Pester Lloyd - Abendblatt, April 1863 (Jahrgang 10, nr. 74-98)
1863-04-22 / nr. 91
Abendblatt as Pest Mittwoch, 22. April. Nr. Bi, (Die einzelne Nummer Loftet 4 Er, 5. B.) eft, 1863. Lloyd, Telegr. Deperdhen des , Jefter Lloyd.“ Berlin, 22. April. Von der polnischen Grenze wird gemeldet, Daß am 19. b. zwei heftige Gefechte in den Kampinos-Waldungen, jede Meilen von Warschau entfernt, und bei Pulthof stattgefunden haben; das leptere wurden von den Russen verbrannt. Krakau, 22. April, Der , Cza8": meldet, eler wel habe nach dem Kampfe vom 16. b. eine fehle Position eingenommen und sei cam 17. b. von 800 Russen angegriffen worden, welche von ihm geschlagen sich nach Zanow zurückzogen. za Das heutige „Hon” bringt die Mittheilung, daß das gegen Herrn Mori Jelay gefälte militärgerichtliche Urtheil vom obersten Gerichtshofe in eine sehsmonatliche Gefängnißstrafe und einen Kautionsverlust von 1000 Gulden modifizirt worden sei, und das Herr Móf anfeine Gefängnißstrafe in einigen Tagen antreten werde. Zugleich erklärt das genannte Blatt, daß während dieser Zeit Herr Georg Útroházy die verantwortliche Redaktion desselben führen wird und bas bie durch die freundschaftlichen und Literarischen Beziehungen zwischen der Redaktion und den Mitarbeitern seine Renderung erleiden. Die Herren August Gregurs und Johann Pomeper9y, Ersterer als verantwortlicher Rebatteur, Legterer als Eigenthümer dis vor einigen Tagen eingegangenen „Or- Pag“ , sind, dem „P. Naple“ zufolge, auf heute Vormittags 9 Uhr vor das E. Ef. Militärgericht geladen worden. : eber die zweite Sigung des Rumänenftonsreffes vom 21. b. wird aus Hermannstadt telegraphirt : Debatte Über He Prinzipien der Dantabreffe an Se, Majerät den Kaiser, Erzbischof Sterfa Sulup, Bischof Shaguna, Vizepräsident Domzssa, Barttiu, Puscartu sprachen mit voller Entfriedenheit und schlagender Begründung für das Oktoberdiplom und die Federverfaltung. Die ganze Bersammlung ist einsimmig dafür. Die von Schaguna vorgeschlagenen Punkte zur Adresse werden einstimmig angenommen , dessen Arreptwurf einem Komits übergeben, welches die Abdreffe, und abgesondert die Beschwerten der Rumänen, formuliren son. Das Lemberger, tf. Strafgericht hat, wie die „Gen.-Korz." berichtet, den Grafen Anton Gobiemwstz, der ‚befanntlich infolge seiner heftigen Auslassungen im Landtage sich veranlaßt fand, sein Mandat niederzulegen, aber ir sich wieder gewählt worden war, in Berhaft genommen. Neber das dem englischen Parlamentsmitgiede, Herrn Sennesfey, am 19. b. in Kralau im Saale der sädtischen Ressource veranstaltete Bankett wird der „Pr.“ gefärieben : Die Gäste waren fast durchgängig in polnischer Nationalstadt ersdhtenen, und herstellte von Anfang bis Ende go kommene Ordnung, obgleich sich die Versammlung in gerhobener Stimmung zu befinden fühlen,. Die Reihe der Toaste eröffnete der Landtagsabgeordnete für Skralau, Graf Leon Sftorupka, in englischer Sprache, indem er den gefeierten Gast ungefähr in folgender Art bewilfommnete : Als Bestreter der alten Scraftenstadt reflamire er für sich den Borsug, Herrn Henneffey zuerst das herzliche Willkommen zuzurufen, und zwar nicht bies im Namen der Stadt, sondern auch in dem des ganzen Landes. Die Sympathie des Herrn Hennesley, welche er mit so viel Berechtsamkeit im britischen Parlamente an den Tag gelegt habe, hätte seinen Namen zu einem ebenso theuren für Polen gestempelt, als er der unverarmtliche des Lord Dudley Stuart war. Die Aufgabe, die er (Hennesfy) sich gestellt hätte, sei nicht unfruchtbar, dafür bürge genügsam die Sympathie des englischen Volkes, welche die märhtige Intervention der britischen Regierung nach sich ziehen müsse. Wenn der enge Raum des Saales nit alle diejenien fallen könne, wilde an dem Festend zu betheiligen wünschen, so sei die Ursache die, daß alle größeren £otplitäten von verwundeten Freiheitskämpfern eingenommen seien. Der Redner floh mit einem He. auf den Gefeierten, Herr Henneffey beantwortete diese Rede ungefähr folgendermaßen : Er bedauere, nicht in der Landessprache zu der Versammlung reden zu können, aber die Sprache, die er rede, sei die eines freien Volkes, welches stets die in der polnischen Frage repräsentirten Freiheitsbestrebungen untersügt habe. Noch vor drei Monaten habe, außer den Polen und einigen ihrer Freunde im Auslande, Faum Irmand in Europa die polnische Frage gekannt, Renterungen, sowie ein großer Theil der offiziellen öffentlichen Meinung hätten geglaubt, daß die polnife Netionalität dem eisernen Drude erlegen sei. Der gegenwärtige s heidenmüthige Kampf habe dieser Annahme ein eflatantes Dementi gegeben. In England hätten beide Parlamentshäuser , alle bedeutenderen Städte, in Frankrei alle Volfsklassen, Schweden, die Schweiz laut Ihre Stimmen für Polen erhoben. In Italien hätten sich) Die zwei feindseligsten Souveräne , der Papst und der König Viktor Emanuel , in einem einzigen Punkte geeinigt, und zwar für die Sache Polens einzutreten. Die Polen hätten die ganze Welt für ihn mit Ausnahme der russischen Regierung. Ihre Sache gewinne täglich an Kräften, während Rußland täglich schwächer werde. Er sei sein Freund von halben Maßregeln und Transaktionen, deswegen wundere er sich nut, daß die Polen die ihnen in legterer Zeit gemachten illusorischen Versprechungen mit Entrüstung zurückgewiesen hätten. Er hege vielmehr die feste Niederzeugung, daß bald ein unabhängiges Königreich Polen entstehen und er Gelegenheit haben werde nicht mehr wie heute zu Abgeordneten fremder Parlamente, sondern zu den Deputirten des polnihen Reistages und zu Mitgliedern der polnischen Regierung zu sprechen. Seine Rede endigte mit einem Hof auf die Sache Polens. Nachdem noch der Landtagsabgeordnete Graf $. Wobrit gesprochen, und der in Krakau wohnhafte Dichter Lucyan Stemtengkt ein von ihm für die eher verfaßtes, sehr sinnreiches Gedicht vorgetragen hatte, trennte sich die Gesellsfaft gegen 9 Uhr in der besten Stimmung, NMnzivifdien hatte fr eine große Wolfsmenge auf der Markte angesammtelt, welche Herrn Henneffey beim Heraustreten aus dem Ressourcengebäude mit lauten Bivate begrüßte. Ruhe und Ordnung wurden nirgends gestört. Am 20. beabstätigte Herr Henneffey die Salzwerte von Wieliczka zu besuchen und Abends mit dem Schnellzuge die Radreife in seine Heimath anzutreten. 6. KR, Paris, 19. April, "Die Situation gestaltet sich zwar noch ernst genug, tod glaube ich als ihm wohl noch nicht an eine unmittelbare Kriegsgefahr und flühe mich bieder sum Theil auf die Thatfadje, welge ich verbürgen Fann, bag der Fürst, welger felt dreißig Sahren ver Freund und Ratygeber aller Gouveraine in Europa ít und bien eben so reicje wie wefchlet bewíbte Erfahrung nur oft, von den europäischen Frieden bedrohende Gefahren abgewendet hat, in der großen Trage des Tagesthätig If. König Xteopold nämlich bemüht sich in diesem Augendliche aufs Eifrigste, die englische Regierung davon zu Überzeugen, wie es vorzugsweise ihre Aufgabe sei und wie es zugleic in ihrer Macht ege, die mit jedem Tage drohender fi neflaltenden Aspekten abzuwenden. Der König der Belgier ist fest, davon überzeugt, dab cse nog 3:tt tít den Katastrophen vorzuseugen, In der That hängt dest Alles von den € nrtídlüffen forb Halmersions ab ; tiefe Entiälüffe müssen für Napoleon III. maßgebend sein, R. Wien, 21. April. Die ihn bereits von mir signalisierte Sterreichische Zirkularnote, in welcher sich unsere Regierung über ihre Stölung zur pointfen Trage in ausführlicher Weise ausspricht, ist vor einigen Tagen von hier abgegangen. — Die Untersuchung gegen den belgischen General Kruszemw . Er dürfte wohl ebenso wie die gegen den schweizerischen Oberstlieutenant 9. Erla dargestellte Untersagung mit der Auswertung aus den österreichischen Staaten enden, da bribe besfeldin Bergehens angeklagt sind, nämlich der Organisirung von Freischaaren auf Österreichischem Gebiete, — In Bezug auf den Protest, welchen Die katertische Regierung röüdsichtlich der griecischen Thronfolge erlassen hat, vernehme ich, Daß bietet nicht nur dynastische, sondern auch die Interessen wegen des beweglichen und unbeweglichen Vermögens des griechischen Königspaares sowohl als al eines anderen Stieres des köinglichen Hauses, des Königs Ludwig, in Betracht gezogen sind. Das unbeweglige in Griechenland befindliche Vermögen des Königs Otto und der Königin Amalie allein dürfte sich auf mindestens sechs Millionen Dramen belaufen. Politische Mundschan, 22. April. Die Diplomatie hat das Geheimhalten verlernt; am 17. b. wurden die Ket Depefden sem Sűríten Gottschatoff bekannt gegeben, und am 20. Jon Tonnte „Pays“ Die französische, einen Tag später die „Köln, 3." Die üsterreichtshe analysiern, — Die Analyse des „Pays“ lautet : — .Drouin fonstatiet, die Insurrektion habe in Europa, inmitten der Ruhe, welche nichts zu bedrohen fehlen, lebhafte Besorgnisse erwedt. Der Kampf in Polen erregt Überall eine außerordentliche Bewegung. Franfrei gehorcht demnach einer Pflicht, indem es Rußland die Betrachtungen aufbringt, in welche diese Situation ihm an die Hand gibt, und indem es seine Sorgfalt auf diese Gefahren lenkt, Was den Agitationen in Polen einen Charellr ausnahmennweiser Bedenkliäkett verleiht, IR, daß sie nit das Resultat einer vorübergehenden Krise sind. Die peritopischen Konvulsionen Polen sind die Symptome eines eingealterten Webers , Die offen feinen B3weifes über die Ohnmacht der bisher versuchten Kombinationen, um Polen mit der Situation zu verführen, welche ihm die Beiträge bereitet haben. Die Deperdhe tonstatirt , daß die so häufigen Unruhen alsbald auch die Veranlassung von Beilirgung für Europa werben, weil Polen eine Mittelposition in Europa einnimmt. Diese Konflikte regen die Gemüther auf eine beunruhigende Weise auf. Indem sie sich verlängern, könnten sie die bedauerlichsten Komplikationen zur Konsequenz haben. ES ist demnach das Interesse aller Mächte, diese unaufhörlich wiederkehrenden Gefahren befindtg» beseitigt zu sehen. Der Minister brüht die Hoffnung aus, dad Rußland biete Erwägungen, so würdig der Aufmerksamkeit, in dem Sinne aufnehmen werde, welcher sie der Regierung des Kaisers eingegeben hat. Er hat die Hoffnung, daß Rußland sich bei diesem Umstande von liberalen Dispositionmen bereit. zeigen werde, von melden Saifer Alexander so eflatante Beweise gegeben, und hat es die Notbuwendigkeit von Maßnahmen