Pester Lloyd, Juli 1883 (Jahrgang 30, nr. 180-210)

1883-07-25 / nr. 204

\ 4 \ Iuhrlicsethöätz wurde,­genehmigt.—Dw-Magistrat hat MMztr. Deginäwngmittel ankauen und den Bezirksvorstehungen ur Ber Henne ae vé — Die drei Spiegel, welche im großen Mer utensaale zur Verschließung der Pensteröffnungen derselben ange­bracht werden sollen, dürften wohl ihresgleichen in der Hauptstadt nicht haben. Lieder dieser Spiegel mißt 16 Fuß in der Höhe und­­ 9 in der Breite und hat ein Gewicht von 350 Kilogramm. Die ver­­einigte belgische Glasfabrik offerirte dieselben loco Budapest mit 970 fl. das Stüd. Die Nahmen werden aus Bins und Eisen mit echter Bergoldung hergestellt und wahrscheinlich, um die Säle ventiliren­­ können, zum Verschieben eingerichtet sein. Betreff Herstellung Dieser Rahmen, von denen jeder, ein Gewicht von 400-500 Kilogramm haben dürfte, wurde die Schlie’sche Gifengießerei eingeladen, ein Offekt vorzulegen. Zakal-N­achrichten. (Todesfall) Den Staatsanwalt Emerich Havas hat ein fehrerer Unglücksfall betroffen. Sein einziger Sohn Roland wide ihm dur den Tod entrisfen.. Das Begräbniß findet morgen Nachmittags 4 Uhr vom Trauerhause in S­t.­Löringz aus Statt. Die Wirtbogenoffenschaft des L—II Be­sitzer) hat am 22. d. M. in der Dfner Schießstätte ihre konsti­­tuirende Generalversammlung gehalten. Die Wahl der Funktionäre findet am 2. August d. %. Vormittags statt.­­ In Angelegenheit des dritten Lehrer­­tages­ hat Schulinspektor Emerich Befey, als Präsident des Vorbereitungs­ Komitee, alle jene inländischen Lehrervereine und Körperschaften, welche berechtigt sind, zu dem am 20. August I. 3. abzuhaltenden Landes-Lehrertage Delegirte zu entsenden, aufgefordert, die im Sinne der Statuten verfaßten Bevollmächtigungsschreiben der Gemählten längstens bis zum 15. August an seine Adresse ge­­langen zu lassen. Diejenigen Vereine, welche­ das Hecht haben, auch in das Vorbereitungs-Komite je einen Delegirten zu wählen, haben die diesbezüglichen Diandate bis zum 31. b. einzusenden. Baifend­aus der ungarischen Lehrer.­ Das Sammelsomite hielt heute Vormittags unter dem Präsidium des Echul-Inspektors des Pester Komitats Sofef Tóth eine Gisung. 83 wurde gemeldet, daß der Lehrkörper des Pester Komitat neuer­­dings 130 Gulden zum Besten des Waisenhaus-Fonds gespendet abe. Das Komite beschloß, an sämmtliche Lehrer und an die übrige Erölkerung eine Aufforderung zur Sammlung von Spenden zur Gründung eines Warenhauses der ungarischen Lehrer zu richten ; überdies wird diesfalls auch eine Deputation beim Unterrichtsminister versprechen. Mit der Zusammenlegung dieser P Deputation wurde Präsident Sofef Tóth betraut. Anusstellung von Werten der Goldschmiede Fun­ft.­ Auf die Aufforderung des Zentral-Komites betreffs Grün­­dung von Provinz-Komitss laufen fest die Antworten ein, welche im größten Theil zustimmend lauten. Der Sekretär der Ausstellung, Dr. Karl Bulphy, der gegenwärtig von der Hauptstadt abmesend ist, wird nac seiner N Rückehr für die Ergänzung der noch lüden­­haften Provinz-Komites Sorge tragen. Kirchenmusik­ Am Donnerstag, 26. d. M., vormit­­tags 19 Uhr, fomm­t zum Anna-Kirchweihfeste in der Servitenkirche Haydn’s Nelson-Messe, ferner Giblers „Sturm“ fremit mare cum furore” und Kott’s Offertorium „Confitebur tibi Domine" zur Aufführung. Die Soli werden von den Damen Fräulein Ilona v. Sarkas, Frau V­incze (Mitglied des Nationaltheaters) und Frau Mary Henderson, und von den Herren Gustav & Kn­itt, Franz Kretsky und Johann v. Ma d gesungen werden. Für die Zöglinge des hauptstädtischen M­ettungshauses­ wurde am 21. b. ein gelungener Ausflug In den Vorwinkel veranstaltet. Das Diner wurde beim „Saulopf“ ge­nommen, dann folgten Spiele und verschiedene Belustigungen. Abends 09 die Kindershaar vor die Haggenmacer’sche Billa, um den Hans Be­der zu den hervorragendsten Wohlthätern der Anstalt gehört, mit dem Vortrag einiger Lieder zu erfreuen. Herr Haggenmacher beschenkte die Kleinen. Sodann w­urde in bester Stimmung der er angetreten. ( Rotalzugs Beriehbrau der Defterreichisch Ungarischen Staatsbahn) Man Schreibt uns: Rünsche der Bevölkerung, wenn gerecht und billig gestellt, zu erfüllen, ist ge­­wiß ein Vorhaben, welches allseits Anerkennung findet. Die Defterr.­­Ungar. Staatseisenbahn hat einem großen Theil der Budanester Bev­völkerung einen nicht zu unterschäsenden Dient geleistet, indem sie einen vortheilhaften Lokalverkehr zu inauguriren begann ; namentlich ast sie solchen Familien, welche nicht im Stande sind Fostenreiche immerfrü­hen zu beziehen, weil sie im steien Verband zur Haupt­­stadt stehen, dazu verholfen, leicht, schnell und billig einen Sommer­­aufenthalt zu erreichen. MAIS seinerzeit die Lokalzü­ge nach Balota ein­­eführt wurden, sind Stimmen laut geworden, nach welchen diese Bine unrentabel wären; — nun, daß dieselben­ nicht überflüssig sind, daß Palota sozusagen eine Vorstadt Budapests geworden, wo zahl­­reiche Beamte, Gewerbleute und Arbeiterfamilien ihren Aufenthalt­enommen, demweilt am besten die überaus starre Frequenz der bis Balota täglich verkehrenden Züge. Vor allem aber gelang es der emahnten Gestellschaft durch Einführung von Separat-Vergnügungs- Zügen eine ziemlich große Zahl frü­her Luft Bedürftiger in die reizende Gegend von Waiten bis Szobb zu führen und sie, wenn auch nur zweimal in der Woche, Mittwochs und Samstags und an allenfalls vorkommenden Weiertagen, der ungesunden Atmosphäre der Stadt zu entziehen. Daß dieses Unternehmen ge­nannter Gesellschaft zum ohle eines großen Bevölkerungs­­teils dient und den Winfchen­­ desselben entspricht, ist dadurch bewiesen, daß diese neueingeführten zu äußert ermäßigten PBrei­­ten benügbaren Bige stets gut befest sind, und war nament­­lich der am besten Sonntag (22. Sul) abgegangene Zug bis auf den rechten Plan in Anspruc genommen. Man war nich­ht so ziemlich allgemein noch immer der Ansicht, das Budapester Publi­­kum wäre nicht dafür, größere Ausflüge zu machen, wie es das Wiener Publikum so ausgezeichnet versteht ; man it der Meinung — aber man bedenkt nicht, daß bisher der Bevölkerung keine Erleich­­terung geboten war, derlei Ausflüge zu unternehmen. Diesem Uebel, wie wir dankbarst anerkennen, hat die Oesterreichisch-Ungarische Staats-Eisenbahn durch Vermehrung der sogenannten Ommnibuszüge auch gegen Südosten bis Czegled­ vorgegriffen und Die allgemeine einung eines Besseien belehrt. — Nochmals, wir fühlen volle An­­erkennung gegenüber dieser Goulanz der Gesellschaft und indem wir dies hier aussprechen, möchten wir noch auf Etwas aufmerksam machen. Die Oesterreichisch-Ungarische Staatsbahn möge einem ganz eiiigen Ersuchen de in die Umgebung fahrenden Publikums Heine geben und statt der Waggons mit Coupé-Enstem für die pfalzüge Waggons nag amerikanischem System bei­­stellen, um das leichtere Aus- und Einsteigen zu ermöglichen. Wir sind davon überzeugt, Daß in Bälde auch, dies geschehen sein wird und machen alle Freunde von Landpartien und Sommerfrischen un­ter der Oesterreichisch-Ungarischen Staatsbahn besonders aufmerksam. Unglücksfälle bei den Elevatoren.­ Gestern Abends stürzte ein unbekannter Arbeiter vom Elevator auf das Berded eines Schiffes und starb in Folge der erlittenen Verlegungen. Ar Morgens gegen 8 Uhr stürzte der 32jährige Taglöhner Michael ubina, der gleichfalls bei den Elevatoren beschäftigt war, von der Sorge einer hohen Leiter auf's Straßenpflaster und starb in Folge 068 Sturzes. Der DBedanernswerthe läßt Weib und Kinder u­nd ein anderer Arbeiter fiel vom exiten Stodwerfe im den eller hinab und zog sich am Kopfe und­ am Hücen schwere Bev­legungen zu. Derselbe wurde ins Nochusspital geschafft. Chenter ad But. * In dem im vierten Stommwerfe des neuen Operntheaters Fe Malersaal wird fest fleißig gearbeitet. Karl 2 o­8, Michael­ovács, Georg Bastagh, Berthod Szétely, Arpád Bú­tty und Yulius Agghazy sind mit den garben- und eichuen­ Skizzen beschäftigt. CS ist jett s schon festgestellt, was die ein­­zelnen Künstler malen werden. Karl Lob wird den Plafond des erg und die Bartie oberhalb des Proszeniums walen. er Plafond wird den Olymp in sechs Bildern darstellen. Diese Bilder sind: Apollo mit den Musen ; Jupiter mit den Göttern ; die Naht mit den Furien; Bacchus mit den­­ Bacchanten und Bacchan­­tinen; Neptun mit den rg Denus Aphrodite. Oberhalb des Proszeniums kommen folgende Allegorien : in die Mitte die Boefte, u beiden Seiten Mufit und Tanz. Michad K­ovacs malt­e dem für den Hof­ bestimmten Stiegenhaufe 17 Bilder, und zwar Genien ringen um die Palme; ein Genius betränzt die Poesie; ein Genius lehrt das Flötenspiel; Genien spielen die Mandoline und die löte; der Tanz, die Zither und die Pfeife, das Tambwein, der Kyrjusstab, der Gesang, die Disharmonie, die Cinellen, die Geige, die Leier, der Karneval, das Violoncello, die Tube, die Vanflöte, das Triangel, die Apotheose der Poesie, endlich ein großes Gemälde mit zehn Figuren: Preisvertheilung der Genien und Bek­änzung der Eier. Bastag­e malt im Foyer drei große Plafond-Bildergruppen : ‚die Geburt des Bacchus, die Erziehung des­­ Bacchus, der Sieges zu dem Dadus; außerdem 16 kleinere Geniusbilder. Szefely malt in dem für den Hof bestimmten Foyer die vier Jahres­getteln, ferner auf den Plafond des Haupt-Vestibules die S­tufen A amd 9 Genius-Figuren. Te E. 9 wird in dem zum Foyer führenden Korridor 9 Bilder malen: Sappho am Strande; die Syrenen; die zorepten der Schalmei lauschend; Wan, Wald-Nymphen beim Tanze; der Wind, das Echo, der Vogelfang. Aggházny wird auf dem Brief des Hof-Vestibules Szenen aus ungarischen Opern malen. Offener Sererhlanl, Ks Sorm und Inhalt beg unter dieser Aubrit Folgenden ist die Nedaktion nicht verantwortlich. Gesucht wird eine Dame aus den besseren Ständen, die Ausbildung eines Mäd­­chens zu vervollständigen,­ welche sich mit derselben absolut befasfen Bunte. Anträge an die Administration unter der Chiffre „Ausbildung“, MATTON ® ELISABETH SALZBAD bei Budapest (Ofen). Saison vom 1. Mai bis 30. September. Indicationen: Bei Erfrankungen der Därnte, all­­gem­einer und Abdom­inalpletgora, Leberleiden, Himors­thoiden, Hyposchondrie, Fettfrucht, Gicht und bei Franzens Traufheiten. Dordinivender Badearzt Dr. 3, Bruch, (Vigade­ter, Affek.-P­alais). Gesunde Lage, billige Wohnungen, gute Neftamvatton. Neger Domnibus-Verfehr mit der Hauptstadt v. 5 Uhr Morg. angefangen. 5052 Belier: Heinrich Mattoni, tat. Rath. Bus fett ‚36 Jahren in Renommer iehente Weit Matyas’sche jetzt von Brammer Gyuläns_ geleitete ++ Manufakimrmnaren-Geschäft en detail ist sofort sammt Wohnungsräumlichkeiten übernehmbar. Kaufleute die sich eine gesicherte Griftenz gründen wollen und über ein Baarvermögen von mindestend 8 bis 10.000 Gulden ver­fügen, belieben persönlich mit der Firmaträgerin in Tiga-Abad Verhandlungen zu pflegen. 5774 Warnung.­­Nachdem sich mein minderjähriger Sohn Stefan Schoppo, Ditd ohne meine Einmilligung vom Hause entfernte, warne ich Ledermann, demselben für meine Nechnung Geld oder Geldeswerth zu geben, da ich solche Schulden nicht er werde. Bancsova, am 22. Juli 1883. 5853 Milosch Schopovits. ET ee a ug N ae Pe ae] Eorrespondenz der Bedaklien, Leopold Ble$, Königsgasse: Ya. * . . + Gerichtshelle, Die Schüblinge. Die vagabıumdirenden Schafhirten Michael Kovács und Fofef Rostofi wurden nach Abbüßung, einer mehrwöchentlichen Gefängnißstrafe, welche sie sich durch­­ Verübung eines Diebstahls zugezogen hatten, nach ihrem­­ Heimath­orte Täpe abgeschoben. Von hier mußten sie jedoch wieder fort, da die Gemeinde die herumlungernden Bursche durchaus nicht dulden w­­llte, und sie begaben sich zum Dieser Gehöfte, wo sic ihnen der Schafhirt Johann Molnár anschloß. Lebterer flog seinen Freunden vor. Dieselben mögen in Gemeinschaft mit ihm seinen Dienstherrn Georg Németh tödten und berauben. Der Borschlag sollte denn auch zur Ausfüh­­rung gelangen, allein der wachsame Hofhund verrieth die mit Haden und Heugabeln bewaffneten Mittelhäter, so daß diese sich diesmal darauf beschränkten, demüthig um ein Abendbrod zu bitten, was ihnen Nemeth auch ohne weiters zukommen ließ. Später kamen sie jedoch wieder ins Gehöfte und Michael Kovács züchtete Németh, als dieser im Stalle eingeschlafen war, mit einem großen Grade. Nach vollbrachter That beraubten sie den Ermordeten seiner Habselig­­keiten, Rostofi ging auf den Dachboden und warf von dort feinen Spießgesellen verschiedene Kleidungsftn­de und andere Gegenstände zu. Als die Sache ruhbar geworden, fiel der Berdacht sofort auf diese beiden V­agabunden. Dieselben legten denn auch bald nach ihrer Ber­­aftung ein umfassendes Geständniß ab. Der königl. Gerichtshof von Stuhlweißenburg verurteilte Michael Kovács wegen Raubmordes zum Tode durch den Strang, Holef Rostäfti wegen Theilnehmung an diesem Verbrechen zu Lebenslänglicher Zuchthbausstrafe und Johan Molnár wegen V­eckrechenz- Theilmehbmung zu z­wölf Jahren Zuchthaus. Die königl. Tafel, bei welcher diese Angelegenheit heute verhandelt wurde, än­­derte das erstinstanzliche Untheil insofern ab, als sie­ die Todesstrafe des Michael Kovács in lebenslängliches Zuchthaus ummandelte, Rostäft Hingegen wurde zu vierzehn Jahren Zuchthaus verurtheilte ; Molnär’s Strafe aber beginnt mit dem heutigen Tage. · Frei fprMU Gestekit wurde demwegen Raubes vom königl». Gerichtshof zu sechs Jahren Zuch­thaus verurtheiltep Josef Ignäxt das Urtheil der königL Tafelpublizist Die köning Tafel hat in Folge der Appellation des Vertheidigers Dr.Lu­­dwig Gruber das Urtheil der­ Instanz abgeändert unngnätcfters gesprochen.Letzterer war nur mit schwerer Mühe davontahzu­­bringen,gegen das freisprechsende Erkenntniß der königLTafel nicht zu appelliren,da er außer der Freisprechung auch noch­ die Zuerken­­nung eines Schadenersatzes erhofft hatte. Auf dem­­ Flick­ knvc­hfeste.Der Akt einer Kirchtag war von jeher berü­ch­tigt durch die dort selbst in starker Anzahl vertretenen Taschendiebe,was aber—wie es scheint­ Wilhelm­«Kleinmehlwußt, da er das Gedränge durchaus nicht scheute,um die Sehenswürdigkeiten des Kirchtages bewundern zu können.Bei einer der«vielen Produktionen­ der dort grassirenden,,Kün­­stler«bem­erkte er,wie ein elegant geklei­­deter Herr sich an ihn drühte, und im selben Augenblicke fühlte er auch einen Rud, der es ihn klar machte, daß seine goldene Uhr und Kette­ in Bewegung­ gefegt werden. Er schaute auf seine Brust, doch von dort war Die Kette bereits spurlos verschwunden, worauf er den Unbekannten zur Nede stellte und von demselben kategorisch sein Geschmeide verlangte. Doch bevor dieser noch antworten konnte, bemerkte Klein, daß seine Kette aus der Nochtasche eines dritten Man­­nes heranglugte und die angesammelte Wolfsm­enge­ verhaftete beide verdächtigen Elegants. Bei der Polizei erkannte man in denselben Martin Engel, der bisher, fünfm­al, wegen L Taschendiebstahls abgestraft war, und Mar Friedmann, der eigentlich in Mis­­foldz zuhause ist und hierber nur auf Gastrollen Tan. Teogdent met der die Zeugen noch der Kläger es bemerk­en, wie Engel dem Fried­mann die Uhr und Kette zustehhe, erhob Vize-Staatsan­walt B­a Eos die Anklage gegen Engel wegen des Verbrechens des Diebstahls und gegen Friedmann wegen Theilnehmung, an diesem Verbrechen. Der Berichtshof sprach jedoch in Gemäßheit der Ausführungen des­­­ertheidigers Dr. Leo Tauber Martin Engel frei; Max Friedmann Hingegen wurde wegen Diebstahls-Theilnehmung zu drei Monaten Kerker verurtheilt. Der Hund mit dem­ zärtlichen Herzen. Berlin, im Stili. Fräulein Mehrmann, eine Jungfrau reiferen Alters, erschien wegen Hundesteuer-Kontravention vor den Schöffen­­gericht. Sie hatte sich um eine volle Viertelstunde verspätet. — Bräs.: Weßhalb kommen Sie so spät? — Ungeskl.: AN. :Gotte doch ! Wenn man, woie ich, defekt ist auf beide Benes Appistellorum, dann heißt es, immer langsam voran. Sa, wenn Kopernik seine Sieben- Meilen-Absäge verborgen thäte... — Bräf.: Schon gut! Sie sollen ein und ein halbes Jahr lang einen Hund gehalten, aber seine Steuern dafür entrichtet haben ? — Ungefl.: Das Thierchen hat so ’n zärtliches Herz. Ich hatte ihm verschenkt, aber es hat ihm immer wieder zur Mehrmann’schen hingezogen. So ’n Bishen Semmel­­trume, me Wurfchipelle und ein paar Knöchelchen fallen auch bei armen Leuten unter'n Ti. — räf.: An wen hat­ten Sie den Hund verfhenzt? — Angel: An den Ver­golder Hoppe, der nach Warschau verzogen ist. Hoppe Hat auch gedacht, da hinten in der Bolatei Liegt das Geld aufm Straßen­­damm, aber... — Bräf.: Das gehört nicht hieher! Sie behaupten ferner, Hoppe habe den Hund beim Wegzuge an eine andere Person verschentt, deren Namen Sie nicht missen. Seinem neuen Befiger wäre das Thier entlaufen und hätte Sie wieder auf­­gesucht. Haben Sie Zeugen hiefür ? — Ungell.: Ya, ich tanya beschwören, daß sich das Hinweten aus reiner Bassion für meine Person wieder eingestellt hat. Es springt dara Feuer, wenn’s mich von Weiten sieht oder riecht. Und wie es mit dem Schmanze riedelt, wenn... — Bräf.: Ich habe gefragt, ob Sie Zeugen für die Wahrheit Ihrer Aussage­n anführen können. Der stehen Gie nigt .— Ungell: D ja! Schon feit, meinem zweiten Sabre! Die Schrammbörnerin ist meine Zeugin! — Bräf.: Wer it da8? — Ungell.: Ich führe mir die alte Frau schon seit zehn Jahren einen Familienstand, wir wohnen Beide zus­tam­men und focen gegenseitig. Uebrigend habe ich den Hund zulegt, weil ich ihm nicht mehr als Familienglied anerkennen wollte, öfter mit 'nem Besenstiel fortgejagt. Den Besenstiel habe ich leider in unserer alten Wohnung stehen gelassen, sonst könnte er als Entlastungszeuge dienen. Die Schlammhörnern aber weiß es. Auf dem königlichen Nathhause in der Königstraße steht es schwarz auf weiß eingeschrieben, daß, ich früher aus gutem Herzen, als der Hund noch mein eigen war, Steuern bezahlt habe. Nur später, als er von andere Leute adoptirt war, habe ich gesagt: Halt! Moneten gibt's nit mehr! — Ein als Zeuge vorgeladener Magistratsbeamter und zwei ihrer Wohnungsnachbarinen sagen zu Ungunsten von Fräulein Mehrmann aus, und der Amtsanwalt beantragt die geseßmäßige Geldstrafe in der Höhe von 40 Markt 50 $fennig. Das alte Fräulein schüttelt dabei indignirt das Haupt. Der Gerichts­­hof hält die Sache für nicht ganz aufgeklärt und beraumt einen neuen Termin an, zu welchen die Angek­agte die Genossin ihres platonischen Familienstandes, Frau Schrammbörner, mitzubringen hat, kannt und gewürdigt wurden, erfeiernt wohl eben doch die Bedeut­­samkeit dieser Frage gerechtfertigt. Dr. Steyffert führte seine Far gefaßten,­ zwingend ins Gewicht fallenden Gründe mit der vollen Ruhe der Ueberzeugung an; der Wortlaut des Gefäßes, welches ein noch nicht 16, ja höcht­­v w­ahrscheinlich noch nicht 15 Jahre altes Individuum zum Eide nicht zuläßt; der Mangel jeder religiösen Ueberzeugung ; der Mangel an Bietät gegen die Eltern; der Mangel aller jener heiligen Gefühle, welche sonst in der Menschenbrast lebendig zu sein pflegen; die wesentlichen, vielfältigen Widersprüche in seinen­­ Aussagen; der Um­­stand, daß er in der Untersuchung nicht auf sein Recht aufmerksam gemacht ward, sich der Zeugenschaft gegen den eigenen Vater zu ent­­schlagen : — diese Argumente, sie legten sich mit solcher Wucht auf Stimmung und Ueberzeugung aller Anwesenden, daß die Verthei­­diger fammt und sonders damit begannen, diese Argumente ausdrück­­lich und vollinhaltlich zu den ihrigen zu machen. — Dr. Fried­mann fügte eine Reihe weiterer Gründe hinzu und fand zu diesem Behufe ungeachtet der gemessenen Nähe seines Vertrages Töne, die unwiderstehlich ergriffen. Die Ausführung, daß der Zieilrichter einen Zeugen unter dem geießlichen Alter, dessen Wort man hier als entscheidend über Leben und Freiheit so vieler Menschen gelten hassen will, nicht für die Zus oder Aberkennung eines Objektes im Werthe von 5 Gulden als maßgebend annehmen wirde, wirkte schlagend. Sein weiteres Argument, daß der Knabe in derselben Sache ja an Ungefragter war und anfangs leugnete, mußte jeden den­­kenden Juristen gereim­en ; und vollends die Ausführung, daß dieser Knabe Gott und Religion seiner Eltern mit sigtlichem Haffe verleug­­net, einen neuen Glauben aber nicht bekannt hat, ja zu befennen noch gar nicht berechtigt ist, griffen Allen ins Herz, nur den anwesenden Moriz liegen sie kalt und stumpf. Der Vertheidiger verlangte die Aus­­schließung der Zeugen vom Eide, nicht im Interesse der Angeklagten, sondern im Interesse der Moralität und aller Gefühle, die Menschen heilig sind. — E58 to 6 8 führte mit all der eindringlichen Gewalt seiner Nede aus, daß dem Zeugen in der ganz unqualifizir­­baren Lebenslage, in melcher derselbe sic. dermalen befindet, die erste Grundbedingung aller Zeugenschaft, die Freiheit der Erwä­­gung und Entschließung fehle. Seine Analogie z­wischen dem englischen Kronzeugen und dem „Komitatszeugen von Szabolcs" war ein schneidig treffender Dieb. Wie tief derselbe eindrang, zeigt die Entgegnung, welche er hervorrief. — Funtäs war in den wenigen Worten, die er sprach, ergreifend; er machte tiefen Eindruck, als er den Richter beschwor, er möge der jungen Generation nicht das furchtbare Beispiel geben, daß ein Kind die Hand gegen den Rater erhebe zu dem Schwure: Du bist ein Mörder! — Heumann endlich faßte die Hauptargumente aller seiner Vorredner in den Worten trefflich zusammen: Die Augen des Anaken sind auf Farben» Blindheit untersucht worden ; physisch laborist er davon nich, moralisch aber im höchsten Grade. Er war eine kurze aber denkwü­rdige Diskussion, in der wohl die am Freitag beginnenden Plaidoyers in ziemlich deutlichen Um­­risfen ihre Schatten vorausgeworfen haben dürfen. Mit welcher Wut die flizzirten Argumente selbst auf den Gerichtshof wirkten, zeigt nir allein der Beschluß des Lestern, sondern auch der Umstand, daß eine ganze Serie derselben vom Präsidentenstuhle herab ,ofern als richtig anerkannt wurde. Der Gem­ätshof hat sich damit von aller Solidarität mit der Untersuchung­­ Losgesagt und den einzigen von derselben gestellten Mordzeugen formell desavouirt. Die Abweisung Moriz Scharf’s vom Eide wird hier allent­­halben lebhaft und verschiedenartig kommentirt; man bespricht immer und im­mer wieder, in­wie­weit dieser Gerichtsbeschluß das zu gewärtigende U­rtheil andeute; ich meinerleit finde es unmöglich daß Semand, der an der Gage überhaupt Interesse nimmt, sich über dieses hochwichtige Ereigniß nicht seine individuelle Meinung feststelle, fühle aber seine Verpflichtung, der meinigen Ausbrud zu geben. Eine geradezu furchtbare Szene, nicht die erste, aber doch hoffentlich die legte solcher Art, war heute in der Pause der Ausbruch des alten Scharf. Die volle, von einer Menschenseele faum zu eve tragende Bitterkeit, welche dieses Vaterherz durchwühlt, ein Weh, von dem man Faum begreift, wie es in einer Menschenbrust Raum finden kan, sprach aus diesem Aufschrei, und doch, welche Achtung zugleich vor der Heiligkeit des Gerichtssaales, in welchem ihm solches Leid rorderfährt! Ja, so bavor es Manchem klingen mag , welcher sprechende Zug von niemals auszurottender, unendlicher Elternliebe redet aus der Bitte des Mannes, man möge ihn für einige Zeit aus dem Saale bringen, denn er besorge, daß er sich am Ende doch vergessen und dem Knaben ein Leides thun dünnte. Aus den vormittägigen Aktenverlesungen habe ich Ihnen Furz gemeldet, daß die Moralitäts-Zeugnisse der Angeklagten verlesen wurden und durchwegs ein unbemakeltes Vorleben derselben Fonstak­tiven. 63 ist eine eigenthümliche und charakteristische Erscheinung dieses Prozesses, daß vollkommen unbeshholtene Menschen auf der Ank­lagebanf fiben in Der Mnreihe der omernzeugen, to TET untergeordneter Funktionäre dagegen Menschen sind, denen solche Integrität der Ronduite und des Charakters durch­­aus nicht nachgesagt werden kann. Während der Gerichtshof sich zur Beschlußfassung über Moriz’ Beerdigung zurückgezogen, erwartete das Publikum, durch die Szene zwischen Scharf und Sohn ohnehin hoch erregt, die wichtige Entscheidung in höchster Spannung, welche durch die lange Dauer der Berathung noch gemehrt wurde. Auch den endlich wieder eintretenden Richtern sah man­ das Bewußtsein der­­ Bedeutsamkeit der eben gefaßten Ent­­schließung an. A­ Z der Präsident die Verkündigung des Gerichts­­beschlusses mit der Aufzählung der abgelehnten Motive der Vertheidi­­gung begann, war alle Welt gewiß, die Betheidigung sei beschlossen. Lautlose Stille herrschte, als dann plöglich eine Wendung mit den Worten erfolgte: gleichwohl wird die Beeidigung abgelehnt, weil zc., hätte wenig gefehlt, daß ein Theil des Bublikums in ordnungswidrige Nute ausbräche. Die äußerlichen Verhältnisse betreffend mögen Sie erkennen, wie gründlich sich dieselben durch das strenge und entschiedene Ein­­greifen höherer Potenzen gebessert haben, wenn ich Ihnen sage, daß heute die wenigen im Publikum anwesenden Anhänger einer gewissen Partei bei den Ausbrü­chen des alten Scharf nichts weiter, als ver­­einzelte Rufe der Mißbilligung wagten, obwohl der Gerichtshof nicht anwesend war. Wir erinnern uns, welche heftige und andauernde Stürme ähnliche Szenen früher selbst in offener Sigung erregten. Die nun folgenden zwei Ruhetage werden vom Staatsanwalt und den Vertheidigern zu den Arbeiten an ihren Plaidoyern benabt werden ; es ist besprochen worden, daß am Freitag Szeyffert und Szalay am Samstag Vormittag Funtal mm Friedmann, Nachmittags Szefely wd Neumann ihre Reden beenden, der Montag aber ganz für E 5 tv 53 verfüg­­bar bleibt. DOriginal-Telegramm des ,Befter Lloyd“) Neunundzwanzigster D Verhandlungstag. Fortsebung aus dem Abendblatte. Friedmann: Sch­lege hier eine durch Leopold Braun geschriebene, jedoch nicht abgeschichte Korrespondenzkarte vor, deren Datum (2. Juli 1882) der auf derselben befindliche Poststempel ausz­uweist, und bitte diese Karte den Akten beizuschließen. Weiter [ege ich behufs D Verlesung einen anderen Brief vor, welcher bereits am 12. Weber 1882 abgesehiet wurde, und bezüglich des Inhaltes und Styles der soeben erwähnten Postkarte fast vollkommen ga Die Echtheit des Briefes wird ebenfalls durch den auf demselben befind­­lichen Postempel erwiesen. Nachdem damals die im uni geschriebe­­nen Briefe mit dem gegenwärtigen Straffalle in Verbindung gebracht wurden, und gesagt wurde, daß sich in diesen Briefen das Gemissen manifestive, so schließe _ ich. Diesen Brief, in authentischer, — meil dur; das Budapester Rabbiner-Seminar angefertigten, also in bester Ueberfegung behufs Konstativung heffen, daß Braun b­e­reits am 12. Leber in­­ diesem Style und in dieser Manier ges­­chrieben, also zu einer Zeit, bevor noch jenes angebliche Verbrechen verübt worden sein sol. « » Präs.:Wün­scht die Anklage etwa die Verlesung dieser Uebersetzunch . « » Szeyffertcih halte diese Verlesung nicht für noths wendig. m$ ru f:.: Here Bertheidiger E dtv 58 wünscht die Verlesung des Zeugenverhörs-Protofolles Nr. 59. otär Viktor S­i­m­o­n verliert das mit der Zeugin Barbara Bofort aufgenommene Protofol, wemgemäß besagte Zeugin aussagt, fiefer am Löser Marktplage mit einer Butegelverkäuferin zusammengetroffen, die ihr sagte, Esther Solymoji sei geschwängert geworden, d­thalh 4 ta hätte sie sich das Leben genommen. Bengin rennt jenes Weib nicht, und hat dasselbe seither nicht mehr gesehen ; das Weib sei aber auch damals, als es diese Geschichte erzählte, betrunfen ge­wesen. Der Un­­tersuchungsrichter habe ausgesprochen, daß diese Auflage zufolge ihres Inhaltes seine Grundlage für ein weiteres Verfahren bilden uie. . Präs.·.Ebenso wünschte Herr Vertheidiger Eötvös die Ver­­lesung des Briefe an 106. Notar Simon verliest die Zuschrift des Vizegespans des Szabolcser Komitates an den Unterst­ichtungsrichter Bary bezüglich der Beschreibung der Dadaer Leiche,und deren KurrentirtiItg.Jndorsat. Nachdem die Verh­altun­gs-Behörde bei Gelegenheit der am 19.und 20.Juni stattgehabten Leichenbeschaxk ebenfalls vertreten«war,ist die Fabrikation der­ gewünschten Personsbeschreibung überflü­ssig geworden. ez.J.Barym.p.29.Juni 1882. räs·:Es werden die sub Nr­ 184 auf genot 1111teuen Aus­­sagen des Josefzakolczath und der Esther Szalka verlesen werden Notar Sim011 verliest die Aussage der Sophie Szakolczqy vom 7. September 1882, dergemäß in jener Woche, in welcher die Leiche nach Ehlar gebracht wurde, die Barbara Toth nicht zu ihnen kam und auch nicht bei ihnen geschlafen hatte. Die Aussage der Esther Szalfa geht dahin, daß sie in der Nacht des 23. Juni bei der Barbara Tóth geschlafen habe und als sie erwachte, habe für dort den Yalob Römer und den Josef Klein sprechen gehört, von Gabriel Szólár hörte sie, daß er den Römer und Klein unter­ dem Thore gesehen habe und bemeint, daß dieselben von 2—3 Uhr zu ihren Füßen gestanden seien. Daß sie den Leib der Barbara Toth abzu­­melsen hätten, habe sie nicht gesagt und habe es auch nicht gesehen. Präsident: E3 wird der Gerichtsbescheid No. 109 ver­lesen werden.­­ Noth­ Simon verliert die an die Telegraphenämter gerich­tete Zuschrift vom 24. Juni 1882 de8 Untersuchungsrichters Bary durch welche er die Weiterbeförderung der die Tipa-Eplare- Affaire betreffenden P­rivat-Telegramme untersagt. Diesem Bescheid trat die Staatsanwaltschaft, nicht bei, der Gerichtshof jedoch bestätigte denselben. Schießlich wurde jedoch der Untersuchungsrichter doch die Telegraphen-Direktion verständigt, daß seine Verordnung gegen den G.A. LVI: 18% verstößt, daher, derselben nicht Folge geleistet werden könne, wovor die Eh für Justiz und Kommunikationsmwesen verständigt wor­en seien. Präsident: Cs folgt nun das Protofoll über die Magen- Scheinnahme, die jüngst in Tipa-Chlor gehalten wurde. Wilnscht die Anklage, daß dasselbe in seinem ganzen Umfange, oder nur zum Theile verlesen werde ? Szeyffert: Ah bitte es ganz verlesen zu lassen. E5tv538: Die Vertheidigung tritt diesem Antrage bei. Notar Simon verlieit öietes Protokoll. präf. (nach der Verlesung): Aus diesem Protokoll sind die Mitteilungen darüber ausgeblieben, daß die Mitglieder des Gerichts­­hofes auch jene Stelle besichtigten, von welcher Nikolaus Tapaleti während des Bilügens die Esther Solymoff gesehen haben will. Fer­­ner wurde noch der Lofal-Augenschein bezüglich der Stelle vorgenom­­­men, von welcher aus Nikolaus Tapaktd das Mädchen gesehen haben will, wie es den Damm h­inabstieg. Da zwischen dem Damm und Dieter Stelle gegenwärtig eine Maispflanzung und mehrere Einfrie­­dungen mit dichterem Laube sich befinden, so konnte zu Dieser Zeit von dort die fraglige Stelle nicht übersehen werden. Friedmann: Mach dieser Nietigstellung hätte ich Drei Bemerkungen und ich bitte den Heren Präsidenten, fall das Vor­­zutragende mit feinen I­nformationen übereinstimmt, das Protokoll in diesem Sinne nachträglich ergänzen zu lassen. Erstens blieb Herr Dr. Heumann nicht denn in der Vorhalle, wie es im Protokoll heißt, son­dern er stellte seine Frage außerhalb derselben. Präs:Auch im Protokoll steht es so. Friedmann: Weiter bitte ich, im Protofoll anführen zu lassen, wo der Schober gestanden hatte. Der Blab desselben wurde bekanntlich genau an dem Zaune festgestellt. Bräf.: Jamohl, an dem Hedenzaune. Friedmann: Dritten ist der michtigste Abschnitt des Protofols Lüdenhaft gefaßt, nachdem bei der Erwähnung der ein­zelnen Partien der Augenscheinnahme die einzelnen Situationen nicht geschildert sind, welche die Betreffenden darin in der Synagoge ein­­genommen hatten. Präsident: Ich habe damals den Herrn Schriftführer ersucht, dieron Notiz zu nehmen; auch habe ich selber mir notirt, wie die Thür stand, wie Teppich und Tusch lagen, wie der Knabe Einzelte der Herren Stenographen benannte. Denn gelegentlich der Brobe befanden sich bloß die Herren Stenographen am Tische, Friedmann: ch halte es für not­wendig, daß im Brot­tofoll ausdrücklich geschildert werde, wie einzelne Personen ich bald rechts, bald links vom Teppich aufstellten und wie der Zeuge die­­selben zu sehen angab. Ich erlaube mir, Herr P­räsident, Ihnen meine eigenen Notizen zu überreichen mit der Bitte, Dieselben durch den Herrn Schriftführer oder andere Herren, die mit zugegen waren, auf ihre Wahrheit prüfen zu lassen. Pur so wird es sich feststellen lassen, ob und was er gesehen und ob er die Szene, die er gesehen haben will, au) wirklich gesehen haben konnte? Denn er hat si gezeigt, daß der Knabe wiederholt Leute bezeichnete, die nicht dort standen, während er z. B. bei der Aufstellung der Achter-Gruppe drei Ppersonen sah, die hart am Teppich standen, während er d­ie übrigen Fünf gar nicht wahrnahm; desgleichen bei der Gruppe, welche das Giehen des Blutes in das Gefäß mark­rte. Von alledem ist im Brotokoll seine Spur zu finden. räf.: Diese Partie des Protokoll wird auf Grund der stenographischen Aufzeichnungen ergänzt werden. Herm­annJch bitte den Brief,der sub 141 erliegt­ ver­­lesen zu lassen,derselbewwde auf polizeilich­et1t Wege konfiszirt« durch den Stuhlrichterbehufsü­cbersetzung dem Ministerium des Innennz11 geschickt,sodann dem­ U­ntersuchungsrither übergeben» » Schriftführer Simon verliest die Zuschrift des Stuhlrichters betreffend die Konfisfation eines durch den Urgeklagten Leopold Braun in hebräisscher Sprache geschriebenen Briefes, sowie die Ueber­ fehung des Lekteren­tej Hierauf werden no) die Leumundsnoten der Angeklagten verlesen. Die Verhandlung wird nun auf eine halbe Stunde suspendirt Mag der Baufe­präsident läßt das durch die Gemeindevorstehung von Tihaz Ehlär ausgestellte Sittenzeugniß 563 Salomnon Schwarz vorlejen, welchen zufolge gegen denselben seine Klage erhoben wurde und Angek­agter bloß einige Mobilien sein eigen nennt. Ferner das Zeug­­niß der Gemeinde Tiba Ulak, laut welchem Schwarz in den siebziger Jahren dort mohnte, Daselbst ein kleines Spezereigeschäft besaß und als sittlich umbeanstandetes, frommes und unanfecht­­bares Individuum bekannt war; sodann das Wohlfahrtszeug­­niß der Gemeinde Bene, wonach Schwarz , dortselbst geboren, erzogen und bis zum ee 1874, als bis zur Zeit feiner Webersiedelung von tadellose­r Aufführung gewesen war. Ver­mögen habe er selbst Feines und auch von seinen Eltern feines geerbt, schließlich ein Zeugniß der Gemeinde Bári — wo Schwarz im Jahre 1877/78 Schächter gewesen war —, worin erzählt wird, der Angeklagte habe ein auffallend isolixtes Dasein geführt und cS Iaffe fi) dessen sittliches Betragen nicht bezeugen. Doch sei derselbe nach von Religionsgenossen erhaltenen Informationen wegen seines orthoz doren Naturells unerträglich, in seinen amtlichen Funktionen pedan­­tisch gewesen und wären auch materielle Verluste, welche durch das charakterisirhe Vorgehen des ©. Schwarz verursacht wurden, der Grund seiner Entlastung gewesen. Sein Vermögen bestand aus einigen Fahrhissen und aus Infuriösen Einrichtungsstücken im Werthe von circa 250 fl. : 5­7 Heumann. N­achdem dieses meihtere Gemeindezeugniß auf von Anderen erhaltenen I­nformationen beruht, so wäre dem Salo­­mon Schwarz vieleicht zu gestatten, sich darüber zu äußern, ob­ er Bari wegen der Orthodoren verlassen­ mußte. Ri Präsident: 63 steht ihm frei, sich diesbezüglich zu en. Ungefragter S­ch­warz: Ich habe zu bemerken, daß ich nicht gezwungen war, Bári zu verlassen, und es auch nie verlassen haben würde, hätte sich nicht eine bessere Gemeinde gefunden. An Tiha-Löl wohnen 120 Israeliten, während in Bári kaum 25 sind, und auch he es arme Bettler. Dies der Grund, weshalb ich jene Ortschaft verließ. P­räsident: Abraham Burbaum’s Dienstbotenbuch is ausgestellt in Galizien im Bezirke Uspi-Zadeckin 1882. Das Buch it inwendig ganz leer. § da Heumann: Al­las wird Burbaum darin qualifizirt ? präf. (h­eft): „Geboren 1856. Religion Israelit,“ die Aubri­­ten Größe, Augen u. s. w. sind ausgefüllt, alles übrige ist Leer. Heumann: Burbaum wäre zu befragen, wie es tam, dak er als Lehrer mit einem Dienstbotenbuch reiste ? · Burbaum: Ein Dienstbotenbuch bekommt man am leich­testen. Heumann: Sie gebrauchten es also wie einen Bab? Burbaum: So ließ mir es geben als ich wandern ging, um eine Stelle als Lehrer oder Kantor zu suchen. .» Fried­mann-Sie hätten sich aber durch ihr Lehrerdiplom legitimiren müssen. Er Bräf.: Die Leumundsnote Leopold Braum’s ist von der Gemeinde Téglás ausgestellt. Es hießt darin, Braun habe sich wäh­­rend seines dortigen Domizils sanft und anständig benommen, er sei niemals­­ bestraft gewesen, habe in der Gemeinde gar tein Ver­­mögen beseffen. Die Gemeinde Bari sagt in ihrem Zergriffe, sie abe gegen Braun’s sittliches Betragen nichts anzuführen. E &f­olgt die Leumundsnote Koser Scharf’s: Gegen den nach Eplär zu­­tändigen Kofef Scharf it seine­m. aufgetaucht.” — Re­nlic lautet die Leumundsnote der Gemeinde Eplär über Emanuel Zaub. Die Gemeinde Bolgár sagt über Taub, sie habe von seinem Aufenthalte in Bolgár erst Kenntniß erhalten, als derselbe verhaftet tauche, daher sie über sein sittliches­­ WBetragen sich nicht äußern. könne. — Die Leumundsnote Adolf Zunger’s lautet: „Die Gemeide Tipa-Ehlär bezeugt hiemit, daß Adolf Yunger bloß insofern beanstandet werden kann, als daß er behufs , un seiner Gläubiger sein Ver­­mögen durch einen Notaratsakt auf sein Weib Übertragen hat.“ — Zu Zunge­: It al Ihe Vermögen auf Fre­draw über­­tragen ? FE Angel. Sänger: Ja äuße­ rd Der Eim­-Gplärer Yrazef, (Telegramm des Spezial-Berichterst­atter des „Better 21099“) Nyiregyhaze, 24. Mult. So wäre denn heute, am neunundzwanzigsten Verhandlungs­­tage, der wichtigste Abschnitt des alle Welt bewegenden Tipa-Chlärer Prozesses, das Beinweisverfahren, gefäloffen, gefähloffen mit einem Gerichtsakte, dem an Bedeutsamkeit sein bis­­heriges Moment auch nur annähernd zu vergleichen ist. Ein kurzes Nefume der Argumente, welche in der über die Beeidigung des Moriz Scharf gepflogenen Diskussion in’s Treffen geführt wu­ben, und zwar von Seite der Anklage, wie der Vertheidigung mit vollkommener Webereinstimmung ausfühlte sich gegen die Beeidi­­gung in’s Treffen geführt und vom Gerichtshofe zum Theile aner­ Ser

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