Oedenburger Zeitung, 1881. Mai (Jahrgang 14, nr. 52-64)

1881-05-01 / nr. 52

thun,daß sie um jeden­ Preis ihre Mini­­stersitze behält«.—Das ist die einfache Wahr­ heit un­d die vollkommen logische Konsequenz all jener für Un­garn verderblichen Handlungen,deren sich das Ministerium Tipa seit seinem Bestande schuldig gemacht hat.Würde man nicht überzeugt sein,daß die Presse des österreichischen Aus­­landes—nämlich jen­e drüben in­ Transleithan­ien— nur deshalb den»genialen«ungarischen Ministerprä­­sidenten verherrlicht,weil ihr theils die wahren­ Verhältnisse in Ungarn nicht bekan­nt sind, theils weil sie süürchtet die österreichische Industrie könnte du­rch jede selbstständige Regung der u­n­gar­i­­schen sofort bedeutende Einbuße erleiden,un­d endlich weil sie von ihrem Standpunkte aus den­ gewißgerechts­fertigte­n Berger darüber empfindet,daß die Ungarn nicht so»leichtgläubig«(?)sin­d,sich von ein­er vo­ll­­kommen­ unfähigen Regierung auf eine derartige Weise knebeln zu lassen, wie dies eben drüben geschieht, wie gesagt, wenn man das nicht Alles wüßte, man könnte si faktisch über diese Glorifizirung eines Ministeriums Tiga doch die doch unabhängige Presse des österreichischen Auslandes ärgern. — So aber haben alle jene Ungarn, welche nicht duch die Brillen der Regierungs-Dameluten sehen, für folge publizistiigen Aeußerungen des Österreic­hischen Auslandes nur ein mitleidiges Lägeln und Höcstens die Bemerkung: „Wie man in den Wald ruft, so halt es auch zurück!“ — Wer aber dieser „usden-Wald-Mufer‘ ist, weiß ja alle Welt, denn das ungarische Volk, oder sagen wir lieber die ungarischen Bürger, haben ja weder ein Organ, das die unabhängige Presse des öster­­reichischen Auslandes über die wahren Verhältnisse in Ungarn aufklärt und noch weniger einen „Krippen­­fond“, aus dem Österreichische Preßhußa­ren, bezahlt werden könnten. Nachdem wir also, und mit uns all jene Ungarn, welche nit zu dem Troß der heutigen Regierungs- Barafiten gehören, vollständig auf die eigene Kraft und auf die eigene Stimme angewiesen sind, so erflären wir hiermit in feierlichster Weise, daß alle jene Broden, welche die Heutigen Minister unter­biefern oder jenem Namen ald Lochspeise oder Köder den Massen hinwerfen, für ung und unsere Gesinnungs­­genossen seinen Werth­­aben, und zwar aus dem triftig­­sten aller triftigen Gründe: „Weil eine Negierung, die „dem Volke die Haut über die Ohren gezogen und diese „an ihren Troß vertheilt hat, sein Vertrauen “verdient, “ weil eine Regierung, die verpflichtet ist, die Freiheit eines freien Landes zu wahren, „diese Freiheit nit versümmern darf, wie er die „gegenwärtige, durch feile Speichellederei irre „gemachte Megierung in Ungarn gethan hat, “ weil „endli eine Megierung, die erst dann, wenn ihr schon „das Messer an der Kehle ist und in dem Augen­­“blide, wo sie fürchtet, er könne ihr faktisch an den „Kragen gehen, einen Schweigbroden den ver­­­ hungerten, auf SYahre Hinaus ruinirten Massen “hinwirft, nicht verdient, länger an der Spie eines „freien Staates zu stehen, ganz abgesehen davon, daß „auf dieseM Weise zu regieren, wie es das Heutige „Ministerium seit Jahren zu thun geruht hat, der Erft­bette­u er trifft. Denn Licht, Luft, Brobd, fast bis zur „ganzen Höhe des realen Werthes die „Ser Dinge, besteuern; behufs Einhebung dieser „Steuern Verordnungen erlasfen, welche fast das „Hausrecht iluforisch machen ; dem Gewerbsmanne „das legte Stüd Bett verkaufen, Hunderttausende zu „Bettlern degradiren, das und ähnliche Dinge trifft „jeder Autokrat. Wir wollen aber keine ruffis­c­he, sondern wir wollen eine wahrhaft liberale un­­­garische Regierung haben, und deshalb muß „die heutige, die gegenwärtige ungarische „Regierung, welche nur mit Freiheit flun­­„iert, in Wahrheit aber dur und dur „theokratisch gefiunt “f, welche kein Ber ‚„Händniß für die wahren Bedürf­­nisse des ungarischen“­oltes prefigt, „umffatteln, oder erwarten, daß sie „gestürgt wird. “ Ya, es wäre sogar „eine Pflicht des Fünfzigen wie wir „bofen und imfinteresse unseres ge „liebten“paterlandeswänigen, nicht „wieder zum großen Theile aus­“ „Jagern bestehenden Reichstages: „Dem ouvernemt Tiga wenn ed nicht son „gänzlich abgeschüttelt werden fan, wenigstend eine „so energische Oppositi­on entgegen zu legen, daß „­ seine bisherige Despotie nit mehr unge­­zügelt walten lassen könne, sondern das Wohl und „die thunhiefte Schonung der Steuerkraft des ungari­­schen Volkes Höher achten muß, als den persön­­­lichen blinden Ehrgeiz, der jedes eehrlichen Pa­­­triotismus“ vergeffend, nur die Erhaltung und „Steigerung der eigenen Macht zum einzigen Megie­­­rungdziel und Selbstzwed stellt.“ Was und bewegt, wisen die Leser bieser Blätter. Es ist die glühen­dfte Liebe zum wehtschaf­­fenen Bürgerthume, die aufrigtige Theilnahme an den Steressen des geliebten Vaterlandes. — Wa­s jene Herren, die sich mit ängstlicher, krampfhafter Gewalt an ihre Ministerfaute un­d anklammern, be­wegt, das wissen wir in Ungarn Alle; — damit aber auch jene, welche aus Irrthum und Unkenntniß in der Presse des österreichischen Auslandes ein „2 Mi­­nisterium Liga“ glorifiziren, die ministeriellen Beweg­­gründe kennen lernen, sagen wir laut und deutlich: „Die Heutige ungarische­­ Regierung betrachtet die „vaterländische Nation nicht nur als Zupfgemmel, sondern „einzig und allein als Steuerobjekt. hr, jeder ‚Regierung nämlich, ist es nicht um das „Wohl des Volkes, sondern einzig und allein um das „eigene ministeriele Dasein zu thun. Denn ihr „pda und Omega gipfelt in dem bekannten Aus­­„spruße : i “n Der steuerzahlende­ Plebs­ist „„einzig und allein der Minister, der „„Regierung wegen da und nur zu „nem Zwede geschaffen worden d­a „mit die weise Regierung ich und „utsre Helfershelfer von dem Schwei­­„„Beder Steuerzahlermäfte“" — Daß wir Ungarn eine soldh­e Regierung nit propagiren, daß wir uns von einer folgen nicht länger tätigen lassen, das wird wohl eher, der noch seine gefunden fünf Sinne be fi gt, begreiff­ finden. E83 lag bei dieser Rücsschau unbedingt bis an?r die Swiagbons-Anleihe von 153 Millionen zurückgr­­­griffen werden, da bekanntlich ein großer Theil Y der 6-perzentigen Mente eben zur „SKonversion“, db. 5. zur Rüczahlung jener schwebenden Schuld diente und diese beiden Kredits,Operationen mit­einander im engen Zus­­ammenhange stehen. Die traurige Genefic und, den Erlös der Schagbond-Schuld zu erörtern, wäre übers flüssig. Die Nettosummen, welche als Erlös au­s den zwei Serien der Schagbons in die ungarische Staats­­waffe eingetroffen sind, betrugen in österreichischer Bank, valuta fl. 141,842.638.82. Sehen wir nun vor Allem, wie viel die NRnczahlung dieser Schuld gefostet hat. Wir finden bdiesbezüglich in den Rechnungsabschlüssen folgende Daten. Von der ersten Serie wurden im Nomi­­nalwert­e eingelöst: Im­ Jahre 1877 fl. 18,822.570 im Jahre 1868 fl. 54,246.150 im Jahre 1879 2,127.210 Ferner aus dem Verlaufe von Staatsgütern fl. 1,269.900. Zusammen fl. 67,465.830. Die Einlösung dieses Betrages erheirschte in öster­­reichischer Banivaluta fl. 87,329.725.38. Hiezu Provi­­sionen im Betrage von fl. 391.476.34, und Postporto fl. 4632.15, zusammen fonach fl. 87,125.833.87, und zwar ohne jene fl. 1,169.000 Nominalwerth, welche aus dem Erlöse der verkauften Staatsgüter eingelöst wurden. Von der am 1. August 1879 fällig gewesenen zweiten Serie der Schagbons wurden Bid Ende jenes Jahres fl. 76,271.010 eingelöst und auf diese Einlösung sammt Spesen und Provisionen verwendet — ohne jene fl. 561.000 nominal ausmachenden Obligationen, welche aus dem Erlöse von Staatsgütern erworben wurden, zu rechnen — fl. 88,454.749.47. Aus dem Fonde, der aus dem Erlöse von verkauften Staatsgütern gebildet wurde, sind Obligationen I. Serie im Nomi­­nalwerthe von fl. 1,269.900 und Obligationen II. Serie im Nominalwerthe von fl. 561000 eingelöst worden. Aus diesem Fonde wurden zu dem erwähnten Bwede fl., 1,965.153.88'/, verwendet. Rechnet man diese Summe zu den in obigen zwei Gruppen enthal­­tenen Summen hinzu, so findet man, daß der unga­­rische Staat bis Ende 1879 schlußrechnungsmäßig auf die Tilgung der Schagbons fl. 178,145.737.22 in Bankvaluta verwendet. Uneingelöst geblieben mit Ende 1879 sind aus der ersten Serie fl. 34.170, Aus der zweiter Serie fl. 228.990, zusammen fl. 263.160. Wie viel either von diesen zur Einlösung präsentirt wurde und wie viel zu diesem Auede thatsächlich ausgegeben wurde, das läßt sich bis auf Gulden und Kreuzer nicht angeben, da der Rechnungsabschluß pro 1880 noch nicht vorliegt. Nimmt man aber als Basis der Berechnung ein Agio von 18 Perzent an, so läßt ss der Bedarf für die Ende 1879 noch nicht eingelöste Summe mit fl. 310.528 angeben und sonach beziffern sich die Gesammtkosten Einlösung der Schagbons, für welche der Staat fl. 141,842.638 in Landesvaluta erhielt, auf fl. 178,456.265 in derselben Valuta. Der Kurs­­verlust betrug demnach fl. 36,613.627. Diesen Gewinn hat das Kapital am ungarischen Staate außer den nach dem vollen Nominalwerthe in Gold gezahlten 6 Berzent Binsen erzielt. — Nun folgt die viel größere Operation der ösperzentigen Goldrente, bei welcher si­ch dieselbe Erfgeinung, nur noch in viel größerem Maßstabe fat­ tif wiederholte. Es würde ermit den alle Sagposten ziffermäßig Bier anzuführen und zu vergleichen, soviel steht fest, daß der ungarische Staat für die bis Ende 1879 verkaufte Rente von 385.000.000 Gu Il­den, nach Abzug der Kosten nicht mehr BEE Fortlegung in der Beilage. BEE Y Ueber Ungarns ruinöse Kreditoperationen gibt Schönberger „B­ und HB." genaue ziffermäßig erläuterte Daten, welche uns im gegenwärtigen Zeit­punkte, da der ungarische Staatskredit Gegenstand viel­­seitiger Aufmerksamkeit ist, sehr beachtenswerth scheinen. Uns selbst sind Schönbergers Aufzeichnungen zu­­fällig nicht zur Hand, allein die „Preßb.-Ztg.“ befaßt sich ausführlich damit, und ihrer Debdaktion über „Ungarns Wucherschulden“ entnehmen wir die vorliegenden Mittheilungen. EEE BEE SCREEN wi­e Aber das müßt er mir doch zugeben, daß diese Meise der Sicilien, auf die er Euch so unendlich gefreut habt, herzlich langweilig ist. Nach Euren Be­­schreibungen und nach diesem werfie Bädeder, den der Teufel wegen seiner groben Aufm­eidereien mit Haut und Haaren fr fo­, Hätte ich wenigstens ein mohamedanisches Paradies in diesem verd— Nauber­­land zu finden gehofft. Aber anstatt der „göttlichen Houris‘‘ habe ih­mo nichts anderes zu sehen bekom­­men, als zerlumpte Kerle mit Banditengesichtern und ebenso zerlumpte Mönde mit Triefaugen ..... “ „Sie übertreiben, Herr Graf, weil Sie nur auf die niedrigste Klasse der Bewohner dieser Ansel und nicht auf die paradiessige Natur bliden. Yu Ihrer Heimatd ... . . « »Gibt es ebensolche Bagabundei,nur daß sie ni­cht so schwarz sin­d,wie diese gallunken«, fiel der Graf ein, „da habt ihr Net, Doktor. Aber wenn ich nur hätte Räuber und V­agabunden sehen wollen, so würde ich nicht nach Sicilien zu reisen gebraucht haben ; das Vergnügen hätte ich mir billiger verscaffen können.” „aber ic bitte, Herr Graf!" „Baperlapaß! — hr schwärmt für die Natur ; ich für die schönen Mädchen. De gustibus non est dis­­putandum! — DoG wir wollen darüber nicht weiter streiten. Schauen wir lieber, daß wir von diesem ver­wäünschten Feuerhügel wieder herunter und zu unseren Maultolieren kommen. ch bin gewiß nicht feige, aber mir ist es immer, als ob der Kerl da unter ung Luft verspüren möchte, und ein wenig in die Luft zu sprengen.‘‘ „Run, wenn das geschehen würde, entgegnete Linke ladend, „so müßten Sie, Herr Graf, «6 fih nur Ganz Meffina war in Aufregung, ganz Meffina auf den Beinen. Die sonderbarsten Gerüchte schwirrten auch die Kuft, eines immer Fünfufer und ungeheuerlicher, als das andere. Nur Eines konnte man aus dem Gewirre von Stimmen vernehmen, und dieses Eine war der si fortwährend wiederholende Ruf: „Auf zum Theater ! Mitten in dieses Gewirre geriethen die beiden selbst zu schreiben, und zwar weil Sie den Zorn des Teuerriesen dur die Gleichgiftigkeit gegen die herr­­lie Natur herausgefordert haben.‘ „Ah was, herrlichde Natur! — Ein Fugend schöner Kinder ist mir lieber, als das ganze Sicilien mit feinen Nem­a und den verwahrlosten Weibsbildern. — Doch vorwärts, mon ami, allons nous !* Die beiden Neifen den kletterten, oder stolperten vielmehr langsam den Bergrüden hinab. Die Sonne neigte si bereits zum Untergange, als sie endlich müde und matt ihre Maulthiere er­reichten. ‚„fürwahr, Doktor”, begann der Graf aufs Neue, als die Thiere sich mit ihren Neitern in Be­­wegung gefegt hatten, „bdiefes erbärmliche, langweilige Land müssen wir sobald ald möglich verlassen. Denn wenn nicht bald eine Meine Abwechslung, eine Kleine Aufregung in bieses fade Hin- und Hergehen und Neiten eintritt, so werde ich noch ein Schlaftrunfener oder wohl gar eine Mumie.‘ Linie erwiderte dem blasirten Grafen nichts. Aber des Legiern Wunsch bezüglich der kleinen Aufregung, sollte nur zu bald in Erfüllung gehen. VI. „Das Volk steht auf, der Sturm bricht log !* Neffenden, Graf ®, und unser Freund Gustav Linke, bei ihrer Ankunft in Mesfina Hinein. „Was Teufel muß denn da [08 sein 2% vief der Graf aus, als die Mault­iere sich plöglich in einem dichten Menschenknäuel befanden. „Wahr­einlich wieder einmal ein Heiner vepus blitanischer Putsch, meinte Linke. „Schauen wir, Herr Graf, daß wir mit Heiler Haut davon kommen, denn diese Leute scheinen feinen Spaß zu verstehen.‘ „Bah! — Wer wird denn fliehen, bevor noch eine Gefahr vorhanden‘, antwortete ener. „Mir macht die Gesich­te im Gegentheil Spaß. Ich hatte mir übrigens schon lange gewünscht, diese Kerle, welche immer und ewig revoltigen und denen die „sicilianische Vesper“ von anno dazumal noch im Blute zu stecken scheint, ein wenig in der Nähe zu betrachten. Sehen Sie, Doktor, nur einmal jenen zerlumpten Kerl an, der den „heiligen Salamander“ oder was er sonst für eine unbekannte Größe ist, zu seinem Standpunkte er­­wählt hat. Sehen Sie ihn? — Was der Kerl nur für Sragen schneidet, wie er gestilulirt. Das ist rein zum Krankladen.‘ Linke wollte eine Antwort geben, aber er kam nicht dazu. Denn " „Schweigen ! Schweigen !" ertönte er von allen Seiten, wahrscheinlich um vernehmen zu können, was jener den steinernen Heiligen umarmende Vollsrebner vorzubringen gewillt sei. Dog Graf B. kümmerte sich um den Schweige­­ruf der Menge nicht, sondern blüffte mit &tentor­­stimme im reinsten Italienis: „Was will denn der zerlumpte Kerl da oben bei dem Heiligen ? (Hortfegung folgt.) «

Next