Pester Lloyd - Abendblatt, Oktober 1863 (Jahrgang 10, nr. 223-249)

1863-10-14 / nr. 234

A. Herzberg, den­ König suchten diese Leute um seine Nechte zu beschwindeln, mit dem Volle machen sie ss ganz ebenso. Zuerst verlangen sie Wucherfreiheit.Der Wus­cherer,der sonst wie der Dieb und Betrüger bestraft wurde, sollte in Zukunft sein schändliches Gewerbe offen und unger­straft vor aller Welt betreiben dürfen und ein geehrter und geachteter Mann sein,der ein Recht dazu hat,sich von dem Schweiße und Blute des armen arbeitenden Volkes mästen zu lassen-Pennt man das für die Rechte und Freiheiten eines Volk­s kämpfen,oder heißt was ein Volk beschwinveln und berauben ? Dann verlangen sie Gewerbefre­iheit. An Stelle der Gewerbe-Ordnung, die jeden Meister in seinem wohlertwor­­benen Meisterrechte und in seiner Selbstständigkeit fügt, sollte die Gewerbe-Anareate,­­ an Stelle der Freiheit das Faustrecht treten. Der bis dahin selbstständige Handwerksmei­­ster sollte der Pabr­farbeiter und die leileeigene Arbeitentas fine oder Ladenjuden und der großen Kapitalisten werden. Der Mittelstand sollte gänzlich aufhören und die Welt, aus der die Treiheit versch­wunden it, in Zukunft nur aus Herren und Snechten bestehen. Nennt man das für Recht , Freiheit und Bolke wohl Lämpfen, oder heißt das ein Bolt beschwindeln und berauben ? An Stelle des altdeutschen Erbrechtes sol nur noch das römische Erbrecht Gültigkeit haben, damit die Güter von Kind auf Kindeskind immer mehr verschuldet werden und fehlteß sich Bauer und Evelmann nur noch für ihre S Hypothesengläubiger zu arbeiten haben, bis endlich die ganzen Güter für Zinsen, Kosten und Spitteln den Güterschlächtern in die Hände fallen. — Das ganze Land, so, waren die Fortschrittsmänner, soll verparzelirt, ausgeschlachtet und entwaldet werden und an die Stelle der Pferdebauern sollen Kuh- und Zwergwirthschaften treten, damit folteglich unsere Artillerie mit Ochsen bespannt ist und unsere Kavallerie auf Ziegenböden reitet. — Durch Schaderei und Güterschlächterei wird­ das Land fortdauernd entsalbet, und dadurch eine jährlich immer mehr zunehmende Dürre erzeugt. So sind Thon manche der fruchtbarsten und blühendften Länder der alten Welt durch gänzliche Entwaldung solständig zuiiirt und zur Wüste gemacht, wo gegenwärtig ein Grashalm mehr wäh. In Ungarn, dem Lande der Zi­­geuner, der Juden und der Revolution, Wo oft auf unabsehn­baren Flächen, so wett bas menschliche Auge reicht, Kein Baum, Kein Strauch mehr zu entdecken ist, war schon in diesem Jahre die Trockenheit so­­ groß, daß man ein Pferd,nicht theurer wie eine Melone — für 26 $Kreuzer verfaufte und die Schweine mit Pferdeflen­g fütterte, weil man keine Nahrun­g für sie bat. Trogdem wird der jubtiden Güterschlächterei von der Fort­frittspartet fortwährend Vorschub­­ geleistet und ein ‚Haupt« fortsöprittefude beantragte sogar als Abgeordneter in der Hame­mer die Niederfügung einer Untersuchungskommission zur Aus­­f­lachtung der königlichen Domänen und Forsten­­, damit der legte­ Rest von Forstfultur im preußi­gen Staate, der der jähr­­lich zunehmenden Dürre noch einen Damm entgegenfegt, zum Welten füchtiger Sabrilanten und Spekulanten gefällt were, und wir Zuständen entgegengehen, wie sie gegenwärtig in Un­garn und Palästina herrscten. Nennt man das für die Rechte und Freiheiten eines Volkes kämpfen, ober heißt das ein Bolt beschimpfen und berauben ? Sa, taufenv fäh­ige Betreffe liegen vor, daß die Fort­­trittspartei damit umgehe, den König um seine Macht und seine Rechte, das Bolt um seine Freiheit und seinen Wohl­­fand zu beschwindeln, daß sie Schwindel üben wollen, nicht bI08 gegen den König, sondern auch gegen das Bolt! Macht die Augen auf! febt Euch die Leute genau an, die fortwäh­­rend­ auf Junker und Pfaffen schimpfen und von großen Gefah­­ren sprechen, denen das Land durch die Feudalen und Reaktio­­näre ausgelegt sein sol. Es sind oft nur Leute, die Eure Augen blenden wollen, damit Ihr­ mit offenen Augen in Euer Verderben rennen sollt. Macht die Augen Har und fragt Euch, ob all das Sc­hrediihe, was die Fortfeprittsmänner den Beu­­balen an den Hals Lügen, nur halb so schlimm is, wie die wirklichen Gefahren, womit die Fortfeprittspartei König, Bolt und Vaterland bedroht!? Darum wählt konservative, Tüungs­­treue Männer zu Wahlmännern und Abgeordneten, nur solche, und nicht einen einzigen sogenannten Fortscprittsmann ! Dieses, Dokument, charakterisirt die preußischen Jun­­ker und ihre Bestrebungen besser als die gelungenste Schilderung vermögte. Es ist eine Photographie der renti­tionären Partei, Brozep N Rosenthal. Gestern Dienstag begann vor dem Wiener Landes­­gerichte unter dem Anprange eines ung­wöhnlich zahlrei­­chen Auditoriums die Schlußverhandlung wider den durch seine Fahne Spekulation auf journalistischem Felde wohl­­befannten Franz Anton Rosenthal Der durch den Staateranwaltssublittuten Szober entwickelten Anklage entnehmen wir Folgendes : 3. A. Rofenthal (der im Gerichtssaale nicht auf der Anklagebank, sondern auf einem L­ehnstuhl hinter seinem Ber­­theidiger fist), zu Krakau in égő hi geboren, 50 Jahre alt, verehlicht, ist der Sohn eines israelitischen Lehrers und wurde in seinem Jünglingsalter Katholik. Von b dieser Zeit an beschäf­­tigte er sich größtent­eils mit literarischen Arbeiten, zumeist religiösen Inhaltes, und trat im Jahre 1849­ zum ersten Male als­ Herausgeber des Journals „Der Polygraph“ vor. Die Deffentlichkeit,. Später wurde er Beamter de­r bestandenen lombardisgen Stanisbreipaltung zu Mailand. Im Jahre 1859 wurde R. als Rechnungsoffizial bisponibel, einzimed­en bei der Kameralbuchhaltung in Wien verwendet und bald darauf, weil er schon damals von Gläubigern sehr gedrängt wurde und au wenig Thätigkeit entwickelte, in den Pensionsstand verfept. Von diesem Zeitpunkte begann R. mit seinen „gemeinnügigen, die allgemeine Wohlfahrt fördernden" journalistischen Unter­­nehmungen, die jedoch­ nach­einander scheiterten. Da er selbst sein­ Geld hatte, spefüh­rte er auf die Leichtgläubigkeit , stellte hohe Gagen und Zantiemen­ in Aussicht , verpflichtete jedoch die Eheilnehmer zum Erlage von Kautionen und Einlagen und vermehrte auf solche Weise die Anzahl seiner Gläubiger. Am 1. Mai 1862 endlich erschien eine von ihm verfaßte 128 Seiten flarfe Brodure unter dem viel­­versprechenden Titel „Humanitätszentralinstitut zur Förderung der geistigen und materiellen Arbeiten, des öffentlichen Verkehrs, der gegenseiti­­gen Aushilfe und wechselseitigen Bereicherung, zum Austausch pe Erzeugnisse so­­wie zur Berwerb­ung jeder Leistungs­­übigkeit“. Zur Begründung dieses Unternehmens, zu welchem, wie es hieß, große Kapitalien erforderlich seien,­­wurden Theil­­nehmer mit Einlagen angenommen und ihnen nebst einer Bere­cinfung von 10 Perzent auch Dividenden in Aussicht gestellt und für die eingelegten Summen Antheilscheine ausgegeben. Gleichzeitig erschien eine­ Biographie des Professors Rosenthal, eine Webersicht der­ Besoldungsansprüche und eine tabellarische Zusammenstellung der 10prz. Zinsen, der Einlagen. Am 16. Juli 1862­­ folgte ein Auszug aus den Statuten und im Sep­­tember, ein Aufruf an Kapitalisten und Dienstsuchende. Im Jänner 1863 erschienen ein Inserat in der „Presse” so­wie Plakate an allen Straßeneden mit dem Titel Sichere und einträgliche Stellen“. In dem Programme dieses umfassen­­den Unternehmens wurde ferner ein Kommissions- Export- und SInkaflogefäft, das Erscheinen von zwanzig neuen Zeitungen für alle Konfessionen, in allen Sprachen u. s. w., angekündigt. Als Garantie für die Beitretenden wurde das Badhaus in Döbling, Eigent­um des R., als eine sehr einträgliche Realität im Werthe von 150.000 fl. angeboten. Das Haus hatte Ro­­senthal, wie die Erhebungen später zeigten, zwar Tauflich an sich gebracht, von dem bedungenen Kauffehilling jedoch nur ein Angeld von 1000 fl. erlegt. Berner wurden die Geschäfte der Unternehmung­ als sehr vortheilhaft dargestellt, es wurde von sehr einträglichen Berg­­werken und von Erwerbung von Gütern in Galizien, Grün­­dung von Fabriken und Werkstätten Ic. IC, gesprochen. Am 19. Dezember 1862 zog Rosenthal seine Slrma beim Handelsge­­richte protofolliren und eröffnete in einer im Hause Nr. 344 am hohen Markt, aus 13 Zimmern und 1 Gartengewölbe be­­seßenden Wohnung, wofür ein Jahreszins von 2500 fl­ gefore­dert wurde, sein Zentralaureau. Es waren daselbst fortwäh­­rend 12 bis 18 Bedienstete untergebracht, die jedoch keine eigentliche Beschäftigung hatten. In dem Bureau lagen pracht­­ios gebundene Geschäftsbü­cker mit viel verheißenden Titeln auf. Auch waren darin imposirende Posten­ gebucht, die sich jedoch später als bloße Fiktionen darstelten So war unter Anderem im Hauptbuc je eingetragen eine Bareinlage von 15,000 fl. ves §. A. Rosenthal, ebenso von Verwandten beg felben ein Einlagskapital v0: 5000 fl., das Badhaus In Döb­­ing mit einem Anlaß von 75,000 fl, ein Kohlenbergwerk in Döberna mit 21,500 fl. 3c, 3. Im Ausgabenfonto fanden sich aubh Post-Nr. 100 als Remuneration für 3. A. Rosenthal 15.000 fl. verwendet u. s. w. s Die Zahl der durch solche Vorspiegelungen Getäuschten fewebte Jets zwischen 40 und 50. Nur wenige Interessenten gelangten noch rechtzeitig zur Erkenntnis und erhielten, durchje Androhung von gerichtlichen Schritten ihre Einlagen zurückk, was dem Angeklagten jedoch nur dadurch möglich wurde, daß er für je ein entlassenes Opfer ein neues an­fi zog und den­ Abgang bedte. Bei 48 Parteien blieb R. im Racstande und diese erleiden an geleisteten Einlagen einen Gesammtschaden von 14,994 fl. Außerdem fällt dem Angeklagten noch ein Betrag von 3722 fl. für Waaren und Effekten zur Haft, welche er als Zahlung entgegennahm und die für Anb­eilicheine ausg­efolgt hatte. In der Anklage wurde noch eines von Kem­ Annsklagten beabsichtigten Anlaufes von ungarischen Meinen für die Summe von 20.000 fl. erwähnt, zu welchem Ende R. Agenten mit Wechseln in bianco und Antheilsheinen versehen, entsendet hatte... &$ entstand bieber aber keine Schade, da es beim Berfudje blieb. Die gegen 3. U. Rosenthal erhobene Anklage lau­­tet daher auf was theils vollbrachte, theile versuchte Bei­brechen des Betruges. Zur Schlußverhandlung sind 62 Zeugen vorgeladen und es dürfte dieselbe, mehr als acht Tage in Anspruch nehmen. (Eingesendet.) Geld als Borschuß auf alle Gattungen Staater)" Lotterie- und Industriepapiere gegen raten weiße Rückzahlung, zu haben bei Bank- und Wechselgeschäft, Pet, Dorotheagafse, neues Häuserviere Nr. 3. Börse war Anfangs eine sehr matte, von heutigen Schaft brüten sich Krebitaktien von 186.50 auf 186.10­—20, im Berge 1860er Lose wurden 4­97.7075, „Nordbahn “ 1634—1632 abgegeben. An der Mittagsbörse erfuhren Staatsfonds und Grundentlastungsobligationen, ebenso die meisten Gattun­­gen Bahnpapiere einen Kursruckgang von geringerem oder grö­­ßerem Belang. National und die Metalliques stellten ih um 1/4 Pergent­­­inwädser, hingegen befserten sie 1860er. Lose. bis 97.95. Baulaftten um 1 fl., wogegen Dampfschiffaktien um 1 fl. billiger angeboten wurden. Krevitaftten bis 186 ermattend, stellten sich nach Eintreffen des Berliner Telegrammes !/ fi beffer, Serebitlose ?/ fl. ermäßigt. Baliten gegen geltern um verändert, Schlußfurfe: Krepitaliten 186.50, Nordbahn 1637 Staatsbahn 180, 5% Metalliques 75.50—60, Rationalanlehe 81.50—60 , ungarische Grundentlastungsobligationen 75.75, 1860er Kofe 97,90, Sereditlose 185.80, London 111,55, Se­ber 111,75, (Selege,) Die von Berlin und Frankfurt höher einge­troffenen Kurse (83V und 194Ys) traten an der Abend­börse Anfangs eine angenehmere Stimmung hervor, an hoben fd Kreditaftien von 186,70 bis 187,40. 1860er Kofe von 98.10 auf 98.50. Schluß durch Yarifer niederere Kurfe sehr matt. Kreditaftien 186.80—186,90. 1860er Kofe: 98,40 98,45. Bordbahn 1637—1638, Paris, 13. Oktober, Schlußrente 67,55, Stantshah 410, Erebit Mobilier 1166, tombharb 567, Berant­wortlicher Redakteur : Karl Weißkircher, . ! : : : ! ' * Wien, 13. Oktober, Die Stimmung der Gänelgrefendruf von Emil Müller. Dorstkeannte Mr. 14. Med. 1868. — MVerlag ber Beer Blopbgefeifäaft,

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