Pester Lloyd - Abendblatt, Mai 1855 (Jahrgang 2, nr. 103-127)

1855-05-16 / nr. 116

heiligen Jungfrau­,dem­ Mond und die Schlange unter den Füßen­ und mit zwölf Stern­en um­’s Haupt,und das Emailliebild selbst schirmt ein Glas.Die Tote stand auf dem­ Tisch­e,an­ welchem der heilige Vater saß,als der Boden zusam­­menbrach.Doch nichts weiter,als das Glas über dem Itarienbildeben ward gerade an­ der erhabendsten Stelle leich­t,gekr­ickt,und merkwürdig genug just in zwölf Strahlen und Richtungen von­ jen­ers's Mitte aus,je n­achdem­ die Stern­e b­eginSe.Heiligkeit läßt jetzt den Fußboden neu herstellen und den ganzen Saal des Klosters in eine Kapelle umbauen,zu­ deren erstem Votivgeschenke diese Dose bestimmt ist. «Madrid,8.Mai.Das offizielle Blatt veröffentlicht ein Rundschreiben­,­welches alle Ordinarien der Diözesen und Jurisdiktionen­ benachrichtigt,daß die Zulassung von Novizen in allen Klöstern zu suspendieren sei,bis die Listen,welche in Vetress deran­­zahl und Beschäftigun­g der gegenwärtig in­ Klöstern befindlichen Nonnen verfaßt wurden­, geprüft sind und bis sich die Regierung überzeugt,daß diese geistlichen Gemeinen die legalen Bedingungen erfü­llen.Morgen wird in der»Gazetta«die Wulle der unbefleckten Empfängni­ß veröffentlicht werden.In Folge der Internirung des Generals Peznela in Santander verbreitete sich das Gerücht,dieser General habe seinen Namen von den Ar­­meelisten streichen lassen.Sein Bruder dementirt heute diese Nachricht in­ allen Blättern. Die Budgetkom­mission beantragt die Abschaffung von fün­f Universitäten.Der Erzbischof von Toledo läßt durch seine Freunde verbreiten,er sei aus Aranjuez entfernt worden, weil er als Beichtvater der Königin ihr in der Desamortisierungsangelegenheit keinen Rath geben wollte,was jedoch grundfalsch ist.Die Regierun­g hat vom Erzbischof von Toledo mit das eine verlangt,daß er sich in politische Angelegenheiten nicht mische,die nicht seines Amtes sind "Wien,15.Mai.Heute wurde das Namensfest ihrer kais.Hoheit der Frau­ Erzherzogin Sophie am Hofe gefeiert.Vormittag war Gottesdienst in der Hofbu­rg- Pfarrkirche,den die sämmtlichen hier anwesenden­ Glieder der kaiserl.Familie beiwohnten. Abends ist glänzen­der Ball bei der Frau Erzherzogin Sophie,bei welchem der Allerh. wai und der höchste Adel erscheinen werden.—Morgen(16.)hält Se.Majestät der Kaiser auf dem Josephstädter Glacis eine Revue über einen Theil der hiesigen Gar­­nison ab.—Im Ministerium des Aeußers ist heute ein Uebereinkommen zwi­­schen der k.k.österreichischen und der kais.russischen Regierung wegen des Anschlu­sses der beiden Telegraphenlini­en­ zur Unterzeichnung gekommen Prin­z Stirbey ist heute Frühmittelst Nordbahn über Pest n­ach Bukarest abs gegangen.—Fürst Demeter Stourdza ist aus Paris hierangekommen. «5pest,16.Mai.In der am Anfang dt.abgehaltenen Sitzu­n­g des evang. Distriktskonvents wurde aq Antrag des Museumsdirektors August Kubinyi beschlossen­­zum Andenken anweil an ihre k.k.Hofh­eit,die eh­m Erzherzogin Dorothea eine wohlthätige Stiftung zu gründe11,die den Namen,,Maria Dorothea««führen soll. Die Protokolle der Wiener Konferenzen. III. (Schwß der Sikung vom 19. April. — Der Friedensvorschlag der Verbündeten. — Anfang der Sikung vom A. April. — Nuffische Deutung der Verpflichtung zur­ Garantirung des türki­­schen Territorialhefißstandes.) Pest, 16. Mai. Der Kongreß schritt mummehr,, in dem zweiten Theile der Giltung vom 19. April, zur Erörterung der Frage wegen Beseitigung des russi­­schen Webergewichtes im schwarzen Meere vor. Das Protokoll besagt darüber : Herr Drounin de l’Huye erklärte die Begrenzung der Seemacht, die Rußland im Pontus unterhalten dürfe, für das natürlichste und zwerdienlichte Mittel: da Ruß­­land dem Prinzipe des dritten Punktes zugestimmt habe, lasse ich nicht annehmen, daß seine Bevollmächtigten jecht das praktischeste Mittel zur V­ermeirllichung jenes Prinzipes von der Diskussion ausschließen und jede Beschränftung der Schiffezahl als einen Eingriff in die Souveränitätsrechte ihres Herrn betrachten würden. Eine gewisse Beschränkung der Souveränitätsrechte müse im jedem Vertrage liegen, sie verliere aber durch freiwillige Annahme, jeden, die Ehre verlegenden Anstrich. Nehme man die Frage, wie sie fest Itege, so sei der Pontus, mit Ausschluß Rußland’, von den Slotten der drei Mächte occupirt, und werde es bleiben, so lange der Sirieg Daure: nicht an ihnen sei es also, Konzessionen von der Petersburger Regierung zu fordern. Vielmehr habe Rußland bei den drei Mächten anzufragen, auf welche Bedingungen hin sie seine Flagge wieder zulassen wollten. 68 wäre demnach Nichts als ein ganz vernünftiges und durch die Verhältnisse gerecht­­fertigtes Opfer, wenn Rußland sich selbst eine mäßige Reduktion auferlegte, um so in den Miederbefug eines Theiles der Souveränität zu kommen, die er faktisch gar nicht mehr inne­hätte. Dies Opfer würde um­­so ehrenvoller sein, da es zugleich ein und für die Sicherheit und Dauer des europäischen Friedens wäre. Ad die Grund­lagen eines solchen Friedens verlas er darauf die Artikel drei big zehn des Entwurfes der Alliirten, den wir in unserem gestrigen Morgen hlatte mitgetheilt. Lord John Nuffell: Im gewöhnlichen Laufe der Dinge werde eine Macht, wenn sie die Stärke ihres Nachbars als eine übermäßige betrachtet, fir die Herstellung des Gleichgewichtes nur an ihre eigenen Kräfte appelliren, so Habe fi England, als Mailand vor etwa 20 Jahren seine Ostseeflotte vermehrte, darauf beschränft, die feinige ebenfalls zu verstärken. Mit dem schwarzen Meere sei es aber ein Ausnahmsfall: der Grundlag­­e­ zu sperren, ei­­tete das Prinzip der Pforte getreten und 1844 in das europäische Völkerrecht aufgenommen worden; und von zwei Staaten, die sich auf diese Reise allein an den pontischen Gestaden­ gegenüberstehen, vermehre der Starke seine Macht unabläfig, während der andere durch die Reihe von Kriegen, die ed, gegen Rußland ge­führt, abgeschwächt sei. Deshalb müsse England in der fortwährenden­ Zunahme der rus­sischen Pontusflotte eine unabläfige Drohung gegen Konstantinopel und den Bosporus erbliden. Da aber ganz Europa ein Necht hat, die Tirfei sicher­­zie wissen, so fan es auch mit Gug die Bürgschaft dieser Sicherheit in einer Neduzierung der Seemacht des andern, s an das Schwarze Meer grenzenden Reiches suchen. Einem Eingriff in seine M­ü­rde könne der zur nicht darin sehen, wenn er sich verpflichte, seine Flotte so weit zu ver­mindern, biß sie für die Pforte nicht mehr bedrohlich sei: es sei vielmehr ein offenbarer Widerspruch, wenn man zugebe, Daß die Türkei ein wesentlicher Besta­ndtheil des euro­­päischen Gleichgewichtes sei, und doc gleichzeitig wünsche, fortwährend ein Dampfles­­schmerz über ihr Hängen zu lassen. Auch von dem Standpunkte der M Waffenehre aus lasse sich gegen das Projekt Nichts einwenden: bei Sebastopol hätten Angreifer und Vertheidiger sich mit gleichem Nahme bededert. Graf Bol erblicht in dem vorgelegten Projekte eim zweddienliches Mittel zur Beendigung des Blutvergiedens und zur Sicherstellung Europa’s gegen die Folgen des übermäßigen Mißverhältnisses, das zwischen den betreffenden Streitk­raften der beiden Uferstaaten des Schwarzen Meeres besteht. Er stellt es als einen all­­gemein giltigen Sat hin, daß der­­ Versuch die Land- oder Seemacht eines fremden Staa­­tes begrenzen zu wollen, einen Eingriff in seine Souveränitätsrechte bilden mü­rde. Wenn aber andererseits Eine Macht, ihr Kriegsmaterial in angemessener Weise vergrößert, so sind die andern Staaten berechtigt, ihr Vorstellungen darüber zu machen. Wende man nun diese Negel auf die ausnahmsweise Lage an, in der sich der Pontus Guzinus als ein gescloffenes Meer befinde, wo einer schrankenlosen Vermehrung der Schiffszahl von Seiten Eines der Uferstaaten kein anderes Motiv zu Drumde Iegen Fünne, als die Tendenz über den Nachbar herzufallen: so raffe sich, in Diesem speziellen Falle und fin Diefen Blumenfee, Die Beschräntung mit aló gerecht und Feinestwegs' als gefährlich für die souveräne Wü­rde betrachten. Baron Protesh fügte hinzu, Oesterreich mühe die Annahme des in Nede stehen­­den Borschlages durch Rußland Tebbart wünschen: seiner Ansicht nach, sei derselbe geeignet, Europa zu beruhigen und die Thatsachen mit den Infilierungen des Peters­burger Kabinett in Einklang zu bringen. Fürstt Gottscharoff: „Wäre die Beschränkung der ruffischen See mahlt im Thmwarzen Meere, von der Graf Buol­­ selbst zugibt, daß sie eine Aus­­nahme einer, von ihm anerkannten Regel bildet, seiner Meinung nach durch Ooercitiv- Mittel zu erzwingen, im Sale Rußland sich weigert, freiwillig darauf einzugehen?" Graf Buol: „Für fest unterfrügt Oesterreich das besagte Protekt dadurch, daß es Naßland dessen Annahme anempfiehlt; im jeder anderen Beziehung aber muß ich Dem­ Kaiser, mei­nem Herrn, volle Freiheit in der Wahl der Mittel vorbehalten, deren Anwendung zur Unterfrügung der vorliegenden­ Proposition er eventuell für zwecdienlich halten mag.“ Nach­ Kurzer Diskussion wurden den russischen Bevollmächtigten A8 Stun­­den Srift zur Berathung ihrer Antwort auf das vorgelegte Projekt bewilligt. Zum Schluffe suchte Herr Drouin de l’HuH8 noch einen Stein des Anstoßes zu beseitigen durch) Die Bemerkung, es brauche ja nicht die Kon­ferenz selber zu sein, welche Rußland die zukünftige Matrtmalziffer für seine Pontusflotte direkt vorschriebe. Rußland und die Pforte könnten sich ja unmittelbar in Gegenwart des Kongresses über ein, zwischen ihren Streitkräften herzustellendes Gleichgewicht verständigen und ein Arrangement über­ diesen Punkt unterzeichnen, das dann, ohne an bindender Kraft zu verlieren, eine Beilage des allgemeinen Vertrages ausmachen würde. Diesen Vorschlag bewußten die rufstischen Gesandten sofort, um wieder auf ihre Lieblingsidee von einem ruf­fischtürfischen Separattraftate zurückzukommen. Herr. v. Títoff meint, die Erleichterung direkter Erklärungen zwischen Rußland und der­ Türfei würde sicherlich der Fürzeste Weg sein, alle Schwierigkeiten auf eine bil­­lige, den Bedürfnissen und der Lage beider Staaten angemessene Weise zu lösen. Seine bessere Gelegenheit könne den russischen Bevollmächtigten geboten werden, um die friedli­­chen­ Gesinnungen ihres Hofes zu erhärten, als wenn sie mit einer, in ihren Ent­­schlüssen und Bewegungen freien Macht die gegenseitigen Interessen unbe­hindert disfutiren dürften. AS hierauf von verschiedenen Seiten entgegnet ward, eine Verständigung zwischen Rußland und der Pforte, ohne Zuziehung der Alliirten des Sul­tans, ließen die, durch­ die Zürfei eingegangenen Verträge nicht zu, erklärte Fürst Gortshafoff sein Bedauern, die erlauchte Pforte, um deren Unabhängigkeit es sich handelt, in einer Lage zu sehen, die mit ihrer Selbstständigkeit in so grellem Widerspruche stehe. Ali Pasda protestirt gegen ein solches Vorgehen und­ sieht si­e troß seines Wunsches, die Debatte nicht zu verbittern — genolthigt, auf Fürst Gortshakoff's Bemerkung zu erwiedern, daß die hohe Pforte durch weltberah­nte Vorgänge genolthigt ward, ihre Nechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen. Darauf hätten die Ost­mächte, die Gerechtigkeit ihrer Sache erkennend, Verträge mit ihr abgeschlossen, deinen die vollständigste Gegenseitigkeit zu Grunde lägen. Beide Theile waren glei­chig verpflichtet, mit Rußland sein Abkommen zu treffen, über das sie sich nicht vorher mit­einander verständigt hätten, ja, seine Vollmachten berechtigten ihn nicht einmal das die Konferenzen der Seite sehend, auf Separatverhandlungen mit Rußland einzugehen. In der zwölften Stzung am 21. April erhob sich zunächst eine De­­batte über das Protokoll der vorhergehenden Konferenz. First Gort- Shakoff verlangte die ausdrücliche Aufnahme des von ihm gemachten Vorbe­­haltes, daß Nußland dur Die Acceptirung der beiden ersten Artikel des von den Alliisten ausgegangenen Srrebensprojektes (man sehe unser heutiges und gestriges Morgenblatt) nicht zu einer aktiven Garantie bes Territo­­rialheilsstandes der Pforte verpflichtet sei. Troß der Einwendungen beg Herrn Drouin, de [ du98, daß die besagten Paragraphen alle Kontrahenten verbinden, die Integrität der Türkei auf jede Weise, auch mit den Waffen, zu befechtigen, troß der Erklärung des Grafen Buol, er­ habe die Sache für abgemacht und jede Meinu­ngsverschiedenheit für gänzlich­ beseitigt gehalten, bleibt Fürst Gortschaktoff dabei, Rußland werde einen Angriff auf den Gebietsstand der Türkei zwar als eine Frage von europäischem Interesse betrachten könme sich aber nicht anheisschig machen, ohne Weiteres einen Kriegsfall darin zu sehen. Die Dezemberafliirten beschließen darauf, in dem Protokoll der zwölften Lesung ihr Bedauern über die eben vernommene, russische Erklärung auszusprechen. Für unser Morgenblatt bleibt uns jet nur noch­ die Diskussion der beiden wufftschen Kontraprojekte, deren Wortlaut wir bereits gestern früh mit­­getheilt haben, nachzuholen. j­an > | Wiener Börse am 15. Mai. Die neuesten Pariser Nachrichten­ haben an heutiger Börse eine nicht­ geringe MIP: Stimm­tung hervorgerufen. Die m meisten­­ Gffeftengattungen, und ganz besonders Die franzö­­sischen Staats-Eisenbahnaktien sind zurückgegangen. Vergleichsweise hielt sich das Nationalansehen am festesten. Dampfschifffahrts­leiten wichen mit 2»pCt. Gold sLlez Silber 281X4. Verantwortliger Redakteur: Karl Weisskircher, Air Donan Lofe waren­ vernachlässigt. Buchbruderei von Johan Herz. — Bedag der Peter­sleg »-Gesellshhaft.

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