niemanden zwingen dürfe, seiner religiösen Welterszeugung entgegen, der Glaubenslehre einer bestimmten Kirche, zu folgen, sei muß somit der Austritt aus einer staatlich anerkannten Kirchengemeinschaft in einen anderen Konfessioneller Verband oder auch die Freiheit, jene solcher Gemeinschaft, anzugehören, also die „Konfessionslosigkeit“ freigegeben werden. Damit steht in Verbindung die gleichbesichtigte Stellung des israelitischen Glaubensbekenntnisses und die Gewährung des Rechtes, sich unter saatlicher Aufsicht und Kontrole nach Meberzeugung zu Religionsgemeinschaften vereinigen zu können. Diesem gefeglich zu gewährleistenden Stedte entspringt die weitere "Konsequenz, daß die Ehen gebieterisch,daß auf den beftvernad:"von Werfonen, welche seiner „religiösen“ Kirche: ‚oder Religionsgesellschaft angehören, zulässig erklärt ; au in der auswärtigen Politik dürfte, wenigstens vorläufig, ein Stillstand eingetreten sein. Da wird der Fünfzige Reichstag vielleicht hoch. Gelegenheit und Muße finden, sich auch mit anderen Dingen als mit Kaffees und Retroleumzoll, mit Baufatte und Straßendemonstrationen zu beschäftigen. Angarns kulturelle Zukunft erhengt Läsfigten Freiheit und Kulturfra- dadurch würden " Die fünf Musikanten" begnügen sich nichts damit, ihre primitiven Instrumente zu bearbeiten. Sie erheben von Heit zu Zeit an ihre Stimmenn und begleiten ihr Spiel mit einem worabischen Gefangen Der von einem Wechsel winfelnder und heulender Kehllaute bes Tteht. Manchmal tritt unter die Gäste, die auf Durch | aus am orientalischen Rohrstühlen die Mände entlang fißen und vor sich auf einem niedrigen, trommelartigen Tiäggen ihre Konfommation haben, ein junges Mäden in der Tracht der Opern-Dualisten und beginnt gingen mausischen Tanz. Das Mängen ist höchstensi zehn Jahre alt, Klein von Wuchs und ‘von einer wunderbaren Zartheit und Wärme des Teints, der noch den ganzen Schmerz des Kindesalters zeigt. Allein troß ihrer Jugend i sie in ihren Formen schon nahezu voll entwickelt. Sie trägt eine knappe, mit Goldftidesreien bedeckte Jade; ein pluderndes, kurzes Beinskleid aus streifigem, grellfarbigem Geidenzeug, "Strümpfe, die ihr bis zum Knie sichtbares Bein in feiner Modellirung hervortreten lassen, und gefuchte Bantoffelchen an den Füßen. Ihr Tanz ist von einer solchen Einfachheit, daß er auf zahlreiche Zufauer fomile wirkt. Sie nimmt in jede Hand ein Seidentuch und beginnt zum Take der Musil langsamen Schrittes durch die Halle zu trippeln. Dabei versucht sie dar wehende und Techelnde Bewegungen mit den Seidentüchern verschedene Gemüthszustände auszudrücken. Einmal fädhelt sie mit den Tüchern gerade vor siein und blicht dabei zu Boden, ein anderesmal verdreht sie die Augen Schwärmerisch 'gen: Himmel: und verhüllt und entblößt mit abwechselnden Bewegungen der Tücher ihr Gesicht. Ein andermal lodt und wintt sie, wieder, ein andermal scheint sie mit weichen, fihlaffem, Läffigem Hängenlaffen der Tücher Kestignatior und Kummer ausdrüken zu wollen. 39 gestehe, Dag mir Die Sprache der Geidentücher nicht immer ausdruchsvoll genug scheint, um ihren Sint leicht zu erreichen. Das Lie, welches die Musikanten zu ihren D Tanzweisen singen, mag, wohl das Verständniß. Dieser fertilen Mimik werdentlich erleichtern. . Hat die Heine Marokkanerin, ihren wenig anstrengenden, phlegmatischen Wandeltanz beendet, 10. erfaßt sie ein metallenes Reden, so groß wie dasjenige, auf dem die Maler 0083 Haupt Johannes des Täufers zu präsentisen pflegen, und macht „mit ungleich größerer Lebhaftigkeit Die Wunde durch den Saal, um ihr Bakschild "einzusammeln. Die Ernte ist gewöhnlich eine weide: Wer sollte auch ein solcher Barbar sein, vom einem reigenden Kinde in seidenen Pluderhöschen, und »Babuschen, das ihn mit mächtig | schwarzen, schwimmend | träumerisch anblich, ein Ichnötes Zwei-Sonsfad vorzuenthalten ? Wir müssen nun vom maroffanischen Cafe, Teil nen hochenden Mufilanten und seiner jungen Almeh Abschied nehmen und unsere Wanderung durch das orientalische Viertel fortfegen. An den maroffanischen stößt ein ganz ähnlicher tunesischer Bazar, ebenfalls mit Berlaufsfäden und einem Café, in welchem sich ein drei Mann starkes Dreihefter, aber Feine Tänzerin produzirt. Von hier gelangen wir zu einem tripolitasnischen Bau, der das Bild eines reichen nordafrikaniscen Wohnhauses mit gedecktem, marmorgepflasterten Hofe, den offene Arkaden und kteine, fühle, reizend eingerichtete Gemächer umgeben, zeigt. Daran stößt der egyptische Bau, eine viereckige, anmuthlose, weißgetünchte Konstruktion, deren Hauptfront die Vylonenfacade alte egyptischer Tempel mit ihren Rohrbündelsäulen und ihrer geflügelten Sonnenscheibe nachahnt. Er it eine sonderbare Kofetterie des gegenwärtigen Khedive, die heutige, rein "islamitische Civilisation Egyptens, die ganz aus der mittelalterlichen Sarazenenkultur hervorgegangen ist und mit der ältesten und älteren thebaisigen und alerandinischen Bildung nichts zu schaffen hat, durchaus an die Kultur der Bharaonen und Broslonäer anknüpfen zu wollen. An dem persischen Wohnhause vorbei, wessen Spiegelsaal viel bewundert wird, gelangen wir zu einem japanerischen Gehöft, der reizendsten Bartie des orientalischen Biertels. Ein Zaun aus Bambusstäben, die mit Bartstrichen zusammengebunden sind, unschließt ein ansehnliches Grundstück von welliger Bodenbildung. Man gelangt in den eingehegten Raum doch zwei Thore, von Denen Das eine one jegliche: Bier, das andere dagegen, wohl: Den Sperreneingang darstellend, reich geschmück it. Die Pfosten sind mit Schnigereien bedeckt, die Flügel von durchrochener Arbeit und ganz in fulpuries Blumen- und Rantenswerk aufgelöst, auf dem Querbalten, der den Sturz bildet, steht ein holzgejgnnster Hahn von großer Nasturmwahrheit. Ein geschlängelter Brad Führt von Dies fem monumentalen Thor zu er Gruppe Leiter, welchher Hänschen leichtester Sonstruktion, aus Dane > © | l