Oedenburger Zeitung, 1879. Mai (Jahrgang 12, nr. 53-65)
1879-05-16 / nr. 59
ERTERN? Re EEE. _ Freitag, 16. Mai 1879. Zeitung, (vormals „Hedenburger Nachrichten.‘“) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirtschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Administration, Verlag, Expedition: Grabenrunde Nr. 2A. Neugasse Nr. 18, im 1. Stock. Redaktion: Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr!? — Betrücten zur Mehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.” Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag umd Sonntag. Pränumerations-Preise: Fir 2oco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 kr., 5 Vierteljährig 2 fl. 25 Fl. Monatlich 1 fl. Für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Vierteljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerationen und Interfrondgebühren sind an die Redaction portofrei einzusenden. XI. Jahrgang. Einzelne Nummern offen MAD Kreuzer. Nr. 30. ernennen BEREITETE BETETREIE Inferate vermitteln: die Herren Hafenstein , Vogler, Wallstihgasse 10, Wien, Budapest. A. Oppelit, IL, Etubenpartei 2, Wien. Heinrich Schalek, I. Bingerstrasse 8, Wien. Sufersions-Gebühr : 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. für die zweispaltige, 15 fr. für die dreispaltige und 20 fr. für die durchlaufende Weritzeile ers cirfive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung entsprechender Rabatt. Bon der andern Reichshälfte. DOedenburg, 14. Mai 1879. Die drei bösen Eismänner: Bonffatius, Servatius und Bonifacius (vom 12. bis 14. Mai) haben ihren schlechten Ruf all frostige Antagonisten jeder warmen Frühlingsregung bewährt und in Nordstürme, eisigen Negen und wahrhaft dezemberliche Kälte gebracht, sie haben auch den Postverkehr mit unserer Landeshauptstadt und aus Ungarn überhaupt gehemmt und so flogen denn, im umgekehrten Verhältnis zu den faatenvernichtenden Himmelsfluthen, die Nachrichten von dem heimatlichen Boden kaum tropfenweise. Ergiebiger sind die Meldungen von der andern Reichshälfte Da haben wir beispielsweise eine sehr beunruhigend klingende Mittheilung über die politische Haltung der Triester. Dort bewegt er eine Art von Nihilismus gegen die österreichische Regierung an ziemlich breiter Grundlage. Zwar sind die Nihilisten der Handelsstadt am adriatischen Weserhusen nicht mit Dolch und Revolver bewaffnet und sie senden auch feine Todesurtheile an die Andersdenkenden, geschweige dem, daß sie daran wächten, vderlei Blutsentenzen zu voll streben, aber sie haben Zungen wie Schwerter und kämpfen gewaltig damit und ihrer Verneinung des beringenden Staatsprinzipes verschaffen sie Geltung, trog aller gegentheiligen Anstrengungen der Regierungsorgane. Die Italianissimi von Triest Fofettiven auffallend mit Rom, sie thun alles Mögliche, um die Maffen zu barranquiren und ihre Tendenz ist offenbar ein inniger Anflug an das italienische Reic, respektive eine %ortrennung von der andernn Reichshälfte Wir nahmen schon einmal in diesen Blättern Anmaß, die Vorgänge zu schildern, welche in Triest bei der dortigen Bürgermeisterwahl sich abspielten und unfern gefrägten Lesern zu erzählen, wie die Mehrzahl der Wähler sich für einen sichern Angeli begeisterte, der ein entschiedener Gegner des Austriacismus ist und wie es ihnen wirklich gelang, dessen Wahl zum Bürgermeister (Podestà) durchzufegen. Die Regierung amllerte das gedachte Wahlergebnis, aber sie vermochte nicht zugleich die Herrschaft zu anulfiren, welche die dortigen Nihilisten, unter dem Namen: „Brogreffi“ in der That über die stimmberechtigte Triestiner Bevölkerung ausüben. Die Folge davon ist, daß auch die neuausgeschriebene Wahl abermals auf eine Art Angeli fiel. Alle Versuche der Negierungs-Partheis genossen zu einer Verständigung mit der Brogresso-Parthei, um einen dem Throne näherstehenden Mann an die Seite des Triester Stadtrathes zu stellen, sind elendiglich gescheitert. E38 wird also umserem Könige nichts anderes übrig bleiben, als den neuen, so obstinaten Stadtrath ebenfalls aufzulösen. Was aber geschieht dann? Viemehr die Regierung in das freie Wahlrecht der Bürger eingreift, desto mehr Feinde schafft sie sich, und es ist nicht abzusehen, wie die Triestiner Überlegenheit für die österreichische Regierung enden wird. Welderonie des Schicsals! Während die Monarchie nach dem Hafen von Saloniki auslugt, schwankt ihre Stellung in Triest. Unser auswärtiges Amt unterflägt die Macht der „Italia Srredenta," die Z Triest zu ihren Provinzen zählt und das kann sich bitter rächen. Er zeigt von einer nicht zu billigenden Sorglosigkeit, wenn unser Herr Minister des Aeuferen seine ganze Energie bloß auf die Türkei konzentrirt, nut aber au S Italien vis Avis, wie überhaupt seiner andern Macht, nicht Deutschland und nicht Ausland gegenüber. Allein nicht durch die Expansion wird die Großmagtstellung gewahrt, fordern dur die Festhaltung des Befiges und der Sicherung der Zustände im alten Reiche. Wir bedauern diese Schwäche der Regierung in allen Angelegenheiten, welche das polypenartig die Arme aufstrebende Italien betreffen, weil wir fürten, daß bei günstigen Chancen dieser „stalta Korredenta“ nicht nur Oesterreich für ZTrieft, sondern auch Ungarn für Fiume zu fürchten haben würde. Die Fiumaner werden ebenfalls Italiener sein wollen, denn aus Allem geht hervor, sie fühlen sich weder als Ungarn, noch sympathisiren sie, ebenso wenig wie die Triestiner, mit der andern Neidshälfte. Und — hat auf's Herz gelegt! — ist denn das österreichische Volk so zufrieden mit der Regierung ? Wir müssen Leider mit Nein antworten. Das österreichische Parlament sieht dem Ende seiner Thätigkeit in dieser Session entgegen, e 8 verläßt morgen die Räume, von denen aus es die österreichische Nation im glückliche Bahnen zu lenken hatte. Gelang ihm die R? Ad! nur in sehr bescheidenem Maße: Wie wenig hat das Parlament nun e8 aus dem Hause der Berathungen vor dem Schottenthor auszieht, für seinen Hausherrn gethan, für jenen armen Hausherren Volk, der seinen Zins einraffieren Fan, der sich im Gegentheil fortwährend von seinen eigenen Miethern besteuern und „steigern“ lassen muß, der nur auf Ehrlichkeit und das Wohlwollen seiner Afterpartheien, seiner Vertreter, angewiesen ist. Nahezu dritthalb Milliarden hat das hohe Haus der hohen Regierung bewilligt, und wie wenig von dieser Nierensumme ist der Arbeit zu Gute gekommen, wie wenig wurde zur Hebung des Erwerbes, zur Belebung des gelähmten Verkehres, zur Rettung des siechenden Nationalwohlstandes .gethan, wie wenig wurde zum Allernöthigsten verwendet, wie verschwindend wenig in — Brod für die Hungernden umgelegt ? Die Deputirten (schreibt die „Morgenpost") werden allerdings auf Heller und Pfennig nachweisen, daß sie auch für Arbeit, für die Hebung der Kühne, für das Wolf so Manches gethan haben, allein die Herren vergeffen, daß ihre Session in die große wirthchaftliche Krise fiel, sie vergeffen, daß das Parlament im ersten Rradjahr zusammentrat und heute im siebenten Rradjahr auseinandergeht, sie ver geuillelon. Unterlebenslauf. Bor PB. ER hat den besseren Theil, und was sein Hußar zumege bringt, das fandet. Heine Hans, frisch, und Ted, zu reiten auf hölzernem Pferde. Bald wieder, steht er auf dem Kopfe, ist auf allen Gesimsen oben, und wie der Die Zeit, die beflügelte, ist auf rollendem Nade und spinnt und webt an den Schicsalen der Menscen. Und zwei holde Englein kommen vom Himmel geflogen ; das eine begränzt den Boden des Menschenstammes mit Rosen, das andere Frönt ihn mit einer Krone aus Dornen. Und im Kreislaufe mit dem Rade der Zeit geht das menschliche Leben. Wohl wäre und das ewige Streifen auf Erden zu sinnlos und, zu trostlos, in Thränen und in Yreusden wenden wir unseren Blick, dem Himmel zu, und siehe, dort schwebt der Bote nieder und trägt ein Dienschenkindlein auf die Erde: „Fahre wohl, denn auf diesem Lebensmeere! lebe, liebe, streite, freue Dich, Hüte Dich, werde rein und ähnlicher Deinem Gotte. Bald komme ich wieder und führe Di zurück zu seinem Herzen !" &p der Himmelsbote — und im Dunkeln Gemach schaufelt die Wiege, und till darin jelummert ein Kindlein voll goldener Träume. Der Zährchen fünf sind bald vorbei. Mit losem Sprung aus der Wiege ist der Heine Hans gehüpft, und man meint, er hätte Flügel an den Füßen. Dem Mädchen läßt er gern das Pupenspiel, er Bater sich’8 versieht, fügt ihm der Schelm am Naden und fohren daß es fhallt: „HDi, Vater, Hi!" — Man weiß einen Zwergenstrauch, der ist gewachsen am Rhein und lauert jegt über der Stubenthür. Gemach nur winkt der Birkenstrauf, und unsäglich rase ist der Kleine von des Vaters Rüden herunter, und behendig schnellt er hinaus zur Thür, hüpft im Hofe, im Stall, im Wald herum, hat Händel mit jedem Bogennest, mit jedem Baum, der von seiner Größe it, verläuft si endlich und Dorf hinab, in ein Haus hinein, aus welchem helle Stimmen klingen — — wehe, das war ein bößer Schritt ! In die Schule ist er gerathen. Des Lehrers Blid, zähmt die ganze Schaar, und Hans hobt auf der Bank und faugt beflommen an seinen Fingern. Kaum vergehen ein paar der Jährchen, so weiß der Knabe schon Beicheid im Lehrbuch, mit Ziffern ist er gut Freund, seinen Namen schreibt er auf alle Kästen und Bänke, zeichnet auch "mal einen Bogel dazu oder dem Lehrer mit der langen Nase; — im Uebrigen ist er wohl der fleisigste, aber an der Toulste, und jeden Abend bringt er heim ein neues Lo im Kopfe. Gott sei dank, daßs das Schweiterlein das Beinkleid flickt und der Kopf von selber heistehe Katharinden er merkt. Katharindhen hafte den Hans noch von der Schule her, weil er allerwegs ein Nachthaber gewesen, und weil er ihr einmal ein stehend Dornzweiglein hat in’s Haare gesteckt. Die Zeit ist vergangen aber: der Hai des Mädchens ist größer geworden, wie der Hand größer geworden ist, und jetz man sie gar nicht mehr daran denken, ohne daß ihr das Blut anhebt zu zittern. Und der Hans ist an Feierabenden nicht daheim, und er ist nicht im Walde, nur im Dorfe — sein Mensch ist ihm begegnet, sein Mensch weiß seinen Weg, und seinem Menschen fällt es ein, den hellen Abendstern zu fragen. Der Abendstern wüßte Bescheid, der hat im Nachbarbade durch eine Nite geguckt, hat die Katharina stehen sehen in der Kammer und ihr daneben den Hans — beide wortlos und erregt, beide glühroth im Gesichte, beide — im größten Haß gegeneinander. Und so weit gedeiht die Erregung und Gutzweisung, daß Vater und Mutter in die Lade gezogen werden müssen, daß sich endlich gar der Pfarrer ins Mittel legen muß, die Angelegenheit auf der Kanzel berichtet und am Altare schlichtet. Schon wollen sie freudig einziehen in das gemeinsame Haus — da hebt der Hand eine ganz andere vornehme Bekanntschaft an. Vom Kaiser, vom König fliegt er einen Brief, der will den sauber gewachsenen jungen Mann um jeden Preis bei sich in der Stadt haben. Andre machen frohe Burschenfahrten durch Die Welt , der Hans jedoch weiß, das Vaterland ruft. Singend und jauchzend, im Aug’ die Thräne, zieht er hinweg von seinem Lieb um zu streiten an des Vaterlands Markung zu Waht und Hort der Heimat. Die Pflicht ist erfüllt, mit Ehre ehrt er heim nach kurzer Zeit, sein Weib fällt ihm weinend vor Slüd an die Brust. Und jegt fommt ein närrisch Jährchen — närrish vor lauter Glüdjeligkeit. Da naht plögli ein dritter gegudt: Langt die „Glüdeligkeit nicht auch für mich ?" „Ei ja freilich, Du liebes Kind, Du herziger Bub, und langt’s für drei nicht aus, wir treten Dir Alles ab was immer Du mwillst. Du, sei willkommen Du herziges Kind ! (Schluß folgt.)