Pester Lloyd, Mai 1872 (Jahrgang 19, nr. 102-125)

1872-05-16 / nr. 114

Ä, Belt, 15. Mai. Se. Exzellenz; der Herr Kriegsminister Freiherr ‚. Kuhn ist in seiner Art ein ganz vortrefflicher Mann, nicht nur tüchtig in seinem Fache, sondern auch al­s Mensch ob sei­­nes offenen ehrlichen Charakters in hohem Grade achtbar und auch wirklich geachtet ; selbst feine, oft [chon ans „göttliche“ strei­­fende Grobheit entbehrt nicht einer gewissen Liebenswürdigkeit und sie wird namentlich dadurch alles Gehäffigen entkleidet, daß Se. Ex­zellenz sie — wie unser Herrgott die Sonne — auf Hohe und Nievere ganz gleich ihre Strahlen entfernen läßt. Wer den Herrn Kriegsminister einmal in einer Delega­­tionsfigung gesehen, wie er sich in nernöser Haft den Schnurr­­bart dreht, bald mit der einen, bald mit der anderen Hand in die entsprechende Zarche der paffepoilirten Pantalons fährt und schließlich mit seinem Kernspruche voreinschlägt, weffen Ton deutlich be­weifet , mit welcher Wonne Se. Erzellenz die ver­­ehrten Herren Mitglieder der hohen Delegation zur Thüre oder zum Fenster hinausspeich­en möchte, der wird sich über alles dies zu trösten wissen , wenn er erfährt, daß Herr v. Kuhn einmal auf die Einladung eines se­hr hohen Herrn, mit diesem in dessen Wagen nach Hause zu fahren, troden er­­widerte, das sei ihm zu fade und daß er einen noch höheren Herrn einst mit der Bemerkung unterbrach : „Aber Euere...., wer hat Ihnen denn wieder diese Dummbheiten vorgeplauscht ?" Es liegt unstreitig etwas sehr Nespertables in dieser­­ Gleich­­berechtigung und man pflegt deshalb mit dem Freihören v. Kuhn, was die Art und Weise seines Auftretens betrifft, nicht allzu streng ins Gericht zu gehen. Außerdem besikt Se. Ex­zellenz noch eine, wenigstens für seine Stellung Höchst schätenswerthe Eigenschaft: er ist sein Bartelmann und noch viel weniger ein Intris­quant, sondern vor Allem durch und durch, ja fast aus­­schließlich Soldat. Er wird nie mit Wilfen und Willen ein Geiet verlegen, aber der Befehl des Kaisers und das Un­­t­reffe der Armee geht ihm denn­­och über Alles. Die mili­­tärische Reaktion, die im Desterreich sehon so viel Unheil angerichtet, hat mit all ihren Versuchen, den derzeitigen Kriegsminister für sich zu gewinnen, jederzeit schmähliches Blasso gemacht ; allein ebensowenig fällt es ihm ein, für den Liberalismus zu schwärmen, wenn er auch den verbisfenen Haß vieler seiner Standesgenossen gegen die Liberalen nicht im Entferntesten theilt ; den Marquis Prosa dürfte er einfach für einen Esel halten, weffen Fafeleien es gar nicht werth sind, daß ein richtiger Soldat sich ernstlicher mit ihnen be­­schäftige; derlei „sonderbare Schwärmer" würde Baron Kuhn sicherlich nie aufs Schaffet fenden, sondern sie höchstens zur Reinigung der Kasernenbetten von gewissen Täftigen Inwoh­­nern kommandiren....... Wir behaupten nicht, dem Herrn dr. Kuhn "in diesem Portrait sonderlich geschmeichelt zu haben, aber mer ihn fennt, wird uns wohl zugestehen, daß wir ihm auch nicht Unrecht thun, ja er wird aus unserer Schilderung selbst ein gewisses Maß von Sympathie herausfinden, die wir auch gar nicht in Abrede stellen wollen. Allein es gibt denn doch Dinge, wo alle Gemüthlichkeit aufhört, und dahin gehört auch die Art und Weise, wie Herr v. Kuhn mit der jüngst zusammengetretenen Enquéte -­ommission in der Kiefer­­ungsangelegenheit umspringt. Weder den Verlauf und den jüben Abbruch der Verhandlungen haben wir unseren Lesern berichtet. Alle dem Zivilstande angehörigen Mitglieder der Kommission, namentlich die Vertreter der Handelskam­­mern von Wien und Pest-oien — also diejenigen Leute, die, mit Berlaub des Herrn Kriegsministers sei es gejagt, die Sache am besten verstehen — haben sich ganz entschieden gegen den Stene’schen Vertrag ausgesprochen ; es war ein förmlicher Hagel von niederschmetternden Argumenten, der sich da entlud und der Vertreter des Kriegsministeriums mußte nichts Anderes darauf zu erwidern, als die phra­­midale — nein, wir wollen uns nicht der Redeweise des Herrn. Kriegsministers befleißen — sagen wir also, als die unrichtige Behauptung, daß das Kriegsministerium nicht Die Förderung der volkswirthschaftlichen Unt­reffen, sondern ledigz sich die Schlagfertigkeit der Armee ins Auge zu laffen habe. Darauf laßt sich nun zweierlei erwidern:­: Erstens, daß die Herren vom Kriegsministerium schon zu wiederholten Malen den Beweis geliefert haben, die wenig sie von der Schlagfertigkeit der Armee, insoferne dieselbe auch von der Bekleidung und Verpflegung abhängt, zu verstehen geruhen. Wünschen die Herren etwa, daß wir ihnen mit Thatsachen aus der Zeit unseres legten Krieges, aus dem Jahre 1866, aufwarten? Wenn sie es wünschen, so stehen wir ihnen gerne zu Befehl. Offenbar haben sie ja auch das damalige , System" für „entsprechend" gehalten, font hätten sie wohl ein anderes adoptirt, und doch zeigte es sich, daß sie sich ge­­täuscht haben. Wie, wenn sie sich heute wieder täuschen ? Für ihre Infallibilität sprechen die bisherigen Erfahrungen seinesfalls­ eher für das Gegentheil, und heute wäre eine Täuschung in dieser Nichtung um so unverzeihlicher, als die Herren von so tüchtigen Fachmännern auf das Unzuweltmäßige des gegenwärtigen „Shitems" aufmerksam gemacht­­ wurden. — Zweitens wäre es denn doch bes Herrn Kriegsmini­­sters nicht ganz unwiürdig, die Wichtigkeit der volfswirth­­schaftlichen­­ Interessen auch von seinem Standpunkte aus einer etwas ernsteren Erwägung zu unterziehen. Montecucculi war auch sein schlechter General und was er mit seinem dreimal betonten „Geld“ bezeichnete, ist eben nichts anderes, als was wir mit einer Heinen Umschreibung „Förderung der volfswirthschaftlichen Unt­refsen" nennen. Selbst wenn der Herr Kriegsminister der Meinung wäre, der Wohlstand der handels- und gewerbetreibenden Klassen sei nur dazu da, um die Armee zu ernähren und für den Fall eines Krieges große Opfer bringen zu können, selbst dann sollte Se. Erzelfenz von der Quelle dieses Wohlstandes, von der Förderung der maz­teriellen Interessen, nicht gar so wegwerfend sprechen. Das Ende vom Liede ist, da­ der Herr Kriegsminister, wie unsere Lieder aus dem jüngsten Abendblatte wisfen, kurz weg erklärte, die Kommissionsmitglieder mögen reden, was sie wollen, er halte das gegenwärtige Shitem d. h. den Szene­­d­en Vertrag für „entsprechend“ und dabei habe er zu ver­­bleiben ; wollen indessen die Herren dennoch zu privatem Zeit­vertreib die Details eines neuen Shitems ausarbeiten, so habe Se. Exzellenz nichts dagegen. Die Kommissionsmitglie­­der haben es abgelehnt, solche „Fleißaufgaben“ zu machen, mit denen sich — wie sie noch aus ihrer Schulzeit wissen — der Herr Lihrer daheim die Pfeife anzündet, und unserer Ansicht nach b­aten sie auch Necht daran, von jener gütigen Erlaubniß des Herrn istrieggministers seinen Gebrauch zu machen, sondern über die ganze Enquete-Komödie — denn als etwas anderes kann sie nach einer solchen Wendung nicht betrachtet werden — so rasch als möglich den Vorhang fallen zu las­­sen, trauernd um die Zeit und Mühe, welche sie verloren, und kaum mit dem Entschlusse scheidend, einem allfälligen künftigen Rufe des hohen Kriegsministeriums mit besonderem Eifer Folge zu leisten. Herr Baron von Kuhn ist schließlich noch so gnädtig, beizufügen, „Übrigens“ werde er die Sache vor die Delega­­tionen bringen. Bardon — nicht „Übrigens“ und nicht durch das Kriegsministerium wird die Sache vor die Delegationen gebracht werden ; diese — ober doch menigstend bie un jari­­re — werden sich ihrer all ohne die Erlaubniß des Herrn von Kuhn bemächtigen, der ihnen ja nicht als Kommandant, sondern &l8 ein ihmen verantwortlicher Minister gegenüber­­steht, und den sie darüber zur Rechenschaft ziehen werden, ob und mit welchem Resultate er dem erhaltenen Auftrage nach gekommen it. Im Kriegsministerium mag man sich allerdings damit trösten — und es sind uns auch schon derartige Ber merfungen zu Ohren gekommen — bag die Einlegung einer Kommission zur Prüfung des Skene’schen Vertrages auf sei­­nem Gehege, auf seinem von beiden Delegationen gefaßten, von Sr. Majdtát sanktionirten Beschlusse, sondern nur auf einer einseitigen Resolution der ungarischen Delegation beruft. Wir wollen hier sein Gewicht darauf legen, daß dieser Beschluß der ungarischen Delegation österreichischen mitgeteilt und von dieser zur Kenntniß genommen was worden ist, daß hier nur ein einseitiger Beschluß gallon vorliege , es vom Herzen bedauern, vorhanden wäre. Gelegenheit folgt daraus unangenehme Enttäuschung zu bereiten, auch der ohne Widerrede es gelten, ungarischen Dele­­? Glaubt der Herr Kriegsminister etwa, daß er sich über einen solchen „einseiti­­gen Beschluß" Teichtfertig Hinwegfegen Fünne ? ! Wir würden derartige Anschauung weil wir dann in die unangenehme Noth­­wendigkeit verlegt würden, dem tapferen und liebenswürdigen General bei der nächsten Delegation eine sehr denen nicht wirken wir der gefeggebenden Gewalt beigetreten, sind allerdings keine Gebete, dafür nicht in Anklagestand aber sie mitten von Seite der verantwortlichen Minister nichtödestoweniger respeftirt werden. Auch unser Abgeordnetenhaus faßt Mefifutionen, denen unweber das Oberhaus Beitritt, wo die Krone ihre Sanktion ertheilt, und doc nicht mit e8 feinem unserer­ Minister rathen, eine solche Resolution unbeachtet zu lassen. Man würde ihn Geietesverlegung doch nicht besehuldigen kann, allein es gibt Mittel genug, um Geld eines widerhaarigen Ministers Herr zu werden und es wäre wirklich sehr bedauerlich, wenn der Herr Kriegsminister von der Neugierde geplagt wäre, die Natur dieser Mittel aus eigener Erfahrung kennen zu lernen. Dieselbe ungarische Delegation, deren „einseitiger" Beschluf vom Minister der sehuldigen Achtung behandelt würde, b dieselbe Delegation hat auch diesem Minister Budget zu bewilligen, und wenn sie es nicht bewilligt, dann würde selbst bei entgegengefegter Meinung der beiden anderen Fak­oren auf solche Verweigerung hätte natürlich indem der Sache nichts werben. Eine nicht den Sinn, daß die ungarische Delegation das gemeinsame Heer abschaffen will, die dafür erforderlichen Kosten verweigert, sondern der ungarische Vertretungs­­er würde nur förper­fein Vertrauen Besschlüsfe dieses Körpers zur Verfügung und das hat, auch sprochen habe und sonders von der Meinung ormvialität Ihen theilgenommen haben daß neben schaftlichen sein Dürfen. Interessen der Handel» Anspruch zu erheben die vollen Gewichte nach zu würdigen weiß ; das Weitere würde sich dann fon finden. Glückicherweise stehen dem Herrn Baron Kuhn bis zum Zu­­sammentritt der Delegationen mindestens noch vier Monate ist wohl eine Hinlängliche Zeit, um darüber nachzudenken, ob die Art und Weise, wie Se­­er­zellen, den Beschluß der ungarischen Delegation ausgeführt Haltung wirklich den Intentionen dieser Körperschaft ent­­daß die Einberufung der Enquetekommission nur sollte und daß der Herr Kriegsminister mit seinen Stellvertretern, Adjutanten und Intendantin die Sache schließlich doch besser verstehe, als all jene nicht militäris­chen Kommissionsberathungen Armee und stellten, volfswirti­­gemerbetreibenden Philister denn Doch auch auf einige Berücksichtigung Seitens des hohen Militar-aeram­s 68 sei­ alle Faktoren sie ihrer so fein Mitglieder, wenn viel heißen, Vorgänger und daß eine verfegen, fegen dann nicht ihrem welche an und die Laffen wir weil man Anforderung der Resolutionen, ob unsere fünftigen Delegirten, zu urtheilen, durchdrungen naive der Schlagfertigkeit der die ihn wirklich einer sein in einen Minister, der nach der fammt sein dürften, eine leere fo fion Belt, 15. Mai. S. So weiter wir vorschreiten in der Wahlbewegung, desto bunter gestaltet sich, das Bild, welches unsere öffent­­lichen Zustände darbieten. Es ist gewiß, daß die Wahlbe­­theiligung, das allgemeine Interesse für die Reichstagswahlen, heute eine Ausdehnung annehmen, wie solches vordem niemals der Fall gewesen. Am rührigsten sind in diesem Getriebe jene Elemente, die den verschiedenen Fraktionen der , finfen" und den „Nationalen” angehören. Dieser Umstand erklärt si­­eicht aus der Thatsache, daß einerseits unsere bisherige „gemäßigte Linke” den Kampf um ihr argbedrohtes Dasein sümpft, also in dem Zustande eines Ertrinkenden sich ber findet, der nach jedem Strohhalme greift, um Wettung zu gewinnen; anderseits Konfurriven mit Kieser niedergehenden Partei die aggressiven Elemente der „äußerten Linken“ und der „Nationalen. Die Scheidung zwischen dem „Linken Zentrum” und der Partei der „Unversöhnlichen“ ist seit dem Auftreten 8. Tipa’s in Debregzin zu einer stets tiefer und weiter gehenden Trennung geworben, wobei jedoch der Borz­theil auf Seiten der „Aeußersten” sich befindet. Gegenüber der Halbheit, Unentschiedenheit, dem „Hangen und Bangen in schwebender Pein”, womit das “­­inte Zentrum” den Stand­­punft von 1848 zurückwies, ohne den von 1867 zu accep­­tiren, erscheint die starre Konsequenz der „1848er Partei“ als achtenswerth ; denn­,,es liegt Methode in diesem Wahn­­sinn" und diese Starrheit der politischen Unsinnigkeit erscheint dem gemeinen Manne als glorieuter Heldenmuth und Patrio­­tismus, welchem Umstande diese „Äußerste Linke" manche Siege verdanken wird. Das „Linke Zentrum” fühlt auch seine fatale Stellung und daher erklärt sich einerseits die fieberhafte Gereiztheit, womit diese politische Partei ihre „Negierungsfähigkeit" bar thun will; anderseits beweist aber eben ihr Zugreifen nach jedwedem Hilfsmittel die Hoffnungslosigkeit, in der sie sich befindet. Was noch auf politische Reputation Anspruch machen will, wird sich allerdings noch bei Zeiten unter die Fahne des besonnenen 8. Ghyczy flüchten, der bekanntlich das Biharer Programm von 1867 in seinem Briefe an die Komorner in solenner Weise verworfen hat; die Anderen aber verfallen dann um so sicherer der­ Verschmelzung mit den „Unversöhn­­lichen“ und darf uns in dieser Beziehung das kollegiale zu­­sammengehen Lad. Tipa’S mit Adam Szár in Maros-Väsär­­hely als symbolische Andeutung gelten. Allein noch ein Anderes wird deutlich bei Betrachtung der gegenwärtigen Parteibewegung. Wir meinen die außer­­gewöhnliche Nahrigkeit, welche die „Nationalen“ in allen Gebieten der St. Stephanskrone entfalten. Es ist nicht lange her, daß wir und mit den diesbezüglichen Bestrebungen der Serben beschä­tigt haben. Schon damals deuteten wir an, daß diese „nationalen“ Umtriebe heute um so gefährlicher und eben deshalb um so beachtenswerther sind, als wir es hier nicht mit vereinzelten Demonstrationen nationaler Mal­kontenten, sondern mit einem wohlgefügten dagi­tationssystem zu thun haben. Die Slawen unserer Monarchie haben das Dezennium der Konstitutionellen Aera dazu benügt, um sich allmälig in engste Beziehungen unter­­einander zu fegen, so daß in allen ihren Unternehmungen das Prinzip der Gemeinsamkeit und Gegenseitigkeit zu er­kennen ist. Was Böhmen, Mährer, Slowenen und Dalmatiner jen­seits der Leitha erstlich nur unter sich bewerkstelligt und öffentlich verlah­rt haben, das wurde im Vorjahre durch die „Führer­ der Kroaten in dem bekannten Septembermanifeste auch für die Länder der ungarischen Krone ausgesprochen und die serbischen Programme von Neutag und Groß-Becsserer bestätigten es, nämlich die Solidarität all der unzufriedenen fla­vischen und rumänischen Nationalitäten in Oesterreich-Ungarn. Neuestens erhielt dieses Prinzip eine abermalige Be­kräftigung durch die Erklärung der am 9. und 10.d.M. in Arad abgehaltenen „großen Rumänenversamm­lung. Diese V­ersammlung, deren Einleitung durch eine vorherige Besprechung der Herren Mocsonyi und Babeich in Temesvár geschehen war, entsprach in ihren Beischlüssen ganz­­in dem serbischen Programme von Groß-Becsieret. Das Prinzip der Gegenseitigkeit „mit allen gleichgesinnten Natio­­nalitäten im Lande" steht an der Seite der rumänischen Beischlüffe, die auch in ihren­ übrigen Theilen mit den X Ideen der Kroatischen „Nationalpartei" und den Ansichten des Herrn Dr. Miletice bestens harmoniren. Wir müßten also nur Oftgesagtes wiederholen, wollten wir hier abermals den „Ansprücen” der Nationalitäten ins Einzelne folgen. Es kann ohnweigerlich zugestanden werden, mag die Wünsche dieser Wolfestämme hie und da seitens des Staates Berücksichtigung finden sollten; ja wir sind sogar entschiedene Freunde einer fördernden, staatlichen Unterstügung der kulturellen An­­strebungen der Nationalitäten, weil wir wissen, daß die Un­­fultur der größte Feind eines geordneten Staatslebens ist: ‚allein infolange die Nationalitäten ihre berechtigten Ansprüche mit politischen Forderungen vermischen, deren Gewährung mit einer allmäligen Zerlegung­­ der Einheitlichkeit des Staates gleichbedeutend wäre; infolange die Nationalitäten und ihre Führer den Schwerpunkt ihrer kulturellen und politischen Ten­­denzen nicht innerhalb des ungarischen Staates suchen und für den gedeihlichen Fortbestand dieses und des historisch und politisch gerechtfertigten Verbandes mit Oesterreich nicht mit Entschiedenheit eintreten” — insolange dann von Konzessionen an diese Nationalitäten seine Mode sein. Jede Gewährung wäre ja nur eine Waffe gegen den Staat selber und dag hieße, dem Staate einen Selbstmord zu mathen. Man sage nicht, daß die Nationalitäten „innerhalb der Grenzen des politischen Landesgebietes" ihre Wünsche befrie­­digen wollen; man bringe nicht als "Loyalität" vor, dab­­ie legte Numänenversammlung die Kroaten „nur so lange" unterfragen will, als diese Lettern „sich nicht von der Ste­­phandkrone Toszureißen beabsichtigen". Das sind alles sehr fadenscheinige Bemäntelungen des eigentlichen Endzweckes. Over haben nicht auch die Araber Rumänen beschlossen, der G.A. XII. v. 9. 1867 sei „mit jedem gefeglichen Mittel anzugreifen“, weil dieses Gefeg angeblich „die Magyaren ver­­hindere, den Nationalitäten die Gleichberechtigung zu ge­wäh­­ren". Was doch diesem Ausgleichsgefeg für entfegliche Gru­ben aufgelastet werden! Mit der Heuchlerischen Miene bei Mitleivigen reichen die Herren Mocsonyi-Babeth den „Lin­­ien“ aller Fraktionen die Hand zur Abschaffung des G.A. XII.: 1867, es sollen diese „Linken“ gewonnen werden für die Absichten der „Nationalen”, die da erklären: „Sie wissen wohl, daß das edle Bolt der Magyaren von Freunden und Anhängern der Clique Doncsina-Miletics-Mocsonyi-T­óth- Paulinyi-Debrzansty gerne all die anspruchsvollen Dinge ge­­statten würde; nur das abscheuliche Gefeg mit Oesterreich, der verhaßte „Ausgleich“, der Dualismus verhindere sie an diesem Selbstmorde." Und die Herren Tipa » Maparap- Bakcsi nnden beifällig und lassen an die Brüder Rumänen einen sehmeichelhaften Ruf ergehen, worin ihnen „alles An­­dere“ geboten wird, sobald sie nur einstehen für die Abschaf­­fung des gemeinsamen Ministeriums, der Delegationen und des gemeinsamen Heeres. Haben diese „Männer der Linken" wohl bedacht, was sie da gethan? Wir können es nimmer glauben, oder sie treiben mit Absicht ein gefährliches Spiel, indem sie Geister heraufbeschwören, die sie nicht mehr bän­­digen künnen. Wer nicht alle Besonnenheit und Objektivität verloren, dem muß gerade das Ankämpfen der Nationalitäten gegen den 6Ter Ausgleich ein Beweis von der Nothwendigkeit desselben sein. €&8 bewarf wahrlich nur geringer Kenntniß der Ge­schichte und der politisch-sozialen Zustände der Gegenwart, um einzusehen, daß in Oesterreich-Ungarn nur Das deutscher und maghyarische Element das eigentlich staatenbildende Kulturele­ment gewesen ist und bis heute als solches fortdauert. Auf diesen ethnographischen Grundlagen muß darum die Monarchie ruhen; Deutsche und Magyaren sind die beiden politischen Nationen derselben. Nur wenn diese Nothwendigkeit einer solchen Präponderanz der Deutschen in Oesterreich und der Magyaren in Ungarn allseitig anerkannt und zur Geltung gelangt ist, können die politischen Verhält­­nisse einer ruhigen Entwickklung entgegengehen. “Diese bei­­den politischen Nationen, so eifersüchtig sie ihre politische Superiorität hüten müssen, werden jedoch im unwohlverstan­­denen eigenen Amtere sie nicht entgegentreten, sobald die kleineren Bosfsstämme der Monarchie auf kulturellem Ge­biete, in Kirche, Schule und Gemeinde, in Wissenschaft und Kunst ihre nationale Besonderheit pflegen und vervollkomm­­nen, ja der politisch einheitliche Staat mit der ungetheilten, einigen politischen Nation wird bereitwillig diese Bildungs­bestrebungen der Nationalitäten auch thatsächlich fördern. Wer aber die Leidenschaft, Befangenheit oder niedere Kultur der verschiedenen nichtdeutschen und nichtmagyarischen Volksstämme in Oesterreich-Ungarn dazu bewußt, um einsei­­tige politische Parteizweckk zu erreichen , der ist entweder ein bösmwilliger oder ein leichtsinniger Fanatifer, und das Baterz­land kann es nicht ruhig ansehen, wenn auch bei un" einzelne „Lührer" eine derartige herostratische Rolle spielen wollen. Erfreulich war es Übrigens, wahrzunehmen, daß in der Mitte dieser malfontenten Nationalitäten Männer leben, die, unbeeinflußt von dem agitatorischen Treiben der „Führer“, die Liebe zur eigenen Nationalität mit aufrichtiger Batel­­­andsliebe zu vereinen wissen und darum auch ihr Bolt vor Ueberstürzung warnen und zur Besonnenheit auffordern. Die Haltung der Herren Hobofiu, Stanecfu, B. Bogban, welche den Ausschreitungen der Partei Mocsonyi-Babeich entschieden entgegentraten, gibt und die Hoffnung, daß die Zeit gekom­­men ist, wo perlei Männer allerwärts sich zusammenthin in gemeinsam energi­eer­chat um Demebetchärten, verliek­­ten Bolfe die Augen zu öffnen. Auch in Sie­benbürgen machten sich solche besonnenere Stimmen der Ru­­mänen geltend. Möchten doch alle diese Wolfsstämme zur Einsicht gelangen, daß ihnen nicht politische Utopien, sondern einzig und allein eine rüstige Arbeit auf dem Gelbe der­ geistigen und m­ateriellen Kultur ihrer Dasein filtern kann. eine poli­tische Institution der Welt rettet ein Bolt vom sichern Un­­tergange, sobald bagfelbe in geistiger, moralischer und mate: tiefer Hinsicht verkommen ist. Auf derlei Reformbestrebungen mögen die „nationalen Führer" ihr Augenmerk richten und jeder Patriot wird sie freudig unterfragen ; rütteln sie aber an dem Staatsgebäude, dann werden sie auf ebenso entschie­­dene, wie unwohlgerüstete Abwehr treffen. “ Der große Landesausflug der Linken hielt heute Vormittags 10 Uhr im Lokale des Klubs der Linken eine Sikung ab. Die Sigung wurde dur Koloman Tiba eröffnet, der die Au­schuh­­mitglieder begrüßte und mit Bedauern bekanntgab, daß der P­räsident der Parteikonferenz, Koloman Ghyczy, behufs S Herstellung seiner Gesundheit nach Karlsbad reiste. fia wünscht, daß die Vorsehung die Kräfte Ghyczy’s dem D Vaterlande an fortan erhalte. Diese Worte wurden mit stürmischen Essens aufgenommen. — Sodann wird der Bericht des Erelativsomites verlesen. Aus diesem Berichte ist — mie „Hon“ bemerkt — zu entnehmen, daß die P­artei, falls sie auch fortan die gehörige Energie entwickelt, gegründete Hoffnung auf die Erlan­­gung der Majorität besist. Der Ausschuß nahm den Bericht des re futiosomites zur Kenntniß, worauf Paul Móricz den Ausschuß er­­suh­r, daß in Bezirken, welche noch seinen Kandidaten hefien, solche aufgestellt werden mögen. 63 wurde der Beschluß gefaßt, daß überall dort, wo die Partei Anhänger befist, Kandidaten bestimmt aufgestellt werden, daß das Erelativsomite hievon verständigt und, wenn nöthig, ersucht werde, Kandidaten zu designiren. Nachdem noch Kol. Tiba den Mitgliedern des Ausschusses seinen Dant für ihr Erscheinen vo­­lirte, wurde an Ghyczy aus der Sikung ein Dant, Anerkennung­ und Beglüdwünschungstelegramm gesdicht, und theilte sich der Aus­­schuß in Sektionen, wo die Deputirten der einzelnen Bezirke ihre Borz­lagen unterbreiteten. za.­­Der Präsident des Vest­ Diner Handels­ und Wechselge­­richtes hat angesichts der Ausschreitungen gemilser Lizitationsgesells­­chaften bei Öffentlichen Lizitationen dem fön. ungar. A Justiz­­minister den motivirten Antrag vorgelegt, es mögen die polizeilichen Organe gehalten sein, in allen Fällen, wo solche Mißbräuche abzu­­stellen sind, über unmittelbare Requisition eines Gerichtsvorsiehers sogleich einzuschreiten. Gleichzeitig wird in dem Antrage die Aufstellung einer öffentlichen Versteigerungshalle beantragt. = Die telegraphisch signalisirte pragmatische Darstellung der Hohenlohe: Angelegenheit liegt und in der heute eingelangten „Rordd. Allg. 31a." vor. Wir geben viefelbe im Wortlaute wieder. Das hochoffiziöse Organ der Regierung des Fürsten Bismarc schreibt : Der Geschäftsträger beim päpstlichen Stuhl, Herr v. Derent­­hall, hatte unter dem 25. April, einer Weisung zufolge, den Kardinal, Staats-Sekretär vertraulich davon in Kenntniß gefegt, daß der un sein­ee Herr, den Kardinal Fürsten Hohenlohe zum Botschafter des Deutschen Reiches bei dem heiligen Stuhl zu ernennen geruht habe, sowie daß Seine Eminenz der Kardinal Hohenlohe mit Nächstem sich nach Rom begeben werde, um ich persönlich zu wergemiltern, ob seine Ernennung dem P­apste genehmt wäre, und um, im alle gün­­stiger Antwort, alsbald sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen. Die Tage vom 25. April bis Anfang Mai vergingen ohne eine Rück­­äußerung seitens der Kurie. Unter dem 1. Mai erhielt der Ges­schäftsträger den Auftrag der Reichsregierung, amtlich anzufragen. Er richtete an demselben Tage an den Kardinal Antonelli das Er­­fuhren, nach Einholung der Befehle des heiligen Vater ihm zu notiz­­isiren, ob die Wahl Seiner Majestät des Kaisers und Königs Seiner Heiligkeit genehm sei. Hierauf endlich erfolgte unter dem 2. Mai die Antwort der Kurie. Der Kardinal Antonelli entschuldigte sein bis­­heriges Stillschweigen damit, daß Herr von Derenthall das bevorstei­bende Eintreffen des ernannten Botschafters angekündigt habe, der sich persönlich in Betreff der Genehmhaltung des Bapstes zu vergemisteln willens gewesen sei. »­­Der Staatssekretär hat es sich nach dem zweiten Shreiben nun­­mehr angelegen sein lassen,die Befehle des,Pa­pstes»einzuh-­xen und eröffnet dem Geschäftsträger,daß Seine Hetln gert,wiewohl»nicht un­­empfindlich für die Intention des Kaisers,dessen UULeUchtetInVelt UU- angenehmen Lage sei,einen Kardinalverheiliger kömische Klkcih zumal bei den gegenwärtigen Umständen des heiligen Stuhls, nicht autorisiren zu künnen zur Annahme einer so delifaten und ge­wichtigen DObliegenheit. Das amtliche Schreiben des Geschäftsträgers v. Derenthall, ddo. 1. Mai, lautet: „Monseigneur ! Durch mein Schreiben vom 25. April habe ich die Ehre ge­habt, Eure Eminenz davon in Kenntniß zu fegen, daß Seine Majestät der Kaiser und König, mein erhabener Herr, den Herrn Kardinal Fürsten Hohenlohe zum Botschafter des deutschen Reiches bei dem heil­­igen Stuhle zu ernennen geruht haben. Meine Regierung beauftragt mich heute, Cure Eminenz zu er­­suhen, daß Sie nach Einholung der Befehle des heiligen Vaters mich benachrichtigen wollen, ob diese Wahl Seiner Majestät des Kaisers und Königs Seiner Heiligkeit genehm sei. Genehmigen Sie u. s. w. Derenthall." Die hierauf in Italienischer Sprache erfolgte Antwort Anto­­nelli’S lautet in deutscher Uebersetzung wie folgt: „Hochgeehrtester Herr ! - - Ich hatte bis jetzt auf die Mittheilung Euer Hochwohlgeboten vom 25. vergangenen Monats, mit welcher Sie mich über den von Seiner Majestät, dem Kaiser und König, Ihrem erhabenen Herren, gefaßten Entschluß, den Herrn Kardinal Hohenlohe zum Botschafter des deut­­schen Reiches beim heiligen Stuhl zu ernennen, in Kenntniß seßen, seine Ermwiederung gegeben, weil in dieser Mittheilung Sie mir zu er­­kennen gaben, daß in Kurzem die gedachte Eminenz fi nach Rom begeben wi­rde, um sich persönlich zu vergewissern, ob diese Ernennung dem heiligen Vater genehm sei. Um nun dem in Ihrem gestrigen Schreiben ausgedrückten MWunfche zu entsprechen, habe ich es mir angelegen sein lassen, dar­­über die Befehle des heiligen Vaters einzuholen und ich habe die Ehre, Euer Hochmohl geboren zu eröffnen, hab,­m während Seine Heilig­­keit für den Gedanken Seiner Majestät des Kaisers und Königs em­­pfänglich ist, Sie doch bedauert, einen Kardinal der heiligen römischen Kirche, auch wegen der augenblldlichen Umstände des heiligen Stab­­­es, nicht autorisiren zu können zur Annahme eines so delifaten und wichtigen Amtes. Auch bei dieser Gelegenheit u. f. w. Nom, den 2. Mai 1872, Antonelli.“ Zur Charakteristik der Umgebung des b. Vaters theilt die „Gas. v’%t.” folgendes an sie gerichtete Schreiben mit : d kann ihnen authentische und bestimmte Einzelheiten über diesen Vorfall (die Ernennung Hohenlohe’s) mittheilen. Fürst Bismarc wollte den erlauchten Burpurträger in der That mit der Vertretung betrauen, an der ihm so viel lag, und der Kardinal Hohenlohe schrieb, wie e am Plage war, mit eigener Hand an den b. Vater, um ihm anzumelden, daß der Kaiser Wilhelm die Absicht hege, ihm eine Mis­ Ben anzuvertrauen, die ebenso nüglich für die Kirche, wie ehrenvoll ür das b. Kollegium und seine Versen sei; er drückte daher seine Zuversicht aus, daß Se. Heiligkeit diese Wahl bil­­gen und ihm­ ge­­statten würde, die Mission anzunehmen. Der Brief des Kardinals war respektvoll, höflich und mit großer Marme geschrieben. Aber statt: Ge­­fallen zu finden, erregte er den Zorn der ganzen Gesellsschaft von­ Je­­suiten, Konzilverfechtern und Franzosen, die im apostolischen Palast Ei Mefen treiben. Der Bapst selbst viktirte die Antwort, die in seinem amen Migr. Cenni, sein Interimssekretär, an den Fürsten Hohenlohe schrieb. Migr. Cenni sagte, „daß der sonderbare Vorschlag St. Emi­­nenz dem b. Vater zur größten Verwunderung gereicht habe. Statt an Gesandtschaften protestantischer Fürsten, diplomatische Ehren und ähnliche Eitelkeiten zu denken, sollte sich Se. Eminenz vor allen Din­­gen daran erinnern, daß er Kardinal der heiligen römischen Kirche sei und daß diese hohe Würde, die alle irvischen Ehren weit übertreffe, ihm auch die heilige Pflicht auferlege, an der Seite des gefangenen Ventifer zu stehen, eine Pflicht, die der Kardinal gänzlich vergessen zu haben schiene". Falls der Kardinal von Hohenlohe dieser Aufforderung nicht Folge leisten sollte, so glaubt man, werde gegen ihn in ähnlicher ze wie gegen seinen Freund, den Kardinal v’Andrea verfahren werden. Wahlbewegung. Der Ausschuß der Innerstädter Dealpartei versam­­melte sich heute Nachmittags im Magistratssaale unter Boreit des Herrn Grafen Georg Károlyi zu einer Berathung. Den ersten Ge­­genstand der Tagesordnung bildete die Wahl eines Fünfer-Komites in den Zentralausschuß der Denkpartei der Stadt West; es wurden ge­­wählt die Herren Alexander Bertha, Heinrich v. Vévai, Apáti, Dr. Környei und Karl Vida. Zum Kaffier wurde Herr Thu­­rocz­y bestimmt, und beschlossen, vorerst hundert Fahnen anzu­­schaffen, um ähnlich wie in den Vorstädten, die Häuser mit denselben zu schmücen. « Die deäkistischenl Wähler der innern Stadt werden mittelst Aufrufe versucht Perdesmja nicht zu er, die Stimmzettel bei der Wahlkommission im Stadthause abzuholen, und es an ihre­­n Pflicht anzusehen, ihr Wahlrecht auszuüben, damit die artei des großen Patrioten am Tage der Wahl in imposanter, ach­tunggebietender Zahl an der Urne erscheine. Einige der Ausschußmit­­glieder machten sich überdies ernötig, von Haus zu Haus zu geben, und jeden Wähler zu ersuchen, sein Wahlrecht auszuüben. Die oppositionellen Wähler der Bejter Leopoldstadt werden vom oppositionellen Komite eingeladen, zu einer am 17. b. (Freitag), Abends 7 Uhr, in den Ruf d­er den Loyalitäten auf der Szechenyi-Promenade abzuhaltenden P­arteikonferenz zu erscheinen. Daszselbe Komité erläßt nachfolgenden Aufruf: Parteigenossen! Die Nothwendigkeit fordert es, daß unsere Parteimänner auch in der Leo­­poldstadt sich unter die Fahne schaaren, auf welcher Fortschritt, Frei­­heit und Rechtsgleichheit geschrieben steht. Dieser bedeutende hauptstäd­­te Mahlbezirk soll mit dem Beispiele vorangehen. Von der Ausz ügung dieses schönsten aller konstitutionellen Rechte schließe sich Nie­­mann aus, denn würdig hessen ist nur derjenige, der hievon Gebrauch macht. 63 ist Zeit, daß an Stelle des Indifferentismus und der Ent­­haltung, die sich bei der jüngst stattgehabten Deputirtenwahl zeigte,­­ warme Theilnahme und offenes Belennen der Barteifarbe trete. Alle, deren Wunsch es ist, daß die Leopoldstadt auf dem Neichstage durch einen der Linken angehörigen Deputirten vertreten sei, mögen dies offen durch Abgabe ihres Votums­­ benennen. Alle, die der Bolitit un­­serer Regierung nicht huldigen, und das Zurückbleiben auf dem Ge­­biete der Reform und des Fortschrittes beklagen, mögen Jőkés Ueber­­zeugung offen Anspruch verleihen. Wir ersuchen daher unsere Partei­­genossen, an der die gehörige Organisation unserer Partei bezweden,­den Berathung so zahlreich als möglich theilzunehmen. Laffe sich Nie­­mand durch das­­ Selbstvertrauen der Gegenpartei, ald wäre sie in der Leopoldstadt unbesiegbar, zurückbrechen, was nicht war, kann werden. Nur in jenem Siege liegt Berdienst, dem Kampf vorange­­gangen. 63 lebe das Vaterland! es ebe der König! es­­ ebe die Konstitution ! Paul Hoffmann hat seinen Rechenschaftsbericht an die Mattersdorfer Wähler veröffentlicht;darin äußert er sichiber unser Parteiwesen folgendermaßen: Unsere Partei,welche als Reichstagsmajorität und maßgebende Stütze der Regierung alle Entscheidung treffen und daher die ganze Aktion vollziehen mußte, hatte sich erst anläßlich des sogenannten Aus­­gleichswertes gebildet und außer ven dazu bewegenden Motiven und Anschauungen bisher noch seinerlei Gemeinsamkeit auch weiterhin projektivender Bolitit, seinerlei auch anderweitig prinzipiell entschei­­dender Einigung statuirt. Dieser Umstand hatte und hat eine gün­­stige, aber auch eine noch mehr ungünstige Folge. Günstig ist, daß auf Grundlage eines Programms, das lediglich die Aufrechthaltung der durch den Ausgleich geschaffenen staatsrechtlichen Verhältnisse be­­zweckt, Individuen von verschiedenter Denkungsart zu einer großen Partei sich­einigen konnten,­­ was nur derjenige unterschagen wird, wer nicht begreifen will, daß der Ausgleich und der auf demselben beruhende Zustand wohl ein Gebot staatsmännlicher Klugheit, das Ergebniß politischer Nothwendigkeit, aber seineswegs eine Kalamität blos momentaner Z­wangslage war und ist, daß Ungarn dadurch das bei den neugestalteten europäischen Machtverhältnissen möglichst gün­­stige und gesicherte Dasein erlangt habe. Nichtsdesto­ weniger wird aber das Vortheilhafte besugter Unentschiedenheit innerhalb unserer Partei duch damit verbundene Nachtheile bedeutend übermogen. 63 ist sonnenflar und bereits vielfach sowohl thatsächlich ui­­verfahren als auch besprochen worden, daß in Betreff solcher Angele­­genheiten und Fragen, welche mit dem Ausgleichsunwert in seiner Be­­ziehung stehen, somit seit Durchführung desselben hinsichtlich der mei­­sten, ja der eigentlichen und wichtigsten Aufgaben unserer Legislative und Regierung, das einheitliche Vorgehen unserer Parteigenossen nur vermöge beinahe fortwährender Verzichtleistung und Selbstverleug­­nung seitens des einen oder des anderen Bruchtheiles derselben mög­­lich war­en, ist. Man hat zwar, um diese heile Sachlage zu bes­iedlungen, die in gewissem Sinne richtige Bemerkung wiederholt, pa

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