Oedenburger Zeitung, 1890. Dezember (Jahrgang 23, nr. 277-299)
1890-12-02 / nr. 277
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Selten hat er ein Minister so ernst mit seinem gegebenen Worte genommen wie Graf Csäty; noch seltener ist ein solches Bestreben, vorurtheils- 108 und von hoher Warte die Dinge zu beobachten, ich eine selbstständige Meinung zu bilden, und mit männlicher Entschlossenheit dieselbe in Institutionen einzufegen. War der griechische Gelegentwurf ein Lehrer, so versäumt Graf C3äry sozusagen seine Minute, um denselben gut zu machen, und macht sich mit nicht geringem Muthe an die Lösung der ganzen Mittelschulfrage. Der Herr Unterrichtsminister gab seine näheren Aufklärungen über die Art, wie er die Idee der einheitlichen Mittelschule, die ja mannigfache Formen annehmen kann, verwirklichen wolle, und so ist es noch nicht an der Zeit, eingehend zur Sache zu sprechen. Sicher ist, daß er für diese Idee mit sehr geringen Ausnahmen allgemeine Sympathien antreffen wird und daß bei uns die Frage leicer zu lösen ist, als anderswo. Wir haben im Ganzen neunundzwanzig Realschulen im Lande, denen 151 Gymnasien gegenüberstehen. Eine Vereinheitlichung ist bei dieser Ueberzahl der Gymnasien ohne allzu radikalen Umsturz des Bestehenden durchzuführen. Was von mancher Seite mit mehr Hartnädigkeit als Besonnenheit gefordert wird, daß auch die Bürgerschulen mit in die Reform einbezogen werden, daß auch diese zu Mittelschulen abancken mögen, gilt uns als völlig ausgeschlossen und wäre einer der verhänguigvollsten Sterthümer,die unser Mittelschulwesen völlig desorganisiren würden. Vorläufig, indem wir die thatenkräftige Initiative des Ministers willkommen heißen, möchten wir nur eine Bemerkung machen. Wir wünschen die Reform, wir wünschen sie in der zweckmäßigsten, lebensfähigsten Form, aber eben deshalb müssen wir auch wünschen, daß sie in seiner Weise überstürzt, daß sie legislatorisch, pädagogisch und didaktisch in der gründlichsten Weise vorbereitet werde, daß Staf E3äty in der That soeben den Landesunterrichtrath nur so organisirt, daß er die Fachmänner vorher ausgiebigst zu Worte kommen läßt und darum ist ungau nicht bange um die Einheitsschule! ‚ thatenfrendige und Wir wisfen indeR, ‚Baron Popper sei Besiger von 46,000 Katastraljoch besten Grunde gewesen, welche selbst die Wiener Bodenfreditanstalt, ohne das zum Grundbefige gehörige Schankregale, auf drei Millionen Gufden geschägt habe. Die amtliche Schäbung habe mit Inbegriff des Schankregales blos etwas über 970.000 fl. ergeben, obgleich der Staat als Entschädigung für das Schanfregale allein 1.100.000 fl. festgestellt habe. So haben es denn die Erben zuwege gebracht, auszuweisen, daß die Verlassenschaft eigentlich blos 146 fl. betrage und daher habe die zu wohlthätigen Zwecken gemachte Stiftung entfallen müssen. Kultusminister Graf Cäly erklärt, er habe von dem Falle seine Kenntniß gehabt. Er werde den richtigen Sachverhalt feststellen lassen und Dementsprechendes verfügen. Ausdem nung. Abgeordnetenhaufe. Am besten Samstag wurde die Beratung über das Unterrichtsbudget beendigt. Bei dem Titel: „Kirchliche wede* verlangte Sräanyi die Erhöhung der Staatsunterftügung für die protestantische Kirche, welche Forderung von Bartha warm ununterstüßt wurde. “ Stoloman Tipa wünschte siefür die Schaffung eines ständigen Fonds, indem er betonte, daß die den Konfessionen gewidmeten Unterfrügungen den staatlichen und nationalen Zwecken zugute kommen sollen. — Julius Horváth forderte, daß Dieses leitere Ziel bei den gewährten Subventionen besonders betont werde — Witch Graf Apponyi unterfrügte aufs Wärmste diese Forderung der Protestanten, welche bei uns eine große Kulturmission zu erfüllen haben. — Nach diesen vielen warmen Türsprachen erklärte Graf Csáfy, daß die Erhöhung dieser Por Schon im nächstjährigen Budget erfolgen werde. Sodann wurden die restlichen Titel ohne jede Debatte votirt und als der Präsident die Erledigung des Kulusbudgets verkündete, brachte das Haus dem Kultusminister eine lebhafte Ootation dar. Abgeordneter Baron Geza Szemeny hat seinen Austritt aus dem Klub der Regierungspartei dem Parteipräsidenten Baron PBodmaniczky zur Kenntniß gebracht haben. O Bur Affaire Ioannovics. Wie „Bud. Hirlap“ erfährt, Hat Seine Majestät der König das im Interesse des Einjährig-Freiwilligen Ioannovics eingereichte Gnadengesuch der Universitätsjugend mit der größeren Signatur versehen. E 3 ist dem genannten Blatte zufolge wahrscheinlich, daß der Verurtheilte begnadigt wird. O Der Staabsoffiziers-Kurs in Wien, welcher unter dem Kommando des Impertord der Armee » Schiehjule, des Generalmajors Alois Sauscfa steht, entließ am feitverfroffenen Samstag seine am 1. Juli einberufenen Frequentanten. 3 waren 98 Hauptleute und Rittmeister aller Waffen des Heeres in den Kurs einberufen worden . Hievon sind 17 im Laufe der Lehrperiode ausgetreten und zu ihren Truppenkördern zurückgekehrt; 74 sollen jet die Eignung zu Stabsoffizieren erlangt haben. Zu Neujahr beginnt eine neue Lehrperiode im Kurse; die binzüglichen Einberufungen sind bereits ergangen. . Dom Tage. O. Bom Allerhönsten Hofe. Gestern Montag Vormittags ist Ihre Majestät die Kaiserin- Königin mit der Yacht "Chazalie" aus Korfu in Miramare bei Triest eingetroffen. Schon Sonntag Afends ist Seine Majestät der König daselbst zum Empfange seiner hohen Gemahlin an Sre Majestäten verbleiben in Miramare 515 3. Dezember Nachmittags und kehren sodann nach Wien zurück,wo die Ankunft am 4.Dezember Früher folgt. O Pensionirungen. Seine Majestät geruhten die Uedernahme des Obersten Anton Ritter von Terich des Infanterie-Regiments Nr. 63 auf sein Ansuchen in dem wohlverdienten Ruhestand anzuordnen und demselben bei diesem Anlasse den Generalmajord-Charafter ad honores zu verleihen ; weiter8 die Uebernahme de Obersten Julius Baumholtzer des Infanterie-Regiments Nr. 26 auf sein Ansuchen in den wohlverdienten Ruhestand anzuordnen. O Das Exequatur wurde dem zum Generalkonsul des Deutschen Reiches in Budapest ernannten Botschaftsrath Grafen, Anton Mont3 erteilt. O Rost die halbe Million? Im ungarischen Abgeordnetenhause brachte Abgeordneter Emerich VBepter (gemäßigte Opposition) folgendes zur Sprache: Im Trenchiner Komitate habe im Jahre 1886 Baron Leopold Popper die testamentarische Verfügung getroffen, daß aus seinem Vermögen die Zinsen eines Kapitals von 250.000 fl. bis 500.000 fl. zur Hälfte zur « Unterstützung armer Witwen und Waisen und zur anderen Hälfte zur Unterstügung etwa verarmter ‚ Mitglieder seiner Verwandtschaft verwendet werden, genommen. Br Aus den Lomitaten, Esepreg, 30. November. [Orig.-Korr.] Wölfe. — Domizilwechsel.— Treibjagd. Tobsüchtiger Zigeuner.) Hier gehen Gerüchte unter dem Wolfe, daß sie in den Wäldern an der Grenze der beiden Komitate Dedenburg und Eisenburg Wölfe aufhalten sollen. Der Handelsmann Mar Kohlmann aus Pösta fuhr vergangenen Freitag sehr zeitlich Früh vah Bn und traf auf der Straße zwischen St. Gydrgy und Gör einen Wolf, den er duch Anzünden von Heubüscheln vertrieb. Doch fürchtete er sich weiter zu fahren und kehrte nach Szt. Gydrgy zurück, um den Tag abzuwarten. Dem Pächter von Nagy-DLbö soi ein Wolf zwei Schafe zerrissen und fortgetragen haben. Ebenso ist aus den im Baather Walde befindlichen Eichelschweinen eines vom Wolfe getödtet worden, doch wurde derselbe nachher von den si zusammenrottenden Schweinen vertrieben. Bei den Treibjagden, die aus dieser Veranlassung in Bäth und Acsad abgehalten wurden, ist sein Wolf gesehen worden. Andere Gerüchte beschäftigen sich mit dem Abgange des Hier allgemein beliebten und geschäßten Herrn Schwarzmann, welcher den Voten eines Oberbuchhalters der Firma Spiker in Döttrau einzunehmen gedenkt. Die Szakonyer Sesellschaft würde dadurch einen unerreglichen Berlust erleiden. Am 2.Dezember wird Herr Otto Bauer in Tormås eine große Treibjagd abhalten imnd sind dazu viele Oedenburger Notabilitätengeaden. ‚Der tobsüchtige Zigeuner, von dem Sie berichteten, daß er bereit von hier zugeführt worden wäre, befindet sich Leider noch immer da und wird permanent von vier Männern bewacht. E83 scheint, daß die Frage, ob er nach E3eorg oder Birk zuständig ist, nicht leicht zu erledigen sein wird und wir Dieses gefährliche Individuum, welches in feinen Gesprägen mit Anzünden ded3 Ortes droht, noch recht lange zu beherbergen und zu bewachen haben werden. Da dieser Mann seinen Wächtern schon zweimal entsprungen ist und viele Leute aufs gefährlichste bedroht hat, so ist es wahrscheinlich, daß man ihn erst dann in eine Irrenanstalt abliefern wird, wenn er jemanden erschlagen oder irgend ein Gebäude angezündet haben wird. in Eisenstadt, den 30. November [Orig.Korr] Bon unserem Veteranen - Bereine — Sritische Tage. — Erdbeben in Eisenstadt. — Ueber das Kochische Heilverfahren — Brand. — Marft. — Trashoma.) Für den 16. d. M. war eine Plenar- Bersammlung des Hiesigen Veteranen-Vereines anberaumt , doch war "Dieselbe beschlußunfähig, deshalb wurde der Termin zur neuerlichen Abhaltung derselben auf den 23. November angeregt. Troß der vom Bofigenden konstatirten Beschlußunfähigkeit der Bersammlung ging er bei derselben recht lustig her. Er wurde nämlich der Schriftführer des Vereines, Herr Johann TH. v. Szavracky, durch den Verwaltungsrath, 3. Krautcher aufgefordert, dem Vereine Rechenschaft abzulegen über das von ihm privatim bei der hiesigen Bürgerschaft zur Feier des Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs gesammelte Geld. ALs fi der Schriftführer diesem Ansinnen wiederlegte, indem er sich auf einen früher gefaßten Beschluß berief, laut welchem er zur seinerlei Rechenschaftsablegung dem Dereine gegenüber verhalten werden künnte, kam es fast zu Thätlichkeiten. — Doch wozu diese leidige Affaire noch einmal berühren! Hat dieselbe doch schon im „offenen Sprechsaale“ dieser Blätter ein Nachspiel gestunden. Aus der am 23. November unter dem Borffe der Protestor3 desselben Vereines, Herr Joh. vd. Bermader, abgehaltenen Situng ist zu er= Bereindmitglieder aufgefordert werden sollen ihre Beiträge pünktlich einzuzahlen ; ferner die Aufnahme zweier neuer Mitglieder u. zw. des Herrn Bela dv. Fodor und de % Stip- Ihüs. Man befürchtete, daß diese Versammlung, gleich ihrer Vorgängerin, einen stürmischen Verlauf nehmen werde; doch dürfte das Ansehen, dessen sich der Herr Brotestor erfreut jede Ausschreitung hintangehalten haben. Der 26. dv. M. war ein echter Britischer Tag: er stürmte, schneite, wehte und fror dabei, daß man schier den jüngsten Tag herangekommen glaubte. Er war, wie man zu jagen pflegt, jo einer von den richtigen Grabewettertagen. Ein guter Freund erzählte und, daß er an diesem stürmischen Zage in Gichieh war und von dort nach Außt zu fahren beabsichtigte. Als er in dieser Absicht aus dem Dorfe hinausgefahren war, mußte er sofort umkehren, weil zu befürchten war, der Wagen könnte vom Sturme umgestürzt werden. Um nicht etwa in die Lage verseßt zu werden, in Gschieß unfreiwilligen Aufenthalt nehmen zu müssen, d. h. daselbst verschneit zu fißen, gebot er den Kuttscher, ihn nach Eisenstadt zu fahren. Aber da kam er erst recht, nicht in die Traufe, sondern in das Schneegestöber. Dreimal wurde das Gefährte vom Sturme umgefippt, und nur durch die größte Anstrengung gelang es ihm, den hiesigen Ort zu erreichen. „Beitlebens wird mir diese Fahrt auf Tod und Leben im Gedächtnisse bleiben,“ meinte er uns gegenüber, und wir wollen «8 ihm gerne glauben, denn „da draußen war e3 fürchterlich !“ Süngst lafen wir in Ihrem g. Blatte, daß am 25. d. M. in Oedenburg ein Erdbeben verspürt wurde. Beim Lesen dieser Notiz wurde e3 und plößlich war, was das ungewöhnliche Rollen, welches wir an eben demselben Tage und zu eben derselben Stunde hier hörten, zu bedeuten hatte. Wir vernahmen nämlich so gegen 0,7 Uhr Abends ein Geräusch, wie wenn ein Wagen zweimal a unserer Wohnung vorbeifahren würde. Beim hören desselben eilten wir zum enster, um zu sehen, wer gekommen sei, doch war vom einem Wagen seine Spur und Niemand wollte einen solchen gesehen haben, obwohl Jeder das Nollen gehört hatte. Der Wind ging wohl recht starr, doch man derselbe unmöglig dieses Wagen geraffel hervorgebracht haben. Die Leute behaupteten zwar, e8 sei ein Erdbeben gewesen, doch wollten wir «3 anfänglich nicht glauben. E3 muß also dennoch ein Erdbeben gewesen sein, das aber nicht in der Stärte auftrat, um e3 auch in anderer Art wahrnehmen zu können. Auch unser städtis—er Magistrat hat sich fürf d0s neue Koch’iche Heilverfahren so sehr interessirt, ‚wähnen, daß Die sl. ERETEEE TEEETE TEE GETRETEN EREIUTTTENTTIG TEE ..-- ,,- « « . -».« «. , -. FE , » x x ui