Pester Lloyd - Abendblatt, September 1863 (Jahrgang 10, nr. 198-222)

1863-09-21 / nr. 214

Montag, 21. September, Nr.­­ 2 IM. (Die einzelne Nummer Kostet A Nr. 5. SB.) == Wien, 20. September, Die Rolfkonferen­­zen in München werden nun doch bald stattfinden, ob­­wohl es mit denselben Feine Eile hat, nachdem bekanntlich die Berliner Antk­onferenz verschoben is, 34 mache Sie — ab­gesehen von der allgemeinen volkswirthschaftlichen Bedeutung dieser Zollfrage für Desterreich — wesentlich auf zwei Momente aufmer­ken, welche die volle Beachtung Ungarns in Anspruch­­ nehmen können. So kann Sínen nämlich vor Allem mitthei­­ßen, daß der Bevollmächtigte Desterreiche, Freiherr 9. Kald­­‚berg, gemäß den erhaltenen Aufträgen, auf die Weine der Monarchie Rüdfisch zu nehmen hat, um denselben das deutsche Abfachgebiet zu eröffnen. Es geschieht dies wesentlich zu­gun­­sten der ungarisch­en Weine, wobei hier Regierung von­ der Ansicht ausgeht, es sei durch die sorgfältige Berücksich­­tigung der volkswirthschaftlichen Interessen Ungarns nicht nur einer dringenden staatlichen Pflicht zu genügen, sondern auch um Ungarn für die Zollpolitik der Regierung zu gewinnen. In der That wird auch diese Zollpolitik noch in einem ande­­ren, speziel ungarisches­­ Interesse berührenden Punkte ih­re Aufmerksamkeit verdienen. Denn unter den verschiedenen Sn- Huflriezweigen, welche gefdopt bleiben sollen und bezü­glich welcher eben ein festes gemeinsames Auftreten mit den süd­­deutschen Staaten verabredet erden soll, ist eine der wichtig­­sen die Eisenindustrie. An hier ist es die oberun­­sartsche Eisenindustrie, deren Sutereisen mit jenen der Eisenpro­­duktion anderer Theile der Monarchie zusammenfallen. Es sind nur wenige Industriezweige, welche eines besonderen Schuges bedürfen und bezüglich welcher auch der Bollhug ge­­rettet werden sol. Bezüglich aller anderen Inenstriezweige ist die Regierung geneigt, die Positionen des französisch-preußischen Vertragstarifes hinzunehmen und Sie werden daraus am besten entnehmen, wie weit Oesterreich auf dem Wege der Handelg­­freiheit vorwärts geht. Der fenteich ungarische Hofkanzler Graf Forgäd wurde am 19. b. von Gr. Majestät dem Schaffer vor allerhöcht dessen Abreise empfangen, um längeren Vertrag über verschie­dene Regierungsangelegenheiten zu halten. — Ueber die am vordergehenden Tage stattgefundene Auplenz des Kreiherrn 9. E3t908 berichtet der „Wanpr.” : Vreifert 9. Eöt v5­8 hatte Freitag Mittags Audienz bei Sr, Majestät dem Scaffer ; er schilderte in kräftigen Wor­­ten den Nothstand in Niederungarn, und trug die Bitte bezüg­ Hch der Aurelo-Eisenbahn um Gewährung eines Borschuffes »90750,000 fl, und sogleiche An­wertung von 10,000 fl, zum Anlaufe von Werkzeugen vor. Der Kaiser auf­ eine detailierte Besprechung der Frage ein, und fehleg mit der Versicherung daß gegen die Erfüllung der vorgetragenen Bitte Durchaus Fein Anstand obwalte, und Se, Majestät noch heute die geeigneten Anordnungen erlassen werde, damit diese Angelegenheit ungeräumt in der von den Wetenten gemü­nfhhten Weise erledigt werde. Damit war jedoch die Audienz nicht zu Ende ; Se, Majestät ging vielmehr auf eine Besprechung ver­ Nothlage im Allgemeinen über, und erörterte dieselbe mit einer Sackenntniß , welche von einem detatíl­rten Studium dieser bocwichtigen Angelegenheit Zeugniß gab. Aus jedem Worte des Monarchen sprach aber zugleich auch die h­erzlichste Scheilnahme für das Log der vom Geschtee so fehlwer heimge­­­ fuppten Mandestheile, und es schloß sich hieran die Versicherung, saß Se, Majestät Alles aufbieten werde, die summerselle Lage der Nothleidenden zu lindern, und den weiteren Folgen der­­ Kalamität, so weit es in seinen Kräften flehe, Einhalt zu thum, Baron Eötvös,, tief ergriffen vom biefer hochherzigen » Theilnahme, dankte In warmen Worten für die fatserliche Hulp, und wird sich freudig der Mission unterziehen, die Gesinnungen des Kaisers Seinen Landsleuten bisannt 34 geben. Baron Eötvös At hochbefriedigt von dem Erfolge seiner­ Wiener Reise bereits wieder nach Pest zurückgekührt, um dort­ Samstag (19.) die Bersammlung ungarischer Aerzte und Naturforscher, deren Voreigenver er tst, zu eröffnen. Zur Rogamskyi-Affaire legen und „mehrere Mittheilungen vor : Der Abgeordnetenausschuß wird in der heutigen­ Stifung beantragen, das Haus möge seine Zustimmung zur gem­ärtlichen Verfolgung des wegen Hochverrethe ‚beinzichtigten" Abgeord­­neten verweigern‘ Es Hk somit Sie Untersuchung ‘bis nach Schluß der­ Sefften fiftirt. ‚Die som. Lemberger.Lan­­desgerichte zur Begründung der Anschuldigung auf Hochverrath eingesendeten Aftenfunde sind vom Justizm­inister dem Ausschuse vorgelegt worden. Diese „Dokumente“, schreibt man dem „Zagesch, a, Böhm,” beschränken sich auf drei Briefe; in dem ersten, geschrieben von einer­ zweiten Person an eine dritte Namen wurden nicht genannt) wird ein , E. R.“ als Mitglied eines in Galizien bestehenden revolutionären omite’s. bezeich­­net. — Das­temberger Landesgericht nahm an, jene­ beiden Anfangsbuchstaben gehörten dem Namen: Karl Rogamski ; in dem zweiten Briefe ist mit Sinnweglassung des Taufnamens von einem Rogamwsti die Reve — das Lemberger Landesgerichts hatte in Folge dessen auch bei den zwei Brüdern des Abgeordneten­­ Rogamwski Hausdurchsuchungen vorgenommen ; in­­ dem dritten Briefe heißt es, Karl Rogamski habe den „Dank des Bater­­landes" verdient. Das waren die granirennsien Momente der dem Ausschuß vorgelegten „Dokumente“ — der Beweis für ‚die „rrfche That" fehlte und der Ausgang der Verhandlung war damit besiegelt. — Meber des Herrn Justizministers Hein Benehmen in derselben geheimen Lisung wird dem genannten Blatte berichtet : „Der Justizminister, Dr. Hein, hatte bekanntlich­ einen bösen Tag.­­Er hielt es für notwendig, jedem Redner zur re­­pliziren und er ihat dies leider oft in so herbem Zone, daß die Anwesenden sich lebhaft an die „Tage der Präfidentschaft“ erinnert fühlten. Eine Konsequenz dieser Haltung war­ die stürmlfch erregte Szene. Der Justizminister fühlte sich nämlich gedrängt, als der Erste auf die bis dahin ängstlich vermiedene politische Seite der Trage aufmerksam zu machen, zur Vorsicht zu mahnen und zu erinnern, daß die Sicherheit des Staates leicht Schaden nehmen künne. Ihm unmittelbar folgte der Abgeordnete v. Szabel mit einer Auseinanderlegung in gleichem Sinne. Daraufhin konstatirte der Abgeordnete v. Schindler mit Schärfe, daß die polnische Frage durch­h Niemanden, nicht einmal von den polnischen Abgeordneten vorgebracht worden sei, nur der Herr Stiftisminister und­ neben ihm der Abgeordnete Szabel hätten sich bewogen­­ gefunden, diese Frage zu berühren; dem gegenüber­­­ müsse erklärt­ wer­­den, daß nicht die polnische Frage, sondern die Frage der Würde des Hauses und seiner Unabhängigkeit das Teutere Yeiten. Dem gab das Haus durch lebhaften Bettan seine Zu­­simmung. Der Justizminister Dr. Hein Yepligh­te" Dagegen : Der Abgeordnete Schindler­ habe dem Hause ein­ Zeugniß­ ge­geben ; er wolle nicht untersuchen, welchen Werth, dieses Zeug­­niß habe, aber­ bemerken wolle er, daß nicht er (der Minister), sondern der Abgeordnete Mühlfeld die polnische Frage ange­­regt habe, als dieser die „Hochverrathsfafta” auseinanderfeste. (Nach dem Korrespondenten der „Schles. 3." gebrauchte Dr. Hein die Worte: „Die polnische Frage sei eine revolutionäre Trage und die, politische Agitation sei eine hochverrätherische.”) Diesen Worten folgte ein Sturm des Mißfallens, namentlich auf den Bänten der Polen, und sofort erhob ich Graf 99 o tocÍiít, um im Namen ver Polen gegen die Aeußerung Des ging sofort ! "! '

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