Neues Pester Journal, September 1878 (Jahrgang 7, nr. 242-271)

1878-09-01 / nr. 242

\ hi 3 \ \ \ nr) WAbsunentent: Ganzj. fl. 14, halbi. fl.7, viertelj. fl. 3.50, monatli fl. 1420. täaglid, a Das „Neue belte Journal er) ud an Montagen an = a szszaszzááásiz közi ST I ET eszű Redaktion und AdAniniftration: its | Einzelne Nummerna | Leopold­i. Kirchenplat Nr.2. | _ önttvele mó­nufligenden sei. _ ana JETEGRABE MET Die heutige Nummer umfaßt sechzehn Seiten "Zu L 3 BEE Morgen (Montag) Früh erscheint unser Blatt wie gewöhnlich. Die Organisation Bosniens. Budapest, 31. August. Die Osfupation " macht­ seit der Einnahme Serajewo’s langsame, dafür aber unblutige Fort­­schritte. Kleine türkische Garnisonen fliehen frei­willig, die Waffen­­ dar, Streifkorps wird­ die Ent­­waffnung im immer weiterem Umtkreise unserer Etappen durchgeführt; in der Herzegowina­­ ist Keresinje und damit das wichtige, bis nahe zur montenegrinischen Grenze streifende­ Plateau wider:­standalos bejegt worden. Wir täus­chen uns nicht darüber, daß unseren Truppen noch manche hartes Stüd Arbeit zu vollbringen bleibt; die Waffen­ werden­ noch­ längere Zeit die erste ‚tolle spielen­; aber der Augenblic­kt nahe, wo die jeßt: no schweigenden Gefege zu Worte kommen werden. Welches Aussehen Die neue Organisation Bos­­niens und der­ Herzegowina haben­ wird, Davon vermögen wir uns od) Feine Vorstellung­­ zu mal­en, und es scheint, daß die­­maßgebenden Kreise darüber gerade so Hug sind, wie wir. Nachdem man »Jahre lang die Ossupation, geplant und­ be­­dacht,­­berathem­ und eingeleitet hatte, gewann Diez selbe­r den "Charakter "eines improvisirten Abenteuers. Weil die Diplomatische Vorbereitung ungenü­­gend war, so war es auch die militärische. Und noch weniger­ genügend war, .die Vorbereitung­ für die Verpflegung der­ Truppen. Der Gipfelpunkt ‘der Unbedachtsamkeit’ aber scheint betreffs der Verwal­­tung ‚Bosniens 'erflommen zu sein; nicht unglaub­­te ist, daß man in Wien. darüber noch gar nicht nachgedacht­ hat und’ sich " jebt auf's Improvisiren amd "Experimentiren verlegen‘ will. Und leider scheint sich auch, dabei wieder die nachgerade sprich­­wörtlich gewordene unglückliche Hand zu bewähren, die so lange von unsere­ orientalische Politik ver­­pfuscht hat. Dieselben flavischen Elemente, durch deren­­­ gewissenlose Berichte unsere Truppen nach Bosnien wie in einen Hinterhalt gelodt wurden, dieselben‘ drängen sich‘ jegt wieder ans Tageslicht. Und der Heusch redenschwarm: von Verwaltungs:­beamten,­ der: fi­­jekt auf. das unglückliche Bosnien: niedersenft, is —­ von den Post: und Telegraphenz­­beamten abgesehen — mit der­­ Quintessenz slavi­­scher Seen­ und tödliichen Haffe gegen die Moha­­medaner. gesäugt­ worden, ist unbedingt: unfähig, zu jener «Unbefangenheit und­ Parteilosigkeit, «die von jeder Verwaltung, ganz besonders jedoch von­ der neuen bosnischen gefordert werden wus. Denn: das­ verkennen auch. Die Verbiffideten nicht, daß die neue Organisation ihre Steam nur in­ den „besigenden und intelligenten Klaffen‘ fin­den kann,­­ deren angebliche Sympathien für un­­sere Monarchie in den offiziellen Berichten wider­­holt eine an AR haben. Diese­ Klaffen Eber sind die mogumedanischen Grundbefiger. und eine anderen Elemente.. Die Kriegskorrespondenten aller Blätter, nicht. ausgenommen der offiziösen, dünnen Ausdrüche des unfäglichen " Absehenes nicht zurü­ck halten vor den „christlichen Brüdern“ in Bosnien vor deren Denunziationswuth, deren Plünderungs­­sucht, deren Gaunereien, Lügen, Meineiden. Mag mit Recht oder­ Unrecht die Schuld auf die Jahr­­hunderte lange Sklaverei geschoben werden, so steht 000 die Thatsache fest, daß auf solchen sittlich zer­­fressenen Elementen: fein fester, politischer oder ad­­ministrativer Bau zu errichten ist.. Die Begs be­­iten alle Fehler ihrer Nace und alle Untugenden der Privilegirten im Höchsten Maße, aber sie sind auch nicht der Vorzüge der herrschenden Klasse dar, sind als die einzigen Konservativen, die einzigen einflußrei­­chen Elemente, als die einzige­ Klasse, welche unter der Anarchie und unter kommunistischer A­usschwei­­fung zu verlieren hätte, auch die einzigen Stagen jeder Organisation.­ Sollen in Bosnien und der Herzegowina HBustände geschaffen werden, welche entfernt den europäischen Begriffen von Ordnung und Sicherheit entsprechen, so muß die Mithilfe der Mohamedaner gewonnen werden. Sie muß gewonnen werden, da die Christen geistig und sittlich zu solcher Unterfrügung unfähig sind, und da Iicherdies deren­ Mithilfe­­ selbst, durch die höchsten Opfer nicht zu erlaufen wäre. Diejeni­­gen Insurgenten, welche bei Sıb die Waffen ger ftrecht haben, nachdem sie jahrelang bei Tissovag, den Rüden durch die dalmatinische­ Grenze gedeckt und von Dalmatien aus mit Waffen, Munition und Lebensmitteln versehen, ein freies, fröhliches Räuderleben geführt hatten; die christlich In­­sulgenten­­ also, welche zu unserer Monarchie noch die meisten Sympathien hegen, sie haben gelegent­­lich ihrer Unterwerfung­ an­ General Philippovics ein Memorandum gerichtet, in­ welchem sie­ for­­dern: Alle Beamten in Bosnien und der Herze­­gowina jollen‘ dur, das Bolt" aus Dessen Mitte gewählt, die­ bosniische Jugend soll während der Dauer der Osfupation militärisch geschult, im Ges aufgeschlagen, ein Krug frischen Hochquellmasters über den Scheitel gegossen und die Toilette ist fertig, dann rasch die Vorräthe der nächsten Branntweinhütte gez­leert und Die Körbe der Brohmweiber geplündert — die zehn Minuten sind um und nun heißt es, rasch in Die gerade nicht einladenden Gelasse der Lastwaggons ji einzwängen­­en Mann in einem solchen M Waggon mit Gewehren, Mänteln und Proviantfäden bei 20 Grad Hite — zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehört eine solche Fahrt gerade nicht. Und doch singen und johlen Die Leute und grüßen Die ihnen zus­tufende Menge mit den Kappen. Und weiter draußen tanzen sie sogar. Es sind ungarische Husaren, die nach vierstündiger Arbeit gerade fertig geworden sind mit dem mühsamen Einwaggoniren ihrer Pferde, und Heu und Munition gleichfalls untergebracht haben und jett einen veritablen Csárdas aufführen auf dem Perron. Ihnen gegenüber, auf dem jenseitigen Geleite, geht es stiller zu. Böhmische Fuhrwefer verladen einen ganzen Magenpart. Jeder einzelne Wagen muß vorsichtig mit Stroh ummunden, auf den Bahnwaggon geho­­ben und dort sorgsam angefettet werden, damit er während der Fahrt in seine gefährlichen Kollisionen mit jenem Nachbar gerathe. Noch schwieriger it das Geschäft der Artilleristen, die Draußen in Mableinz­­dorf drei Batterien verladen. Blaun gepubt sind Die glänzenden Bronzerohre und aufwärts sind die Münzs­chungen gerichtet, als sollten sie fon in der nächsten Minute ihre todbringende Ladung gegen den­ Feind entsenden. Mit un welcher Sorgfalt die Kanonen fest­­genietet und gerettet werden, um die in sichere und unerschütterliche Position zu bringen ! Und dann wer­­den die Lafetten, die Pulverwagen und Munitionge­fahren verladen, eine lange, lange R­eihe von Ge­schossen, alle in gleicher Linie und hinter ihnen, die Pferde und dann erst die Menschen, die singen und richtererfahren sollen die nationale Sprache'und‘ die cyrillische Schrift gebraucht, unmittelbar nach Beendigung der Osfupation für eine nationale Stupfetina einberufen, das Bolt 100 mindestens fün Jahre lang VoI­ jeder Stequefrsit,dens Hkkikjkehr endetx sollen auf Staats--—-i.e.östek-s. retcyisch-1ettgar·ischk—Kosten Häuser gebauhSass men, landwirthschaftliche Geräthe und Lebens­­mittel für mindestens ein Jahr gegeben, das Eigenthum der Begs soll unter­ das Bolt vertheilt, überall sollen nationale Schulen­ eingerichtet wer­­den. Summa: Wir sollen die christlichen Bosnier fünf Jahre lang füttern, ihnen mit unserem­ Gelde einen nationalen Staat auf europäischen Fuße einrichten, Beamtengehälter und Sold zahlen, und ann wird uns die nationale Skupjehtina ohne „Denkicen“ nach Hause senden. Nun freilich, auch aus den Reihen der bosnischen Flüchtlinge, die wir seit­­ drei Jahren, füttern, sind in Den russischen Zeitungen nur zu häufig Liebesbriefe an das Charenreich zu leten, und in Dalmatien führen, Dank der Weisheit des Gouvernements Rodic, alle Havifchen Vereine rufische und mon­­tenegrinische­­ Sahnen, „während. dort die Farben unserer­­ Dynastie., verpönt. sind... Wer unter solchen Verhältnissen auff die Mitarbeit der Christen an dem bosnischen Neubaue rechnet, muß wahnsinnig sein. Die österreichisch:ungarische Verwaltung kann den Rajah’s einen Theil des Grundeigenthums der Begs: geben — eine revolutionäre, doch zu rechtfertigende Mabnah­me ; aber. mit..Dder Anwei­­sung auf Die Arbeit ist unseren chriftlichen Krates­­ > \ ,­­ i) Wiener Brief, Orig Fenill; des­, Neuen Alester Journal,) — 30.August. Wer seht die Miener sehen und sie rennen ker­nen will, darf sie nicht auf den Bromenaden, und noch weniger in den Theatern, der muß sie auf der Bahn bören suchen. Dort und an der einen Theil der Stadt Durcíic m­eidenden Verbindungsbahn wird er zuverlässig Das Wiener Bolt finden, bei Tag und bei Nacht, am frühen Morgen und zur heißen Mittagsstunde, Weiber und Männer, Kind und Kegel. Dort erfährt man doch wenigstens, dort sieht man doch, was in Der Welt vor­­geht — die Zeitungen dürfen ja groß alledem noch immer nicht von dem reden, was öffentlich und im Bei­­sein der ganzen Bevölkerung geschieht. Man kann Stunden lang in diesen Tagen auf dem Wiener Süd­­bahnhofe und seinem nachten Nachbar, dem Staats­­bahnhofe, verweilen, und man wird einen jeden Augen,­blich Farbe und Gestalt wechselnde Personen vor sich haben. Der echte Brimmler, der überallD dabei sein muß, geräth sogar in peinliche Verlegenheit, wohin er auerst­ seine Schritte lenken sol. Voi dem Portale fahren in langen Reihen die schwarzgelben Sanitäts­­wagem mit den rothen Kreuzen vor, um die mit dem nächsten Zuge ankommenden Kranzen und Verwundeten in Empfang zu nehmen. Da stehen schon die Sanitäta- Soldaten mit den Tragbahren­ bereit, Die Aerzte mit V­erbandzeug und Instrumenten und Frauen mit Erfrishungen. Zehn Schritte weiter wechselt das Bild: ein Infanterieregiment ist eben mit der Verbindungs­­bah­r angelangt und die Soldaten benüsen die Mast von zehnt Minuten, die zum Wechseln der Maschinen­ und zur Bersdiebung der Züge nothwendig sind, um­­ sich nach zwölfstündiger Fahrt zu restauriren. Am­­ nächsten Brunnen wird der militärische Toilettetisch­­ nicht gedient, sie "wollen­­ auf unsere Kosten " er­nährt, gut ernährt sein, wollen unter’ dem Schuße unserer Bajonnete nag " bulgarischen Muster Die Moslems ausrauben und ausmorden. Sie werden sonach‘ stets Feinde Oesterreich-Ungarns sein, stets wider, uns, intriguiren, denunziren, intrigiren, und einen­ Halt, kann die neue, Ordnung ur an den „besigenden und intelligenten Klassen” finden. Werden aber Tetere­ zu gewinnen sein? Der Serthum ‚, welcher dur den Nichtabschluß einer Konvention mit der Pforte hervorgerufen wurde und grauenhaftesten Fanatismus erzeugte und schreckliche . Neovessalien. herbeizwang,­ nacht eine Berständigung schwierig. Sollte: jedoch legtere möge sich sein, so wäre fieves" ganz 'gewiß’nicht auf dem in Bosnien eingeschlagenen Wege und 'nicht durch die von General Philippovics berufenen Beamten. Wie­ es scheint, ist General Govanovics nit, nur jauchzen — während ein glimmender Funken Der Lok tomotive, der zufällig Eintritt fände in die Spalten eines Kastens — sie alle unrettbar­­em Tode ver­­fallen machte. Dort drüben schleppen Bontonniers ihre einen Boote, ihre Brüdenequipage, Ketten, Ruder, Balken und Bretter herbei, um sie nach vorgeschrie­­benem Muster auf den möglichst feinsten Raum zu vertheilen. — Die Straße zum Bahnhof ist übersäet mit Wagen, die vollbepadt in den Bahnhof einfahren und sofort ihrer Ladung­­ entledigt werden, die rad­ in die bereitstehenden Waggons neuerdings verpackt wird. Da kommt Brod und Zwiebad, gepreßtes Heu, Hafer, Stroh, Tabak, Wein und zahllose andere Ge­­genstände. So weit das Auge­ reicht, sehen sie nichts , an Uniformen — böhmische Dragomer, pol­nische Wanen, ungarische Husaren, sreterische Jäger, österreichische Infanterie — die Offiziere kommandiren, rufen und fluhen in allen Sprachen, die Mannschaft arbeitet, daß der Schweiß in hellen Tropfen über die gebräunten Wangen rinnt — und Faum ist Der eine Hug expedirt, wird Der nächste an dessen Stelle ge= idoben und das Baden und Stoßen, das Binden und Ketten, das Singen und Sohlen beginnt von Neuem. Alles Lob unseren Bahnen und ihren Beamten, Die leisten das Außerordentlichste; es gibt Bedienstete, die seit acht Tagen nicht aus den Kleidern gekommen sind und trug dem jeden Augenblick die Ankunft oder der Abgang eines Zuges geändert wird, und der Personenverkehr nicht­ im Geringsten eingeschränkt wurde, ist bis zur Stunde nur der geringste Unfall, ja nur einmal eine nennens­weiche Verspätung eines Zuges eingetreten — auf Die Minute werden die be­­treffenden Befehle ausgeführt. Und jebt erst Die Ertratrains, die Gefangene oder gar Insurgenten bringen. 63 ist nit zu glauben, aber doch eine wahre Thatsache, daß auf den rechten angesagten Zug mit —«« ő ;

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