Pester Lloyd - Abendblatt, Juni 1871 (Jahrgang 18, nr. 124-147)

1871-06-10 / nr. 131

Bett, 10. Juni, — Wie wir erfahren, wurde die Zirkularnote Bisconti­­""notta’s, welche die Verlegung des Sites der italienischen Regierung nach Rom für den 1. Juli d. 3. offiziell ankün­­digt und die Mächte einladet, ihre Vertreter der italienischen Regierung dorthin folgen zu lassen, an in Wien bereits übergeben. Zu unserer nicht geringen Befriedigung erfahren wir, daß Graf Beust den östern.­ungar. Ge­sandten in Florenz, Baron Kübed, die VEVE beauftragte, der italienischen Regierung bei ihrer offiziellen Ueber­­sie­dlung nach Rom zu folgen. Wir sind über­­zeugt, mag diese Haltung des öfterr.-ungar. Kabinets Died- wie jenseits der Leitha des lebhaftesten Beifalles sich erfreuen werde, und mir nehmen seinen Anstand, den Grafen Beust zu diesem Entjehluffe umso mehr zu beglückwünschen, als wir wohl wissen, mit welßen Elementen er gerade sei bei Ber­­whrflichung jenes Vorhabens zu Kämpfen gehabt haben muß. Oesterreich-Ungarn wird vom 1. Juli ab in Rom zwar dopp­ielt vertreten sein, aber in Folge der vom Grafen Bourt­­on vor längerer Zeit mit großer Geschieflichkeit getroffenen Dispositionen derart, daß die diplomatische Etiquettefrage, die für andere Mächte noch zu Töten sein wird, von uns bereits umgangen it. Ein Gangstreit zwischen dem Gesandten bei der italienischen Regierung und dem Botschafter bei dem Bapste ist für Oesterreich-Ungarn beseitigt und kann diese Frage, die mancher andern Macht noch Schwierigkeiten machen und zu Reibungen mit der italienischen Regierung naturgemäß führen wird, die Beziehungen zu Oesterreich- Ungarn nicht alterb­en. Die Mission des Grafen Kálnofy ist tt far und ebenso far ver Lärm, den seinerzeit die ultramon­­d Presse über dieselbe erhob. Angesichts bietes geradezu . .jemachjenden Entfehlunses des österr.-ungar. Kabinets glaus wir einer zweiten uns zugehenden Meittheilung, die gleich­­fas­s Rom betrifft, nicht jene Bedeutung beilegen zu sollen, die sie unter anderen Verhältnissen beanspruchen wü­rde. Wie wir nämlich erfahren (siehe Telegramm im Morgenblatte), wird sich der erste Obersthofmeister Sr. Majestät, Fürst Ho­­henlohe, vemnächst nach Rom begeben, um dem Papste zur Feier seines 76jährigen Amtsjubiläums die Glückwünsche ihrer Majestäten und ein Hauptschreiben des Kaisers zu über­­bringen, welches die freundlichsten Wiünsche für diesen Beitrag des hochbetagten Papstes enthalten wird. Im Gegenhalte zu der politischen Aktion des österr..ungar. Kabinett können wir in diesem Schritte nur eine Kundgebung der persönli­­ch­en Gefühle des Herrscherhauses für den Papst erblichen, die als solche der Diskussion entzogen bleibt. — Das Amtsblatt bringt die folgenden allerhöchssten Hand; betreiben : Lieber Minister Horváth! Indem Ich Sie hiermit über Ihr eigenes Ansuhen von Ihrer Stellung als Minister in Gnaden enthebe, finde Ich Mich zugleich bewogen, Ihnen Meine­ volle Anerken­­nung für Ihre treuen und eifrigen Dienste auszubrüden. Meran, 5. Jui 1871. Franz Joseph m. p. Graf Andräsfymp. Lieber Bitte! Ueber Vortrag Meines ungarischen Minister­­präsitenten ernenne Ich Sie hiermit zu Meinem ungarischen Justize­minister. Meran, 5. Juni 1871. Fraanosephm.p. Graf Andrássvm.p. -im Abgeordnetenhause ist heute ein vom­ Kommunikations- Ministerium herausgegebenes Heft:»Statistische Daten über­bie­te tr .­Ergebnisse und die Entwicklung der im Gebiete der ungarischen Krone befindlichen Eisenbahn- und Schifffahrtd:Unterneh­­mungen“, vertheilt worden, welches eine Fülle der interessantesten Aus­weise enthält, von denen wir nur wünschen, daß sie auch richtig seien. Uns fiel z. B. bei der ersten flüchtigen Durchsicht auf, daß als Präsident der Fünffirchen-Barcser Eisenbahn der Judex Curiae Georg v. Majlath genannt wird, während doc allgemein bekannt it, daß Se. Ercellenz sofort nach dem Zustandekommen des Gefeges über die Stellung der Richter, also schon im Jahre 1868 von jenem ®osten zurückgetreten ist. Hoffentlich bildet die erwähnte falsche Angabe nur eine vereinzelte Ausnahme in dem sonst jedenfalls sehr verdienstlichen Werke. Aus dem Reichstagpp­ räsident Mailath eröffnet die heutige Situng de Ober 191 Uhr­­ en 91 eáeítfábeer fungiten : Graf Julius E 3 4 ty und Graf i. · Allem gek p Skch Titutführer des Abgeordnetenhauses, Alexander Bura­­novits,überbringt folgende mit der allerhöchsten Sanktion versehe­­nen Gesetze: ·· ·· die Gemeindeorganisation ; über die Regelung der Gerichte« böfe a Blas über die Anzahl und Sike der Gerichtshöfe_erster­nstanz ; über die Staatsan­waltschaften ; über des Fiumaner Hafens ; über den Bau der Häfen in der Umgebung von Fiume und der Militärgrenze ; über die Negulitung der Flüsse, Instanzhaltung der Straßen in Kroatien und Slavonien ; über den Nachtragskredit für die Herstellung der öffentlichen Sicherheit in Unter­­ungarn ; über die mit Schweden und Norwegen, Frankreich, Italien­­; in Bezug auf die Auslieferung von Verbrechern abgeschlossenen Verträge; über die mit China, Japan und Eiam, Guatemala und DD En Staaten von Nordamerika abgeschlossenen Staats­­verträge. Sämmtliche Gesete werden behufs Publikation verlesen. * Präsident Somifich eröffnet die heutige Sigung des Ab­­geordnetenhanfed um 11 Uhr. Auf den Ministerfauteuils : Andrasfy, Gorove, Zóth, Vauler, Belacsevics, Kerlapoly, Szlávy, später Bittó. Das Protokoll der jüngsten Sitzung wird authentizirt. Der P­räsident zeigt an, der Ministerpräsident habe ihn brieflich davon verständigt, daß Se. Majestät Balthasar Horváth über eigenes Anfügen seiner Stelle enthoben und den ersten Vizepräsidenten des Hauses, Stefan Bittó, zum Justizminister ernannt habe. Leb­­haftes Eisen.) Emeih Huf­er überreicht das Mandat des im Ö-Befjen oder Wahlbezirke gewählten Abgeordneten Johann Rónay. Wird dem ständigen Verifikationsausschhsse zugewiesen. Koloman Ghyczy überreicht das, ein dices Buch in Folio darstellende Gesuch von 2000 Breßburger Bürgern um Annulligung der Besschlüsse des Katholikenkongresses und Feststellung eines Norma­tivs, nach welchem die Katholiken ihr Kirchenvermögen autonom ver­­walten können. Dieses Gesuch wird ebenso wie das von Adam £ & 3­er eingereichte der Petitionskommission zuge­wiesen. (In diesem Augenblickk erscheint der neue Justizminister Stefan Bitte im Hause und begibt sich zu seinem Fauteuil. Er wird vom 88­nzen Hause, auch von der Linken, mit lebhaftem, anhaltendem (jen begrüßt.) Gabriel Varady richtet nach längerer Motivirun­g folgende Interpellation an den h­andelsminister:1.Ist es mit seinem Wissen und seiner Einwilligung geschehen,daß in 11872 ec Budget des gemein­samen Ministeriums des Reußern als Subvention für den Oesterreichischen Lloyd eine Post eingestellt erscheint 22.Wenn nicht,beabsichtigt er kraft des ihm gesetzlich zustehenden Einflusses zu verhindern,daß diese Post durch die ungarische Delegation verhandelt werde,ehe der Gegen­­stand verfassungsmäßig erledigt wurde? Johann Kiss interpellert den Kommunikationsm­inister,wes­­halb das vorjährige Gesetz über den Ausbau des Franzenskanals nicht durchgeführt w­ird. Thom­as Pöchy:Die heutigen Blätter berichten­,daß der Bahn­­verkehr nach dem Auslande voraussichtlich in den nächsten Wochen­ ge­­hindert werden dürfte und dass speziell die österr.Staatsbahn klagt,sie bekomme die nach dem Ausland gesendeten Waggons nicht zurück. Da ein großer Vortheil Ungarns darin liegt, daß bei uns die Ernte um 4 Wochen früher stattfindet, als in Amerika, so­ll es von größter Michtigkeit, daß gerade um diese Zeit der Grport nicht behindert werde. Er richtet daher an den Kommunikationsminister, folgende Interpel­­lation:­ 1. Hat er Kenntniß davon, daß die Bahnanstalten, speziell die österreichische Staatsbahn, sich beklagen, ihre Waggons aus dem Auslande nicht zurückkekommen zu können? 2. Beabsichtigt er, Schritte zu thun, damit dieses Uebel bis zur Ernte befestigt werde? Binzen. Babesiu urgibt die Beantwortung der wiederholten Interpellation Stanestu’s hinsichtlich der Ernennung eines Obergespans für Arad, welcher der romantischen Sprache nir mächtig ist. A­llSämm­tliche Interpellationen werden den betreffenden Ministern tietet. zg DanielJränyi fragt den Präsidenten,was das Oberhaus auf die Mahnung geantwortet habe,den Gesetzentwurf über die Ab­­schaffung der Prügelstrafe endlich einmal zu verhandeln2­er Präsident erklärt,er habe vom Oberhause noch keine Antwort auf diese Urgenz erhalten. DanielJrangi erklärt nun,er habe aus den Zeitungen Kenntniß von dem betreffenden Beschlusse des Oberhauses,welches die Absicht zeigt,die Sache zu verschleppen.Dies ist eine Beleidigung der Nation und er macht dafür sowohl das Oberhaus als auch die Regie­­rung,welche dies duldet,verantwortlich. Ernst Simonyiurg ist die Beantwortung der Interpella­­tion,welche er hinsichtlich des Benehmens des Bischofs Jetelfalisssy an den Unterrichtsminister gerichtet hat.Es ist nöthig,die Absichten der Regierung in dieser Richtung zu kennen,da sonst zu fürchten ist, daß religiöse Agitationen die Ruh­e des Landes stören werden. inister Pauler:Er hat gestern antiworfen wollen,doch war keine Sitzung.Da das Haus beschlossen hat,heute keinen­ neuen Gegenstand mehr aufzunehmen, so kühnte er nur antworten, wenn das Haus dies besonders erlaubt und wünscht. (Rufe: Hört ! Hört !) P­räsident: Diese Interpellationsbeantwortung wird nicht als neuer Gegenstand, sondern als Fortiegung und Beendigung eines duch die Einbringung der Interpellation selbst angeregten Gegenstan­­des betrachtet. (Beifall.) Kultus: und Unterrichtsminister Dr. Theod­or Bauler: Unter solchen Umständen habe ich die Ehre, auf die A Interpellation des Abgeordneten Ernst Simonyi Folgendes zu antworten Der Stuhlmweißenburger Bischof hat in seiner schriftlichen Ein­­gabe an mich erklärt, daß er die dogmatischen Beischlüsse des vallsann­­igen Konzils vom 24. April und 18. Juli am 18. Jänner d. 3. aus Rom seinem Bischofs-Stellvertreter übersendet habe, mit dem Auftrage, dieselben den Pfarrern mitzutheilen, und daß demzufolge die Bubli­­kation gegen sei. · · as die zweite Frage Simontzi’s betrifft,was nämlich die Re­­ierung zu thun beabsichtige,so ist meine Antwort daraus die folgende: Die Regierung beabsichtigt zur Wahrung und Aufrechthaltung der Rechte der Krone Verfügungen zu treffen, welche der bisherigen Praxis ‘und dem Nechtötreife der Staatsgewalt entsprechen und sie wird diese Verfügungen au in Anwendung bringen. (Beifall.) Ent Simonyi nimmt diese Antwort mit Freude zur Kenntniß. · ·· Das Haus nimmt die Antwort gleichfalls einstimmig zur Kenntniß. ·· Ministerpräsident Graf Julius Andraffy überreicht fol­­gende von Sr. Majestät sanktionirte Gefegartitel : Ueber den Nach­­tragskredit für die Häfen Kroatiens und des Fiumaner Distrikts ; über den Nachtragskredit für die Kroatischen Staatsstraßen und Kanäle; über den Ausbau des Fiumaner Hafens, über den Bau ver Altsohl­­· die ungarische Boden­­-cha—Wien,9.Juni.N­ach Schluß der Reichsrathsfession wirthaf Hohenwart definitio zum­ Ministerpräsidenten ernannt wer­­den,und steht sowohl seine Berufung­ als die des Dr.Habietinekin’s Herrenhaus bevor. Vorgestern, am Tage, des ersten parlamentarischen Sieges des Ministeriums, wurde Graf Hohenwart sogleich nach Schluß der Lisung von der Aristokratie und anderen Bersünlichkeiten beglück­­wünscht. Gestern war der Ministerpräsident zu einem Diner bei dem Erzherzog Albrecht geladen. . 1 I­­ — 7­en f­f . die Erlaubniß zu einem Besuche des ermwirkte, Belgische Blätter jüngsten Datums fonstativen, der, dortigen des von Seite Landes Beilungen ergingen, die auf einer langen Namensliste bezeichneten Mit­­glieder der Bariser Kommune, falls sie auf belgischem Boten ertappt würden, in Haft zu nehmen und an die Grenze zu jegen. Unter diesen Parofiribh­ten sind Ledru-Rollin, Menotti Garibaldi u. A. Regierung an Erzbischofs von Paris in Mazas die P­olizeibehörden daß ganzen Zur Tagesgeschichte. Die französische Regierung strengt sich allen Exnftes an, mit der Reorganisation des Landes wirklich Ernst zu machen. Thier3 sucht alle Parteien nach Thunlichkeit zu befriedigen, damit sie nur ihre End­­absichten vertagen und der Nation Heit gönnen, vor Allem vor Frem­­den 108 zu werd­en und dann die Verwaltungsmaschine in brauchbaren Stand und Gang zu bringen. Allmälig übersiedeln die Regierungs­­gewalten wieder nach Paris, welches sich mit jedem Tage mehr belebt. Der "Kr.3ta." Schreibt man von dort: „Es folgt fest Son wieder an ganz wie sonst; der neue Seinepräfekt Leon Say­ ist an Ferry’­ Stelle ins Luxembourg einge­­zogen ; denn in viesem früheren Grt der Bairefammer und des Senats ist jegt die Seinepräfektur, der Pariser aber ist unwirhend über vielen Royalisten. Freilich it der arme Say sein Republikaner, aber es gibt kaum einen liberaleren Royalisten als ihn. Nicht weniger unzufrieden aber it man mit Picard, der doch ein Republikaner ist; man íehlt, daß er, das Vartefeuille des Innern aufgebend, sich zum Bankgouver­­neur hat ernennen lassen. General de Giffey, als Kriegsminister, Scheint von P­arisern noch am meisten zu behagen, wenigstens hört man nicht auf ihn schimpfen, er scheint sich bei der Wiedereroberung der Stadt in Nespekt gefegt zu haben. Bevor ich hieher tam, glaubte ich immer, daß die Franzosen in ihrer Art auch die Scheußlichkeiten der Kommune übertrieben haben würden. Das ist aber nicht der Fall, es kommen täglich neue haarsträubende Geschichten an den Tag. Empörend it die furchtbare Bettelei, es ist nicht zu beschreiben, in welcher Weise sie von Frauenzimmern besonders verübt wird. Und das Herz wendet sich im Leibe um, wenn man die zahllosen Kinder sieht, die s­aarenweise hungernd und bettelnd durch die Straße ziehen. Sie haben weder Bater noch Diutter, weder Haus noch Familie; da mußte zuerst geholfen werden. Die Gemahlin des Herrn Thiers hat sich an die Gpste einer Waisenkinder- Gesellsschaft gestellt, Der Kultus­­minister hat die ganze Geistlichkeit des Landes zu Sammlungen und zur Hülfe eingeladen. Wederall sammelt man die Kinder zunächst in Depots, wo sie vor Hunger bewahrt und zunächst gereinigt werden; man fängt sie ein, möchte ich sagen, denn die meisten sind durch wol­henlanges Herumschweifen völlig vermwildert. Das Hauptdepot ist in der Präfektur zu Buffailles. Schauerlich ! Aber die Theater Spielen N und das Theater frangais hat mit Figaros Hochzeit passend er­öffnet.” Be­i­ die Fusion der Bourbons und Orleans schreibt man aus rüffel : . ..Die Fusion,gegen welche sich die Familie Orleans so lange gesträubt hatte,ist eine vollbrachte Thatsache—nicht aber seit weni­­gen Tagen,sondern bereits seit mehreren­Dionaten Herr Thiers hätte seine berühmte Resde in Bordeaux am 10.März vorzugsweise deshalb gehalten, weil er ihn nicht verborgen geblieben war, daß die Rechte der Nationalversammlung im Begriffe stand eine Motion vorzulegen, die wörtlich überlegt also lautet : 1. Der Herzog von Bordeaux, Enkel des Königs Karl X., ist eingeladen den Thron zu besteigen und unter dem Namen Heinrich V. zu bereichen. 2. Der Graf von Paris, Enkel des Königs Ludwig Philipp, it­tein eventueller Nachfolger. 3. Der Herzog von Aumale ist zum Generallieutenant des Königreichs bis zur Ankunft des Königs ernannt.” Die Legitimisten treten aber auch bereits sehr zuversichtlich auf, namentlich suchen sie in den Reihen der höheren Offiziere Anhänger zu gewinnen, und sie haben bereit, manchen als erzimperialistisch gelten, den General zu sich herüberzuziehen gewußt. So den General Gondre­­court, den der Gifaifer, als einen besonders zuverlässigen Mann, zum Kommandanten der Offiziersschule von St. Cyr gemacht hatte. Der­­selbe befehligt gegenwärtig die Unter-Division des Departements Lotret- Garonne und hat eine legitimistische Kandidatur für die Nationalver­­sammlung in Agen angenommen. Als er in einer Wahlversammlung gefragt wurde: „Was werden Sie thun, wenn die Nationalversamm­­lung für Heinrich V. oder für die Republik zu entscheiden haben wird?“ antwwortete ver biedere General, ohne sich zu besinnen: „Parkley, ich werde für Heinrich V., für meinen König re­de . Vielfach wurde behauptet, ver­wanijer Gesandte der Vereinigten Staaten hätte sich mit den Kommunisten kompromittirt. Die Wahr­­heit ist, daß der Gesandte der Vereinigten Staaten, wie alle andern in Paris gebliebenen Vertreter fremder Mächte, im Interesse seiner Nationalen öfter in die Lage tam, sich brieflich oder mündlich an den Delegirten der Kommune für die­ auswärtigen Angelegenheiten zu wenden. Wenn dies gleich unter den üblichen Reserven geschah, so lag doch auch sein Grund vor, die Regeln der Höflichkeit hintanzufegen und dem Delegirten in Zuschriften etwa­­ Goler Bandit und Mordbrenner­­ anzureden, umso weniger als Raschal Groufet persönlich sich den Agen­­ten der fremden Negierungen stets sehr zuverlommern und gefällig erwies und als er Herrn Washburne insbesondere bei der Kommune Tagesneuigkeiten. Im Ministerium des Innern­ sind folgende Er­nennungen erfolgt : Sektionsrath Alexander Hapaz zum Ministe­rialrath, Ministerialsekretär Ladislaus Torfes zum Sektionsrath, Hon.­Ministerialsekretär Georg St­offer zum wirklichen Ministerial Sekretär, Ministerialkonzipist Alexander Markus zum Hon. Mini­sterialsekretär und Graf Géza Zichy, Hon.Konzeptsadjunft im Kul­­tusministerium, zum Hon.-Ministerialkonzipisten. — Im Kultus und Unterrichtsministerium ist der Benediktiner-Priester De. Hyacint­h Rönay, vrd. Mitglied der Akademie und Sektion- Sekretär, zum Gestionsrath ernannt worden. (Sürftprimas Simoi) ist heute in Ofen eingetroffen und wird von hier an der Spite einer Deputation des Katholiken­ Kongresses fich nach Wien begeben, um Sr. Majestät das Organisations- Statut der Katholischen Kirchen-Autonomie zu unterbreiten. Warum nach Wien? fragt , Ellener", nachdem die Deputation das einzige Ton­­stitutionelle Forum, die ungarische Regierung in­ Best-Ofen, meis­t näher hätte. (Die von Koloman Tipa­ angeregte X9bee einer Kolo­­nisirung der im Besitz des Staates befindlichen Pußten gegen billigen Erlag des Bodenwerthes fängt bereits an, ihre Früchte tragen. Drei­hundert Bewohner von Hódmező:Báfárbely, — D­ieser rein ungarischen Stadt, die schon mehrere Arbeiterfhm wärme in die Welt gesandt, — bewarben si nämlich, wie , Hon" erfährt, unter der Führung des dor­tigen angesehenen Landwirthes Michael Krifts um die Weberlassung, einer dem Aerar gehörigen acht­tausend noch großen Bußta, in der Absicht, auf derselben eine neue Gemeinde zu gründen. Blöglicher Todesfall.­ Gabriel Mandl, Frucht­­händler aus Baja, wurde heute Morgens in seinem Absteigequartier, bei Traub, obere Donauzeile Nr. 4, todt gefunden und zur Obduktion in das Rochusspital gebracht. « (Gefundener Leichnam.)Gestern FrühIiss Uhk wurde in der Franzstadt,gegenüber dem Ende der Zweihasengasse,der Leichnam­ eines beiläufig 49—45 Jahr­e alten Tagelöhners aus der Donau gezogen und in das Rochusspital überführt. s Verirrter Sinn eines Kindes.)Alexander Luka, gebürtig aus dem Honter Komitat von Lukoven­,13 Jahre alt,Real­­schüler,in Verpflegung bei Herrn Karl Arazty in der Perlbuhngasse Nr.5,hat gestern Mittagslst 1 Uhr,im Aborte,aus einer Doppel­­pistole sich eine Kugel durch den Kopf geschossi­n.In einer hinterlasse­­­nen sehr fehlerhaft geschriebenen Bleistiftnotiz hat er Lebensüberdruß und eine Wette als Motiv der That angegeben,mit dem Bemerken, daß er selbe schon im vergangenen Monate hätte vollbringen müssen, dies aber aus dem Grunde unterließ,weil er keine Pistole bekommen konnte,seinem Großvater,den er sehr lieb hatte,keine Sorgen m­achen wollte,und auch weil er gegenwärtig sehr gut verpflegt war.Schließ­­lich gibt er an,daß er das ihm anvertraute Geld zur Anschasfung der Mordwaffe verausgabte. (Das Preßburger Stdtgericht)hat,wie die »Preßb.Ztg.«meldet,dem Gesuche des Vertheidigers des Grafen Apraxin,Dr..Heller,um Freilassung seines Clienten stattgege­­ben und nur eine Kaution von 8000 fl. verlangt. Die Mutter des Angeklagten, Frau Gräfin Helene Esterházy, sol sich aber unwei« gern, für ihren einzigen Sohn diesen Betrag zu leisten. Wo war Du­ivier während des französis­chen Krieges? Nirgends anders, als in Altofen, in der Nähe des Kaiserbades , wenn nämlich , Ellener" gut unterrichtet ist, der sichere Kenntniß davon haben will, daß der legte Ministerpräsident, Napoleon’­ III. daselbst während der Kriegszeiten durch drei Monate in strengstem Inkognito und zurückgezogen von aller Welt sich aufhielt. (Die Hunyandy's) Die " Reform" schreibt: „Vor eini­­gen Tagen tauchte das Gerücht auf, dab der Wieselburger Obergespan, Graf Ladislaus Hunyady und der Honvedoberst Graf Koloman Hunyady ihre Demission eingereicht haben, angeblich wegen des freiz fprechenden Urtheils im Karagyorgyevics-Prozesse. Wenn es wirklich an dem wäre, so könnte die Sache gerechte Aufsehen erregen, da body jedenfalls von den genannten Grafen vorausgelest werden muß, daß sie recht gut wissen, daß Verurtheilung oder Freisprechung eines Ange­­sagten sein Regierungsatt, sondern lediglich ein Alt des von ihr un­­abhängigen Gerichtshofes ist und daher auch kein rationelles Motiv zu irgend­einem­­ demonstrativen Schritte gegen die Regierung abgeben kann. Im der That erfahren wir, daß oberwähnte Annahme ein fals­­ches Gerücht war, indem Graf Kaloman Hunyady gar nicht, Graf Ladislaus Hunyady aber aus einem ganz anderen Grunde Tres signirt hat. (Ein Ungar)wurde von den Versailles in Paris eingezo­­gen.Es ist dies—nachdem,,Hon«'—kein Anderer als unser Landes­mann August Gripa,der schon seit 20 Jahren in Pari gleichstch nie mit Politik befaßte und als Privatschreiber in verschiedenen Kanzleien seinen Lebensunterhalt erwarb.Man nahm ihn fest,t­eil er einem E pur si muove! (Und sie bewegt sich bo !) Roman in jede Bänden von Moriz Jókai. Die Widerlegung. Roloman war noch vier zwanzig Jahre alt, als er seine erste Replik schrieb. Zwei Tage fehlten so zum zwanzigsten Jahre­ D Tage des unwiederbringlichen Grücks, da diese Zahl XX. voll wird. Male aufgesucht hatte. D­weiter Band. (46. Fortlegung.) · Die Freude,die zum Stolze wird,die Hoffnung, die mahr zu werden beginnt ; der Traum, das Traumleben, das in Badlein über­­geht ; wenn der Mann sagt : „Heute bin ich zwanzig Jahre alt ! (Namentlich wenn er bis dahin so gelebt hat, daß er si­nit beeilte, früher ein Dreißigjähriger zu sein, ehe er zwanzig Jahre alt geworden war.) Roloman schrieb, von unbekannten Begierden erregt, die Ver­­t­eidigungsschrift und Reine, welche er über die erhabenste See ver­­faßt hatte, über ein angegriffenes Weib, das schön ist und leidet. "Daß sie schön sei,dass aber,dass sie leide, das sagte ihm sein Herz. “Mit welch” bebender Neugierde machte er sich vom Hause auf, um die fertige Vertheinigung zur schönen Frau zu tragen! Was sie wohl darauf jagen wird. " Er entschloß sich,ihr ins Auge zu sehen und aus diesen zu er­­fahren,welchen Eindruck seine Argumente gemacht haben?Dazu ge­­hörte eine große Entschlossenheit ! Katinfa wohnte noch immer dort, wo Koloman sie zum ersten Dergalonnirte Bediente empfing ihn nun schon nicht mehr mit so verdächtigem Blice, wie bei seinem ersten Erscheinen. Jest war er ja schon ein Modeherd­en, fein schundiger Student mehr. Da die ihm entgegeneilende Hose theilte ihm mit bekanntem Lächeln mit, daß ihre Gebieterin für ihm zu Hause sei; er möchte nur ohne Anmeldung in den Salon eintreten. Roleman sträubte sich ein wenig; vielleicht würde er die Dame da in Verwirrung bringen ? Er möge nichts fürchten,nur getrost hineingeben Wenn die­­ Zofe einmal die Verantwortlichkeit dafür übernimmt ! Die schöne Klien­tin empfing den jungen Rechtsgelehrten im sond in Stewarin des Morgenvisite-Toiletten in einem­­ weissen Mousselinkleide,dessen breite gestickte Säume übereinandergeschlagen waren,auf dem Kopfe eine Spitzenhaube,unter der der vorenglische Soden Taprizide auf die Schultern nie verquollen. Die reizende Strohmwitwe war mit einer­ eigenthümlichen Unter­­haltung beschäftigt ; ihr Boudoir bildete eine mahre Menagerie. Da gab es einen grauen Papagei mit rothen Schwungfedern, einen rosen­­farbenen fafadu mit hochrothem Schopfe , einen fornblauen Kanarien­­vogel, eine Wachtel, ein weißes Turteltaubenpärchen, dann aus der Klafe der Säugethiere:­ einen zahmen Marder, eine Schaar weißer Mäuse, etliche Meerschweinchen, ein schwarzes, ein graues und ein rothbraunes Eichhörnchen, ein feivenhaariges Bologneserhündchen, einen­gel und einen Kapuzineraffen, ferner eine Silberschlange, eine geome­­trische Schildflöte, einen Laubfrosch und zahlreiche Goldfische. Die Dame umgab sich, mit einem ganzen Paradiese wie weiland unsere Ahnfrau Eva vor dem Sünnenfall. Diese Thiere unterrichtete und üchte sie. Der graue Papagei bekam Melange , Kaffee, der Karadu­mpft, der Kanarienvogel geschälten Hafer, die M­ochtel Korn, die Zur­­teltaube in Milch gekochten Leinsamen , die Nachtigall Ameiseneier mit geriebenen Möhren und gehabten harten Eiern, der Marder Hasernaffe, die Mäuschen gesottenen Mais, das graue Schlägchen Kastanien , das­­rothbraune Aepfel, der Affe fraß von Allem, was man den andern gab, der Schoßhund war mählerisch und war mit Allem unzufrieden, der gel aber trant Mild, und balgte sich mit der Schlange und der Schildfröte um sein Lieblingsgericht. Den Laubfrosch mußte man flie­­gen vorfegen , der lebte davon. Der Papagei lernte menschliche Worte nachsprechen, die Wachtel fingen, der Marder spinnen, der Kleine Hund aufwarten, das Eichhörnz­chen spielen, der Igel und die Schildfröte fechten, der Laubfrosch Wet­­ter vorhersagen, der Affe konnte Alles. Und als viefes Biestertwesen ging, froh, flog und hüpfte frei im Zimmer umher. Dies unterhielt die schöne Frau außerordentlich. — AH! rief sie, als sie den Eintretenden erblichte und rief ihm fröhlich entgegen. Ws ob nur der Cine­mo in meinem Paradiese ge­fehlt hätte! Da Sie endlich genommen sind ! Vögel und Vierfühler stoben im Augenblicke nach allen Winkeln des Zimmers auseinander. — Ich war bis jegt mit der Vertheidigungsschrift beschäftigt, entschuldigte sich Koloman. «· —Vielleicht ist sie gar schon fertig?sprach die schöne Dame,ver« wundert die Hände zusammenschlagend.­­—Ich habe—sie mitgebracht,um mein Werthrer Beurthei­­lung zu unterbreiten,gnädige Frau.­­—Ah,das ist sehr schön.Ist das auch lateinisch. —Nein,das habe ich ungarisch geschrieben. —Gut,gut.Ich werd’s auch so verstehen. (Zur Erklärun­g dieses»auch so«müssen wir die Enthüllung machen,daß die Konversation zwischen Katinka und Koloman gewöhn­­lich deutschi war.Der ungarischen Sprache bedienten sich die Damen vom Stande zu jener Zeit nur den Mägden vom Lande gegenüber; die Sprache des Salons war allgemein die deutsche und eine ungari­­sche Dam­e ungarisch ansprechen wäre damit gleichbedeutend gewesen, daß man die Dame für eine Küchenmagd angesehen habe und hätte für die brutalste Grobheit gegolten.) Allein wenn sie eben mut, so wird sie es schließlich doch auch auf Ungarisch verstehen. Ratinta wies Koloman an dem mit Mofall ausgelegten Tische, den ein riesiger Blumentopf schmückte, einen Blut an, und ließ sich selbst nahe zu ihm auf dem Sopha nieder. Koloman entfaltete mit der Reihe eines Dichter und dem Ernst eines Nechtegelehrten die Vertheinigungsschrift und machte sich daran, sie vorzutragen. Das war aber eine nießliche Heine Vorlesung ! Das Turtelpärchen girrte, die Wachtel schlug darein, der Kana­rienpogel­ pfiff um so lauter, eine je stärkere Stimme er­hörte. Der Affe bombardirte die Schrift mit Haselnußfchalen, die beiden Eichhörn­­chen liefen dem Borlefer an dem einen Bantalonbeine hinauf, um aus deren herab, der Marder erfaßte das eine Schuhband und begann­es zu lesen, der Igel und die Schildfröte schlugen Purzelbäume auf dem Teppich, und zuleßt flog das graue Püppchen auf die Lehne seines Armstuhls und äußerte mit tiefer Weisheit auf die hochtrabenden poe­­tischen P­hrasen seine Bemerkung : „Schau, s hau !" Sa, so it es unmöglich zu verlangen, daß die vorgelesene Replis einen Ch­orus mache, und wenn das Ganze noch so shön und meisterhaft wäre. Die Dame bemühte si vergebens, im Paradiesgarten Ordnung zu halten, wenn sie das eine Sicht heimlich-machende wegjagte, kam das andere, und als sie ihnen zeigen wollte, daß sie­ gleich auf sie böse sein werde, da gewann sie nichts damit, als daß selbst ver Bologneser zu Hoffen begann. «­­ Man mußte da anders helfen. — Kommen Sie doch, ich bitte Sie, sehen Sie sich hielter zu mir aufs Kanopee. Da, als Koloman neben ihr saß, konnte sie ihn vor den Zur deinglichen Keffer in Schuß nehmen ; sie fing die an ihm emporflettern­­den Thierchen­­ einzeln zusammen und nahm sie alle in ihren Schoß. Auch den grauen Kaladu fing sie beim Beine und fegte sich ihn auf die Schulter. Allein der Papagei hatte sich vorgenommen, diesen Prozeß gründ­­lich zu studiren, und nachdem es ihm mit mehrfachen Zwischenreven nicht gelang, den P Vorleser zu unterbrechen, sprach er ihn endlig in zärtlichem, bittenden Tone an : „Koloman !“ Der junge Mann blickte überrascht auf,als ihn dieses geflügelte Thier beim Namen nannte. Die schöne Dame suchte den trummnasigen Bampyr in naiver­­­erwirrung zum Schweigen zu bringen, indem sie ihm mit dem feinen Zeigefinger auf den dummen Schnabel schlug. — Schweigen Sie gleich, Sie Unverschäm­ter. Natürlich ist der Vogel der Unverschämte. Der Papagei beleidigte sich und flog auf das Fenstergesims. Nun konnte Koloman mindestens das Ende der Replis unge­­stört vorlesen. Das war das Beste. Hier schilderte er, den Richtern zur Wissenschaft, den Charakter, die Herrenumwelt, das unschuldige Gemüth, die Leiden seiner Klientin. Hier war er der wahre Dichter. Um das Vorgelesene besser verstehen zu können, neigte sich die schöne Frau über ihn ; vielleicht auch, um in das Manuskript bliden zu können. Ihren Arm legte sie hinter Koloman auf die Sophalehne. Koloman fühlte die elektrische Berührung der auf seine Wangen mögenden Loden und mit dem Rüden empfand er den Hersc­hlag der Dame. Gegen das Ende der Vorlesung tit ihn der Begajus völlig mit fi fort. Er fühlte so sehr, was er geschrieben hatte, daß er selbst darüber meinte. Er hatte Meisterhaftes geschaffen. Der Arm der Schönen Frau "lag noch immer an seinen Schultern. ... Da blickte er zu ihr auf und sah ihr ins Auge,um von ihr das Urtheil zu erfahren. Auch Katinka’s Augen hingen an ihm:die sündigen,schönen Augen. Die Frage war die: „Nun, was sagst Du dazu, daß ich Dig so rein, so unschuldig, so engelgleich geschil­dert habe 2“ — Das ist Alles sehr schön, außerordentlich, schön, prächtig, — über 2.2 Und nun folgte die Wiverlegung. Die Wiverlegung sagte Lippe zu Lippe. (Kortlegung folgt.) · · · ·

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