Pester Lloyd, September 1866 (Jahrgang 13, nr. 216-241)

1866-09-12 / nr. 225

darf die­ Thatsache mit aller Sicherheit verbürgen ; denn ich selber habe eine unwortgetreue Kopie dieses Briefes bereits vor nahezu 3 Mo­­den zu sehen Gelegenheit gehabt. CS ist sehr angebracht, auf­ dieses Datum Werth zu legen ; denn wenn jene Weisung bei Haiser in Be­­zug auf die Breffe bereits unterm 12. August an den Minister des Innern ergangen ist, so hat die Haltung, meldhe es inzwischen bei französischen, Presse gestattet war gegen Preußen anzunehmen, zur Ge­­nüge dargethan, was ein feindseliger Ton gegen die preußische Anne­­tiunspolitik dadurch keineswegs hat verpönt werden sollen. Damals erschien an im „Konstitutionnel” ein Artikel, dessen Schlußworte mit jenen des Briefes genau übereinstimmten. Wie einem Wiener Delatte geschrieben wird , i­aren Twesten, Unruh und andere Mitglieder der Bort fehrittspartet bei der Tafel des Grafen Birmard anwe­send. Das ist die Indemnität ins Praftische überlegt. arme Rüdmarkc : es ZUr Tagesgeschichte. Pest,11.September. Das pkkußksche Herrenhaus hat nxxn auch den Anne­­xionsvorlagen der Regierung zugestimmtz die­ AMI- servativste«Versammlung Europa’s hat dem revolutionären Prinzipe ihre Huldigung dargebracht.Es ist dies dasselbe Her­­renhaus, das noch vor wenigen Tagen die Aufhebung der Bü­chergehege ver­warf, bessen empörtes Gemissen das frivole Trei­­ben der Geschäftswelt, die materielle Richtung der Zeit ver­­dammte , dasselbe Herrenhaus, das jedes Ltüd Mittelalter mit rührender Anhänglichkeit verteidigt. Und Hannover nige von nun si­ebte Ritterschaft der „Kreuzzeitung“ auch im „Annel­irungsgeschäft“ begriffen, ohne der Schmähungen zu gedenken, die ter Emanuel handelte im Namen der Nation die sie einst ge­­gen Napoleon, Viktor Emanuel, Cavour und Garibaldi geschleu­­dert hat ? Wird der preußische Adel auch Proudhon gestorben, ehe ich die Genugthuung ge­worden, seinen berühmten Sat­z Eigenthum ist Diebstahl" vom preußischen Landtage anerkannt zu sehen. Vorläufig allerdings nur auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes und der­ Zitate aus den berühmtesten juristischen Werten begründet, man denn glauben, daß der Geist der Zeit fi) vor Aussprü­­chen beugen werde, die weder die Vernunft feit für fi haben. Dur Autoritäten lassen testen, die schlechtesten Dinge vertheidigen. Der die Silanerei, Obertribunals. Nein, die Selbsthilfe — deutsche Demokratie sie Was haben noch Aber kann die Gerechtig­­die verfehr­­Despotismus, gejehh­te und ber­­ühmte­n Vertheidiger gefunden. Die Gewalt hatte stets unwillfäh­­rige Suristen gefunden ; vide die Beischlüffe des preußischen eg gibt nur eine plausible Vertheidigung der preu­­ßischen Anner­onen, undz das it die Berufung auf den deutschen Einheitsgedanken, der dadurch seiner Verwirklichung näher ge­­bracht werden sol. Die Einverleibungen froßen sich, wie Graf Bismarc sich ansprüche, auf „das Net der deutschen Nation, zu existiren, zu athmen und sich zu einigen". Was würde aber die preußische Dynastie sagen, wenn einst das Recht der deutschen Nation gegen sie in Anwendung gebracht wird ? Unsere Zeit schreitet schnell vorwärts ; die dimastischen Gefühle sind im deutschen Volke mit Gewalt ertechtet worden. Vielleicht erringt die heute so verachtete Demokratie binnen wenigen Jah­­ren eine ungeahnte Machthöhe­ der Hohenzollern, was die gute Stadt Berlin jagen, das Haus wenn die einige Veränderungen fordern sollte, die Prengen nicht zum Vortheile gereichen ? Bon bei­den Parteien ein Prinzip hüten, daß ist maßgebend, einigen.” und nur „das Recht des Volkes zu exiti­­ren, zu athmen und sich zu von seinen Truppen, preußischen Kammern Sinne verhängnißvollen Beschlüsse faßten,, war das Städtchen Günzburg in Baiern der Schauplat eines traurigen Astes, der mit den Annem­onen nur in allzu nahen Zusam­­menhänge steht, wird darüber berichtet wohl gesagt ; Der Herzog von Nassau nahm Abschied Aus : Obgleich und wird mit jedesmal 3 Nachtzügen bis zum 8. September, der Friedensvertrag z­wischen Preußen und Baiern einen Paragraphen wegen Rüctransport der zur Zeit auf baierischem Gebiet befindlichen nassauischen Truppen enthält, so hat der Herzog von Nassau doch­ direkt mit dem Berliner Kabinet über diese Frage verhandelt und ist unterm 30. August zwischen dem Prinzen Nikolaus von Nassau einerseits und dem Grafen Bismarc andererseits eine Konven­­tion zu Stande gekommen, welche den Truppen eine ehrenvolle Rückkehr in die Heimath gestattet. Die nassauische zieht demgemäß mit vollen militärischen Ehren, Fahnen, Waf­­fen und Hingendem Spiel in Wiesbaden ein. Es folgt darauf der traurige Ast der Eidesentbindung, das Abliefern der Waf­­fen in das Zeughaus, Nicktenden der Fahnen an den Herzog, Beurlaubung der Truppen bis auf Friedensetat se. Der Rad­­transport beginnt bereits heute Abend via Stuttgart-Frankfurt der sein. Der Herzog hat Heute greifender At. Zum legten Male war alle Herzen die Brigade gewissen Brigade vereint, ausgerüht in vollem Waffenschund, mit klingendem Spiel und fliegenden Fahnen, ruhmreiche Feldzeichen aus den Kämpfen in Spanien und Belgien , theuere Pfänder von der Hand edler dem Erscheinen des Herz nachstehender Tagesbefehl Forpsmeife vorgelejen „Mit dem heutigen Tag verlaßt ihr die hiesige Gegend, um den in die Heimath anzutreten. An Folge des unglücklichen Krieges, den wir geführt, bat Mir der Sieger Wein Land, unser ge­­meinsames theures Vaterland entriffen,, und erscheine Sch heute zum legten Male als euer Kriegsherr in eurer Mitte, um euch no einmal pereinigt zu feben und Abschied von euch zu nehmen. Ich Scheune Mich nicht er auszusprechen, haß der Augenblick der Trennung von euch einer der schmerzlichsten, Meines Lebens ist. Der Gedanke hält Mich aufrecht, daß es noch nie eine Schande gemesen, von einem Glärferen besiegt zu werden — eine Schande kann es nur fein, wenn man sie in der Ueberzeugung seines guten Rechts aus Furt vor dem Stärke­­ren nicht wehrt. it eurer Hilfe habe Ich es gethan ; ihr habt Mir treu und gut mit Muth und Ausdauer dabei gedient, habt während dieses kurzen, aber angreifenden Feldzuges stets die beste Manneszucht bewahrt, alle Anstrengungen unverbrossen ertragen, und zulest mit Geduld und Ergebung des Tages geharrt, an dem ihr nach dem hei­mathlichen Herd zurückehren könnt ; ihr habt gezeigt, daß ihr eurer Vater werth seid. Mit gerührtem Herzen jage Ich euch Meinen Dant für die vielen Beweife eurer Anhänglichkeit, die Ich von euch empfan­­gen habe, gebe euch die Versicherung, dab 34 auch getrennt von euch mit derselben Liebe eurer gedenken werde, mit der 34 euch von jeher zugethhan war, und halte Mich überzeugt, daß auch ihr Mir ein treues Andenken bewahren werdet. Bei der Nachfehr­tmerdet ihr Nassau von preußischen Truppen befest finden , fanget seinen­­ Streit mit ihnen an, sondern wie ih­m ein Schicsal mit Ergebung in den Willen der Bez­iehung mit männlichem Muth zu tragen weiß, so zeiget auch ihr, da ihr es in das zu fügen wilt, was nun nicht­ zu ändern ist, und gebet Mir einen Ber­eis von Anhänglichkeit dadurch, daß ihre der Welt zeiget, die jebt auf euch siebt, halt die naslauische Truppe zwar nit groß it, daß sie aber ihren Ruhm darin sucht, in bösen wie in guten Tagen Gehorsam und strenge Manneszucht zu bewahren. An dem Sch Gott bitte, daß er euch und unser theures Vaterland in seinen gnädigen Schuß nehme, jage Sch euch Lebewohl! Hauptquartier Günz­­burg, 8. September 1866. Adolph." Wenige Augenblicke nach dem Verlesen dieses Tagbefehls verkündeten Böllershüffe und Glodengeläute, Huldigungen, welche die nächsten Ortschaften dem unglücklichen, aber ritterli­­chen Fürsten darbrachten, dessen Abschied von Günzburg , sei­­nem bisherigen Exil. Die herrlichste Septembersonne haute auf das traurige Schauspiel herab, das er in der Nähe der Stadt unter dem Zuströmen einer unübersehbaren theilnehmen­­den Menge zutrug. Aller Häupter entblößten sich, als der Her­­zog unter dem Hurrah seiner Truppen langsam die Neihen herunterritt. Die Haltung und das Aussehen der Truppen war ein vortreffliches, bei dem Defiliven brach jede Division in neue stürmische Hurrahs aus, während der Herzog mit Mühe nach Fassung rang. Kein Auge, selbst nicht in den dichten Zuschauer­­menge blieb trocken , als­­ derselbe vor der Front der Brigade von seinen Offizieren Abschied nahm. Schludigend umstanden ihn dieselben, drücten noch einmal die Hand, die in guten wie schlimmen Tagen ihnen nur Wohlwollen erwiesen hatte, und als er dann der Herzog, von Schmerz fast übermannt, zum Scheiden wandte , da drang ein lauter Ruf: „Mit Gott!" durch die Reihen, die Truppe aber brach unter den Klängen des Oraniermarsches in einen enthusiastischen A­bschiedsgruß aus, der erst endete, als der unglückiche Fürst mit seinem fei­nen Gefolge in weiter Ferne verschwunden war. Das war der Abschied Herzogs Adolph von seiner legten Heimath , seiner Truppe ; fremd irrt der Sprosse eines Geschlechtes, das Kai­ser und Könige zeugte, in der Welt herum, verlassen von De­nen, zu welchen er in Freud und Leid gestanden. Aus Berlin, 7. September,­­werden bei "N. D. 3ts." folgende pisante Mittheilungen gemacht : Das Verhältnis zu Frankreich in seineswegs so befriedigender Natur, als die hiesigen Blätter gern glauben machen wollen. Es ist richtig, daß die Entlassung Drouin’s erfolgt ist, weil der Kaiser im gegenwärtigen Augenblick einen Bruch mit Preußen nicht herbei­­führen wollte, aber auf der andern Seite beweist die Ernennung de Moustiers zum Nachfolger Drouin’3, dach dem K­aiser bei diesem Ministerwechsel seineswegs daran gelegen war, eine dem preußischen Hofe angenehme Persönlichkeit zu seinem Minister des Neußern zu machen. Denn wenn die hiesigen Blätter al absichtliches Schweigen darüber beobachten, so ist es doch eine in politischen Kreisen offenfun­­dige Thatsache, daß der Marquis während des Krimmkrieges als da­­maliger Gesandter am hiesigen Hofe in der Affaire des später wegen Depeschendiebstahls verurtheilten preußischen Lieutenant Tehen eine derartige Rolle gespielt hat, daß man preußischerseits damals wiederholt seine Abberufung von hier zu erwirken versuchte. Daß die­sem Wunsche in Paris damals keine Beachtung wurde, hat den Mar­­quis dem hiesigen Hofe nur no verhaßter gemacht. Erst als Louis Napoleon unter der Regentschaft ein freundlicheres Verhältnis mit Preußen herzustellen suchte, wurde Marquis de Moustier als Bot­­schafter nach Wien geschidt, von wo er später in gleicher Eigenschaft nach Konstantinopel gesandt wurde. Der Marquis wird übrigens jeden­­fall auch dem zuffischen Hofe seine angenehme Persönlichkeit sein ; denn jene von Techen entwendeten Depeschen waren es, die haupt­­sächlich dazu beitrugen, den Fall Sebastopol3 herbeizuführen. N­aiser Nikolaus hatte nämlich dem damaligen preußischen Militärbevollmäc­­tigten am Petersburger Hofe, Grafen Münster-Meinhövel, ganz im Vertrauen über die Schwächen der russischen Position eingehende Mit­­theilungen gemacht , welche der preußische Bevollmächtigte in einem lediglich für den König bestimmten Brief nach Potsdam gemeldet hatte. Diesen Brief hatte der Kabinetssekretär des Königs, Niebuhr, der alle an den König gelangenden geheimen Schriftstücke dem General v. Gerlach mitzutheilen pflegte, Lebterem dur seinen Diener in einer verschlossenen Mappe zugesandt, zu welcher der General v. Gerlach einen Schlüffel besaß. Dieser Diener war von­ dem Lieutenant Tehen erfauft und gab diesem Gelegenheit , sich einen Nahschlüffel zu der Mappe anfertigen zu lassen, und so oft er dieselbe zu Gerlach zu tragen hatte, pflegte er sie vorher zu Teen zu brin­­gen. So erhielt Tehen Gelegenheit unter Anderem Abschrift ,von dem Briefe des Grafen Münster zu nehmen und viefes Schriftftück nebst anderen wichtigen Aftensuüden der französischen Gesandschaft zum Kaufe anzubieten, und der Vermittlung derselben wanderten damals jene Korrespondenzen nach Paris. Sie sehen daraus, daß die Erinnerun­­gen, die sich an den Namen des Marquis knüpfen, nicht dazu die­­nen können, ihn dem preußischen Hofe besonders angenehm zu machen. Auch der Brief des Kaisers an Lapalette kann seineswegs als ein Anspruch besonderer Sympathie für Preußen gelten. Dieser Brief des Kaisers, aus dem preußische Blätter jei eine Art Friedensmanifest machen wollen, datirt vom 12. August. Jh Zur Berfaffungsfrage. Die Hoffnung auf ein baldiges Zustandekommen des ungarischen Minister­iums hat fs nun im die Spalten der „Debatte” geflüchtet. „Die Frage des Tages” — sagt das genannte Blatt — „ist die des ungarischen Mi­­nisteriums, und erst wenn diese ihre Erledigung gefunden, wird entweder die Regierung don heute oder das ungarische Mini­­sterium Sr. Majestät die Anträge über den Zeitpunkt der Ein­­berufung des ungarischen Reichstages zu stellen haben." Die Bereicherung der , Deb." gestattet bei aller Hoffnungsfrohen Stimmung immerhin eine doppelte Lesart : Entweder das un­­garische M­inisterium kommt bald zu Stande, oder die Einbe­­rufung des ungarischen Reichstages ist ad graecas ca’endas verbhoben worden. Dagegen betrachtet der bekannte Pester Korrespondent bei „Wand." die Verhandlungen bezüglich des Ministeriums als gescheitert. Die von dem Korrespondenten angeführten Gründe stimmen im Wesentlichen mit den Anschauungen unserei­nen sich über denselben Gegenstand mitgetheilten Wiener Korrespon­­denz überein : Nur naive Personen — zeigt es in der Korrespondenz des „Band.“ — können glauben, daß das Ministerium deshalb vereitelt wurde, weil die Männer der Denk-Partei nicht geneigt waren , der von den Konservativen ge­wünschten Fusion beizutreten. Die Konser­­vativen wissen e3 ja so gut wie wir, daß eine Fusion der Personen in viesem Falle eine Konfusion der Prinzipien wäre. Nicht dieserhal­­ben ist aus dem Ministerium nichts geworden. E3 stand ja in der Macht Sr. Majestät, das Ministerium rein aus Konservativen zu er­­nennen. Auch dies ist nicht gesciehen. Das Land verbleibt in seinem gegenwärtigen provisorischen Zustande. Das Prinzip ist es, das noch nicht zum Siege gelangt ist ; das Prinzip der parlamentarischen Re­­gierungsform ist es, das in den entscheidenden Kreisen noch seine An­­erkennung, ja in der gegenwärtigen Regierung einen starren Gegner findet . D­ieses Prinzip,­­welches seine gebornen Regierungsmänner fennt, welches das Vertrauen der Majorität als Bedingung aufstellt, um zur Regierung zu gelangen. In unseren Verhältnissen, wo die Nation mit der Negierung in Fehde lebt, wo gerade die Mitglieder der Negierung und die ihr Nahestehen­den die politischen Gegner der Landtagsmajorität sind, hält er diese Majorität nicht nur für eine Anomalie, sondern auch für eine politische und moralische Unmöglichkeit, daß sich vaz Ministerium unter der Präsidentschaft eines mennaleich ausgezeichneten Mitgliedes vieler Regierung bilde. Die Deák-P­artei "will dem Ministerium die volle Möglichkeit Schaffen, die Lebensfähigkeit dieser Regierungsform zu be­weisen, so wie sie andererseits für das Land jenen Zustand herbeifüh­­ren will, in welchem es möglich ist, die fehlwebenden Fragen unter dem Vanier des Gefäßes zu lösen. Dies ist aber nur in dem Falle denkbar und realisic­ar, wenn das Land nicht mehr gezwungen ist, seine ganze Kraft für die Vertheidigung der­­ Verfassung einzufeßen, wenn jedes einzelne Mitglied der Regierung ein treuer Anhänger der Verfassung ist, mit einem Worte, wenn die Autonomie zu der Geltung kommt, wie es im Operate des Sublimites für gemeinsame Angelesenheiten festgestellt ist, und wenn das parlamentarische Regierungsprinzip auch dort acceptirt wird, wo es bisher auf Opposition stieß.. Ueber die Besprechung der preutsch-öfterreic­­hen Abgeordneten in Aufsee liegt vorläufig nur ein kurzes telegraphisches Bulletin vor. Aus demselben geht hervor, daß die Konferenz am 8. stattgefunden, und daß man sich über eine politische M­anifestation verständigte. Das Bet treffende Schriftstück sol jedoch zunächst an die politischen Ge­sinnungsgenossen in Wien, Brünn, Prag u. s. w. zur Bei­­trittserklärung versendet werden. Kaiserfeld war Krank­heit halber verhindert in Aufsee zu erscheinen. Se. Menjestät der Kaiser hat unterm 9. d. einen Gene­ralbefehl bezüglich der Reduktion der Armee und der neuen Gintheilung im Stande der Linien-Infanterieregi­­menter erlassen. Hienach haben die Infanterieregimenter künftig im Frieden aus vier Bataillonen zu vier Kompagnien und aus einem Depotkadre zu bestehen.—­Diese Formation,so wie der für dieselbe normirte Frie­­densstand ist bei den Regimentern der Nordarmee mit Ausnahme der sieben venetianischen Regimenter,schon jetzt in der Weise anzunehmen, daß aus dem ersten und zweiten Bataillon und dem Bataillonsstabe des­ dritten­ beziehungsweise vierten Bataillons drei Bataillone gebildet werden-In dieser Formation is­t schon in die neuen Friedensdisloka­­tionen abzurüden. Die Kompagnien Nr. 13, 14, 15 und 16 formiren das vierte Bataillon, in welches in die Ergänzungsbezirks Stationen zu verlegen ist. Der Rest der bisher aufgestellten acht Seldkompagnien (17., 18., 19., 20, 21., 22., 23. und 24. Kompagnie) it gleichfalls in die Ergänzungsbezirksstationen abzusenden und daselbst gänzlich aufzu­­lösen. Von den durch­­ diese Maßregel überzählig werdenden Offizieren haben zwei Drittel bei dem Regimentsstabe zu verbleiben und ein Drittel bei den Abtheilungen in der Ergänzungsbezirksstation ihre Ein­­theilung zu erhalten. Auch die Feldjäger-Bataillone werden auf vier Kompagnien reduzirt. Die dur di­ Auflösung der 5. und 6. Kom­­pagnie überzählig werdenden Offiziere bleiben bei den Bataillonsstäben. Ebenso wird die Kavallerie, das Geniekorp3 und die Sanitärtruppe Zur Rot­standsangelegenheit. Ueber die Schritte, welche die Regierung bisher zur Un­­terfrügung der Nothleiden oben gethan, bringt­ der „Sargdny" einen längern Bericht, welchem wir im Wesentli­­chen Folgendes entnehmen : An Folge der Noth, welche auch die dur und Zala, dann heurigen Maifröste und Die später eingetretene Dürre in vielen Gegenden des Landes hervorgerufen wurde, geruhte Se. Majestät den Tavernitus zu ermäch­tigen, daß ein Lanvestomu­s gebildet werde welches über die Mittel zur Unterstügung der Nothleivenden berathen und die Anwendung die­­ser Mittel sorgfältig überwachen solte. Das erwähnte Komits wurde aus den Herren Paul Somfish, Melchior Lönyay, Ladislaus Koriz­­mics, Albert M­odianer und Friedrich Kochmeister zusammengefegt und hielt am nommen. I. 3. seine erste Sikung. In dieser wurde beschlos­­sen, daß den Nothleivenden vor Allem die Möglichkeit geboten werde, ihre Felder nachträglich zum zweiten Male mit Hilfe und Haidefern zu bebauen. Die nenen Gegenden, betreffenden Maßregeln und haben viele Gemeinden, ihnen gewordene Darlehen jedoch was beauftragt, genaue Konskriptionen über von Stand­arbeiten angemiefen, wurden traf durchgeführt namentlich aus den an der Donau gele­­derlichen Wachregeln jebte das Komite zur Milderung des Nothstandes eh­er Anhaltspunkte gewinne, wurden im felt, da­­ss melde meder von ihrer heurigen Zehlung , noch aus eigenen Kräften im Stande sein sollten, im Herbst ihre Felder zu bebauen — ferner daß jenen Noth­­leidenden, deren regelmäßige Erwerbsquellen versiegten, Arbeit ge­geben werde, — endlich, daß man diejenigen Gemeinden bei der E­r­­nährung der Arbeitsunfähigen unterstoße, welche nicht im Stande sind, diese in erster Reihe ihnen obliegende Pflicht zu erfüllen. Damit in Anschaffung von Anbausamen, als auch für in Anspruch ge, das entweder nach der Ernte oder nach einem Jahre mit fünf perzentigen Zinsen zurückzuzahlen. . . Bezüglich der sonstigen, zu Gunsten derjenigen Landwirthe gesorgt werde, berichte, Webprim Komits dieser und im Anbausamen Angelegenheit sichere die Yurisdiktionen vom Tavernitus und Dürre verursachten Schaden, sowie über das Erfordernis von Anbausamen aufzunehmen. Diese Ausweise sind von allen Jurisdiktionen eingelau­­fen und bildeten den Schlüssel, nach welchem der Staatsfafje dem Landesjonde Duna-Fölovärer die Berrbeilung der von überlassenen Summe sowohl zur zur Durchführung von Noth­­standsarbeiten festgestellt wurde. Zur energischeren und rascheren Dur­­führung der Unterftügungsmaßregeln schien es empfehlenswerth, für die Nothstandspastrik­e mehrere königliche K­ommissäre zu ernennen. Se. Majestät ernannte demnach zu küniglichen Kommissären : Herrn Paul Somjsig für die Komitate Baranya (welches blos zum Theil vom Nothstand h­eimgesucht ist), Weitenburg, Somogy, Zolna, (mo­blos Sentralbezirk Noth 26 Ortschaften des Bácser Komitates und für die Stadt Theresiopel. Für diesen Distrikt wurden 616,900 fl. zum Ankauf von Anbausamen,­­ 660,560 fl. aber zu Noth, Raab, Wiesel­­burg, (welcher bios zum Theil von der Noth heimgesucht ist), Oeden­­burg, (mo ebenfalls blos ein Theil Noth­leidet) und Eisenburg, (wo hauptsächlich der Kemencsaljaer- Bezirk fchwer heimgefuhr ist. Für diesen Distek­t wurden 183.000 ff. zu Nothstandsarbeiten angemiesen.­­ Herrn Theodor Botta für die Komitate Bars, (wo blos 24 Gemeinden nothleidend sind), Gran, Hont, (mo 21 Gemeinden von der Noth heimgesuct sind), Komoren, (wo der Schüttler und der Udvarder Bezitz vom Nothstand heimgesucht sind), Neograd (hauptsächlich die­ Bezirke Szécsény und Kéttő), Neutra, (dessen südlicher fruchtbarer Theil am meisten gelitten hat), Trencsin und Preßburg, (wo die zwei Schüttler Bezirke und der äußere Bezirk zu den Nothleivenven zählen, der Transmontaner Bezirk aber vom Feinde verwüstet wurde).­ür diesen Distrikt wurden 600,000 fl. zu Anbausamen und 366,000 fl. zu Nothstandsarbeiten angemiesen. Den Baron Bela Wendheim für die K­omitate Arad, (wo nur in einem Kleinen Theil Noth herrscht), Bétés, (mo blos 8 Ge­­meinden hilfbedürftig sind), Csanád und Csongrád. Für diesen Di­­strikt wurden 200.000 fl. zu Anbausamen und 250.000 fl. zu Noth­­standsarbeiten ange­wiesen. Den Baron Nikolaus Bay für die Komitate Borsod (Mis­­tolczer und Szengrőer Bezirk), Ungb, (wo nur in einem Theile Noth herrscht), Zemplin (Hegyaljaer Bezirk) und Szabolcs (Davdaer und Má­­udvarer Bezirk), dann für den Haidufendistrikt und die Stadt Debre­­in. Für diesen Distritt wurden 120.700 fl. zu Anbausamen und 200,000 fl. zu Nothstandsarbeiten angetrefen. Den Grafen Stephan Szapori für das Heveser Komitat, wo blos der Theißer Bezirk Noth leidet, sowie für Sazugien und Ru, ein Ehrenschild Neapels in spenden, Doch es mit diesem Rechte die gestiftet­­es ftimmung derselben, während Preußen Jungsrecht beruft und sich wohl hütet, um ihren Willen Während nicht. sich dem König von­­ ; Bit unter Zu­­whe seinerzeit dem RB auf das rohe Erobe­­r eine neuen Unterthanen daß der ist war ein erschütternter, ein Unterschied und zu befragen. Cs it Schieffalstüde, Deutschland nur Machtfragen oranischer Fürstinen 3098 wurde den Truppen Bor sich wird wohl Grün­zburg, nun an gibt Möge Preußen in Konflikt gerad­e, ihre in 12. b­­es sich vollen­­feinen braven Truppen Lebe tief­er­­6. Juli die ihnen gebotene Unterfrügung Die betreffenden Landwirthe 5 Millionen Gulden an die­sen Grafen Heinrich Zichy für mußten sich verpflichten, den durch Fröste darlehensweise einzelnen Jurisdiktionen die Komitate zu Anbausamen und 74.000 fl. in ae Sn un ee­nn nn a­en auf den Friedensstand gerecht. Unter die Neduzirungen, welche bei der Artillerie einzutreten haben, werden demnächst besondere Weisungen er­­folgen. Vorläufig wird bekanntgegeben bab die zur Südarmee nicht gehörenden Artillerieregimenter mit ihren Abtheilungen den normirten Friedenzstand anzunehmen haben werden, mit Ausnahme jedoch der von den Regimentern der Nordarmee bei der Südarmee eingetheilten Batterien. Desgleichen werden die Zeugsartilleriekommanden der nicht vom Feinde ertapirten Ländertheile sich auf den provisorischen Frie­­densstand geben.­­ Die Bezirksvertretung von Olvisio hat nach dem Beispiele anderer ezechtischer Bezirksvertretungen eine politische Kundgebung in den „Nar. 2." erlassen , worin sie außer den Landtages und der Postulaten, wie Königekrönung, Hof­ , erweiterte Kompetenz bei böhmischen Bezirksvertretungen, Sanktion der beiden Landtagsbeschlüsse bezüglich der Wahlordnung der Universität, auch „Erneuerung der auf Grund des Patentes vom 15. März 1848 und des Kabinettschreibens vom 8. April 1848 ergeben konnten , gedächten die Patrioten in einigen Bezirken Böhmens eigene Schagenvereine zu errichten, Beischaffung der besten Schulwaffen und im Schießen sein fol. gewöhnlichen czechischen , Kanzlei , Generallandtag teten Nationalgarde” „Nar. 2." in wenigen Jahren verlangt. erridh­­An anterer Stelfe bringen die Nothwendigkeit eines Landsturms bie die Mittheilung, „im Hinblie darauf, daß vielleicht sich deren Ziwed: die entsprechende Uebung Stephan Szechenyi in Döbling. II. Die Frage, ob Szechenyi wahnsinnig gewesen , meint Falk — it in der Allgemeinheit, wie sie bisher aufgestellt worden, über­haupt nicht zu lösen. Der Zustand Széchenyi’s in den Jahren 1848 bis 1860 war eben fein permanenter, kein gleichartiger, und eine Ant­­wort auf die Frage , ob er geistesfrans gewesen ? welche für die Jahre 1848—49 richtig sein möchte, it es für die folgenden Jahre nicht mehr, um für die verhängnißvolle Chorwoche des Jahres 1860 wieder richtig zu werden. 63 sind offenbar d­rei ganz verschiedene Phafjen, welche der geistige Zustand Széchenyis während dessen Aufenthaltes in Döbling durchgemacht. Da­ die Geistesfunk­tionen Széchenyi’s zu jener Zeit, als er in die Heilanstalt des Dr. Görgen gebracht wurde, tief gestört waren, kann kaum der Gegenstand eines ernsten Zweifels sein. Die körper­­liche Gesundheit Szechenyi’s war schon zu jener Zeit, die man sonst „das kräftigste Mannesalter” zu nennen pflegt, tief erschüttert und das hatte auf sein Gemüth stets in der traurigsten Weise zurückge­wirkt. Schon in einem vom 17. Juli 1830 bei Hirsova auf der Donau da­­tirten Schreiben an den Grafen Waldstein legte der kaum noch vier­­zigjährige Széchenyi das eisschrecende Geständniß ab: „Den größten Theil dieser Zeit verbrachte ich unter Herzbeflemmungen und Erxiü­­­dungsanfällen und da noch andere ältere Leiden hinzusamen, fühlte ich mich so niedergedrüct, der Verzweiflung so nahe, daß ich öfter meinem Leben auf kurzem Wege ein Ende machen wollte.” An seinem Schrei­­ben von Binsendorf, 12. Oktober 1831, sagt Széchenyi, daß er Nächte hindurch arbeite, das aber „seine Gesundheit erliege.“ In einem we­­nige Jahre später geschriebenen Buche schildert er, mit welchem Behar­gen ihn das K­ohlenfeuer im Kamine während seiner schlaflosen Nächte erfüle, und von da ab ließen sich eine Unzahl von Stellen aus Szé­­chenyv3 Schriften anführen, welche alle die tiefe Zerrüttung seiner Ge­­sundheit befundeten. In einem aus dem Jabre 1841 stammenden Testamente Széchenyv3 heißt es: „Nach meinem Tode soll mir der Kopf abgeschnitten werden, damit ich nicht no einmal und wäre es auch für einen Augenblich zum Leben erwache, war je deteste mon existence." Unter solchen Umständen ist es doch wohl nur natürlich, wenn in den verhängnißvollen Septembertagen des Jahres 1848 das körperliche Leiden Széchenyi­s seinen Kulminationspunkt erreichte und den seit Jahren der Zerstörung entgegengehenden Organismus un­fähig machte, fürder einem nach den gewöhnlichen Genesen menschlicher Bernunft fungirenden Geiste als Wohnstätte und Werkzeug zu dienen. Wesselenyi hatte gewiß die Wahrheit gesprochen, als er sagte: Der Siam um das Vaterland habe dem großen Batrioten das Herz gebrochen ; allein die Katastrophe entsprang nicht allein aus der Größe dieses Graz­ies, sondern sie war ein Broduft daraus und aus der bereits auf’3 äußerste gestiegenen Schwäche: des endlich zusammenbrechenden Körpers. In der Wechselwirkung zwischen Leib und Seele gibt es aber leider seinen Halt und nach den begründeten Besorgnissen der Seele, melde den Körper mit affiziren, schafft der Erankhafte Zustand des lekteren fortzeugend eine Reihe ängstigender Phantasmagorien, denen anfänglich mindestens no ein Körnchen Thatsahe zu Grunde liegt, bis sie dann in weiterer Folge si immer mehr vom Boden des Nealen ent­fernen und schließlich ganz und gar in Luftgebilde entarten. So war er auch bei Szechenyi. Daß er erfolglos rümpfte und daß die Erfolglosigkeit dieses Kampfes gleichbedeutend sei mit dem Nuin des Vaterlandes und der,­­wenngleich nur momentanen, moralischen Ver­­nichtung desjenigen, der sich die Verjüngung Ungarns zur Lebensauf­gabe gestellt, war Teider nur zu wahr und vollkommen geeignet, bei edlen Batrioten in tiefe Trauer zu versenfen. Daran aber schloc sich bald ein mindestens zum Theil Trankhaftes Gebilde, der Gedanke näm­lich : „daß Szöchenyi selber sein und des Baterlandes Unglück ver­­schuldet habe.“ Széchenyi ward bereits in den mebteren Jahren vor 1848 von diesem Gedanken gefoltert , und auch nach dem Barere des Dr. Görgen litt Szöchenyi bei seinem Eintritte in die Anstalt an „mania desperatoria”, inbesondere an der firen Idee, durch sein „Ko fettiren mit der demokratischen Partei” die Revolution vorbereitet und Ungarn zu Grunde gerichtet zu haben. Diese selbstquälerischen Gedanken Széchenyis nannten wir ein zum Theil frankhaftes Gebilde, denn ein Rörndchen Wahrheit lag ihnen immerhin zu Grunde. Mit irgend­einer „demokratischen Partei" hat Szechenyi allerdings nie in sei­­nem Leben „Eofettivt”; allein das steht fest, dab er der Erste war, der (schon im „Kredit”) in Ungarn $Seen verbreitete, die ihrem innersten Mesen nach durchaus „demokratischer Natur waren , daß er der Erste “war, der einen ernsten und erfolgreichen Angriff gegen den efflusiv aristokratischen Charakter der ungarischen Verfassung unternahm, und daß diese Sdeen gerade dadurch am rascierten Eingang fanden und Wurzel faßten, weil sie von ih­m, dem stolzen Nristofraten, angeregt wurden. Ohne die Vorarbeiten Széchenyis würde Rosjuth für sein Wirken kaum einen so fruchtbaren Boden gefunden haben ; er hätte 15 Jahre später erst da anfangen müssen, wo Széchenyi 1825 begann, und im Jahre 1848 wäre Ungarn vielleicht erst dort gewesen, wohin es wenige Jahre nach dem Erscheinen von Széchenyvs „Kredit“ ge­­langt war. Alles dies ist eine unleugbare Thatsache ; allein liegt darin eine Schuld oder gar ein Verbrechen ? Lag die Revolution in der Absi­cht Széchenyvs , oder war sie auch nur eine, wenngleich nicht beabsichtigte, aber der Natur ver Sage nach noch wendige logische Konsequenz seiner­­ Reformbestrebung ? Gewiß nicht; sie bildete im Gegentheil eine durchaus zufällige, durch eine eigenthüm­­liche Verkettung der Umstände herbeigeführte Ab­weichung von ven Tendenzen Széchenyi’s, sie bildete nicht deren Konsequenz, sondern geradezu ihre Vernichtung, und das Szechenyi dies nicht erkannte, da­ er zu eigener Seelenqual sich durchaus überreden wollte und schließlich auch mindestens eine Zeitlang daran glaubte, er habe dasjenige ver­­schuldet, was er absolut nicht gewollt, ja sogar stets auf das ents­chiedenste bekämpft hatte, dieser Gedanke mar jenes franthafte Aftergebilde, welches sein gestörter Geist an den Stamm einer an und für fi ganz wichtigen TIhatsache anfehte. An diese­mo halb dem Realen, halb der­ Phantasie angehöri­­gen D Vorstellungen schlok sich dann in weiterer Steigerung des physi­­schen und psychischen Leidens eine Reihe absoluter Bharta­magorien, denen es selbst an dem Schatten einer thatsächlichen Berechtigung gebrach. Szechenyi begann für seine Rersen zu fürch­­ten. Nebst dem Schmerze über das Unglück seines­­ Vaterlandes m ward er auch von dem Gedanken beunruhigt, er werde ohne Zweifel als das erste Opfer der Revolution fallen, diese würde, als umgekehrter Ga­­ttrn, zunächst ihren Vater — denn dafür hielt er sig­h verschlingen ; feiner würden sich zu allernächst jene finsteren Geister bemächtigen, die er, wie er meinte, gerufen und nun nicht mehr 103 werden könne. Alein an wenn ihn die Revolution verschonte, wenn sie selber schließ­­lich erläge, was könnte ihm das wüsen ? so grübelte er selbst quälerisch weiter. Die Regierung würde ein furchtbares Strafgericht halten, und ihn, als den Urheber all­ des Unheils, würde ihr strafender Arm sicher:­ich zu allererst ereilen. Knoplich zitterte sein gläubiges Gemüth aug no vor der Strafe des Himmels, der einem so schweren Sünder nim­­mermehr vergeben künne. So hatte die, wie gesagt, wenigstens mit einem Fuße auf jea­em Boden stehende Vorstellung, als ob GSzéz­henyi an der verhängnißvollen Wendung, welche die Dinge in Ungarn genommen, irgend eine Mitschuld zufiele, schließlich eine ganze Fluth folternder Gedanken erzeugt, welche gar keine thatsächliche Berech­tigung mehr hatten, welche aber den großen Mann geistig und Fürper­­li brachen und in den finstern Abgrund der Verzweiflung hinabstier­ten. — Tag und Nacht verfolgten ihn diese quälenden Gedanken ; sie raubten ihm die Ruhe der Geistes und des Körpers ; all’ seine alten Leibesgebrechen machten sich doppelt schmerzlich fühlbar ; keine Macht der Erde hätte ihn dazu vermocht, das Bett zu hüten; er rannte wie von unsichtbaren Furien gepeitscht auf und nieder ; er aß und trant und schlief nicht mehr ; der Körper versagte Wochen lang die zur Er­haltung der Gesundheit unumgänglich nothwendigen Funktionen ; das Fieber verlieh ihn kaum für Augenblide, um einem Zustande völliger Ermattung zu weichen ; der Bull ging dann kaum vernehmbar, jeder neunte oder zehnte Schlag blieb aus, das Feuer der Augen war er:­leihen, die Wangen fanten ein . . das war das Bild des Grafen Stephan Szechenyi kurz vor und in seinem Eintritte in die Gör­gen’sche Serenanstalt. — — — Monate lang dauerte dieser Zustand , ohne daß eine erhebliche Renderung wahrzunehmen gewesen wäre, nur die Wuthanfälle wurden etwas seltener ,„ je mehr Sich Széchenyi an die neue Umgebung ge­­wöhnte ; alle anderen Krankheitserscheinungen dauerten fast unverändert fort ; in seinem Neußeren vernachlässigte er Széchenyi vollständig ; er las nichts , schrieb nichts und wollte Niemanden sehen, nicht einmal seine Gattin und seine Kinder, die er so innig liebte. Er ist ein eigen­­thümlicher, in psychologischer Beziehung bhödst interessanter Zug in dem Charakter Széchenyis, daß er sich in trautem Zustande gerade vor seiner Familie nicht sehen lassen wollte. Zu solchen Zeiten trachtete er sie stets unter irgend­einem Vorwande zu entfernen. Es scheint , dab wir es hier mit jener von Nerzten häufig beobachteten Erscheinung zu thun haben, wonach feinfühlende Kranke ihre Gebrechen eben den Augen derer , die sie am meisten lieben, zu entziehen bemüht sind; gerade sollten Bliden für das „Unschöne” eines geliebten Wesens verhüllt bleiben. Damals begegnete ich einem jungen Arzte, der in der allge­­meinen Irrenanstalt war, aber auch viel im Hause des Dr. Görgen verfehrte. Begreiflicherweise erfundigte ich mich sofort nach dem Be­­finden Szechenyi’ 3, und die Antwort , die ich erhielt, lautete — im Gegensage zu allen anderen Berichten — so überraschend erfreulich, dab sie sie meinem Gedächtnisse tief eingeprägt hat. „Unheilbar — äußerte er — habe ich in der Regel bisher nur solche Geistestraufe gefunden, bei denen sich seinerlei Zusammenhang zwischen ihren Halluzinationen und den realen Verhältnissen entdecken ließ, an welchen die Psychiatrie hätte anknüpfen können. Bei Széchenyi ist dies nicht der Fall. Sein M­ahnfilm gleicht einem hohen Thurme, dessen Spike allerdings in die Woffen ragt, der aber mit seinem Fundamente in realem Boden wurzelt ; hier ist der Zusammenhang mit dem wirklichen Leben nicht unterbrochen , und wenn sich die Verhältnisse in Ungarn halbwegs besiern — das Schlimmste hat das Land jet wohl hinter sich, —, dann bedarf es eben nur einer VBesserung in dem körperlichen Befinden des Grafen, um auch den Geist wieder genesen zu machen.” € 3 ist mir nit bekannt, wie viel Szöchenyi durch seine Umge­­bung von den Vorgängen der Außenwelt erfuhr ; aber darin stimmen alle Berichte überein , daß er im Winter von 1849 auf 1850 ruhiger wurde, daß Wuthanfälle gar nicht mehr vorsamen und daß er­st 1850 sogar entfehlen, seine in der Stadt wohnende Familie zu besu­­chen; bei dem damaligen Zustande Széchenyi’s immerhin noch ein Wagniß, für welches eben nur die Gedankenlosigkeit eines Dr. Görgen die Verantwortung übernehmen konnte. Der Versuch fiel auch ziemlich unglücklich aus. Dem scharfen Auge Széchenyis entging es nir, welche einen erschütternden Eindruck sein verstörtes Aussehen, seine ganze Leb­ensgestalt auf seine Angehörigen machte ; er selbst fühlte si von dem traurigen Wiedersehen auf das Tiefste ergriffen ; von den schmerzlichsten Gefühlen durchwühlt, fehrte er nach der Irrenanstalt zus rnd, in welcher er den Aufenthalt nun , nachdem er eine flüchtige Stunde am häuslichen Herde verlebt, doppelt entseglich finden mußte, während er ihm doch eben wieder Mal geworden war, dab er noch lange nicht gesund sei, um diese Trauerstätte verlassen zu können. Er warf sich auf sein Bett, und meinte lange und bitter. Nie — so ge­­lobte er dann feierlich — nie wieder werde sein Fuß die Schwelle dies­es Hauses überschreiten ! *) ! *) Im Feuilleton der gestrigen Nummer ist duch einen Berstoß beim Umbrechen der Kolumnen die erste Zeile der 5. Spalte als erste Seite der 6. Spalte verseht worden. a ne EKOT TETÉZTE EEE EEE

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