Oedenburger Zeitung, 1891. April (Jahrgang 24, nr. 73-98)

1891-04-22 / nr. 91

N, 22. April 1891. XXIV. Salrgane. rgerdeitung Organ für Malitik, Handel, Industrie und Enduiel­­shaft, Tomte für Tazvnle Interessen, Administration, Hering und Insernienaufnahme: Buchdrucerei E, Nomimwalter & Sohn, Grabenrunde 19, Saulus Gy., " Dorotheagafse 11, Lenp. " Das Blatt­ erscheint täglich, mit Ausnahme des auf einen um- oder Feiertag folgenden Tages. P­ränumerations­­reife: Für Loco: Ganzjährig 10 fl., Halbjährig 5 fl., Vierteljährig 8­.N.­50:r., Monatlich 1R. Für Auswärts: Ganzjährig i1 fl., „Halbiäbrig 7 fl., Viertels­jährig 3 Alle für das Blatt ekinten FR mit Ausnahme von Inseraten, Pränumerations= und Infertionsgebühren, sind an die Redaktion portofrei­e auieiaen. Inserate vermitteln: in Wien: Hafenstein - Nogler, Wall- Megafıe 10, U. Oppelit, I., Stubenbastei 2, Heinrich Schaler, , Wollzeile 12, R. Mofse, G Seilerstätte 2, M.­­Dutes, I., Riemer» Saite 12. 8 Budapest: Lang, Gisellaplag 3, U. ©. Goldberger, Servitenplaß ;#, Einzelne Nummern offen 5 Streuner. 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Diese Maßregel des Ministers werden viele Eltern segnen, denn die Eigenartigkeit der modernen sozialen Verhältnisse bedingt e8, daß das Gebiet des Frauenerwerbes eine immer größere Ausdeh­­nung erfahren muß, je schwieriger die Gründung und Erhaltung eines Hauswesens ist und je größer daher die Zahl derjenigen Personen weiblichen Ge­­schlechtes wird, die ihre Versolgung nicht in der naturgemäßen Bestimmung der­rau, nämlich in der Ehe finden künnen, desto gebieterischer drängt si die Pflicht für Staat und Gesellschaft auf, den Frauen, neue Gebiete des Erwerbes zu er­­schließen und ihnen dergestalt die Gelegenheit zu bieten, sich selbstständig auf angemessene Art den L Lebensunterhalt zu verdienen, damit sie nicht, auf Schmachvolle Bahnen gedrängt, oder in eine so jüm­­merliche Zage verseßt werden, welche sie der öffent­­lichen Mildthätigkeit anheim gibt. Auch die Bür­­gerinen haben das Recht, sofern sie durch Fleiß und Studium ihren Geist, gebildet und wüsliche Kenntnisse erworben haben, auf Lebensstellungen Anspruch zu erheben, die ihnen einen selbstständigen Broderwerb gewährleisten. Zwar war man bei ung in Ungarn schon bisher bestrebt, auf dem Gebiete der Frauen-ver­­sorgung dem Fortschritte zu Huldigen und hat daher dem weiblichen Geschlechte im Post- und Telegraphen­­wesen, in Telephon- und anderen öffentlichen Aemtern einen gewissen Wirkungskreis eingeräumt, was gewiß nit zum Nachtheil des öffentlichen Dienstes aus­­flug, da die Mädchen und Frauen bekannter­­maßen mit großem Eifer und künstlichster Akura­­reife ihren Obliegenheiten nachk­ommen, aber dieser Stellen sind eben im BVerhältniß zur großen Zahl der Bewerberinnen zu wenig, so sind auch — da die weiblichen Beamten doch nur alle Hilfskräfte im Manipulationsdienste verwendet werden Tünnen zu­sänglich dotirt, so daß sie mit ihren Gehältern nur schwer den Lebensunterhalt zu deden vermögen und darum ist das Mittel der Anstellung der per­­sonen weiblichen Geschlechtes im öffentlichen Dienste, obgleich eine amerkennenswerthe Wohlthat, jo doch unzureichend die Nothi von vielen Tausenden gut­­unterrichteten, arbeitslustigen und in vielen Zweigen der Erwerbsthätigkeit zu verwenden fähigen Mäd­­chen aus den achtbarsten, aber mittellosen Familie abzuwenden. Das sind die­ Ursachen, welche es bedingen, daß nach wie vor die ungeheuere Anzahl unver­­forgter weiblicher Personen darauf angewiesen ist, zur Nähmaschine, dieser Frauen-Massenmörderin, zu greifen, oder die Laufbahn von Lehrerinnen zu wählen, vielleicht die dornenvollste von allen, da sie die meisten Enttäuschungen im Gefolge hat. Wer zählt nämlich die armen Geschöpfe alle, welche nach unter den schwersten Entbehrungen und Müh­­seligkeiten zurückgelegten Studienjahren erkennen müssen, daß es ihnen unmöglich ist, das Ziel ihrer Wünsche zu erreichen und eine Stelle zu erhalten ? Zu vielen Zausenden sind diese bedauernswerthen Geschöpfe im Lande verbreitet, welche ihr Leben durch Stundengeben fristen, dessen ganzer Jammer nur Der begreifen kann, der weiß, wie schlecht diese Art der Thätigkeit bezahlt ist, wenn sie von rauen geübt wird. Durch die geplante Errichtung von Handelsschulen für Mä­dchen wird sich also das Gebiet des Frauenerwerbes wesentlich erweitern und werden dadurch die Zustände in dieser Beziehung einen Besserung erfahren, welche nicht Hoch genug anzuschlagen ist. Allerdings wird in Bezug auf die Freigebung gewisser Er­werbszweige für das weibliche Geschlecht mit einer anscheinenden Begründung der Einwand erhoben, daß dadurch die ofmedies sich immer un­­günstiger gestaltende Erwerbsthätigkeit der Männer eine neue Einschränkung erfahren wird; allein dieser Einwand ist seineswegs stichhaltig, da sich durch den Aufschwung, welchen der Handel und Indu­­strie nehmen, auch der Kreis der allgemeinen Er­­werbsthätigkeit erweitert, aber selbst wenn das nicht der al wäre und wenn durch die neue Insti­­tution wirklich wie und da einige Frauen auf Kosten der Männer Stellen erhalten würden, so dürfte das hiebei nicht in die Wagschale fallen, da den Frauen­ doch prinzipiell das Recht auf Arbeit ebenso eingeräumt werden muß, wie dem aunderen Ge­­schlechte. Durch die Erschließung einer neuen Karriere für Frauen­ wird nicht nur die Anzahl jener be­­dauernswerthen Wesen verringert werden, welche, ohne daß sie eine Versorgung in der Ehe finden, durch eine verfehlte Erziehung für das Leben un­­brauchbar gemacht werden und da sie in Folge dieser Erziehung niemals dahin gelangen künnen, ss selbstständig zu machen, einem traurigen Schic­­sale ausgeliefert werden. Hiffe erforden einen gewissen praktischen Sinn, welcher allein dazu befähigt, aus dem Kampfe um das Dasein als Sieger hervorzugehen. bloßen Idealismus ist es au­ in Bezug auf die Trauenwelt nicht mehr gethan und wer­ derselben Mittel an die Hand gibt, ih­hen Thätigkeit auszudehnen, der hat hiedurch nicht blos ihnen, sondern auch der ganzen Gesell­­schaft einen wichtigen Dienst erwiesen und das hat die neue Verfügung des Kultusministers in hervor­­ragendem Maße gethan, wofür dieselbe thatsächlich uneingeschränkte Anerkennung verdient, lager, um das Ende des Wetters abzuwarten findet. Dies war indes nicht die Bestimmung dieses Häuschens, welches ganz aus Steinen und großen Holzftäden erbaut war, von denen die einen wie es der Zufall gefügt, von der großen Straße auf­­gesucht, die andern aus dem­ benachbarten Fich­­tenwalde gehauen zu sein schienen. Gemsenfüße und Sperber mit ausgebreiteten Flügeln an die Thür genagelt, zeigten Die Woh­­nung eines Zägers an, und ein, am­­ Forst des Hauses angebrachtes Schild ließ in plump geschriebenen Scriftzügen lesen: Gaetan Carlotto, Führer nach dem Mont Cenis. An einem Herbstabend um die Zeit, wo der junge Aufmwich­s dieser­ Gegenden auswandert, um sich über das Land und die Städte Frankreich zu verbreiten, hatte sich eine zahlreiche Gruppe von Bergbewohnern auf der großen Straße, gegenüber der so­eben beschriebenen Hütte zusammengestellt. Wie ärmlich auch die Tracht der Männer, Frauen und Kinder sich ansah, welche diese Gruppe bilde­­ten, dennoch würde man auf den ersten Augenblick erkannt haben, daß die Leute ihre S Feiertagskleider angelegt hatten; die Männer trugen Schuhe, was sie nur bei feierlichen Gelegenheiten zu t­un pflegen, ihre Waden, welche durch ihre kurzen Hosen von grobem Tuch gemeiniglich naht gelassen werden, waren heute verschwenderischer Weise mit wollenen Strümpfen bedeckt; die Frauen wie ihre Stroh­­hüte mit einigen Apenblumen geschmindt, und die Heinen Buben, beinahe ganz in neue Kleider gestedt — unwahrsceinlich das erste Mal in ihrem Leben — hielten in der Hand ungeheure Geräuße von denselben Blumen. Die heutigen Zeit erhält­ den Kreis ihrer Brüf­. Mit dem Feuilleton, Der Gemsjäger. I. Am Fuße des Mont Genis, an der französi­­schen Grenze liegt das Dorf Land le Bourg. Dente man ist eine kleine Kirche, überragt von einem hölzernen mit Schiefer überzogenen Glodenthürmchen, etwa ein Hundert erbärmlicher Hütten, den Gast­­hof zum goldenen Löwen, wo des Pferdewechsels halber die Dirigenten und Briefposten anhalten, welche nach Turin gehen, und man Hat Lanz Ile Bourg vor ihh. Es ist ein von jenen Dörfern, wie man sie meist überall auf dem Lande trifft, wie " sie ung gleichsam in­ den Weg gestreut scheinen, da­­mit unsere Augen si an ihrem Anblicke von der Einförmigkeit und Langweiligkeit der Wälder und­­­ Felder erholen, — eins von jenen Dörfern, die man im Vorüberfahren bewundert, bis ihr Name dur) ein anderes an unserem Gedäc­htnisse ver­­drängt wird. Aber das, was man nicht so leicht vergißt, ist das großartige Naturbild, von dem das Dorf umgeben ist, jener Teppich von dunklem Grün, geschmüdt mit weißen Heerden, und oben jene gewaltigen Berge, die man mit ihren scharf­­kantigen blauen Kämmen und ihren schneebedeck­­ten Stirnen sich erheben und den ganzen Horizont versperren sieht, indem sie si­che riesige Brüder zusammendrängen, die sich bei den Händen fallen, um so den Durchgang dur­ ihr Gebiet zu wahren. Das ist der Zenis, welcher da droben sein­­ weites von Gletschern starrendes Haupt emporstrebt, von dem, wenn er er schüttelt, d­onnernde Lawinen her­­abstürzen werden auf das arme Dorf. Land Te­eh­a in Di T hat der Ausgangspunkt die gefahrvollen Straße von mehr als fünfzehn Meilen Länge, welche sich über die zerrissenen Seiten des Gebirges hinauf schlängelt, über die wüsten ein­­samen Höhen hinaufläuft und dann auf der andern Seite bei Sufe in ein neue Klima unter einen neuen Himmel , den von Italien hinabsteigt. Er ist zu Land le Bourg, wo der Neifende, der aus Frankreich kommt, an der Haltbarkeit seiner Porst­­rittiche oder an der Sicherheit des Fußes seines Maulthiers zu zweifeln anfängt. Dort auch zeigen sie zuerst jene halbnacten, rundbädigen und roth­­wangigen Savoyardenfinder, die in den Städten Frankreich im Winter ihre kleine Gewerbthätigkeit entfalten. Sie lauern am Wege auf den Kutschen, die ihr Dorf durchkreuzen, verfolgen dieselben und werfen durch die Wagenthüre Sträuße von wilden Blumen, um einige Sous dafür zu empfangen. Ihre Eltern, eben so naht und eben so jämmerlich, als sie, figen am Rand der Straße und bekommen Almosen, welches sie nicht verlangen. Wenn ihr düsterer Blick sich auf den Reisenden heftet, um ihm zu danken, so möchte man eher Räuber zu sehen meinen, welche drohen, alle Arme, welche geduldig leiden , wüßte m­an nicht, daß D­ieser unglückliche Geschöpf den Imst­nft der Nechtschaffenheit Hat, und daß er im feinen unfruchtbaren Bergen nur von der Belohnung für die Dienste lebt, welche er den Fremden erweist. In einiger Entfernung von diesem Dorfe am Rande der Straße erhebt sie seit einigen Jahren eine kleine vereinzelte Hütte von ärmlichen Aus­­sehen­ in malerischer Lage mitten in den Dürren Telfen. Man glaubt in ihr eine jener Zuflucht­­stätten zu sehen, welcher die Bewohner des Landes halten, und wo der vom Schneesturm überfallene Neifende unentgeltlich Brod, Wein und ein Nach­t­­­­(Sortl. folgt.) Az. A a 4 ge x x Sissrelzze 2

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