Oedenburger Zeitung, 1923. Juni (Jahrgang 55, nr. 123-146)

1923-06-10 / nr. 130

Een­e 2. Sonntag v IM WERTE VON | KRONEN FÜNFZIG MILLIONEN | ‚nächste Verteilung - 12. JULI 1923. Anfragen an: PRAMIENBUREAU,ARADIE“ , WIEN,X,Davidgasse 92­­ . „19.9 ° PRAMIEN A « ( Dedenburger Zeitung SEE TEE, Rn 5­5 ,.«- --s -« · - % ‚ : |­­ \ 10. Juni 1923 Rz. 130. Das Broblem des Ionauhedens. (Spezialbericht unseres Korrespondenten.) Budapest, 7. Juni. Die öffentliche Meinung Ungarns wurde von der Tatsache angenehm be­­rührt, daß gelegentlich der Pariser Ver­­handlungen über die ungarische Anleihe und über die ungarischen Separationen England und Italien seinen intransigen­­ten Standpunkt einnahmen, sondern der Sache Ungarns ein weitgehendes Wohl­­wollen befundeten. Die Ein­sicht, daß die Regelung der Dinge im Donauboden duch die Friedensverträge von Saint Germain und Trianon auf Slugland ge­­baut wurde und daß der jenige Zustand weder den englischen, noch aber den ita­­lienischen Wirtschaftsinteressen Dient, dürfte bei der Haltung der beiden Staa­­ten von gewichtiger Bedeutung gewesen sein. — Lloyd George wiegte sich noch in dem Strwahne, dat der Machtzusammenbruch Deutschlands und Ruslands das Ansel­­ien von zwei lästigen und gefährlichen Rivalen auf längere Zeit befreit hat und England sich den Luxus leisten könne, die Führung der kontinentalen Angelegen­­heiten Stanfreih und der Kleinen En­­­tente zu überlassen. Albion mußte aber alsbald die bittere und schmerzliche Er­­fahrung machen, daß sein wirtschaftliches­­ und politisches Interesse mit tausenden unsichtbarn Fäden an das Ch­idjal sämtlicher europäischer Staaten ver­­nüpft ist. Der Grundgedanke sämtlicher rings um Baris geschlossenen Friedens­­verträge war derjenige, die bisher mit den Waffen bekämpften Gegner nunmehr­­ wirtschaftlich weiter zu bekämpfen, so lange, bis auch deren vollkommen er twirt­­schaftliche Zusammenbruch erfolgt, um jeden­­ et­waigen Revanchegedanken für möglichst lange Zeit im Keime zu er­­stiefen. Dieses törichte und vermessene Unterfangen hat das gesamte Wirt­­schaftsleben Europas untergraben und auch den bisher blühenden Export Eng­­lands und dessen Indu­­trie einer Schweren Krise ausgefeßt. Der neue englische Bre­­mser, Lord Baldwin betont denn au sehr nachdrücklich, daß England sie von nun ab in der intensivsten Weise in das Schiesal des europäisen Kontinents fammern müsse, da lebenswichtige Wirt- NEDENDULGEL­ie Schaftliche Interessen Englands auf dem­­ Spiele stehen, bedeuten die rings um Paris geschlosse­ reiche Friedensverträge für England eine für Katholiken und Protestanten. Ihm macheten nicht zu unterirägende Gefahr. Eng­­land hat, um sein durch den Weltkrieg labil gewordenes finanzielles Gleich­gewicht wiederherzustellen, nicht nur seine Landarmee, sondern an­f eine Flotte auf das Mindestmaß herabgejekt. Dagegen befleißigt sich Frankreich derart weitgehender Rüstungen und zeigt, ges­­tüßt auf seine Armee,­ in strittigen poli­­tischen Fragen England gegenüber eine derartige Aggressivität, daß maßgebende englische Kreise auf Diese Terra etst! ohne gewisse Besorgnisse denken und imm­­­mer mehr die Gefahr erkennen, welch England von dieser Seite im mehr­ minder naher Zukunft bedroht. Durch die Zerstörung der wirtschaft­­lichen Basis Zentraleuropas wird als Italien schwer berührt. An politiver Beziehung bedeuten für­­ das apennini­­sche Königreich die überspann­ten im­pe­­zialistischen Ambitionen der Fijecho­­lowakei und Jugoslawiens eine­ ganz besonders große Gefahr. Diese Monbis­tionen erstreben nichts geringeres, als Die Gebiete östlich der Linie Danzig— Bab­ıa vollkommen unter Slawische Einflup­­fphäare zu bringen, wenn anders nicht, wo durch die Mithilfe des Dereinit wieder auferstehenden Rutlands. Die slawischen Expanationsgelüste nach der Adria er­­zeugen in Italien ein G­efüh­­lchwerer Beflemmungen und veranlassen auch d­ieses Königreich, zusammen mit­ Eng­land, eine von den Intentionen der­­ Friedensverträge abiweichende politische Neuorientierung im Gebiete des Donau­­bodens zu suchen. Das Problem des Donauber­ens wird demnach immer mehr zum Angel­­punft der Wiederaufrichtung und Konso­­lidierung Zentraleuropaa. Diese Tat: Sache lenkt die Aufmerkssamkeit der Welt­­politiker immer mehr auf Die Heiden, in geradezu widersinniger Weise verstimtz­­melten Staaten Oesterreich und I­ngarn. Nur fur eine politische Wiederaufrich­­tung, durch welche diese beiden Staaten wieder erstarren, kann den imm­er m­ehr in den Vordergrund tretenden slawischen Expansionsgelüsten ein Riegel vorgescho­­ben werden. Diese flämischen Tr­an­­sionsgelüste, verbunden m­it den imperia­­listischen Bestrebungen Rranfreichs. Die si früher oder später wunnbedingt gegen England fehren müssen, bedrohen auch die Lebensinteressen Italiens, dem dur‘ die Schaffung eines vergrößerten Serbien ein sehr unruhiger Nahber an den Hals geseßt wurde. Das Problem des Donanı­­riedens im deutsch- und ungarfreundlichen Sinne zu lösen, it Hader ein Suteresse, welches für England ud Italien nach­­gerade zu einer bresb­enden Frage­­ wer­­­­den wird. Aber auch in sonstiger Beziehung a a Der 10. Juni (Sonntag). Kath. und Prot.: Margaretta. — Bibeliert sich alle Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. Lukas 15, 1-10. — Kirchliches: 9 Uhr vor­ mittag: Gottesdienst in der St. Miichaelis-Stadt­­pfarrkirche ; 3 Uhr nachmittags: Segen. — 9 Uhr vormittags: deutscher Gottesdienst im der evang. Kirche duch Pfarrer Ludwig Ziermann; 11 Uhr vormittags : ungarischer Gottesdienst durch Pfarrer Stefan Böttshaher; 2 Uhr nachmittags: deutscher Gottesdienst Durch Religionsprofessor Geza Rauff — Wallfahrt der deutschen Marianischen Männerkongregation nach Kohlnhof. — Veran­staltungen: 3 Uhr nachmittags: Sommerfest der Debenburger Fachgruppe der Fußbekleidungs­­erzeuger im Garten des Hotel „Baunonia”. — Sängerfest in Harlau. — Sport: 3 Uhr nach­mittags: Fußballspiel de S FAC, mit dem Naaber­wiese. — Städtisches Lichtspieltheater: „Sergius Panin*, Lebensbild nach dem Roman von George Ohnet. — Historischer Kalender: 1190 Kaiser Friedrich I., Barbarossa geit. — 1807 die Franzosen unter Napoleon werden von den Neffen und Preußen bei Hed­eberg zurückgeschlagen. — 1918 der deutsche Schriftsteler Richard Voß in Berchtesgaden gest. Sportklub des zweiten Bezirke auf der Angers .» Der 11. Juni (Montag). Kath. und Prof. Barnabad. — Städti­­sches Lichtsspieltheater: „Bis, der Mann mit dem guten Herzen, amerikanisches Lebensbild : „Vom Negen in die Traufe”, Lustspiel. — Histo­­rischer Kalender: 1864 der Komponist Richard Strauß in München geb. — 1903 Erf­mordung des serbischen Königspaares Alexander I. und Draga in Velgrad. — 1917 die Italiener bes fegen Epirus­­is Nachtinspektion der Apothesen. Die Nachtinspektion der Oedenburger Apotheken, sowie die Inspektion während der Sonn- und Feiertage ist folgende: Vom 1. bis 15. Juni: Apothese „Zur Barmherzigkeit“, Potschygasfe 2 und Apothese „Zum Löwen“, Grabenrunde 30. 6 Dedenburg, 9. Stuni. Todesfall. Donnerstag den 7. d. M. verschied der hiesige Weingärtner Karl Hordath im 65. Lebensjahre. Die städtische Schulkommission hält Montag den 11.9. M. 11 Uhr vormit­­tags im kleinen Saale des Rathauses eine Litung ab. Qualitätsmöbel von Mitgliedern der Wiener Tischler­­genossenschaft gelangen im Möbelhaus „Glasauerhof” Wien XIV., Mariahilferstrasse 180 zu billigsten Erzeugungspreisen­ zum Verkaufe. — Lagerbesichtigung für Interessenten frei ohne jede Kauf­­verpflichtung. — Schlafzimmer von 1.200.000 K aufwärts. Gegründet 1872. Telephon 30-7-59. Bundesbeamten Vorzugspreise. =“ 4 N BASE - 4340 Nur eine einzige Wiarle konnte sich die ungeteilte Beliebtheit in allen Krei­­sen der Kaffeetrinker dauernd erhalten und das ist Imperial-Seigenim­see mit Der Krone! Dieses populäre Erzeugnis besigt alle Eigenschaften, um auch den verwöhntesten Gaumen befriedigen zu können. Besondere Bericht beim Einlauf wegen Ka­rreet Nachahmungen notwendig. Das Andenken Mexander Betolfis. Wie wir seinerzeit berichteten, hat der Studentenverband des Sedenburger evangelischen Lyzeums beschlossen, jenes Haus, in dessen Studentenbude der Dich­­ter Mlexander Betofi während seiner Mi­­­litärdienstzeit mit Lyzealstudenten ver­­zehrte und in deren Steife er sie wohl fühlte, mit einer Gedenktafel auszuzeich­­nen. € 3 ist Dies das Haus Naroczi Terenczgasse 9. Die Enthüllung der Tafel erfolgt Samstag den 16.1. M. 5 Uhr nachmittags. Auf das Program­m der Feierlichkeit fonımen wir in ıiiferer nächsten Plattfolge zuru­f. Eine edle Tat! Wie wir von kurzem meldeten, verstarb die Gattin des Wach­­mannes,­P. Czuppon und hinterließ ihm sieben unmündige Kinder. Da der aadere Wachmann nicht in den glänzend­­sten materiellen Verhältnissen lebt und die Kinder Mitleid verdienen, langten an seine Adresse mehrere Spenden ein. Die hiesige Einwohnerin Frau Ferdinand Tham veranstaltete unter ihren Be­­kannten aus eigener Initiative eine Sammlung und brachte dadurch eine Summe von 16.300 K zusammen. Die­­sen Betrag hat sie für den Wuacchmann bei der Polizeifatja deponiert. Die schöne Tat lobt sich selbst. Gegen den Mißbrauch der Zeitungen. Aus Budapest wird gemeldet: Die Zei­­tungsverleger haben seit jüngerer Zeit die Wahrnehmung gemacht, Daß Zei­­tungsverschweiber die Zeitungen nicht verlaufen, sondern gegen eine gerichste Gebühr nur verleihen und diese sodann als unverkauft zurückstellen. Um diesen Mitbrauch zu verhindern, haben die Zei­­tungsverleger beschlossen, eine V­erschluß­­bereitung an den Zeitungen anzubrin­­gen, welche das unbefugte Lesen der Blät­­ter unmöglich macht. Zeitungen, deren Verschluß entfernt ist, werden nicht mehr zurückgenommen. Die hauptstädtischen Blätter werden bereits in Türzeiter Zeit mit Derartigem Verschluß versendet werden. . Ob: Nachdruch und Ueberfegung verboten. Bezieungen. Original-Roman von 9. Akt. (40. Fortsetung.) „Ich empfehle den Angeklagten nicht der Milde, sondern der Gerechtigkeit der Herren Geschworenen.“ Und dann, nach nur kurzer Beratung der Gesch­worenen, war der Urteilsspruch verkündet worden. „Unter Zubilligung mildernder Um­­stände wegen im Affest begangener schiwe­­rer Körperverlekung, drei Monate Ge­­fängnis.“ Dann frgenden: „Angefragter, wollen Sie ich bei dem­ Urteil beruhigen?” Der Müllerfrit Stand aufrecht da, den Kopf aus den Schultern gerecht, die Kauft auf die Barriere des Anfrageraumes ge­­stemmt. „sa, ich beruhige mir.“ Es lag um feine Lippen wie beißender Hohn und eisernes Wollen. Ein Telegramm hatte wenige Stun­­den später den gefällten Urteilsspruch im Forsthaus verkündet. Die ausführliche Wiedergabe der Verhandlung brachte die Zeitung des folgenden Tages. Es waren nicht viel der Worte darüber zwischen Vater und Tochter getwechselt worden, die übliche Frage des Vor: „Ich hatt’3 Faum so glücklich für ihr erhwartet, das Urteil kommt beinah’ einem Freispruch gleich,” sagte der Töchter. Grethhen Schiwieg. Aber in ihr redeten wirre Stimmen. Kaum so gliflidh er­­wartet — tat ein Freispruch --- gefan­­gen drei lange Monate, und — ein reis spruch? Und wie er selbst sich zu dem Urteil gestellt — „a, ich beruhige mich —“. Sie sah ihn vor sich mit den, von den Zähnen gezogenen Lippen, glaubte den harten Klang seiner Stimme zu hören. Und es kam ihr ein Glaube, eine tiefe Mederzeugung, daß er sich wirklich zwin­­gen werde, es in Ruhe zu nehmen, daß er 08 zwingen, bezwingen werde, ja, vielleicht fon vor dem Bezivungenen Stand. Sie preßte die Hände ineinander und senkte tief das Haupt. &3 dummelte starr, und Gretchen be­­gann das Abendessen für den Vater­ zu richten, als kurz und kräftig an die Tü­r geflopft und deselbe, bevor noch Herein geantwortet, geöffnet wurde und steif und stumm auf der Schtwelle stehen blei­­bend, das Ausläutglödle sichtbar s­ard. Auch Gretchen hatte zunächst einen Augenblick des Fragenden Schiweigenz, dann sagte ie leise, fast scheu: „Chriftel, du Bist’8? Komm’ Doch herein.“ „Da, ich bin’s,” sagte die Christel mit langsamen, gewichtigen Schritten in Die Stube tretend. „Guten Abend auch! Wunderst dich wohl, mich wieder zu sehen? Bon Erfurt fonıme ich, zu Fuß natürlich, ist ein derber Weg.“ Gretchen hatte sie bei der Hand ge­faßt und z­og sie nach dem Kunapee; die scheue Befangenheit lag noch auf ihr. „Da mußt du arg müde sein, Chris­­tel, ruh? dich nur zuerst aus.“ „Müd?“ prustete darauf die Christei, mit dem Schürzenzipfel sich das Gesicht wilkend. „Na ’3 geht an. Aber Durit hab’ ich, und wenn du vielleicht einen Tropfen Kaffee stehen bättest und eine Brotsrunde dazu, nahm ich's m­it Dank an. Ich Hab’ mir heute früh fie meinen legten Groschen ein Brot in Erfurt ge fauft und in dem teuern Net sind ja Bee Raibe so flein, daß er eine Schande dt — Mit sichtlichem Genuß vertilgte sie das Essen, daß Gretchen ihr hurtig auf­­trug, dann sprang sie auf und stellte sich steif vor dieser hin. , »Weißt,daß ich ihn gestern gesprochen hab’?“ Gretchen erzitterte leiS und schwieg. Das Ausläutglödle sah sie scharf an und zog mit beiden Fäusten die Schöke der pralifikenden Safe herunter. „Sowohl, wie’s alles vom Gericht be­­endet war, hab’ ich mir’s durch­­ den Rechtsanwalt erwirft — das ist einmal einer, m wie’S so leicht seinen wieder aibt! — daß ich zu ihm durft’,­­ und er hat nichts dagegen gehabt. Was ich eigent­­lich bei ihm wollt’, wußt’ ich selber nicht, und gesagt hab’ ich ihm auch nicht viel; aber er hat’s doch verstanden und hat mir die Hand gegeben aus freien Stilen und gesagt: „Ich dank’ dir, Christel. Du bist von allen wahrhaft doch die einzige Getreue.” — Sa, das hat er mir gejagt und mir die Hand dabei gedrüht. Triump­hierend stand die Christel da, * die Hand vor Gretchen ausgestrebt — Die Hand, die er gedrüht. Triumphierend — eine Siegerin. Gretchen stand auf, das Gesicht bis in die Lippen blaß, aber ruhig. „Sa, denen, die in Treue ausharren, kommt zuleßt der Sieg. Und ich wünsche dir Glück dazu.” Das Ausläutglödle trat zurück. „Slük? Hm — gebrauchen kann’s ein Mensch ihnen immer, wenn’S ihm ge­­wünscht wird. Und ich jeht sehen gar, mo ich ungefähr wie ein herrenloses Bündel auf der Straß’ Tieg’.” So­­ „Dein Heim ist dir ja Doch bereit,“ jagte Dretchen leife —. (Fortlegung folgt.) - ; 0

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