Oedenburger Zeitung, Dezember 1921 (Jahrgang 53, nr. 273-297)
1921-12-04 / nr. 276
- Seite 2.——Nr.276. en. Große Teuerungsteawalle sanf halten Der Hauptanlaß hiezu war die Die Schöne Hauptstadt unseres Nachbar: landed war gestern nachmittags der Schauplag großer Krawalle, wie sie Wien fon lange nicht erlebt hat. Tausende streifen der Arbeiter waren aus Floridadorf und Stadlau aufmarschiert, um eine Riesendemonstration gegen die Teuerung zu verneunerliche Erhöhung des Brotpreises auf 74 K (bisher fojtete der Zaib Brot 34 K). Wie immer bei derartigen Anlässen, befand ei sofort eine große Menge Lichtschönes Gesindel bei den Demonstrierenden, die in Stärke von zirka 20.000 Mann vor das Parlamentsgebäude zogen und eine Abordnung zum Bundeskanzle Schober und Finanzminister Dr. Gürtler entsamdten. Während die Deputation im Jumeri ‚weilte, legte sich ein Großteil der Demonsranten in Bewegung und z0g die Ringstraße entlang gegen die Oper. Auf dem Wege dahin wurde keines der an der der Straße liegenden Kaffeehäuser geschont. Die Demonstranten drangen in die Lofale ein, räumten die Einrichtungsgegenstände aus, warfen die Büfette um, risfen die Zufter vom Plafond herab und warfen die meisten Gegenstände auf die Straße, wo sie dan vollständig zertrümmert wurden. «Ju,,Cafe Sacher«drang die Menge bis nicht geöffnet wurde,aussprengten in den ersten Stoc hinauf; hier beteiligten ich auch Mehrmänner an der Ausplünderung des Kaffeehauses. Im „Hotel Bristol* “wurde am ärgsten gemütet. Die Plünderer waren dort mit Gifenstangen und Brechwerkzeugen versehen, mit denen sie das große Tor bed Hotels, da . e drangen in einzelne Parterrezimmer ein und wankten Möbelfuüde und Effekten Reilgiber. Viele Gegenstände wurden an die Straße geworfen, wo sie von der Menge in Empfang genommen wurden. Hiebei wurden von der Polizei viele Personen verhaftet. Auch bei dem bekannten Bechergeschäft Strf an der Ehe der Ringstraße und Kärntinerstraße wurde, obwohl die Rolladen herabgelassen waren, mit eisernen Stangen das portal zertrümmert und die Gegenstände der Auslagen geraubt. Ebenso erging es vielen in der Nähe befindlichen Delikatessengeschäften, die voll Händig ausgeräumt wurden. Das gleiche are teilten das „Grand Hotel” und das „Hotel Imperial“. Die Menge versuchte hierauf an der Ecke des Schwarzenbergplages in das SKasinogebäude einzudringen, wurde aber hier von der Wache vertrieben. Sie begab sich nun in das „Safe Atlantis” und das gegenüberliegende Möbelgeschäft Portoi ® & Fir, da gänzlich audgeraubt wurde. Das Portal des Geschäftes wurde volständig zerträumert. In ähnlicher Weise wurden auf der Ringstraße bis zum Kriegsministerium sämtliche Kaffeehäuser geplündet. Ein Teil ‚Demonstranten zog über die Kärntnerstraße in die Innere Stadt,wo besonders die Schabgesgäfte „Salamander“ und „Delfa“ ausgeplündert wurden. Auch beim „Hotel und Gafe Kran“ wurden die Fensterscheiben eingeschlagen. Auf dem Graben wurden bei zahlreichen Juwelieren die Auslagen ausgeraubt. Zu der Mariahilferstraße wurden die Auslagen der Konfektionsgeschäfte Lehner, Herzmandky und Leuter, sowie die Schuhwarenniederlagen „Salamander“ und „Delfa” geplündert. Im zweiten Bezirk wurde in der Taborstraße eine große Anzahl von Mäfhegeschäften und Lebensmittelhandlungen ausgeraubt. In der Alferstraße waren die Schuhtwarenlager „Salamander“ und „Delfa” volständig ausgeraubt. In den Straßen der Stadt wurden zahlreiche Autos angehalten, die Paflagiere herausgezerrt und berprügelt. wagen wurden wiederholt angehalten und die bessergekleideten Paslagiere durchgeprügelt. Der Straßenbahnverkehr mußte auf der Ringstraße ungefähr zwei Stunden hindurch eingestellt werden. Der angerichtete Schaden ist enorm; er läßt sich so gar nicht absrägen, beträgt aber sicher viele Hunderte von Millionen. * Wien, 2. Dez. Unter den Arbeitern herricht, wie aus Bolizerkreisen mitgeteilt wird, große Geneigtheit, in den Generalstreit zu treten, was eine Fortlegung der Unrhen wahrscheinlich mach. Wien, 2. Dez. Die Staatskorrespondenz schreibt: Die gestrigen Vorfälle sind wegen des schädlichen Eindruck, den sie im Ausland hervorrufen müssen, aufs tiefste zu bedauern. Wenn auch die Gerüchte über die an einigen Stellen vorgefallenen Plünderungen sich als übertrieben herausgestelt haben. Hätte diese in Anbetracht unserer internationalen Situation besonders empfindliche Beeinträchtigung ‚unseres Ansehend im Ausland vermieden werden können, wenn bei der Disfussion über die staatsfinanziellen Maßnahmen dem politischen Ernst und den eisernen Notiwendigkeiten unserer Zage mehr Rechnung getragen worden wäre. Andererseits wäre und der katastrophale Sturz der Krone erspart geblieben, wenn die seit Februar in sichere Aussicht gefielten ausländischen Kredite rechtzeitig realisiert worden wären, wodurch die österreichische Regierung ihren Finanzreformplan mit besserer Aussicht auf eine reibungslose Durchführung hätte ins Werk fegen können. Die Regierung verteidigt duch ihrese Maßnahmen den Bestand der Republik. Die österreichische Arbeiterschaft, der die Verteidigung der Republik am Herzen stegt, wird zu würdigen wissen, welcher Schade dem moralischen, politischen und finanziellen Skredit der Bundesrepublik Oesterreich zugefügt werden könnte; sie darf nicht, dulden, daß die Teuerungsdemonstration von unverantwortlichen Elementen zu schweren Brzeffen bewüßt werde. auf Dedenburg, 2 Dezember. Auch Trammway ' lein. in Wien. SB Wien,d. De. Die Zahl der bei der geitrigen Vorfällen vermundeter Machleute beträgt 15. Einige wurden schwer verlegt. Doch besteht bei seinem Lebensgefahr. ”* Die Ansicht der Ententevertreter. SB. Budapest, 3. Der. Das UTKB. meldet aus Wien: Das „Neue Wiener Abendblatt“ meldet aus Ententetreifen folgendes: Die nestrigen Ereignisse in Wien Haben bei den hiesigen Ententestellen einen liebhaften Eindruck hervorgerufen. Radiotelegramme mit Schilderungen der Vorgänge gingen nach London, Paris und Rom und an die Botschaftekonferenz in Paris dürfte über die Vorfälle bereits unterrichtet, Horne eine Unterredung über wich. Die Ententevertreter erklären, « daß sie von den Ereignissen völlig über Vorschläge sauig gearbeitet sein werden -rascht wurden,da alle bisher sigen-Kri.wirsc die britische Negierung diese sen,in denen sichchierreich befand,Z ohne Gewaltsachtigbrüche verliefe:1.iPresse beschäftigt-sich eingehend mit den ngirdunum-wunden zugestanden,daß« man hier solche Auerschreinungen unds die Verursachung solcher sinnloser Schaxt den niemalg erwarstet habe Man erst daß infolge der drijckendcheue" flärt, rung eine Erregung Der Bevölkerung begreiflich sei, meint jedoch, daß nur Verwüstungen, die hunderte von Millionen an Bollsvermögen zugrunde richteten, seineswegs die Hilfe des Auslandes beschleunigt werden konnte. Nach Ansicht der hiesigen Ententevertreter wäre übrigens anfanches durch größere Energie zu verhindern gewesen. . Deydenburger Zeitung Sonntag, 4. Dezember 1921. Revolutiontnsonnteut i Drahtbericht der»Oedenburger Zeitung«. ‚Budapest, 3. de. Tun Mahdrid üt gestern Die Revolution ausge Gesehen. Die Medeiter BParlement. Ein Teil des Militärs meuterte: und es wurde Die Republik ausgerufen. Sämtliche Funktionäre der Regierung in Madrid wurden abgesett und durch zwei Gouverneme Den vereinigten republikanischen Bartei ersetz. Man erwartet, das König Alfons von Madrid abreisen, formell dem Throne entjagen und fir in seine Somer in Billa Garcia zurückziehen werde. Rathenaus Verhandlungen. Drahtbericht der „Debenburger Rettung“. SB. London, 3 Dezember. Rathkenau hatte mit dem Schakfangfertige industrielle Jagen. Sobald die Sranfreich unterbreiten. Die englische neuen Aussichten der Regelung der Repatrationsfrage. Das plögliche Steigen der Mark erregt großes Aufsehen, man erlebt darin eine günstige Entwicklung der Verhandlungn Ratdenaus. ”* SB. London, 3. Des. B Premierminister Yloyd George, Handelsminister Chamberlain, Kriegerminissteerurchill und Schatzminisster Horne traten als Finanzausschub zu einer Konferenz zusammen, in der sie die durcie Reparationsfrage geschaffene Lage erörterten. Es verlautet, daß die britische Regierung seineswegs die Begebung einer direkten Anleihe an 1 Deutschland in Betracht gezogen habe, das aber ein Moratorium gewährt werden soll, für das sie lediglich unter dem Druck der Finanz und Smithssteife eintritt. Die englische Regierung sei grundiätlich für die Zahlung in Natura zum Zweckk der Wiedergutmachung, während einer gewissen Zahl von Nahren. Die Engländer hätten keineswegs die Absicht, die Frage der militärische Sanktionen aufzuwerfen, starneten darin Zur Sanierung der Weltfinanzen. (Drahtbericht der „Oedenburger Rettung“.) SB Haag, 2. Dez. „Evening World“ zufolge haben die Vereinigten Staaten zugestimmt, an einer Konferenz teilzunehmen, die im Dezember in Paris stattfinden wird und sich mit den internationalen Valutafragen beschäftigen sol. Amerikanische Bankiere werden bei der Konferenz nur als Zuhörer anwesend sein; dann sol in Amerika eine Finanzkonferenz stattfinden, die den Schlußstein des ganzen Gebäudes legen sol, daß die Stabilisierung der Weltfinanzen zustande kommt. II an Helmingoer Donauschiffahrt (Drahtbericht der»Oedenburgerseitung"s SB München, 3. Dez. Die internationale Donaukommission hat in ihrer Litung vom 1. Dezember die Zustimmung zur Durchführung des bayrischen Projekts der Verbesserng der Donau von Regensburg bis Hohenstein . unter gewissen Vorbehalten und Borbedingungen gegeben, die durch die deutsche Delegation für Bayern angenommen wurde, der katastrophale Marksturz. (Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung“.) SB. Baris, 3. De. Die französische Regierung hat über ein Finanzprogramm beraten, das den durch den Mircö Sturz entstandenen Schwierigkeiten gerecht werden soll. Ministerpräsident Briand und Minister Louhenr werden heute dieserhalb Besprechungen haben. Nahhdruch verboten. Arbeit adelt. Originalromen von 8. Gorichs-Mahler. (59. Fortlegung.) „Run gut, hoffentlich jeßt ihr das ordentlich zu. Aber ich glaube, un reichlich Teezeit ist, berg wird si wundern, wo wir bleiben. Und ich habe Durst und Hunger. Heinz, ich lade dich hiermit eigenmächtig zum Tee ein, Ellinor hat dir jeßt nichts mehr zu verbieten, und Mrs. Stemberg freut sich, wenn du fem mit, sie hat dich ins Herz geschloffen.“ »Darf ich?«fragte Heinz,Ellinor zu lächelnd. Sie drückte verstohlen seine Hand »Du hörft es ja von Fred,ich habe dir nichts mehr zu verbieten.“ „Aber erst muß ich „Satir“ holen.“ „Wo Hast Du ihn denn gelassen?“ fragte Fred. „Drüben am Pfarrtor.“ Fred sah ihn Shelmith an. „Soll ich ihn holen? Ihr beide findet den Meg doch wohl ohne mich?“ „Nachdem du uns auf den rechten Meg gebracht Hast, wird es wohl aehen.“ Fred sprang lachend davon, vicherzte Heinz Heinz und Ellinor gingen allein weiter. Aber sie kamen nicht früher ins Haus zurück, als Fredy, troßdem dieser den vierfachen Weg hatte zurücklegen müssen. Mrs. Stemberg erwartete die Geschwister voll Unruhe. „8, ich fürchtete schon, es sei Ihnen etwas zugeirogen, Mik Ellinor. Geit gestern bin ich so in Anast,“ "sagte in Ellinor teilte der alten Dame ihre Verlobung mit und bat sie, Diese geheimzuhalten, bis der Bater kam. Heinz Linder fan nun täglich nach Semfow. Die freie Minute brachte er in Ellinors Gesellschaft zu. Es war eine wunderherrliche Zeit. für das junge Paar. Ein eigener, süßer Reiz lag in ihrem Berieht. Bei den Leuten mußtenie den formellen Ton gesthatten, aber sobald sie einige Minuten allein waren, gaben sie st selig dem Zauber ihrer Liebe hin. Auch Fredys Gegenwart hinderte sie nicht an dem traulichen Du. Ganz seltsam gestaltete sich ihr Verfehr in Gittas Gegenwart. Diese fand noch immer regelmäßig in den Tennispartien. Es wurde besonders Ellinor sehr schwer, mit Heinz jo verkehren, das Gitta nichts merkte. Freds Augen friefelten dann vor Mutwillen. Zumweilen konnte er es sich nicht verjagen, Gitta dur allerlei Kragen in Berlegenheit zu bringen, daß es: Mrs. Stem: |aufatmend. · Heinz Lindel Hatte sein Verhalten gegen Gitta in seiner Meile geändert. |Er blieb Höflich, aber streng formell ihr gegenüber. Auch jektwo suhhte Gitta ihn zuweilen zu einer gemeinsamen Heimkehr zu bewegen. Aber er wich ihr stets aus. Schon in den ersten Augusttagen traf Fri von Lorjow in Qemtow ein. Fred und Elfins: Hatten den Termin seiner Ankunft absichtlich geheimgehalten, damit wie Lojower sich nicht zur Begrüßung winfanden. Nach der langen Trennung wollten sie ihren Vater erst einmal für sich alle haben. Selbst Heinz Linder hatte Ellinor gebeten, exit dann zu fommen, wenn sie ihm Nachricht schickte. · Nun war Fritz von Lossow in dem festlich geschmückten Lemkow angekommen.——Das Wiedersehekt zwischen Vater und Kindern war du sehr bewegter. Das Glück,seine Kinder wiederzuheben, strahlte dem Vater nur so aus den Augen. &s wreen Stunden reichten Glüres,konnte die Frik von Refrom jetreichert wurden. Jedes Fırdchen in seiner Angebung erinnerte ihn an vergangene Tage. Ellinor und Frei führten ihn überall umher, und Ellinsr erstattete ihm Bericht über alles Er drücte i von Men Feit an si — kleiner „Haft alles auf nemacht, Kompagnon. Ich bin stolz auf Dich, meine Ellinor. Du heit deine Aufgabe glänzend gelöst,“ sagte der Bater, als sie von ihrem Rundgang zurüdfanten. „Bist du zufrieden, lieber Vater?“ „Sa, mein Aid. Und nun sollst du auch einen besorderen Wunsch frei haben.“ Sie umfahre Jen Bater und sah ihn mit feucht schimmernden Augen an. „Den habe ich schon bereit, Bater.“ Er läderte: „Ei, das scherr, ja etwas ganz Besonderes zu sein.“ „Sa, Baier. Aber ehe ich den Wunsch ausspreche, muß ich dir einige große Dummpheiten der ihren, die wir gemacht haben, Stevgy und ich. Ohne sie ist es nan sich nicht abgegangen.“ „So, jo —. Tummpheiten habt ihr auch gemacht? His losbeichte.“ Ellinor atmete tief auf: „Alle erstens: ich habe ein Pferd geritten, das ich nicht immer meistern Das Pferd it mit mir durchgegangen und Baron Linded mußte es erschiegen , weil es beide Fesseln gebrochen hatte, als es stürzte.“ Brig Lojfow fuhr erbleichend empor, und umfahte jeie Löcher. „Und du, Ellinoe — du bist mitgerürzt?“ « Die irische Frage. Drahtbericht der „Oedenburger Zeitung”. SB. London, 3. Der Dir weue Bericht an der Regierung wurde den Delegierten der Sinnfeiner übermittelt, die sodann nach Dublin abreisten. nr