Oedenburger Zeitung, 1877. Dezember (Jahrgang 10, nr. 145-156)

1877-12-02 / nr. 145

Sonntag, 2. Dezember 1877. Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preife: Sur Roco, Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 fl., Vierteljährig, 2, fl. 25 fl., Monatlich, 1 fl.­ür Auswärts: Ganzjährig 12 fl. albjährig, 6% fl. erteljährig 3 fl. Alle für das­ Blatt ee Eee mit Ausnahme von Safensten, Pränumeratione- u. Infertions­­gebühren sind an die Nedac­ion portofrei einzusenden. ——— rare edenbunger (vormals „Hedenburger Machichten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. X. Jahrgang. Motto: „Dem Fortschritt zur Chr’ — Betrachten zur Wehr’ — Der Wahrheit eine ‚Baffe* Administration, Verlag, Expedition : Grabenrunde Nr. AM | Motel Rose" Nr. 19, 2. Stock, Redaction: AnnAnnna Annan Einzelne Nummern’ toften MW Kreuzer, di at Er auf Rate vermitteln: die Herren Hanfenstein , Bogler, Wall­­fischgasse 10, Wien, Budapests WM 'Oppeln­, 1 Stubenpartei 2, Wien, Heinrich, Schalek, I. Singerstrasse 8, Wien. Infersions-Gebühr : 5.fr. fü­r die einspaltige, 10 fr. für die zweispaltige, 15 fr. für die dreispaltige und fr. fü­r die durchlaufende Petitzeile er= elusive der Stempelgebühr von 30 fr. ‚Anstünfte in allen Richtungen werde bereitwilligst ertheilt. eEINHEEEE se Das Troya der Dsmanlis. Dedenburg, am 1. Dezember 1877. Ohne daß wir erst zu erklären brauchten, "werden wohl ‚ale unseren geehrten Leser willen, daß wir unter dem modernen Tr­oya, das von den heldenmüthigen Tür­­fen mit solcher Zähigkeit und Widerstandskraft verihei­­tigte Plewna meinen. Steilich fiel Troya erst nach vierzigjähriger Belagerung und dadurch, daß Die Sriechen ein hölzernes Pferd in die Festung praktizir­ten, im Ddeffen. Baude eisenstartende Männer stecten, die einmal hineingenommen in's Mleichbild der Stadt, Alled dann niedermeßelten, versengten und­­ zerstöre­ten. — Plewna wird sich natürlich nicht jahrelang halten, aber die jegige Kriegführung ist überhaupt eine viel rascher ihren Zielen fi nähernde,, als die zu Hom­mers Zeiten und die größten,­­ weltbewegendsten Feld­­züge werden heutzutage binnen wenigen Wocen ents­chieden, so Der francorgermanische Krieg und leider auch unser, unglückeliger Kampf mit Preußen. Was aber die, zitirte, von­ den Helenen so erfolgreich­ ange­­wendete Kriegslist­enbetrifft, so werden die Russen ges­wiß, duc ‚uit ermangeln Plewna auf ähnliche Art zum Sal zu bringen, nur daß der Graf jlichlic einem rubelbeladenen Esel, in Ermanglung des iroyanischen Pferdes, die Million anvertrauen dürfte und­ so wird — in gleicher Weise wie General Gurko in Kars, — der Heerführer der, Velagerer von Plewna, einziehen in Dag Troyader Oldmans Lip. . «Wie dic h­ier um den verendenden Hiksdim,so sam­meln sich jetzt die kleinen und großen Länderräuber, um das Heldenlager Osmad­’s Pascha.Alle«die"aben­­tust­ruhen Staate«tp,s wel­che eine verfehlte Politik an der unter­n«Donau aufkommen ließ,«schicke«n­ich"an,aus« dem»«zu­cke1­nden Leib der Türkei möglichst große Fehen zureißen-Sexbiet,welcches bis heute sei um Ein­­tritt is in den Krieg zu verzögern wußte,glaubte­un nicht länger räumen zu dürfen,um sich einen Antheil ac­­etschückischen Beute zu sichert.Sein Ziel ist kein kleiner auf den Trümmern der Türkei wille e seine eigene Selbstständigkeit aufrichten und in Belgrad hat man schon den Andreastag als den Tag der Unabhän­­gigkeitserklärung Serbiens bestimmt. Rumänien verfolgt das­ gleiche Streben. In der Thronrede,­­ mit (welcher vor drei­­ Tagen­­ die rumäs­nische Kammer eröffnet wurde,­­ sprach Fürst Carol ganz offenherzig aus, daß der Zwec des Krieged gegen die Türkei die Unabhängigkeit Rumäniens sei. „Wenn Plewna einmal in unsere­ Hände gefallen ist“, erklärt Fürst Karol, „werden wir auf seinen Trüm­­­mern den Frieden auflesen, welcher und stets theuer ges­wesen ist. Halten wir­­ uns all für überzeugt, daß­ wir ‚aus diesen blutigen Ruinen die von Europa an­­erkannte Unabh­ängigkeit Rumäniens ersteben gehen werden. Dank"ihren patriotis­­chen Beichlüffen, Dank der Tapferkeit "unserer Solda­­tem und ihrem für eine so edle Sache vergoffenen Blute, hat der Fürst den sicheren Glauben, — und frierlich theilen Senat und Kammer denselben , da­ß die Orantiemächte zu dieser Stunde in Rumänien ein eine wahrhafte Lebens­fähigkeit besigendes Land volständig erfannt haben.Sie haben sich zu überzeugen vermocht, daß wir eine Nation sind, welche sich von der ihr an der untern Donau­­ vorbehaltenen Mission sechenschaft zu geben weiß, welche­ genug Beharrlighkeit zu ihrer Erfülung und Energie zu ihrer Vertheidigung erforderlichen Falles mit“den Waffen in der Hand be figt. "Die Zeit fremder V­ormundschaft, die Zeit des Basallentyums ist für uns’ vorbei. Rumänien ist heute und wird für immerdar bleiben ein freies und unaber­hängiges Land." Nun ist auch die „Wiener Abendpost“ der Ans’ fit, daß der Fall von­­ Plewna’ Friedensverhandlungen zwischen den kriegführenden‘ Mächten im’ Gefolge 'haben werde. Über die „Abendpost“ begnügt­ sich‘‘ mit­ dieser Prophezeiung und verrath auchy mit feiner­ Silbe, ’"wel­­che Stellung Oesterreic bei den Friedensverhandlungen einnehmen werde, auswärtigen Am­tes Flingt nicht sehr zuversichtlich: Das eine dieser Organe des Grafen Andrassy Jude uns mit der Phrase zu trösten, Deutschland werde für die Wah­­rung ö­sterreichischer Interessen im Orient folgen. Ift Und die Sprache­ der Offizieren des’ das unsere ganze Sicherheit ? Und was versteht Deutsch­­land unter österreichischen Interesse?­­ Soll damit ges­­agt sein, daß man Serbien verwehren wird, mac man Rumänien gestattet ? Sol dem Hohenzollern Carol er­­laubt werden, was man dem Fürsten Milan nicht ge­­währt? It ein’ selbstständiges Rumänien weniger ein 4 la für’ Desterreich als ein­ selbstständiges Ser­­bien ? Bekanntlich besteht ein Meistbegünstigungs­­vertrag z zwischen Desterreich-Ungarn und Großbritannien. Wie wir erfahren, ist dieser Vertrag mit dem gegenseitigen Rechte einjähriger Kündigung auf unbestimmte Zeit verlän­­gert, und sind­ die betreffenden Ratifikationenen be­­reits zu Budapest ausgetauscht worden. Auf die That­sache dieser Unterzeichnung des­­Vertrages beziehen sich die Meldungen mehrerer Blätter über den legten Bu­­dapester Beruch des Ef. großbritannischen Botschafters Sir A. Buchanan­ und über die „längere Konfe­renz“, welche er unter Zuziehung seines Sekretärs mit dem Heren Minister des­ Neukern Grafen Andräsfy ge­­habt hat. Die seit Kurzem täglich auftauchenden Nacrich­­ten über energische diplomatische Schritte, die Lord Derby beabsichtige oder vorbereite, die aber, obgleich die Absendung­­ einer englischen Note schon vor Wochen fälschlich gemeldet worden, noch immer nicht geschehen sind, und die Berichte über militärische Vorkehrungen in den ’englischen Arsenalen‘ haben auch die russische Presse aufgescheucht, die nun ihre Pfeile gegen England richtet. Wir waren [ schon öfter Ohren- und Augenzeugen sols­chen ’englishe ruffischen Geplanfeld, immer blieb es aber bei Drohungen, und­ auch diesmal gewinnt er nicht den Anfeyern, als ob das Wortgefecht weitere Folgen haben sollte. "Wenn man nun "gier nicht blind für die Bes­­ührungspunkte sein will, welche die österreichisch-ungarie Ichen und englischen Interessen bieten, so thut man doch gut,­sich zeitweilig daran­ zu erinnern, daß den englischen hochstönenden Worten bisher noch feine Thar­ten gefolgt sind. Wenn aber auch England nicht so bald Miene machen will, ernst in, die Situation einzugreifen, was " MB EENEIDNERBESEEEEEEERENGSEERERELRERIERHERERAERENELERREENIBERIBEGERRT" EREREBSETET NR Seuilleton. Zufall oder Vorsehung ? Eine Skizze von z. B. + Im der Schänfe zu den sechs Rofen, gings luftig er­ügelb­serten geberdete fich ein, Klub, junger änner, Die in einem fleinem­ Seitengemache, welches ihnen als privilegirten Stammgärten, eingeräumt war, bei­ vollen Gläsern ji. gütlich ‚thaten, nit zum Teufel," rief einer der, Gesellshaft, mir ist dad ganze Leben bald schaal !* Run — nun Robert — bist gar ein­ unersättlicher Kaup — Du jagst nicht mehr, nach Freuden, Du hegest sie­ förmlich zu Zode.“ 1. Gwig ber.id. von. Euch dieselben. Wige, „ewig dieselben Ziraden Wirth, — Wein vom­ besten Kaliber, vieleicht, dann, glühlichere­ Gedanken erfassen !* Ha Robert !" einholls ‚in Gläserklang.­­ „Einen­ originellen Spaß, will ich haben !" Da trat,,ein Knabe von, ungefähr 12 Jahren in's Zimmer, einen Korb, voll Pomeranzen tragend. 1, „Runder soll uns einen Sur. abgeben,* »dröhnte es laut aus rauhen, Kehlen. ‚Deinen Namen, Heiner Großhändler.” „Biovanıi.* y Deines Baters ?" suny&tacomo." 4 HBr treibt er, auch, dem Handel 2 „So gestorben vor einem halben Jahre. “Halt Geschwister ? „Zwölf Brüder. Von den Altern Beiden steht einer bei einem Kaufmanne zu Triest in Diensten, der andere ist Matrose, die zehn jüngern und wo: daheim bei der Mutter.“ „Und meinst Du’ Dir allein schon­ Dein Brod ver­ dienen zu können ?* „Baters Worte waren, als er­ starb..) auf. Gott vertrau', in seiner Hand wird Unglück selbst zum Segen !* „Was foitet eine Orange ?“ „Behn Kreuzer.* „Da sind fünf und zwei Orangen ber!* ‚Richt mög — nicht möglich — um Botten­­willen — bitte — bitte —* „Keine Widerrede — hier sind fünf Kreuzer; da«­für gibst Du zwei Orangen !* „Nun — laßt mich walten — erhob st Robert ‚was begehrst Du für den ganzen Bettel “" „BHünfzehn Gulden.“ „Da leer den Korb aus." Der Knabe"gehorchte zitternd. „Nun reicht — und bezahleni­ will ich Dich, wie ein Eröffus — Geld hab’ ich zwar Feines — aber hier" er zog einen Bleistift hervor und ergriff einen’ Fidibus, „hier schreib’ ich Dir drei Nummern auf — mit, die» jen. lauf'n­n.die Lotterie — jege einige Kreuzer ein — gewinne — und Deine Waare ist mehr denn. zwanzig­­mal bezahlt.® Ein unwüstes Lachen war der höhnischen Rede Ber­gleitung. ‚Snädiger Herr — lieber gnädiger Herr,” win­terte der Knabe, „ich bin unglückicc — mein ganzes Gigenthum — ich habe so lange bereit gespart, bis ich’s so weit gebracht !” ‚Nun, Breem­de, was sagt Ihr — der Bube ist no ‚unzufrieden, daß er einen so großmüthigen Käufer­­ gefunden und den belasteten Korb nicht­ mehr nach Hause tragen darf.“ Lauter wimmerte der Senabe, doch noch lauter hat das Hohngelächter der herzlos übermüthigen Zedder­­haar. „Hinaus, Hund, sonst zerreißen wir Dich !" Und seufzend, weinend, mit gefalteten Händen flüchtete der arme Giovanni. Nirgends fand er Unterfrügung. Was fümmert s ung," riefen die Säfte im Gastzimmer. „Dem Lumpenpad widerfährt nur Recht,” äußerte der Wirth: „Was muß ed bieher kommen, den Magen sich zu füllen. Wenn­ es daheim nichts zu­ fallen hat, mag ‚ed daheim au verhungern !" ‚Wäre­ diese „Aeußerung auch wirklich nicht des Schärfinhabers innerliche­r Weberzeugung­ gewesen, er [] würde Schon aus Nachsicht für Robert, in dem er einen seiner splendideiten Gäste bewirthete, nicht anders ges­­prochen haben. „Ho, hoch Nobert, Hoh!“ Idol’s in den Becher» fang der ‚würdigen Tafelrunde. „Das war ein Weg, über den wir noch nach Monaten lachen wollen !“ „Geduld­­— wenn mein alter Herr Vater erst in’s Grab gesbissen haben wird, und ich unumscräufter Herr über seine halbe Million sein werde — dann will ich mich &uch noch wigiger erweisen.“ „Hoh, Robert body !“ ’

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