Oedenburger Zeitung, 1881. Mai (Jahrgang 14, nr. 52-64)

1881-05-04 / nr. 53

Finanzpolitik ist wahrlich nicht geeignet,unseren Sta­ats­­kredit zu­ fördern­,oder gar zu­ festigen. E. M. RE S Kampfrufe und Lokmittel. Budapest, 2. Mai 1881. Der Zollkrieg zwiscen Ungarn und Oesterreich hat, in den Zeitungen wenigstend, begonnen. Nachdem in der Wiener Kaufmännischen Konferenz, welche in­folge der Einführung einer devit (?) de statistique von zwei Kreuzern auf jede über die ungarische Grenze pas­­sirende Frachtsendung, einberufen worden war, diese duch ein kürzlih sanktionirtes Gefe verfügte Meaßregel als erster Schuß bezeichnet worden und mit Neprellalien gedroht worden ist, antworten die ungarischen Blätter ebenfalls in gereiztem Tone. Sogar "PBester Lloyd" be­­zeichnet den für die neueste „grobe Wiener Taktlosigkeit“ bestimmten Zeitpunkt, als sehr unpassend gewählt „da all derjenige Theil der öffentlichen Meinung Ungarns, welcher in den Fritischen Tagen des wirthschaftlicen Ausgleiches zwischen beiden Reichshälften für die Ein­­heit des Zollgebietes gekämpft hat, der die fatalen Resultate der legten Berliner Zollvertragsverhandlun­­gen irritirt und betreffs der Segnungen unseres wirth­­schaftlichen Paltes mit Defterreich einigermaßen sleptisch geworden ist.­ Das Blatt verwahrt sich gegen eine Auslegung der wirtschaftligen Anteressen-Solidarität Ungarns und Defterreichs, bei welchem ersteres feine Interessen dem leeren Begriffe der Solidarität auf­­opfern solle. WS eine der wesentlichen V­oraus­­legungen des einheitlichen Sollgebietes habe die Möglichkeit einer vernünftigen Vertragspolitik mit den auswärtigen Staaten gegolten. Ungarn, welches sich der Freiheit seiner Handelspolitik begab, mußte da­­rauf rechnen können, daß die Gemeinsamkeit mit Dester­­reich nicht die S­ol­vung von aller Welt zur Folge ha­­ben werde. Nun, da dem österreichischen Verbündeten das ungarische Abfaggebiet vollkommen gesichert ist, während Ungarn mit seinen wichtigsten Erzeugnissen fast ausschließlich auf Desterreich angewiesen bleibt, müsse naturgemäß mehr und mehr die Erwägung in den Vordergrund treten, ob Ungarn die Fotalitäten eines Zollfrieges bei einer selbstständigen Handelspolitik nit leiter hätte tragen können, als die gegenwärtigen Resultate des Zollfriedens, bei den Ungarn die Kriegskosten bezahlt. Würde Desterreich die Einführung der Waaren­­statistik, welche dem Lande so weit als möglich Anhalts­­punkte zur Beurtheilung seines Güterverkehres bieten sol, damit er bei Erneuerung des wirthschaftlichen Punktes nicht abermals einen Sprung ins Finstere thun müsse, hindern, so würde die Agitation gegen das einheitliche­­ Zollgebiet mit jedem Tage an Kraft zunehmen, die Be­­wegung würde alle Dämme durchbrechen und auch Die­­jenigen fortreißen, die bisher für die Aufrerhaltung des einheitlichen Zollgebietes eingetreten sind. Ob dieser, vornehmlich an die Adresse der österreichischen ,Verfas­­sungspartei gerichtete Schredschuß verlangen wird, steht nun allerdings dahin, eine große Genugthuung hat aber den separatistisch oppositionellen Elementen die Drohung des „Bester Lloyd“ jedenfalls bereitet, obwohl sich derselben sehr deutlich ansehen läßt, daß vor den Wahlen auch den regierungsfreundlichen Wählern eine c­haupinistische Leimrutde hingehalten werden sol. Ein weiteres Mittel zur Erzeugung einer guten Stimmung ist auch der vorgestern bei Wiederbeginn der Sigungen dem Reich­­tage vorgelegte Gelegentwurf über die neuen Syndustrie­­zweigen resp. Fabrissetablissements zu gewährenden Steu­­ernachläsfe und sonstigen staatlichen Begünstigungen, welcer in Oesterreich ebenfalls sehr unangenehm bewäh­­ren wird. Eine längst gewünschte Mairegel soll nun auch der vom Justizminister eingereichte Gelegentwurf über die Gerichtsbarkeit der Fen. Curie in Reichstags­­angelegenheiten durchführen. Skeptische Gemüther be­­zweifeln allerdings, daß der ganz unglaubliche Terro­­rismus und die offen betriebene Beziehung bei den Wahlen durch die Intervention des obersten Gerichtshofes fühlbar hintangehalten werden wird. Uebrigens ist die Wahlbewegung, trog der Nähe des für 25. Mai in Aussicht gestellten Neichstagsschluffes, auf welchem die Wahlen nach einmonatlichem Intervalle, also schon Ende Juni folgen sollen, und trug der Bemühungen der par­­lamentarischen Fraktionen eine mehr extensive, als in­­tensive. Insbesondere in dem städtischen Wahlkreisen, in welchen der Reichstag alle Achtung eingebüßt hat, ist die Apathie eine kaum zu überwindende Und dies wird, abgesehen von den nationalistischen und äußerst linken Bezirken, der gegenwärtigen Reichstagsmajorität ver­­möge des Gefeges der Trägheit, zu Gute a Wi­derstreben g, schoben. Zwar hatte der Gouverneur von Meffina Vor­­sichtsmaßregeln getroffen. Zwar hatte er alles ihm zur Verfügung stehende Militär, die Shirren u. s. w. um sich versammelt. Aber Alles das war binnen weniger als einer halben Stunde niedergemact, verwundet, zer­­streut. Der Gouverneur und seine Beamten entfamen in dem Q­umulte, das Regierungsgebäude wurde aber derart demolirt, als Hätte eine Feuersbrunst darin ge­­wüthet. Graf B. erhielt während der Emeute — (von wem, wußte er freilich nicht) einen Hieb über den Kopf, so das ihm das Blut über das Gesicht nieder­­riefelte. Linke war mit einer leichten Wunde am Arme davon gekommen, während die zwei gräflichen Diener sich in respektvoller Ferne gehalten hatten, worüber der Graf, nachdem es Linke gelungen, ihn aus dem Ge­­tümmel herauszubringen, nicht wenig erbost war. „Ihr elenden, erbärmlichen Schurken, ihr mises­tablen Seile, ihr feigen Schlingel u. s. w.”, fuhr er die Diener an, „und allein zu laffen. Wozu hat Eud denn der Herr Doktor mitgenommen ? Glaubt Yhr Beitien dazu, damit Yhr Zeugen unseres Todes sein soll ? Hunde, ich schieße Eud nieder .. ... « „Laffen Sie das, Herr Graf,“ fiel Linke dem Heiüm­enden in die Rede. „Sie bluten ungemein starr. Die Aufregung muß Ihnen schnden. Trachten wir, daß wir vor Allem in Sicherheit und zur Nähe kommen.“ Graf B. Hatte wohl sein Lashentuch um den Kopf gewunden, aber troqdem ficherte das Blut über das Gesicht herab. „Wohin führen Sie mich, Doktor ?” begann endlich der Graf, dem die Wunde Heftige Schmerzen verursachte. „hr Weg führt ja nicht zu unserm Hotel.“ (Fortlegung folgt.) fortgedrängt, getragen, gepoben, ge- EEE TEE SET --« ’··2«­­An PER PERS WEILER SIERT. „People I have met“. Wenn die Frühlingssonne ihre bezauberndsten und verführerischesten Strahlen heruntersendet auf unser Sledden Erde, das wir unser Heim nennen, da er­­greift sehnsüchtiges Streben jedes Meenschenherz ; jeder will fjehen und gesehen werden. Doch das Streben, so einfach in seinem Beweggrunde, rührt sich doch nach langem Winterschlaf, jedes Lebende Wesen bringt da versiedene Wirkungen hervor, daß selbst jedes unbe­­fangene Gemüth Beobachtungen machen muß, welche ihm die Verschiedenheit der von der Sonne Herausge­­lobten mit deutlichen Zeichen darthun müssen. Muchy ich — „ich ging an der Runde so für mich hin und nichts zu suden, das war mein Sinn“ — da sehe ich der Lestalten so viele vor mich herumschwirren, daß ich wahrlich in Zweifel gerathe, werdhe wol um meinem Motto : „People I have met“ (das Volk, wie ich es gefunden) gerecht zu werden, ich zu allererst aus der Mitte herausgreifen möge, um ein Charakteristikum der Grabenrunde Spaziergänger zu erhalten. Doc­halt ! — Dort drunten an der schönen blauen Donau, dort im stolzen Emporium des Stephansreiches, im reizenden Budapest, gibt es eine Anstalt, die neben alten Schar»­iefen, ausgetrocneten, aufgestapelten und ausgestopften Naturalien, der reich sproßenden Natur auch ein Plägchen bietet, um „das Gras waschen zu hören", um in funftreich gefragten Heden und Gängen, auf wohl gefieften Wegen dem einsamen Beobachter ein stilles Plägchen zu bieten, zu ungestörter Jube. Dort, im Museumsgarten sah ich oft jene Gestalt, die mich Leb» haft an die Schügen von Calabrien erinnert, die dem furzjadigen, jegt leider that» und fußlahenen Garibaldi die Einheit des Masaroni Königreichs­alien zu er­­ringen helfen. Der breitframpige schwarze Hut, der alle Zaillenverhältnisse sorgsam bedecende Hadmantel, die an einen Kartoffelfad lebhaft erinnenden Hosen, das glatt rafirte Gesicht, die stolze Ad­ernase, die bei meiner Museumsgartengestalt nur zu sehr an die darw­vinische Deszendenztheorie erinnert, ich est Mensch — Elefant. — Und nun sehe ich dieselbe Gestalt, mit densel­ben Merkmalen auf der rabenrunde umbher­­spaziern — und ihhon will ich mir derselben näheren, um dem großen Gelehrten und Politiker, der in jener Gestalt, im Museumsgarten sich erging, meine Freude auszudrücken, daß ich ihn unter den Tretern des holprigen Pflastere des alten Sempronia finde, und in meiner Eigenschaft als Journalist ein kleines Interview mit ihm zu veranstalten, da sieht mir ein gänzlich fremdes Antlig entgegen — und ich drehe mich plöglich nach links, nit ohne meinen Doppelgänger des Museums­­bekannten sogleich auf Schritt und Tritt zu folgen. Dak ich einen der flammenden Bekannten bald Rede und Antwort stehen ließ, wer wol diese Gestalt ei, die meine immer vege Phantasie so recht lebhaft be­­megte, sein Fünne, läßt sich glauben und mein Gott, anstatt, daß ich einen der Extrapaganz des Aeußern angemessenen Namen eines großen Mannes hörte, vernahm ich, daß mein Unbekannter ein ruhiger Bürgers­­mann sei, den ed mie eingefallen zu revoltiren, zu emigriren, in der Fremde eine Rolle zu spielen, und zurückzukehren, um einer der achtungswertheften aner­­kannten Ungarn zu werden, wie meine Museumsgestalt. Wie gerne ahmen de $Kinder die Geberden und die Gepflogenheiten der Erwachsenen nach: die Pfeife de8 Vater wird mit der größten Schauheit weg» ft­bizt, mit dem vom Pfeifenraume hinausgescafften flintenden Abhub, der sorgfältig getrocknet wird, wieder gefüllt, und nun dampft ed wie aus einem Kaminschlotte, wenn das starre Nikotin an der jungen Lunge und dem rauchungewohnten Eingeweide recht viele Ueblich­­keiten verursacht. Und fleinere Städte wollen si­che die großen Riesenk­ommunen benehmen und ernten das für den Preis der Lächerlichkeit. Ebenso wie es im Menschenthume unnüge Gesellen gibt, deren Wort ges­tunden, die sich nur Cretbi und Plethi anbieten, so hat auch die moderne Kaufmannskunst ein Mittel erfunden um fi ihrer „Povelwaare” zu entledigen. In Wien, in Budapest „Ausverkauf“ an allen Eden, in Debenburg ebenfalls. Wegen Ueberfüllung der Magazine, wegen Geschäftsauflassung, wegen l Ueber­­siedlung, wegen Familienverhältnisse, wegen Demolie­rung, und wer weiß, wegen was noch ? — Nur in großen Städten, der Großartigkeit der Verhältnisse und dev Menfhenmenge angemefjen, fan fold Ausver­­ fauf zu einem frugtbringenden Geschäfte werden, do hier bei ung ? — Genug der Klagen werden in viele fäl­igen Variationen wegen des Abhaltens der Jahr­­märkte laut und — die Kaufleute halten einen kon­­stanten Marktverlauf aufrecht, indem sie, anstatt dur billig festgefetze Preise, sich das Vertrauen ihrer Kun­­den zu disfrebilivend Waaren unter dem Titel „weit unter dem Fabrikspreise" losschlagen wollen. Das Vertrauen des laufenden Publitums muß nothgedrungen sinken, wenn die ehren­­werthe Kaufmannschaft zu solchen Meittelhen greift, um ihre Derfaufsgalle zum Scauplay jahrmärktlicen Feilchens zu machen. Doch­hon ist der Grund zum faufmänni­gen Wehrufe erneut, und auf unserer zug­­luftigen Drachenunde erhoben sie bereits seit Iesten Sonntag Bude an Bude, um dem inzwischen einge­­troffenen Landvolfe Gelegenheit zu geben seine Bedürf­­nisse so billig und in so fchlechter Gattung, als je, anzu­­schaffen. Der Beginn der laufenden Woche brachte in der That der Gestalten eine Fülle, die drei Zungen der Komitatsbevölkerung Haben uns das babylonische Gewirr eines Stimmenhaus vermittelt, und gefrogen und fragend, mußten wir und duch die Fluth der Marktbefuger drängen, um zu sehen, wie die Bungenfertig­­keit der gieranten die armen Käufer übertölpelt und ihnen die schweren Grafen aus den fwieligen Händen Lodt. „Nur heran“ ! meine Herrchaften, heran: Ausverkauf, großer Ausverkauf, ein Zaschenmesser fein, extrafein, äußerst fein, ungemein superfein, nur um 60 Kreuzer also niemand, niemand will diese Waare laufen ? also 50 fr., 40 kr., 30 fr. Dazu dieses feine Kämmchen, dieses Seifenstück, und Diese drei Dinge nur um dreißig Kreuzer !" Also meine Herren, junge Damen ! feine gute schöne Herren! drei Stüd um dreißig Kreuzer, ein Messer aus echt englischen Stahl, ein Kamm aus echtem Schild» frot, eine Seife mit dem feinsten Parfüm, also dreißig Kreuzer !! — Und ıvirklich beißt einer der Gaffer an und er­­hält für seine 3 Dlanfen Zehner drei Gegenstände von problematischem Werthe. Doch Menschheit du willst be­­trogen werden, br­iefegeber, iHr seid viel zu eng­­herzig und eigennügig um den Jahrmarktstrubel mit einer energischen That, aus den Mauern der Städte zu verbannen, und der Großstadtschwindel greift in deinem Organismus um sich, um an deinem Mark zu zehren. Highlander. erringen, fi selbst . vom Tage. O­­inanzminister Graf Szapäry — Ritter vom Goldenen Brieg. Mittelst Ennjgliegung vom 26. April verlieh der König dem F­inanzminister Graf Julius Szapäry das Ritter­­kreuz des Ordens vom Goldenen Vließ. Aus diesem Anlasse wurde der Finanzminister gelegentlich der Heutis­gen­eigung der liberalen Parthei wärmstens beglüc­­wünset. Einer gleichen Auszeichnung hatten ss seitens des Königs zu erfreuen: Erzherzog Otto, die Prinzen Dom Miguel de Braganza (der hier als Dragoner-Rittmeister in Garnison stand und leider seine hohe Gemahlin in unserer Stadt der den Tod verlor) und Filipp von Koburg-Gotha, Graf Peter Pejacsevich, Fürst Karl Schwarzenberg, Graf Hugo Zrauns Abensperg, Fürst Moriz Lobrowig und Graf Löwenstein. DO Bsedenyi-Monument. Vier ungari­­­he Damen veranstalten eine Lotterie zur Herstellung eines Monumentes in Tatrafüred für den bekannten Führer der konservativen Partei, weiland Hofrath Z­e­­denyi. Die Gewinnfte bilden weibliche Handarbeiten und Galanteriegegenstände. Die Ziehung sol am 2. August in Zatrafüred stattfinden, wo an diesem Tage der ungarische Karpathen-Verein seine Generalversamm­­lung abhält. og * Dem hiesigen Magistrate wird nach­­stehende Kundmachung veröffentlicht : Im Sinne 8. 18 des XV. Ges.-Art. vom Jahre 1876 wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß die auf Grund der Konskriptions-Register und V Bekenntnisse verfaßten indi­­viduellen Repartitions-Ausweise über die für das Jahr 1881 bemessene Ermwerbsteuer I. und II. Klaffe 8 Ta­­ge hindurch, d. i. vom 2-ten Dlai bis inklusive 9-ten Mai d. 5. im städt. Steueradrepartirungs-Amte am Nathhause zur Einsichtsnahme öffentlich aufgelegt sein werden ; und „jedermann aufmerksam gemacht, daß er seine allfälligen Reflamationen gegen die ihn oder An­­dere betreffenden Steuertäge binnen obiger Zeitfrist bei dem städt. Bürgermeisteramte einbringen könne, über welche Reklamationen der städt. Verwaltungs-Ausschuß als Rekursinstanz entscheiden wird. *D­om städtischen Steueradrepar­tirungs-Amte. Die für die 1. Freistadt Oelden­­burg pro 1881, konstituirte Erwerbsteuer-Bemessungs- DE Hortfegung in der Beilage. EEE

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