Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1856 (Jahrgang 3, nr. 226-252)

1856-10-07 / nr. 231

== Abendblatt des Dienstag, 7. Oktober, ro. 231. Nedaktisnd- Bureau, Dos­k et 0 totheagaffe­l Mr. 12 im EN ersten Sto. N CZ 7 ET R Wien, 6. Oktober. &3 unterliegt wohl keinem Zweifel mehr, das in der neapolitanischen Angelegenheit ein Kompromiß zu Stande kommen wird, Dur melden Die von den Westmächten beabsichtigte Stottende­­monstration ü­berflusit wird. Fraakreich hat sich nämlich in einer vor einigen Tagen in Wien übergebenen No­­te bereit erklärt, Die neapolitanische Frage im Wege der demnächst wieder zu eröffnenden Pariser Konferenz zur Sprache und zur Entscheidung zu bringen. Bon Seite Englands ist zwar eine Ähnliche Note noch nicht eingelaufen, man hofft jedoch, daß es dem ‚ Beispiele seines Alliirten folgen werde. In diplomatischen Kreisen spricht man von der bevorstehenden Veröffentlichung einer Zirkulardeperche der französischen Regierung, in welcher unter Anderen auch das NRundtreiben des Fürsten Gortschatoff Besprochen werden sol. Eine Ähnliche Depesche wird auch von Geite des neapolitanischen Gouvernements erwartet, und knüpft man an den Umstand, daß Kieselbe bereits vor 8 Tagen eintreffen sollte, die wie es scheint nicht unbegrüns­dete Hoffnung, das fid das neapolitanische Kabinet zu einer der gegen­wärti­­gen Situation mehr entsprechenden Aenderung der ursprünglichen Saffung ent­­schlossen habe, wodurch die Verzögerung entstanden sei. K Welt, 7. Oktober. Wie die , A. A. 3." sich aus Wien tele­graphiren Taßt, , beharrt Neapel auf seiner bisherigen Weigerung” — eine Nachricht, die Dadurch an Bedeutung gewinnt, Daß sie in derselben Depesche enthalten ist, die dem genannten DBlatte die Ankunft des Freih. v. Hühner in Wien meldet. E­benso sind unter den ohewaltenden Umständen auch folgende Bellen der „Wien. 3. von unverkennbarer Tragweite : Se. Erzellenz der Freiherr v. Hühner Hat seine Neffe von Neapel nach Wien beschleunnigt und ist nicht, wie er anfänglich beabsichtigt hatte, über die Abruzzen he­r gegangen. Se. Erzellenz wird sich, mie wir hören, von Wien nach Licht­egeben. Rechnet man Hinzu, dag eine Marseiller Depesche ansprüchlich ankü­ndigt, die Abfahrt der Flotte nach Neapel sei „nur vertagt", und bag die „Morn. Pofl” vom 4. einen Artikel über Neapel bringt, in welchem sie meint, die Er­theilung einer Konstitution durch den gegenwärtigen König würde werthlos sein ; seine Dynastie könne blos Dadurch gerettet werden. Daß er vor der An­­kunft der Flotte der Westmächte abdanfe, so muß man, ohne auf alle tiese tagesstu­mmen ein zu großes Gewicht zu legen, Doc zugestehen, daß die Sit­­uation heute einen wertiger beruhigenden Anblick darbietet, als während der legten halben Woche. Man muß dies um so mehr, als überdies Genueser Blätter vom­ 4. melden, das eine unruhige Bewegung an der pie­montesisschen Grenze herrsche; in der Nacht vom 2. seien deshalb Truppen nach dem Golf von Spezia entsendet worden; der Intendant der öst­­lichen Provinz habe dringend­e Verstärkungen verlangt — und als in Neapel selber schon am 1. die Hafenbatterien in Vertheidigungszustand gefeßt wurden, nach „Morning Ehronicle” auch in der Schweiz eifrig für König Ferdinand I. geworben wird. Sardinien wendet ebenfalls der Vermehrung seiner. Slotte alle Aufmerksamkeit zu : es läßt zwei Fregatten in England bauen ; zwei andere gehen in Genua mit schnellen Schritten der Vollendung entgegen. Die Mit­­theilungen über angebliche Verstärkung des französischen Okupationskorps in Rom erklärt dagegen „Morning Chronicle” für Tächerlch : es würden kaum so viele Mannschaften abgeschieft, als zur Ausfüllung der entstandenen Läden not­wendig seien. Die Nachricht des „Nord“ endlich, bag noch vor dem 15. Oktober eine Zusammentunft zwisgen Sr. Maj. dem Kaiser Tran, Spießh und dem Kaiser der Franzosen in irgend einem norditalienischen Ort stattfinden werde, wird nach der „Pr.“ dadurch dementirt, daß Se. Apost. Maj. dem Dernehmen nach den Jichler Aufenthalt auf die nächsten 14 Tage ausdehnen, also Feinesfalle nach dem Siübabhange der Alpen reifen dürften. Meber die Lage Der Donaufürstenthümer bringen "Daily News" einen Artikel, der an auf die zwischen England und Frankreich­­err­­schenden Beziehungen ein interessantes Streiflicht fallen läßt. Der Artikel lautet im Wesentlichen : Die Ansichten und Nachschläge des Französischen Hofes sind von den unserigen Herfehleden geworden, und Rußland hat dieses beneigt, um die Ausführung des Pariser Friedensvertrages zu verzögern, vielleicht auch ganz zu hintertreiben. Rußland bes­hauptet seine Ansprüche auf die Schlangeninsel sowohl wie auf Belgrad, und Oester­­reich kündigt In dieser Verwirrung seine Absicht an, in den Fürstenthümern noch ferner­­hin Wade halten zu wollen. Während nun französische Noten den Wiener Hof drän­­gen, die Räumung der Fürstenthümer zu beschleunigen, scheint die englische Regierung, f wegen der weiteren Ereignisse in größerer Besorgniß sehrwehend, zu dem Schluffe gelangt zu sein, daß es nach Allem denn doch rätzlich sein dürfte, eine verbündete österreichische und türkische Truppenmacht in den nördlichen Donauprovinzen stehen zu lassen, damit Rußland mit diesen nicht fvie mit Belgrad verfahre. ES ist der Beobachtung nicht entgangen, daß, so wie der ru f­­sische Gesandte in Konstantinopel angelangt war, sein französischer Kollege sie beeilte, ihn mit einem Vanfette zu ber­llkommnen, zu welchem die türkischen Mi­­nister, aber sein einziger Engländer geladen wurde. Sole Dinge dürften auf die Bel­­­egung der schwebenden Differenzen hemmend einwirken. 5 Ob die Kommissäre nach den Zürstenth­mern geben können, solange diese von Österreichischen Truppen befegt sind, scheint zweifelhaft. Ein bleibender Friedenszustend ist für eine bestimmte Organisirung dieser Provinzen unumgänglich not­wendig, denn wenn Rußland noch fortwährend eine drohende Haltung einnimmt, und Frankreich nicht nachprüflic­h eine Mißbiligung äu­ßert, dann nimmt die ganze levantinische Trage einen neuen Charakter an, und erheifcht neue V­orsichtsmaßregeln. Am Schlafe des Artikels finden wir zur Ohrenrettung des oft ange­­schuldigten „Sultan Redeltiffe” folgende Zeilen: Lord Stratford hat feine Fehler, sie sind aber, eben­so ie seine Meinungen, englisch. Er ist eigensinnig, beständig, derb, offenherzig und allenfalls Hochmüthig. Aber er hast Rußland im 3. 1856 wie er im 3. 1829 gethan, und versteht seine Gefühle nicht hinter Überspannter Höflipfeit, Das Tann er nicht, hab er heute die Auffen der Tämpft, und sie morgen zu Gaste bitte. Und solche Eigenschaften Haben ihr Verdienst selbst in der Diplomatie. Einem offiziellen Ausweise über die moldauischen Finanzen entnehmen wir, dag die Finanzlage am 2. November 1854 noch eine Reserve von 4.138,000 Piaster aufwies , und das Defizit beim Beginne des Jahres 1856 die Summe von 3,583,000 Piafter betrug. Mehrere finanzielle Maß­­regeln des Fürsten Chifa erhalten eine nicht sehr günstige Beleuchtung. Aus Madrid vom 29. September wird berichtet : Das Ministerium hat nun seine Senatorensifte fertig gebracht ; aus der Par­­tei beggb­ogge ien wurden die Gemäßigten mit aufgenommen. Es erledrigt nun, die gefer­­tigte Liste der Königin zur­ Begutachtung vorzulegen. Man fchlebt dies auf, weil man weiß, daß es dabei nicht ohne Widerstreit ablaufen werde. Ob der General Na­re 9ae3 auf die Liste der Senatoren gerecht werden soll, hat zu lebhaften Debatten Ver­­anlassung gegeben. Herr Rios Rofas sol mit der Meinung durchgedrungen sein, die Ernennung des Generals Narpaez zum Senator der Initiative der Königin zu wider­­loffen. Damit hat er die Moderadas zufriedengestellt. Allgemein wird mit Verwun­­derung von dem passisen Benehmen des Generald D’Donnell bei Gelegenheit der Erörterungen im Ministerrathe gesprocen. Er spricht ganz nüchtern seine Ansicht aus und nimmt sich nicht weiter Die Mühe, die Einwendungen zu widerlegen, welche gegen dieselbe et­wa erhoben werden; er beschränkt sich dann darauf, Die Debatten zu leiten. „Der Ministerpräsident” — so sagt man in offiziellen Sreifen — „ist weit mehr Prä­­sident, als Minister.” Nach allem, was wir aus dem Mu­nde von Offizieren zu hören Gelegenheit hat­­ten, ist Die in­ Umlauf gefegte Nachricht von einer besprstehenden Militär­demon­­stration zu Gunsten der absoluten Monarche ungegründet. Ein hochgestellter Mann gab mir Die Versicherung, daß von Branfreih aus entschieden gegen diese Tendenzen gearbeitet werde, und hab man in der Umgebung der Königin in hohem Grade gegen Louis Napoleon gesimmt sei. „Wunden Sie Sich nit“ — sagte mir der Mann, dem ich diese Mittheilung verdanke — „wenn Sie in einiger Zeit ín denselben Blät­­tern, die vor dem Staat ostreigge den Kaiser der Tranzosen in die Woffen gehoben, und die französische I­ntervention als das septe Rettungsmittel dargestell haben, Angriffe auf die Nachbbarregierung und allen fremden Einfluß seien !” Eine Depesche aus Madrid vom 2. Oktober lautet: „In diesem Au­­genbliste finden die große Musterung und die Manöver der Befabung von Madrid statt, denen Ihre Majestäten beimwohnen.“ In Paris, haben am 2. D., bei der Ankunft des Kaisers, wieder zahlreiche Verhaftungen stattgefunden. Man spricht von vierzig Personen, die festgenommen worden seien. Es geht die Sage, die Polizei habe eine Beschwä­rung entdeckt, deren Mitglieder, zweihundert an der Zahl, sich über den Wagen des Kaisers werfen sollten, um ihn zu ermorden. Es wird auch behauptet, dass sogar ein Zögling der polytechnischen Schule unter den verhafteten sich befinden . Die Garnison von Paris wird verstärkt werden. Da man ernstliche Unruhen befürchtet. Mehrere Regimenter haben bereits Marsch­­befehl erhalten, unter anderen das Regiment, das in Angers liegt und erst vor Kurzem dort angekommen war. Die finanzielle Krisie­ flößt der französischen Regierung eben­­falls bedeutende Besorgnisse ein. Sie weiß nit, was sie beginnen sol. Ein Theil der Minister dringt darauf, das man den Banknoten Zwangsfurg gebe. Der Finanzminister Magne ist gegen eine derartige Mairegel und droht mit seiner Entlassung. Derselbe hat auch veranlaßt, das die Polizei Befehl erhal­­ten hat, jeden zu verhaften, der von Dieser Maßregel spricht. (?) Die betreffen­­den Gerüchte haben auch viel zur Vermehrung der Geldverlegenheiten des Rates beigetragen, denn die Bank ist seit vier Tagen von Leuten belagert, welche die Banknoten gegen bares Geld austauschen wollen. Die Maßregel betreffs des Zwangsfurfes der Banknoten würde jedenfalls die Krisis beschleu­­nigen­ und ist beinahe unmöglich, weil man bares Geld haben muß, um im Auslande Getreide und andere Lebensmittel laufen zu künnen. Im Falle der Zwangefurf, doch proklamiet werden sollte, wird unwahrscheinlich Alfred Lergur, Berichterstatter des Budgets. Der Nachfolger des Herrn Magne sein. Das „Pays“ enthält heute einen längeren Artikel über die finanzielle Krise. ES hält Diefelbe für keineswegs sehr ernst. hm zufolge ist Diefelbe dur­ die Krisis in Deutschland hervorgerufen worden, mo selbst man mehr Vas Mere und Ak­ien freirt Hat, als die Verhältnisse es gestatten.. Die Banken von Frankreich und England hätten daher vollkommen Necht gehabt, ihren Diskonto zu erhöhen, denn so würde verhindert, daß das bare Geld nas Deutschland auswandere. In Frankreich selbst ist dem „Pays“ zufolge, Feine Krisis, sondern nur augenblickliche Geldverlegenheit, die durch­ Die Ueberschwem­­­mung mittelst ausländischen Papiers entstanden is. Was die Lage Frankreiche betrifft, so ist, wie das „Pays“ sagt, dieselbe in finanzieller Beziehung voll­­kommen beruhigend. Die Berichte des Staatsstabes, der Douane und der allgemeinten Einnahmen beweisen dieses, ihm zufolge, zur Genüge. Sonst wird aus der französischen Hauptstadt geschrieben : Die Dartier Münze arbeitet Tag und Nacht an der Herstellung neuer Kupfermünzen und Goldfuüde von 5, 10 und 20 Stanfen. — Die Börse vom 2. b. war äußerst bewegt. Merkwü­rdige Gerich­te zerfüh­rten. Man sprach von einer Rede des Kaisers In Borbeatz, worin finanzielle Mairegeln in Aussicht gestellt worden wären. ES hieß ferner, die Bank werde ihren Distonto auf 4 pCt. herablegen. Dagegen würden die Banfbillets Zwangsfurs erhalten. Die Regierung, so erzählte man weiter, werde die Gold- und Silberausfuhr verbieten und die Einzahlungen der noch rüdständigen Raten der legten Anleihe würden um drei Monate vertagt werden. Diese und noch andere Gerüchte verlegten die Börse in die rosigíte Laune und brachten die Nente zum Steigen.­­ Die Inländische Erzeugung von Runfellibenzucker ist in dem am­ Testen August abgelaufenen Betriebsjahre, mit dem B Vorjahre verglichen, von 47 auf 92 Millionen Kilogramme gestiegen ; in den Sabriten befanden sich am 31. August 4, in den Nieder­­lagen 7 Millionen Kilogramme.­­ Die zu Marseille angelangten Kornzufuhren bee­trugen im September eine Million und in den drei legten Monaten zusammen 2.200.000 Hektoliter. Ein Dorret gewährt Zollfreiheit für die Einfuhr zur See von indischem Rays und Rübsamen, wenn dieselben in französischen Schiffen oder in Schiffen der Ur­­sprungsländer eingeführt werden und zur Delfabrikation bestimmt sind. Ein neuliches Rundschreiben befiehlt von Sportdirektoren, jede ihnen verdächtig vorkommende Drud­­fehrtft, auch wenn sie in einem Umschlage oder Briefe sich befindet, anzuhalten und so­­fort die Beschlagnahme zu veranlassen. Die "Bertte" meldet, da Graf Haßfeldt in Kurzem nach Berlin abreisen werde, wohin der König ihn berufen habe. Die Verwendung schon gebrauchter Brieffrontomarten greift immer

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