Oedenburger Zeitung, 1880. Juni (Jahrgang 13, nr. 66-78)
1880-06-11 / nr. 70
:--·s-«.;rixisenkså skistixkä en Freitag, 11. Juni 18580. ZH. „zabenang, = Nr. ._ Oedenbunger (Vormalig,,OedenburgerBereitciem GrgausithommsHanda-IndUflMUUdMudwikkejschafb dann für sociale Zukeressen überhaupt Motiv:»Dem Fortschritt zur Ehr’—Bedrückten zur Wehr’—Der Wahkheit eine Gasse.,, Das Blatt erscheint jeden mittmerteifugttichzonistas. Frümmeratiooncelln FürLoco:Ganzjöhrig9fl.,Halbjährig4fl.50k., Vierteljährig2fl.25k.,Motatlich1sl. FürAuswärts:Ganzjährig12fl.,Halbjähringl.,BreiteljähriigstAlles ist das Blatt bestimten Sendunen,mit Ausname von Inserateih Prämuneratioin und Insertioni Heisicken sind an die Nedactivu portos reidisk-senden- — bi , ·» Scituinificatioty Melaxs,!krpeditiust: Grabenrunde Nr. IM. Neugasse Nr. 18, im, Stock. Redaktion: Einzelne Nummern offen MED Kreuzer. Zeitung, SInferate vermitteln: die Herren Hafenstein , Vogler, Wall- Ripaaffe 10, Wien, Budapest, U. Oppelis, I., Stubenpartei 2 ien. Heinrich Schaler, I. Singerstrasse 8, Wien. SInfersions-Gebühr : 5 fr. für die einspaltige, 10 fr. fr die zweispaltige, 15 fr. für die dreispaltige und 20 fr. für die durchlaufende Petitzeile er“ clasive der Stempelgebühr von 30 kr. Bei mehrmaliger Einschaltung entsprechender Rabatt. Ad, die vielen politiihen KHöde Dedenburg, 10. Juni 1880. Wenn nicht das alte und leider wahre Sprichwort wäre, daß viele Köche die Suppe verderben, man müßte Oesterreicher zugarn einen Musterstaat nennen, denn wahrlich, in seiner politischen Küche ist das Personale vollauf beschäftigt und daher nicht zu besorgen, daß etwas vernachläßigt würde, die Nationen abzuspeisen. Kaum geht ein Parlament auseinander, so treten gleich wieder Dutzende von andern zusammen, die eifrigst bedacht sind, für unsere Konstitution zu sorgen. Während andere Staaten mit einer, höchstens zwei Kammern ihr Auskommen finden, haben wir in Oesterreich-Ungarn nicht weniger als einundzwanzig gefeggebende Körperschaften, die drei großen: Delegation, ungarischer Reichstag und österreichisches Parlament, dann 17 Landtage in den im Reichsrathe vertretenen Ländern und endlich den frontischen Landtag. An einigen Tagen schon geht unsere ungarische N Reichstagssession zu Ende. Dafür haben vorgestern die 17 Kronländer der anderen Reichshälfte ihre Landesboten an die Arbeit gesendet. Das sagt das „I. W. EB." — wenn es die Menge allein ausmachen würde! Was wären da die Völker der österreichische ungarischen Monarchie um ihre Gefeßgebung zu beneiden ! In Wirklichkeit aber sind wir gerade in dem Punkte am allerwenigsten beneidet. E8 bewährt sich auch da die uralte Bollsmoral: Ach, die vielen Köche! Wohin man schaut, ringsumher sehwirrt der große politische Kochlöffel durch die Lüfte, wird Salz und Pfeffer die schwere Menge herbeigeschleppt. Wir fürchten, wir fürchten sehr — die heurige Landtagssession wird wieder einmal arg versalzen, das Ergebnis der Provinzial-Legislation Schwer geniegbar werden. Ganz besonders steht dies zu befürchten vom böhmischen Landtage. Da herrscht das pilante Gelüste, der Geschmach an starrer Würze, ganz besonders vor. Noch birgt der Dedel des Anti-Geheimnisses die Agredienzien, welche die Regierung dabeizustellen beabsichtigt. Die Nase man dhes ehrlichen Deutschen riecht jetzt Schon starken Pfeffer und wir Ungarn sind auch Feine besonderen Freunde vom böhmischen Bomwid. Nun, die Herren ungarischen Ablegaten fehren, wie gesagt, fest in Bälde zum häuslichen Herd zurid und wäre es nach dem Wunsche des Ministerpräsidenten Tiga gegangen, dann speisten unsere Lande später schon lang im Streife der Ehrigen am Familientische. Allein es ging denn doch nicht so glatt vor sich, wie Herr von Tipa gehofft und gewünscht hatte. Es gab da verschiedene Differenzen in der Auffassung der Regierung und der Opposition, und die Erstere mußte es über sich ergehen lassen, einige empfindliche Niederlagen ganz besonders bei ihren Eisenbahnvorlagen stillschweigend Hinzunehmen, die zwar zu seiner Kabinetskrisis führten, aber immerhin bedeutend genug schienen, um Herrn v. Tipa Stoff zum Nachdenken in der Stille seines Gefter Aufenthaltes zu bieten. Sirung haben die vereinzelten Vortheile, die die Opposition erlangt hat, nur insoferne eine nachhaltige Bedeutung, als aus ihnen hervorgeht, daß nicht feere Phrasendrescherei, nicht bombastische Vorwürfe, und ein überfluthender Wortschwall die Mittel sind, um der Regierung beizukommen, sondern ernste fachmännische Arbeit, die sich mit Verständniß und Energie der auf der Tagesordnung stehenden Fragen bemächtigt, solche zum Gegenstande eines tüchtigen und eingehenden Studiums macht, und dann die dem Wohle der Nation abträglichen Maßnahmen der Regierung mit siegreichen Gegen-Argumenten zu bekämpfen vermag. Während ewige Miterfolge im Massenkampfe des Parlaments, den Kredit der Opposition im Bolfe untergraben haben, hat auch die Regierungspartei (die vielmehr erst recht nicht) fieine Sympathieen eiiwerben können. Wir sagen es ja: ad, die vielen politischen Köder! Was nothwendig ist, das ist ein fleifiges uns unterbrochenes Studium aller brennenden, der Lösung im Neidstage harrenden Fragen, dazu gehört, daß man stets über die Achillesferse der verschiedenen Regierungsvorlagen gut informirt, und befähigt sei, dieselbe mit fachlichen Gründen anzugreifen und blosszulegen. Mögen die Abgeordneten dieser Verpflichtung auch an ihrem Häuslichen Herde eingehend sein, und durch angestrengtes Studium während der parlamentarischen Serien sich für die fachliche Bekämpfung der Mängel an unserer staatlichen Organisation in allen jenen Fragen vorbereiten, deren Lösung der nächsten Situngsperiode vorbehalten bleibt, und die eine Bekämpfung fordern. Seuilleton, Neber das „Defamerone vom Burgtheater.“ Bon & B—4, (Överfegung.) Hugo Thimig, der jüngste Kämpfer unseres artistischen Institutes erzählt, wie er diesem Kunst-Vereine einverlebt wurde. Der Lanzleidiener Scholz überraschte die langschlafenden Kollegen die zusammen wohnten noch im Bette, als er Herrn Thimig aufsuchte, um ihn zu einer Besprechung mit seinem Direktor Dingelstedt einzuladen,welche auf 11 Uhr Vormittag firrt und nicht mehr weit von der Erfüllung entfernt war. Das Süd kam nun so nah und der schwarze rad, welcher dasselbe empfangen sollte, war beim „Geld-für-Alles- Mann," — verfegt. Zur Erreichung dieses Leibed-Michels, mußte ein minder nöthiges Requisit ins Depot gebracht werden, und da in dieser Beziehung die Wahl nicht fäcierig sein konnte, mußte die imponirende Rips-Polstiere ihr Domizil zeitweilig verändern und den Frad decken. — Schon bei Vereinbarung des Gastspielvertrages opferte man die Zimmerzierde zum Bewede wichtigerer Auslösungen, doch als al der Erfolg Gewißheit auf günstige Zukunft brachte, glaubte die wahre Freundsshaft nicht mehr zureichhaltend sein zu müssen, und beponirte sämmtliche Kleidungsftüde, um dem glücklichen ünger der heiteren Muse, bei seiner Ankunft in Breslau, ein utuillisihes Saftmahl vorbereiten zu können. Der Inadende Kontrakt in der Tasche spielte die ermögliche Tafelmusif den glücklichen Menschen. — Welches frohlabende Gemüth hat jemals um den bürgenden Schlafrad geseufzt, man entbehrte den sonst Unentbehrligen und gegenwärtig dürfte trog ftragender Garderobe die seelige Stimmung bei dem Künstler nicht vorherrschen, wie damals bei der Öden Leere, welche der triste Chiffonier aufzeigte. ° Der Gedanke an jene Tage erfreut noch Heute den gutmüthigen jährlichen Künstler und er möchte die Erinnerung an diese Lebensepisode nicht um die schönste Rolle Hingeben. — Wir bescheiden und genügsam mit seinen schönen gegenwärtigen Leistungen. Der „Bibliothekar‘ im gleichnamigen Lustspiel von Meoser, gibt ihm Gelegenheit eine ermögliche Charge zu liefern. — Au im „‚Beilchentreffer‘ amüsirt er auf's Beste das Publikum. — Scholz hatte gesagt, Thimig würde engagirt werden — na und Scholz mußte es wissen, dieser Sceherblich mag den biederen Kanzleidiener viel Vergnügen und Ehre gemacht haben. — Das Elend, die Noth, der Jammer, sind mensclies Gemeingut, sie finden sich in allen Gesellschaftsschichten ebenso heimisch vor, als gehörten sie zu den nothwendigsten Hausgeräthen, sie sind eben Hauseinrichtungsstücke für das Leben. So wie nun die Möbel und andere Ausstattungsutensilien, je nach dem Geschmache, der Intelligenz und dem Charakter des Eigenthümers fi verschiedenartig präsentiren, so kommen die Symbole des Unbehagens überall vor. Theils wersen sie hinter Draperien, Dekorationsverkleidungen, verborgen, theils erscheinen sie in ihrer nahten Natürllichkeit, in ihrer tristen Gestaltung, immer aber sind sie vorhanden. Da nun das Theater nichts anderes ist, als ein Spiegelbild des wirklichen Lebens, so ist es selbstverständlich, das die Gesandten Plutos duch Ambassadeurs und Attaches, ebenso zahlreich vertreten sind, als das Botschafterpersonale des Olymps. An dem gewohnten Scheinbilde des ewig wechselnden, euphemeren Daseins, in dem unftäten, schwanzenden Zustande von Trug und Wahrheit, gleichen die schwarzen Attribute, bloß dem flüchtigen Schatten, die von unsichtbaren Körpern auf die Oberfläche geworfen, bei starrem Lichte erscheinen und mit der Blende der Theilnahme, wieder verschwinden. — „Fahrende Komödialisten” ruft aus voller theilnehmender Seele, die glückliche Frau „Eefarine Kupfer“ — „haben einen eigenen romantischen Meiz." — Und wie erklärt sich D dieses Wunderspiel, besser als mit dem Einklang unserer verleftirenden Yutroduktion. — Das wahre Elend kann da nur von dem Individuum, in dem Grade gefühlt werden, als dasjelbe seiner Natur gemäß auftritt, die Vorstellung davon ist blog ein Kunstwert unserer Phantasie, 06 nun ‘auch das, durch die sensitiven Nerven erregte Empfinden, und vielleicht potenzial dur die Erinnerung ähnlicher Erfahrung, der Wahrheit auf die Spur gelangt; die Wirklichkeit will doch Niemand bei ehelichster Neatistik, erproben. — Darum verstehen wir nur den schauleders haften Neiz des Anblids, den wir oft selbst ohne wiederholte Abhärtung nicht ertragen können. Fahrende Komödianten, sind eigentlich die glücklichsten Meenschen, wie hätte sich sonst Wilhelm Meeister in solcher Gesellsshaft so wohl befinden können? Mangel existirt nur dort, wo er als quälender Tyrann empfunden wird, achtet man feiner nicht, ist er beinahe gar nicht vorhanden. Und sicherlich ist die Kunstjüngerin Thalias im Unrecht wenn sie glaubt, das bessere Gefihd erfahren zu haben, weil sie ihre Berufslaufbahn an ihren Bühnen durchmessen, statt wie so viele ihrer nomadisirenden Kollegen in der Metamorphose der „Meerschweinchen“ verlebt zu haben. Man lernt den echten Werth des Glackes erst recht fliägen, wenn man alle Stadien des Gegentheils, bitter empfunden und durchgerottet hat. — Gelingt es einem solchen Parias der Kunst, die Höhe des steilen Pfades zu erreichen, dann steht er fest und sicher auf schwindelndem Standpunkte und selbst wenn Zannen und anderes Nadelgehölz, dem Sturme nit widerstreben, die eisengewurzelte Eiche beugt nur die Krone, behält aber den Grund. (Sortfegung folgt) —: Sure ee. ee