Oedenburger Zeitung, 1879. Juni (Jahrgang 12, nr. 66-78)

1879-06-11 / nr. 70

, Mittwoch,11.­Juni 1819.l XII. Jahrgang. Nr. . _ even (vormals „Hedenburger Nachrichten“.) Organ für Politik, Handel, Industrie und Landwirthschaft, dann für sociale Interessen überhaupt. Motto: „Dem Fortschritt zur Ehr! — Betrüchten zur Mehr? — Der Wahrheit eine Gaffe.“ Das Blatt erscheint jeden Mittwoch, Freitag und Sonntag. Pränumerations-Preise : ür toco: Ganzjährig 9 fl., Halbjährig 4 fl. 50 fl., e­Be as k Ga 1 h Für Auswärts: Ganzjährig 12 fl., Halbjährig 6 fl., Viers­teljährig 3 fl. Alle für das Blatt bestimmten Sendungen, mit MuRBehnı: von Inseraten, Pränumerations- und Infersions­­geschüchten sind an die Redaction portofrei einzusenden. Der Zeitung, Administration, Verlag, Expedition: G­rabenrunde Nr. IM.­­Neugasse Nr. 18, im 1. Stock. Redaktion: Einzelne Nummern offen M­ED Kreuzer. RE­STREIT RETTET Inserate vermitteln: die Herren Hafenstein , Vogler, Wall­fishgasse 10, Wien, Budapest, A. Oppelit, I., Etubenpartei 2, Wien, Heinrich, Schaler, I. Singerstrasse 8, Wien. Sufersions-Gebühr : 5 tr. für die einspaltige, 10 fr. für die zweispaltige, 15 Tr. für die dreispaltige und 20 fr. für die durchlaufende Petitzeile ev­­clusive der Stempelgebühr von 30 fr. Bei mehrmaliger Einschaltung entspregender Rabatt­ an im Auf dem Wege zur Besserung. Dedenburg am .61 Juni 1879. Der II. ungarische Gewerbetag in Budapest brachte Manifestationen, die wir­ im A Interesse unserer arg dar­­niederliegenden Industrie und Gewerbethätigkeit nur freudig begrüßen können. Schon die bloße Schatjace der Abhaltung dieses Gewerbetages und die Art und Weise der Verhandlungen desselben verdient nachhalti­­gere Beachtung, als sonstigen Tagesereignissen zusommt. Unzweifelhaft noch wichtiger al der Wortlaut oder selbst Iinhalt der einzelnen gefaßten Resolutionen ist jedenfalls der Umstand, daß auf die Einladung eines nicht eben großen Kreises von Personen, denen Seiner­lei amtlicher Einfluß zur Seite steht, die einzig und allein ihren bisher für gewerbliche Ant­ressen bewiesenen Eifer als sachliches Motiv ihrer Berechtigung zur Je­angriffnahme dieser Versammlung geltend machen konn­­ten, so weit über ein halbes Tausend statutarisch kon­­stituirter Gewerbegenossenschaften und eine beträchtliche Anzahl ad hoc zusammengetretener Gewerbetreibenden veranlaßt fand, si zur Berathung der vorher festge­­stellten Tagesordnung selbst aus­ den entferntesten Thei­­le­r des Landes vertreten zu lassen. Die löbliche Deden­­burger Kandel und Gewerbekammer entsendete z. B. den Kammerrath und hiesign Stadtrepräsentanten Hein Georg Dörffler, sowie Herrn d. Sel­­tenhofer. Diese Theilnahme im Lande zeigt am deutlichsten, daß ein positives Bedürfniß die­­ Ver­­anstalter des S Kongresses geleitet hatte und daß der Wunsch und Wille, die leitenden Männer der Regie­rung und Legislative auf die Bahn einer umfassenden Initiative in Gewerbeangelegenheiten zu lenken, bei den gewiß nicht zu ho gegriffenen 60.000 Mandaten und einer noch weit höheren Zahl gleichgesinnter Berufsge­­nossen im Lande während der legten Jahre denn doc recht lebhaft geworden sein muß. Der auf dem Ge­werbetage vertretene beträchtliche Theil des heimischen Bürgerthums repräsentirt nun sein geringes Maß von Kraft, und dürfte, nach einer gewissen Nichtung ziels­bewußt und planvoll geleitet, ein Faktor sein,­ mit wel­­chem auch jene — sit venia, verbo — höheren reife zu rechnen gezwungen sein werden, die nicht eben mit günstigen Augen auf die Bersammlung blickten, nun aber doch gedrängt werden auf dem Wege zur Befreiung. Mit einer Resolution des II. ungarischen Ge­­werbetages sind wir ganz besonders einverstanden, wir meinen mit der Beschränkung des Haufichthandels. Das Haufirwesen­ sol nämlich baldmöglichst dur ein neues Gefe geregelt werden. Namentlich ist 1.) in größeren Stadtgemeinden, deren Bedürfnisse duch die ansässigen, mit mannigfachen Steuern belasteten ,es werbetreibenden und Kaufleute vollständig gedeckt wer­­den, das Haufirwesen zu­ verbieten. Von diesem Berg­bote wären nur die Bewohner jener Gegenden auszus nehmen, welche im 8. 17 des Haufirpatentes aufge­zählt sind, sowie oberungarische Drathbinder, Gottscheer, Haufirer mit Lebensmitteln u. s. w.; 2.) der in Betreff der Besteuerung zwischen Haufirern und kleineren Kaufleu­­ten und Gewerbetreibenden bestehende Unterschied zu beseiti­gen,d.h .8 sollen die Haufirer nur mit einem ‚firen­­ gleich­­mäßigen Betrage, sondern im Verhältnisse zudem Werthe und zu der Menge ihrer Waaren besteuert werden , die Aufmerksamkeit der Regierung und der administrativen Behörden darauf zu lenken, das auch und insolange, bis das Haufirwesen duch ein neues Gejeg geregelt sein wird, vielen Klagen schon durch strenge Handha­­bung der bestehenden Haufir-Normen abgeholfen wer­­den könnte. Da in neuerer Zeit überh­andnehmenden Wanderlager, freiwilligen Ausverläufe und Auktionen einen neuen Zweig des Gewerbebetriebes im Umherziehen repräsentiren, welcher weder unter den Begriff des Hause­handels subsumirt werden kan, weil der Verkäufer seine Waaren nur von Haus zu Haus anbietet, sondern in der betreffenden Gemeinde, wenn auch nur für kurze Zeit eine Geschäftslofalität hält, wo dem beständigen Gewerbebetriebe beigezählt werden kann, weil die in Nede stehenden Geschäftsleute außer­­halb ihres Wohnortes ohne Begründung einer dauern­­den Geschäfts-Niederlassung Handel treiben: So er­­achtet es der II. ungarische Gewerbetag zur Sanirung der zahlreichen und begründeten Beschwerden für noth­­wendig, daß gleichzeitig mit dem­­ Hausirhandel all dieser Zweig des Gewerbebetriebes im Umherziehen: : ge­­regelt werde und zwar: 1. Agenten, melde. sich nicht bloß mit Entgegennahme von Bestellungen befa­­gen, sondern auch‘ Waaren-V­orräthe mit. sich führen, ferner solche Geschäftsleute, die außerhalb ihres Wohn­­ortes freiwillige Ausverläufe und Auktionen veranstalten, sollen verpflichtet sein, an ihrem Wohnsige ihre Firma in das Handelsregister eintragen zu lassen, eine beglau­­bigte Kopie der Eintragung mit sich zu führen, und der Gewerbebehörde jeder Gemeinde, in welcher sie ihr Geschäft betreiben wollen vorzuzeigen; 2. ist ihnen Die Berpflitung aufzuerlegen, ihr Geschäft unter der pro­­kollirten Firma zu betreiben u und ordentlich Bücher zu führen ; 3. sind dieselben nebst der Entrichtung­­ der Staatssteuer­no zur Zahlung einer besonderen­­ Kom­­munalgebühr zu verhalten ; beide Steuergattungen sollen vor Beginn des Geschäftes­­ auf einmal, und, im ei­­ner Summe eingezahlt werden. Das sind jedenfalls sehr löbliche und zweckmäßige Beschlüsse, aber leider haben wir bis jet no einen vermißt, der nus mit Hinblick auf die gewerblichen Verhältnisse und die Handelsinteressen in den größeren Stadtgemeinden ganz besonders noch zu thun feeint. Wir meinen die Aufh­ebung der eigentlichen Jahrmärkte Bei uns in Dedenburg sind ihrer vier alljährig und ihr Fortbestand hier wie anders­­wo, geradezu ein Ruin für die Dedenburger Kaufmanns­­und Gewerbswelt. Der hier­ heimische, mit hohen Steuern und Abgaben belastete Industrielle muß er mit ansehen, wie ein Fremder zierant dieselbe Waare die er (unter Mitbürger) mindestens ebenso gut und schön am Lager hat, aus der Ferne Hieher bringt und nn nn & an anzu jeuillieren. Onkel Benjamin und das Urbild der Frauen­­ (Schluf.) „Wann kann ich das Geld haben, — und wie viel­­ fragte sie ängstlich weiter. „Heute — morgen — wann sie befehlen. Dreißig­­tausend Mark.“ „Wissen Sie schon, daß Schmidt und SPreller demnächst ihre Zahlungen einstellen werden.“ „Ab! machte der Anwalt erstaunt. „Bei Schmidt und B­reller waren des Fräuleins übrige Gelder angelegt ; e8 waren deren Betten ? Mir wurde sonderbar ängstlich zu Muthe, ic zog mich aus dem Salon in ein kleines Nebenzimmer zurück. Aber Marianne Waffel, ohne daß sie e8 wollte, verfolgte mich. Sie trat kurz nach mir mit dem Ber­iebten ihrer Meinen Nichte ein. Ihr Vermögen beläuft sich auf zwölftausend Mark?“ fragte sie, als sie kaum die Schwelle über­­stritten hatten. ‚a, Bräulein !’ sagte der DOfficier. „Sie können die noch fehlenden Vierundzwanzig­­tausend morgen im Laufe des Nachmittags durch mich empfangen. — Ich wünschte, Ihre Hochzeit in spätesten vier Wochen begangen zu sehen, werden sie den Con­­sens zeitig genug haben .“ Er führe ihr dankbar die Hand und dann sagte er: „Gewiß, mein liebes, verehrtes Fräulein. Die nö­­thigen Schritte sind bereits eingeleitet.’ Während er noch sprach, buschte seine kleine Braut in das Zimmer und es entspann sich nun eine jener Scenen, die man an fi selbst erlebt haben muß, um ihre berühende Lieblichkeit erkennen zu können. Marianne Waffel überließ die glücklichen Ver­­lobten sich selbst und kehrte zurück in den Salon. Dort fand sie ihren Bräutigam, er war mißmuthig.­ch selbst wurde wohl eine halbe Stunde durch das mundere, junge Pärchen hinter meinen ensterbe­­hang gebannt und was während deren herzigem Ge­­plauder in mir vorging, kann ich seinem Meenschen be­­schreiben. Als sie mich endlich doch ihr Gehen befreiten, schritt ih­m­ das Vorzimmer, nahm Hut und Ueber­­zieher und ging nach Hause. In den nächsten vier Wochen mied ich alle Be­­kannten, Holms und den Anwalt in erster Reihe, aber dag mir nicht dennoch Dieter und Sener von dem Fal­­lifsement von &. 9. 3., der Zahlungseinstellung von Schmidt und Preller oder der sehr unsicheren Ver­­lobdung des Fräuleins Waffel sprach — dem konnte ich nicht entgehen. So hatte mich fast ausschließlich zu Hause ge­­halten, aber an demselben Tage, an welchem die Nichte des Fräuleins ihre Hochzeit feierte, schlenderte ich nach dem Bahnhofe und rette mir dort mit einem Glase Bier fest. Eine Viertelstunde später ertappte ich mich auf dem DVortag, davon zu laufen; das junge Ehe­paar, sowie Fräulein Waffel mit ihrem Verlobten waren eingetreten. Ich verhielt mich ganz ruhig, schritt jedoch, als er für die jungen Leute Zeit zum Einsteigen war, als hätt’ ich da draußen auch etwas zu schaffen, mit ihnen nach dem Perron. Die junge Frau konnte sich von ihrer herzenslieben Tante far nicht trennen, und als er dennoch geschehen mußte, stedte sie noch den Kopf aus dem Fenster und niete und wirste, als schon die Locomotive in ihr schnellstes Tempo fiel und wir nicht mehr erkennen konnten, ob Hanz oder Kunz da grüßte. Marianne Waffel hatte bisher geläelt, man merkte, er kam ihr vom Herzen,­­ war nichts Ger­maches; als sie sich jei aber zu ihrem Verlobten wandte, wurde sie sehr ernst. „Die Bank, die mir den einen Theil meines­­­ermögens verwaltete, fallirte,“ sagte sie. „Ich weiß“, unterbrach er sie, „ich war so frei, mich darnach zu erkundigen.“ „Den anderen Theil werde ich durch den Concurs von Schmidt und Preller verlieren“, fügte sie hinzu. „3 bin mittellos, volständig mittellos, sagte sie nach einer Weile, „und ic hätte Dir das schon vor Wochen gesagt, wenn nicht das Glück der beiden lieben Kinder mir zu jeder am Herzen gelegen hätte. Jet find sie vereint — jegt trifft’ sie nicht mehr." — Als er im­­mer noch hartnädig schwieg, endigte sie mit einem tiefen Athemidolen: „Ich glaube, unsere­­ Lebenswege gehen weit auseinander.‘ Er räusperte sich eine Weile und dann sagte er ihr, daß sie es ihm nicht verdenken künne, wenn er voll­­ständig ihrer Meinung sei — daß er ein ‚unverzeilicher Leichtsinn wäre, wenn ein Landwirth eine mittellose Dame heirathen würde 20. — Sie ließ ihn nicht aus­­sprechen, sie verneigte sich und ging, er bhat ein Gleiches eine Weile später, — die Melodie vom lieben Augustin vor sich Hinsummend. 3 blieb zurüc, legte die Hand über die Augen, mir schwirrte er im Kopfe und im Herzen. Ich wurde aus mir selbst nit Klug, mir war’ so sonderbar zu Muthe, ganz anders als bisher in meinem Leben. Aber plöglich wußt ich’s, plöglich war 8 mir Klar, hatt’ ic­h FE

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