Pester Lloyd - Abendblatt, September 1860 (Jahrgang 7, nr. 201-224)
1860-09-21 / nr. 217
einflußreichen Näthe dem Papste zu dieser Demonstration tathen, weil sie dazu gemacht wäre, die katholische Welt ihrer Sauheit zu entreifen und in Bewegung zu fegen. Der General Goyon nahm die Wetfung mit nach Rom, den heiligen Bater von diesem Borbaben abzubringen und ihn des französischen Schuges in seiner Residenz zu versichern. Der Kaiser erklärt sich bereit, Piemont noch einmal zum Sulstand zu bewegen, wenn der Papst auf die früher von Stantreldj befürworteten Borschläge jegt eingehen wolle. Der Papst sol Rom als Souverän beherrschen, seine übrigen Staaten, die Romagna eingeschlossen, aber mit den Rechten eines Suzeräns unter sardinischer Verwaltung. Die Antwort des Hapitel war die Erklärung, er könne dem Schuge der französischen Waffen jeit nicht mehr wie früher vertrauen, er werde sich nach Ancona begeben. Darauf richtete Napoleon nochmals aus Marseille ein Schreiben an den Papst , gelingt es dem General jedoch nicht, Pius IX. von der Flut aus dem Lande abzubringen, so würde die französische Garnison gleich nach dem Papst Rom verlassen und in die Heimath zurückkehren. Was wir über die Haltung Garibaldis erfahren, kann für die nächste Zukunft Italiens von Höchster Bedeutung werben, denn entgegen dem Wunsch Napoleon’s und Cavour’s will der Diktator nunmehr den Kampf gegen ‚Riom selbst gleich wie gegen Benet tten beginnen. Wir finden die betreffenden Mittheilungen im „Liecle” und, „Constitutionnel“ ; man treibt den genannten Blättern nämlich aus Turin vom 15.“. Die Nachrichten aus Neapel sind schlecht. Zum Stadtkommandanten hat Garibaldi Sirtori ernannt, einen tapferen Mann, aber Republikaner , zum General-Unterstaatssekretär den Chirurgen Dr. Bertant von derselben Scattirung. Nach London sendet er Carlo Cattameo, der, durch seine , republikanischen ‚Anfleten und durch seine Schriften gegen das Haus Savoyen bekannt is; zum Prodiktator von Neapel sucht er sich den Mailänder Marquis Georg Balfavicetino (den einstigen Genossen Silvio Pellico’s auf dem Spielberge) aus, der im Turiner Senate stete in der Opposition gegen Cavour gewesene und" Überdies zwar Garibaldi sehr ergeben, aber schwach und völlig außer Stande is, eine so komplizirte Verwaltung zu leiten. Das Schlimmste aber ist der Inhalt des Briefes,den Garibaldi an den König gerichtet hat und mit dem gestern Abend sein Adjutant Graf Trecht und sein Intimster Vertrauter Dr. Brambilla hier eingetroffen sind. Das Stretchen, bessen Authenticität ich Ihnen verbürgen Tann und das in den offiziellen Regionen große Aufregung hervorgerufen hat, verfolgt denselben Gedankengang wie die Proklamation an die Neapolitaner : Garibaldos Mission se erst dann beendet, wenn er in Nom und Benedig fiebes troß seines heißen Wunsches, die Annerton augenblicisch vorzunehmen, dürfe er das nicht um der Fortlegung seines Werkes willen; zu Braf Cavour habe er sein Vertrauen und sei daher außer Stande auf die Ratsschläge zu hören, die ihm von Turin aus zugingen. Nach den Einen hätte man bei Hofe die Hoffnung, Garibaldi noch durch Vermittlung gewisser Personen, zu denen er stets das größte Zutrauen gezeigt, zu Kapazitiren. Nach den Anderen aber hätte Viktor Emanuel den Brief bereits in sehr entschiedenen und bestimmten Ausbrüchen beantwortet, da Garibaldi die Kangett so weit getrieben habe, rund beraus die Entlassung Envour’s und Tartnt’s zu verlangen, da deren Intriguen die Wiedergeburt Italten’s verhinderten. Der Genueser Korrespondent des „Constitutionnel" “meldet unterm 15. In einer Nachschrift : „Ich erfahre soeben, daß die wielbesprochene Proklamation Garibaldi’s an Die Palermitaner unecht if; allein, das Cavour’s Organ, die „Opinione”, noch am 16. dieselbe Proklamation zum Gegenstande ihres Ladels wählt, läßt sie ungaró echt erscheinen. Die Palermitaner, — sagt das ministerielle Blatt, — verlangten die Annerion an Piemont, und Garibaldi erklärte, die Annerton könne nur vom Kapitolium aus proklamirt werden. In der Proklamation Garibaldi’s wird eine Provokation gegen Frankreich‘ und die Möglichett erkannt, daß es wegen Roms zu Zerwürfnissen kommen könnte. Die französischen Truppen in Rom hat nur in Pepklam ihren Grund, Trantrei Kr für die ein ts auf Rom, nondepend.“, — indem sie dieses Zmiespalte hit bemerkt dazu: „Graf Cavour ist sehr ge fett , und Garibaldi ist Fein Thor, der duch dem Sanatismus des Erfolges sich verblenden läßt." dnch die „Limes“ empfiehlt dem Diktator auf's dringendste Mäßigung an : „ Wenn Garibaldi, — schreibt sie, — unglückiger Weise nicht mit frieden läßt und darauf besteßt, Die Franzosen anzugreifen, so ist der Erfolg des ganzen italienischen Spieles gefährdet, Sardinien und die Revolution werden von einander gefähreden sein, und wenn Garibaldi so unglückich sein sollte, einen ersten Sieg über die Franzosen davonzutragen, so wird er es nur dahin gebracht haben, daß der Kaiser die ganze Macht seines Reiches, so weit es nöthig is, aufbieten wird, um ihn zu vernichten. Garibaldi is ein Mann, dem er Ernst ist mit dem, was er treibt, aber er ist seineswegs ein Ratender. Er muß im Stande sein, zu berechnen , daß Rom, wenn es in Italien allein dasteht, schließlich der Hand des Papstes entgleiten und dem es umgebenden Königreich zufallen muß. Er, der früher einmal Rom vertheidigt hat, muss einsehen, daß er nebst allen feinen Schanzen Frankreich gegenüber einem schwachen Kinde gleich sein würde. Er wird kebenfalls alles, was er und seine Landsleute gewonnen haben, gefährden wollen. Ritter Emanuel, schreibt man dem „Confitutionnel”, hat am 14. Abende an den Kaiser Napoleon einen sehr warmen Brief geschrieben, in welchem er ihn, „den er als seinen besten Freund betrachtet, befämwört, die Sache Italiens nit zu verlassen, und sich erbietet‘, selbst nach Algier zu gehen , um persönlich die heiligen Beweggründe auseinanderzufegen, die ihn gedrängt haben zu thun, was er für das Heil der Halbinsel gethan." — Der Sendling Biltor Emanuel’s an den Papst, Eonte della Minerva, mußte die Deperdien, die er dem römischen Hofe zu überbringen hatte, in Civitavecchia dem französischen Konsul übergeben, durch dessen Vermittelung sie nach Rom gelangten. Der Delegat hatte nämlich erklärt, er könne dem Gesandten, der vor geraumer Zeit seinen Posten in Rom verlassen, die Reise nach Rom nicht gestatten, ohne vorgehende Erlaubniß Antonelt’s. Sehen wir nun fließlich, was man aus Neapel treibt : Die Enthülungen über die Amerbietungen, welche von Seiten der Regierung des Königs Franz dem anrühenden Diktator gemacht wurden, machen Aufsehen. Unterhändler war ein vormaliger Emigrirter, La Cecilia. Das amtliche Blatt von Neapel hat jegt den Brief Dieses Unterhändlers veröffentlicht und der Minister Liborio Ropmano hierauf die Erklärung gegeben, er habe mit diesen Umtrieben nichts zu schaffen und mache ‚seine Hände in Un- Tchuld. Die offizielle Zeitung erklärt die Verhaftung der drei Mitglieder der provsiortischen Regierung, welche am Tage von Garibaldi’s Einzug erfolgte , für. ‚ein befragenswerthes Mißverständniß‘‘ 5 „,es ist dem Diktator nicht eingefallen, ehrenwerthen Männern zu nahe zu treten, welche die Gewalt nur zeitweilig übernommen hätten, um ihm dieselbe zu übertragen.” Am 11. war die Organisation der Armee in Neapel so weit vorgerückt, daß Garibaldi bereits über 50.000 Mann verfügte. Die Garibaldi zugefallene Stätte besteht aus 80 Schiffen von allen Größen. Es besteht ein vertraulicher Verkehr zwischen Garibaldi und dem englischen Botschafter, Hrn. Elliot, der dem Diktator mit seinem Rabe beisteht. Die Reise des Königs nach Carta macht auf den heiligen DBater einen tief betrübenden Eindruck. In der Erinnerung an das eigene dortige Exil hat er ihn durch ein Handstreiben nach Rom eingeladen. Nach dem Abzuge des Königs am 9. b. M. wurde Garibaldi bedeutet, dat er búg ort San Eiimo übernehmen künne. "Der Diktator unterlien es an nicht, si mit einer leicsten Eskorte dabin zu begeben, wenn auch begleitet von einer unzähligen entsuftaftii gestimmten Bolfsmasfe. Als er in der Rückkehr begriffen, um 6 Uhr Abends den Hügel hinabflieg, feuerte ein Soldat der Douane aus ziemlicher Nähe einen 99 t stulenfuß gegen den Diktator ab. Das Boot fiel hierauf wüthend über den Angreifer und gab ihm den Tod. “ Wie den ‚„‚Debats‘’ geschrieben wird, hat der König Franz II. nur sein persönliches Eigenthum aus dem Schlosse mitgenommen, aber an die Kronjumwelen und mehrere kostbare Bilder von Raphael u. s. w. fehlen. " Derselbe Korrespondent meldet vom 11. September : , Der Kriegsminister hat die Zeughäuser leer gefunden; vor sechs Monaten waren nor 200.000 Stüd Gewehre bafelEfi vorhanden; ein großer Theil wurde nach Rom gefickt. Heute früh belegten Die piemontesischen Bersaglieri die Eihlöffel der Hauptstadt. Zu gleicher Zeit sind für alle Schiffe der Flotte nach Genua abgefahren, um acht piemontesische Regimenter abzuholen. In der syrischen Angelegenheit liegen folgende Meldungen vor : Der türkischen Bevölkerung Syriens wurden 25 MIN, der jüdischen AMIN, als Schadenerlag für die Christen auferlegt. Die Zahl der in Damastus verhafteten, welche bis seit 1020 beträgt, sol auf 4000 gebracht werden, darunter befinden sich fast drei Biertheile der Jüdischen Kaufleute. Zum Strange wurden 112, gegen 600 zur Galeerenstrafe verurtheilt, 127 ere hoffen. Der Gesammtschaden der Christen wird auf 250 Mil. Piafter, die Zahl der Ermordeten auf 7500 bis 8000 Personen angeflogen. Fund Varda befahl,der Stadt 2000 Christenhäuser aufzubauen. Das französische Expeditionsforps war am 9 volständig in Beyrut eingetroffen. Buab Paldha wird dort erwartet, um mit den fremden Kommissären an Tonfehren. Die Franzosen sollen vereint mit 8000 türkischen Truppen Led fa angreifen, wohin sich viele der Hauptschuldigen geflüchtet. Die syrischen Exportzölle wurden auf 7 pet. herangefegt. — In Folge eines blutigen Handgemenges zwischen der Polizei und dem griechischen Döbel in Smyrna wurden strenge Sicherheitsmaßregeln getroffen. Eingesendet: Seit Sinner 1860 fand Hauptreffer in Pet. — Auf Ratenzahlungen als auch gegen eine Kleine Angabe sind Kredit, Iofe, Ziehung von am 1. Oktober 1860, Haupttreffer 200,000, 40,000, 20,000 ft., biligst zu haben bet ©, Herzberg , Wechselstube Ede der Brüd- und Wienergasse * Wien, 20. September. Die Barbörse begann in Kreditastien mit 166.50, Nordbahn 1777, Staatsbahn 246.50. Da sich das Gerücht von einer Niederlage der Pier monteten, welches die gestrige Abendbörse einigermaßen belebt hatte, nicht bestätigte, so war heute der Kursbruch namentlich in Kreditastien, um so stärker, flechen bis 165,40 und schlossen nur um einige Zehntel höher, Nordbahn ermattete bis 1775, National war 73,50 Geld. Auf der Börse felo magdete die Entmutigung weitere Fortfpritte, obwohl neue, verstummende Nachrcchten nicht bekannt wurde, dagegen Pariser, Londoner und Frankfurter Kurse hoher kamen. Die meidende Tendenz war heute eine besonders entschiedene und sämmtliche Papiere erlitten beinahe ohne Ausnahme beträchtiie Kursverluste. In demselben Maße fliegen Desifen und Komptanten. Junge Bahnen . Insbesondere M Westbahn- und Karl-Ludwigsbahnaktien, erfuhren eine beträgliche Schwähung, ebenso Grundentlastungsobligationen , National , "Mertalliques, Bant- und Estompteaftien. Anstatt einer, wenn auch nur mäßigen Erholung, wurde gegen Ende das Aufgebot noch drängender, Schlußfurfe, Kredttattten 164,60, "Nordbahn 1768, Staatsbahn 246, National 73,30, ungar, Grundentlastungen 65,25, Augsburg 114,80, London 134, Verantwortlicer Rebatteur : Karl Weisskircher, Schnellpfeifenbruch von Emil Müller, Dorotheagaffe Nr. 12, Bel. 1860, Verlag der Peter Moybgesellschaft.