Oedenburger Zeitung, November 1921 (Jahrgang 53, nr. 248-272)
1921-11-26 / nr. 269
Seite 2. — Nr. 269. Bau der Abrüstungstonierenz. Briands Abschied. (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung“.) SB. Paris, 25.Nop. Aus Washington wird gemeldet: Die Abschiedsumterredung des Ministerpräsidenten Briand mit dem Präsidenten Harding dauerte länger als eine halbe Stunde und war außerordentlic herzlich. Staatssekretär Hughes erklärte, die Abreise Briauds bedeute einen großen Verlust. Sämtliche Delegierten seien von der Triebensliebe Frankreich überzeugt. Die Bande, die Frankreich mit den Vereinigten Staaten verknüpfen, seien fester alß jemalß. an Stantreichs Vorbeugungsmaßnahmen. Porengerg der „Oedenburger Rettung“.) SB. W Paris, 5. Nov. Die Kammer beendete die Debatte über die Interpellationen betreffend die Finanzlage und nahm mit großer Stimmenmehrheit eine Entscließung an, im der die Regierung aufgefordert wird, über die genaue Durchführung der Berpflichtungen zu wachen, nach außen hin alle Mahnnahmen zu ergreifen, die zur Erhaltung der Pfänder für die Forderungen Frankreichs notwendig sind und alle Maßnahmen hintanzuhalten, die auf eine Vermehrung des Banknotenumlaufes hingielen würden. Was will Stinnes in London? t Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) SB. London 5. Nov. Stinnes hält den Zweckkeiner Londoner Reife streng geheim, dorh die Nachricht verbreitet, daß er Verhandlungen zweck einer Kreditanleihe eingeleitet habe und daß die englische Regierung und die interessierten englischen finanziellen Kreise an der deutschen Industrie engagiert werden sollen. Y | | Yer Streit um die „deutschen Werte“. (Drahtbericht der „Oedenburger Zettung“.) SB. Wien, 25. Nov. General Nollet besichtigte geitern das Wort Erfurt der „Deutschen Werke”. Der Betriebsrat wis" derauf Bin, daß er die Erzeugung von Waffen unter allen Umständen wergen würde. Darauf antwortete Nolle in deutscher Sprache: „Das sagen Sie, aber nicht Ihre Kinder! Im übrigen betonte der General, daß sich das Wort völlig umstellen lasse, zum Beispiel auf die Erzeugung von Schreibmaschinen. Auch die Herstellung von S Jandwaffen müsse Frankreich als gefährlich ansehen. Iin Abtritt. Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”. SB. Berlin, 3. Nob. Der deutsche Botschafter in Rom bat um eine Entlassung auf den Reicsdienst gebeten. AS Begründung wird angegeben, daß er nicht glaube, unter den gegenwärtigen Umständen, die Ziele, die er sich bei der liebernahme seines Amtes geregt habe, zu erreichen. Deydenburger Zeitung Dedenburg 5. No. Italiens Inndustriearbeiter stehen zum größten Teil im Ausstand. Die elektrischen Bahnen fahren nicht. Die Schlote der Fabriken rauhen nit, in Den somit von geschäftigem Leben erfüllten Drudereien herrsht Ruhe. In allen Betrieben ist diese tote Ruhe, nur auf der Strafe pulst Das Leben: Da schlagen ich Faszisten und Kommunisten die Köpfe ein. Von der sozialen Partei wird mit Nahhdruch die Unterirügung der Arbeitslosen gefordert! Man’ greift sich an den Kopf und glaubt zu träumen, das Land streift und eine Partei verlangt zur selben Minute Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Jeder Arbeiter hat das Recht auf Arbeit, denn er hat nichts anderes in den Kampf ums Dasein einzujeßen als seine beiden Hände. Er hat das Recht auf einen seinen erstungen entsprechenden Lohn, aber er soll auch arbeiten wollen. Die italienischen Streits haben durchwegs einen politischen Hintergrund, unterftügen das Spiel gewissenloser Politiker, sind selten wirtschaftliche, Lehmstreifs. Auch diesmal sollen dadurch dem Kabinett Schwierigkeiten gemacht werden. In demselben Augenblick aber verlangt man von der Regierung, die man unmöglich machen will, daß sie arbeite und eine Anleihe von fünf Milliarden aufnehme Die innerepolitis des Larides steht im Zeichen Der Unvernunft und nun der aufgeführten Außenpolitit Italiens it es zuzuschreiben, daß es bisher von der Revolution verschont blieb. ” Teieit, 24 Nov. Der Generalstreif greift immer weiter um ich. ‚Die gesamte Arbeiterschaft der Schiffsbauwerften und aller größeren Industrieunternehmungen befindet si im Ausstande, ebenso jene der Gas- und Elektrizitätswerte, so daß Die Stadt ohne Licht und elektrische Kraft it. Im Hafen ruht die Arbeit vollkommen. All die Drudereien arbeiten nicht, so daß die Zeitungen nicht erscheinen können. Zwischen Faszisten und Kommunisten ist es an einigen Stellen zu scharfen W Auseinanderlegungen gekomment. * Rom, M. Nov. Die sozialistische Partei besteht nahedrüflich aus umfassenden Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit. Zu solichem Zweckk fordert sie eine Staatsanleihe von fünf Milliarden Lire. .. Die Unruhen in Irland. Pr (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”.) SB. London, 2. Nov. Nach Blättermeldungen aus Belfast betrugen die Verluste bei den gestrigen Zusammenstößen 11 Tote und 100 Verwundete. Mehrere Straßenbahnwagen wurden von den Schüffen durchsiebt, er am Samstag, 26. November 1921, die Mumerlum Ries Berner . N Brıntees | Generalsteit in Italien. Eh N Nov. Das Regierungskommissariat hat gesternten auf die Volfsabstimmungszone bezüglichen Personen- und Marenverfehr mit folgender hochwichtiger Verordnung neuerdings wie folgt geregelt: A) Personenverfehr. 1. Yusreife. Die Yusreife aus der Abstimmungszone nach Oesterreich, resp. in das evaluierte Gebiet it mittels regelrchten Basses, resp. mittels einer Grenzüberschreitungslegitimation ermöglicht. Diese Legitimation wird in den Städeten auch Die Polizeibehörde 1. Instanz (in Oedenburg auch die Stadthauptemannschaft) und in den Gemeinden dur den Oberstuhlrichter des betreffenden Bezirkes erteilt. Diese Dokumente sind mit einem Lichtbilde und einer genauen Personsbeschreibung des Inhabers zu versehen; auf Die Ersichtlichmachung besonderer Kennzeichen ist größte Sorgfalt zu verwenden. Die Abstattung der vorgeschriebenen Stempelgebühr ist verpflichtend. Zur Einreife aus der Abstimmungszone im das Mutterland ist eine dur die Polizeibehörde 1. Instanz ausgestellte, gebührenfreie Legitimation ohne Lichtbild erforderlich. 2. Einreise. Aus dem Auslande (Desterreich), respektive aus dem evaluierten Gebiete ist die Einreise in die Abstimmungszone nur gegen einen vorschriftsmäßigen und von Ber tTompetente nur ungarischen Außenvertretung (in Oesterreich und im evaluierten Gebiete nur Durch Die Wiener ungarische Gesandtschaft) vidierten Reisepastes möglich. Die Retter Tolkher Grundkämpfere, welche aus den evakuierten Gebieten in die Mstimmungszone hinüberreichen, ferner jene Arbeiter, die im evaluierten Gebiete anfällig, in solchen Industrieunternehmungen beschäftigt sind, die sich auf dem Abstimmungsgebiet befinden und in der von der Leitung der Unternehmung dem Oberstuhlrichter des Bezirkes Oedenburg eingereichten Namens” füte aufgenommen sind, ferner fohe Personen, welche sich gewerbsmäßig mit der Lieferung von Lebensmitteln befallen und eine von der kompetenten Ortsbehörde ausgestellte Bescheinigung vorlegen, welche sie gelegentlich ihres ersten Uebertrittes in die Abstimmungszone dem DOberstuhlrichter des Oedenburger Bezirks zur Vidierung vorlegen, können in den beiden Zonen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ungehindert verfehren. Für Reijsende, die im Mutterlande ansässig sind, sind Reiselegitimationen erforderlich, welche für Die Bewohner der Komitate Dedenburg, Wieselburg, Eilenburg und Zaladur Die Polizeibehörde 1. Instanz und Für die Bewwohner Der übrigen Gebiete dur Die Polizeibehörde 2. Instanz ausgestellt werden. Innerhalb der Abstimmungszone ist der Personenverkehr vollkommen frei. B) Warenverkehr. Zur Ausfuhr von Lebensmitteln jeder Art, Lebendvieh und öffentlicher Bedarfsartikel aus der Abstimmungszone nach Dem evaluiertem Gebiete, resp. nach Oesterreich it eine Transportbewilligung erforderlich, welche durch Die Debenburger Expolitur des ungarischen Aderbauministeriums ausgestellt wird. Neder no jo kleine Vortat it am eine derartige Bewilligung gebunden. Diese Bewilligungen werden jedesmal nur für eine einmalige Lieferung erteilt. Ebenso ist eine Bewilligung der Expositur des Aderbauministeriums erforderlich, wenn Lebensmittel jeder Art, Lebenbvieh, landwirtschaftliche Produkte und öffentliche Bedarfsartikel aus dem Mutterlande in die Abstimmungszone gebracht werden sollen. Jeder transport, welcher durch eine derartige Bewilligung nit gedecht ist, ist. An Berichtannahmen. Der Warenvereht zwischen den einzelnen Gemeinden der Abrstimmungszone ist vollkommen frei. Ausnahme bilden nur die Getreidearten, Mehl und sonstige Mahlprodukte, welche nur auf Grund der Transportbewilligung der Expositur des Aderbauministeriums transportiert werden dürfen. Be Nhannieren Gie.Die „Lebenburger Zeitung“ BUrEAumDEL Tapezierer- und Eisenmöbel Riesenauswahl, Grösstes Provinzversandhaus ————— gediegene Ausführung: mässige Preise! 5284 Leopold Kopstein, Oedenburg, Grabenrunde 62, Telephon 339, | | ( u.a Nahhdruch verboten. Arbeit adelt. Originalromean von Bourihs-Mahler., (53. Fortlegung.) ° uch fomme selbst nach Linded, sobald Ellinor ganz wohl ist!“ rief er zurück. Der Baron nichte jstumm — er konnte nicht reden. Und während der Wagen Ellinor entgegenfuhr, schlug der Baron den Mendur den Wald ein, nach Linded zurück. Ellinor war von ihrem Bruder nach Hause gebracht worden und mußte troße Gegenwehr ih sofort zu Betregen. Nelly hatte schon Ellinors Lager zurechtgemacht, und wie sie die junge Dame einst als hilfloses Baby oft zur Ruhe gebracht hatte, so tat es die treue Alte auch heute. Mit einem minden Rinde summte sie ihr leise ein frühes Volkslied zur Beruhigung. ° © Der Arzt kam auch herbei, verordnete ein beruhigendes Mittel und einige Tage Bettruhe. Aber welches Mittel hätte wohl den Sturm beschwichtigen können, der in Ellinors Seele tobte? Als sie allein war und still mit geschlossenen Augen auf ihrem Lager ruhte, mußte sie wieder und wieder durchdenken, was da draußen am Steinbruch geschehen war. Sie fühlte ihn noch einmal in seine Arme — an sein Herz, das sie in wilden, starren Schlägen flopfen hörte, gerissen. Und dann vernahm sie den jaudgenden Ruf: Ellinor! Ellinor! Sie fühlte eindauernd seine heißen Lippen auf den ihren — und mußte denken, wie selig sie in jenem einzigen Moment gewesen war! Ach, wie brannte sein Ruß auf ihren Lippen! Wie klopfte ihr Herz, wenn sie an dies angstvoll zärtliche und Do jus belade: „Ellinor! Ellinor!“ Ddachte. Und wie quälte sie die Heike Scham, daß sie seinen Ruk erwidert, daß sie ji einen Moment in höchster Daseinswonne an ihn geschmiegt hatte. Vergessen hatte sie in jenem Moment Tod und Schreden, vergessen auch, daß sie ihn verachten mußte, weil er sich nur um Geld und Geldeswert zu ihr drängte und eine andere verriet. Und in Schmerz und Scham schlug sie ihn ins Gesicht. Sie stöhnte auf. M Wie er ausgesehen hatte in jenem Augenblil! — Gein edelgeschnittenes Gesicht fahl und bleic! Ach, es war ihr selbst wie ein körperlicher Schmerz gewesen, ihn so vor sich zu sehen. Und dann war seine Kälte und Ruhe, als ob nichts gewesen, zurückgekehrt. Nur in seinen Augen und in einer Stimme verriet ji seine Qual. Mie er sie angesehen hatte!n, daß sie doch — digien D düsteren, schmerzvollen und vorWwurfsvollen Bl vergessen könnte. Aber sie wollte nicht mehr daran denken, sie wollte sich ur ins Gedächtnis zurückrufen, Daß er ein Verräter war, daß er sie nur begehrt hatte des Geldes wegen. ® Augen könnten nicht Lügen, Und deshalb war ihm ganz recht ges ichehen,daß sie ihn ins Gesicht geschlagen hatte. Sein Kult war eine Shmad für sie gewesen ( mit einer Chmad), die sie ihm angetan, rächte sie sich Dafür. Und mit dieser ungeleihten Chmad mußte er, wie ein Gezeichneter ,durchs Reden gehen. „Den Schlag von Frauenhand leicht nur ein Ruß von selber Frauenlippe“ — diesen Spruc) hatte sie einst in einem altveutihen Bude gelesen. Nun — ihre Lippen würden diese Schmach nicht Teihen „ niemals! M Warum tat ihr dabei nur das Herz so weh — so furchtar weh? Leise regten ich wieder scheue Stimmen in ihrem Innern, die für ihn bitten wollten, die ihr zufilüsterten, seine und seine Morte hätten so Heilig und wahr gelungen, als er ihr sagte, daß er sie liebe, „wie nur ein Mann ein Weib zu lieben vermag.‘ Sie barg den Kopf in die Kissen und « sst ohnte aus in Qual und Pem co lag sie eine Beute wid erstreitender Empfindungen eiendum Sterben und unzufrieden mit sich selbst. Fred kam zuweilen und schaute mit besorgtem Gesicht zur Tür herein. Al Mrs. Stemberg und Nelly jehlichen oft forgenvoll an ihr Lager. Dann schloß Ellinor die Augen und stellte sich schlafend. Sie konnte mit sprechen über das, was geschehen wu: Es durfte und würde auch sein Mensch etwas ertasten. Er würde so wenig darüber sprechen wie Jie. Aber was würde er nun tun? Ob er je wieder nach Lemtom kam? Ob er ihr wieder gegenübertreten würde, als sei nichts geschehen? Wie würde er sich zu %:20y stellen? Was sollte sie überhaupt dem Bruder jagen über den ganzen Vorgang? Mußte sie nicht auch dem Vater beichten, daß Rinder sie gefükt Hatte? Ach nein Daraus kronnte nur furchtbares Unheil entstehen. Sie hatte sich ja selbst Genugtuung verschafft und Beleidigung mit Beleidigung vergolten. (Sortlegung folgt.) * Nane Be