Pester Lloyd, Dezember 1912 (Jahrgang 59, nr. 284-296)
1912-12-01 / nr. 284
Frankreich, die Vermittlung der Postämter nicht und das Abonnement muss direkt in unserer 59. Inhranne. .. MORGENBLATT máz 2 Budapest, Sonntag, 1. Dezember 1912. Ant. Mezei, Rud. Mosse, Jul. Tenzer, Jos. Schwarz. Gunsrährsrizelaneine Wien, Wollzeile 9. — Auch alle men renommierten Inseratenbureaus Österreich wie im Auslande übernehmen Ändigungen hün für den „Pester Lloyd". Einzeln : Morgenblatt in Budapest 12 Heller, in der Provinz 14 Heller. Abendblatt in Budapest 6 Heller, in der Provinz 8 Heller. Redaktion und Administration : V., Mária ale we allen eine zurückgestellt. — liierte Briefe werden nicht ‚angenommen, Budapest, 30. November. Der heute im Abgeordnetenhause eingebrachte Gesebentkwurf betreffend die Ausnahmsverfügungen für den Striegsfall erweist sich, je näher man ihn prüft,‘ desto unverkennbarer als das, was wir unter dem ersten Eindruck in ihm erblich haben, al ein regelrechter Kodex des Belagerungszustandes. "Dennoch wäre es weit gefehlt, in dem augenblicklichen Eenjt der europäischen Lage allein die Ursache der Unterbreitung dieser Vorlage zu suchen. Die geographische Nähe eines übrigens allem. Anscheine nach nunmehr seinem Ende zuneigenden Krieges und die Erträgung, daß seine Folgen Ir Interessen in einschneidender Weise berühren, haben höchstens die äußere Veranlassung dazu gegeben, daß Dieter Gejetentwurf, an dessen Vorbereitung schon frühere ‚Regierungen gearbeitet hatten, endlich fertiggestellt und vor die Geießgebung gebracht wurde. Daß der Staat im Kriegsfalle nicht nach der Norm des Friedenszustandes verwaltet werden kann, weitaus übersteigt, fordert eine Kraftanstrengung, die alle Energien entfaltet, die sich , it Gegen anfassen lassen; z.und noch viel wenigerneine Entschädigung bieten,dass ihre »verfassungsmäßigen Gerechtsame unangetastet geblieben sind. Diese Erwägungen haben überall in der Welt, wo ‚die Völker unter verfassungsmäßigen Einrichtungen leben, dahin geführt, daß dem Staate ‘dar; ausdrückliche Gesebe ‚oder, durch althergebrachte Verordnungen, deren Rechtsrat, " unangefochten ‚blieb, die Möglichkeit , geboten ‚er‚scheint, sich für den Fall und Die. Dauer eines Krieges der Schranken, in Die sein Walten - sonst gebannt ist, zu entledigen. Der " Belagerungszustand, der ‚alle anderen Küdfichten dem Gefühlspunkte des für die Kriegführung ‚Hweemäßigen unterordnet, bildet die Notwehr des duch den Krieg in seinen Lebensbedingungen bedrohten Staates, und it. daher im Auslande überall gesebgeberisch vor. ‚gesehen. ‚Bei uns gab es bis jet ‚eine Lüde in Dieter Se - Einzig ‚in unserem Strafrecht finden sich einige ‚sporadische Verfügungen, die dem Staate für den Kriegsfall, erhöhten Schub verleihen. ‚In allen sonstigen Biweigen der Gesebgebung , fehlt es an jeglicher Vorsorge Für Den Striegsfall, gleichwie es auch; sein Mittel in unserem ‚Staatsrecht gibt, das die Regierung in den Stand regen ‚wide,Diese Lücer im Vergrönungswege auszufüllen. ‚Daß aber in Kriegszeiten alles im Staate ganz anders als im Frieden ‚sein muß, liegt auf der Flachen Hand. Die Verwaltung bedarf einer Befreiung von dem sonst ‚üblichen Instanzenzuge für, all die Dinge, die zum Ziwrede der Kriegführung beizustellen sind. Das Eigentumsrecht fordert, gerisse Einschränkungen, uid der bewaffneten Macht die für ihr wirksames Eingreifen unentbehrlichen Bedürfnise zeitzeitig zur Verfügung zu stellen. Die Boltspiyches muß, nnt nicht irregeleitet, nicht in schädlicher Richtung verliebt zu werden, durch Beschränkungen des Ber ‚eins und Versammlungsrechtes und der Mreßfreiheit vor gefährlichen Beeinflussungen, bewahrt werden.. Gegen den Wucher, mit Lebensmittel muß der Bevölkerung ausreichender Schuß geboten werden, da int. Kriegsfalle , der unter normalen Verhältnissen, zuverlässige Preisregulator des freien Wettbewerbes leicht versagen und, das Bolt nicht zu allen Sichrednissen »des Krieges and) nach der furchtbaren Heimsuchung einer Burgersnot, preisgegeben, tags. über den Haufen und, fast einen neuen Zustand, ‚gesellshaftlichen Lebens angepart werden mühlen. Ail set Die für die Schicsale des Staates verantwwortliche Regierung) war : bisher für . den Kriegsfall: in die ‚Notwendigkeit verlegt, in Ermangelung entsprechender ‚legislatorischer Ermächtigung eine arbiträre Gewalt an sich ‚ werden Tan. Der Krieg twirft eben die Normen des. AL ‘den. Die Formen und die Negern des staatlichen und Ungarır "hat Die Gesebgebung File: Diesen Fall, nicht vorhat reißen und die gebotenen Rechtseinschränkungen, im ‚N Berordnungsswege zu verfügen. . .Siwed Der heute eingebrachten Barkage ist eben, Dieser Notwendigkeit , ein für ‚allemal auszuweichen. Daß jeder einzelne Paragraph des Entwurfes, je, einen empfindlichen Eingriff, in öffentliche und private Rechte bildet, die in normaler Zeit allma antastbar ‚gelten, ist selbstverständlich. Die öffentliche Meinung wird darüber ein begreifliches "Unbehagen empfinden, ich aber dennoch sagen müssen, daß der Krieg ohne solche rechtzeitige Regelung seiner Folgen für Die öffentliche und ‚private Rechtsordnung kein geringeres’ Unglück wäre, daß: Durch diese Regelung wenigstens der Umfang der erzeptionellen Lage in voraus übersehbar wird. .. Leicht hat sich die Regierung die Sache keineswegs gemacht.. Sie spricht nicht etwa ‚eine Generalvollmacht an, die Geltung der bestehenden Gesebe je nach unumgänglichen Bedarf und mit dem Vorbehalt nachträglicher Rechtfertigung aufheben zu dürfen, sondern ihre Vorlage verweist mit voller Klarheit nut vorhinein auf alle erdenklichen. Einsgränfungen, "die, in Kriegszeiten, ratsant erscheinen können und zu deren Durchführung, sie rechtzeitig ‚auf geieslichen Wege ermächtigt werden will. So drürend auch die Erkenntnis sei, daß die in Aussicht genommenen Ausnahmsgewalten sich fast auf das gesamte Rechtsgebiet erstrecen, so wirkt es immerhin beruhigend, daß zwar die alten Ufer der Rechtsordnung doch Die Kriegsflut Weggerissen werden ‘können, aber eine gemisse Eindämmung an in diesem Falle noch stattfindet. Kaum eine einzige Parzelle des normalen Rechtszustandes bleibt in der Tat unberührt; allein das Maß, bis zu dem viele Parzellen in Mitleidenschaft gezogen werden können, ist immerhin festgelegt. Wer die Rechtsordnung in Friedenszeiten den Grenzen gegenüberstellt, bis zu denen laut dieser Vorlage die Ausnahmszustände sid . erstreben können, hat ein Bild » jenes Inundationsterrains von fi, das der Staat von Dem Gesamtgebiet seiner Einrichtungen für Die herben Notwendigkeiten des Kriegs« falles absondern: muß. _ «« «Tberuhigung-also,dasß zeine gesetzlichecheluzig «stattfindet und die Executive ein in Ung am überhaupt nicht bestehendes Notrewrhnung grewickt in Anspruch nehmen will,siesollts sich jene anderes,daßk diexöffentiliche Meinungv sisch beizeiten ein klares«Urzteilzu ibildm vermag x über Richtung rmdumfan,—der:«.Ausnahmsverfügungen,die das Land fordert & bezug auf geießgeberische Technik bei der Vorlage eine vollendetere Arbeit wäre. ‚So dünkt gims,. der. "wärtigen. hat." Allerdings hätten wir tiegsfall zu gehern, jára za Ang 5 Meran in den. Die Bolla macht zu den ins Auge gefaßter Absnahmeverfügungen Le ás hit züzision festgestellt. Die jeglichen Zieifel ausihlöffe.€ 3 heißt in dem Entwurfe, das Recht zu solcher Inanspruchnahme der, außergewöhnlichen Bollmacht trete bereits „im Falle der infolge, drohender Kriegsgefahr angeordneten militärischen Vorbereitungen“ ein. Solche Vorbereitungen haben aber erfahrungsgemäß getriffe Abstufungen. " € 3 können in den bedrohten Gebieten die Friedensgarni‚| | 9.43 Bee‘ a are wir v joe N Feuilleton. Kriegsberid)te. Bon Felig Salten. Dicht an den Grenzen mitteleuropäischer Gebiete, ist jegt ein blutiger Krieg im Gange. Große Schlachten wurden geschlagen, Städte erobert, Dörfer in Brand geschossen, Schanzen erstürmt. Mehr als eine halbe Million Dienshen stand im heißen Ringen gegeneinander. Wenn wir uns aber fragen, was wir von diesen tausendfach wichtigen Geschehnissen gehört und erfahren haben, fönnen wir’s uns ruhig eingestehen, daß... es beinahe so viel wie gar nichts gewesen ist. Den Bulgaren ist es gelungen, Kirk filiffe einzunehmen, die Türken mußten bis zur Tichataldichalinie zurückweichen, sind von den Serben hier, von den Griechen dort, von den Montenegrinern da, geschlagen worden. Das ist alles, ist das leere Gerüst der Ereignisse, wie es sie mit dem fortschreitenden Krieg aufgebaut hat. Was darüber geht, mochten wir uns mit der eigenen Phantasie „ergänzen, wenn wir Luft dazu verspürten. Geschildert hat’s uns feiner. § 1 Und«doch.hatte die europäische Presse ihre besten Leute mobilisirt,hatte sie als Berichterstatter nach dem Schauplan der Kämpfe entsendet. Tüchtige, erfahrene, feministeiche Männer, zuverlässig, gewissenhaft,unerschroden und bereit, jegliche Gefahr wie alle Strapazen zu bestehen. Aber was haben sie gesehen ? Nichts. Oder so gut wie nichts. Man hat sie in den verschiedenen Balkanhauptstädten, in denen sie eingetroffen waren, zurückgehalten, als der Krieg s schon entbrannt war.. Hat sie dann weit, hinter den feuernden Fronten in irgendein Nest verfrachtet, hat sie da zusammengepfercht, hat ihnen eine Bannmeile rings um das Dörtchen gezogen, innerhalb deren sie spazieren ‚gehen und ein wenig Luft Schöpfen durften. Ganz von weiten hörten sie. etwa ein Pumpern, das sie für Kanonendonner hielten; sahen ganz in der Ferne, am Rand des Horizonts den Himmel von blasser Feuersröte fi färben, Ihhloffen daraus, daß irgendwo wahrscheinlic irgend, sein Dorf angezündet worden sei, und ‚jagten “ den es um ihre Blätter. Das ist der Kriegav. fich, ieviez Wenn Ferdinand von Koburg, der Bulgarenzar, in irgendeiner Eichhe , zum Tedeum ging, war es ihnen erlaubt, ‚dies erschütternde Ereignis zu Schildern. Wenn Herr Peter ‚Karageorg irgendwo alflamiert wurde, war es ihnen gestattet, die herzerhebende Szene zu beschreiben. Aber der ‚Krieg? Zum Krieg, blichten sie wie zu einem fremden Ufer hinüber. Dem Krieg, der über den Balkan hinfegte,durften sie nur von fern folgen. Nur vom legten, äußersten Saum seines blutigen Drantels, der hinter ihm herschleift, konnten sie hier und dort einmal ein Zipfelchen erspähen. Was sie geschrieben haben, was sie uns erzählten. Dazu war es nicht nötig, Mühseligkeiten und Strapazen,, Entbehrungen und Gefährdung der Gesundheit auf sich zu nehmen. ‚&3 Lohnte nicht. Das meiste, davon hätten sie zu Hause, am Schreibtisch, ebenso schildern und erzählen können. Man wird natürlich, und vor allem auf das Japaner: ‚beispiel ‚verweisen. Denn seit dem glorreichen Raffensieg, den Die Japaner auf den ostasiatischen Schlachtfeldern errungen haben, sind sie ja in allen Dingen der Kriegs ‚führung maßgebend, und während, wir vormals ihre Lehrer ‚gewesen, scheinen, wir fest eifrig bemüht, von ‚ihnen zu. ‚lernen, „wie das mörderische Handwerk , an‚ wirksamsten ‚betrieben wird. Nun, und die Japaner haben damit’ an‚gefangen, seinen einzigen Berichterstatter zus, Front zu lassen. Sind sie etwa deshalb siegreich gewesen? War. ‚das der tiefe Grund, der ihren Aufstieg sicherte? War das: ‚die Ursache ihrer Kraft und ihrer Erfolge, daß sie sich bei ihren Kämpfen von europäischen und amerikanischen Zeitungs ‚menschen nicht zuschauen liegen? Niemand wird behaupten, daß ihnen diese Mafßregel an im fleinsten nur > zum ‚Kriegsglac geholfen hat. Vielleicht Haben sie die strategischen. ‚Sejbidlichkeiten, das militärische Kombinationsvermögen der im ‚Bressedienst verwendeten europäischen Offiziere zu sehr gefürchtet, ‚haben die Gegenwart der einzigen Erzieher unbehaglich empfunden, und „wollten es außerdem noch vermieden ‚willen, daß aus den Tageszeitungen Europas den’ Rufe ‚KReindschaft davon wurde, was im japanischen Hauptquarter ‚geschieht. Diese Gründe , und viele gute Gründe sind es ‚jedenfalls gewesen,, von denen die Japaner sich bestimmen ließen, . die. Kriegsberichterstattung . . zu. unterbinden. Bor . ‚allem aber konnten. sie, sagen: ‚Was geht die weiße Rasse‚uhrer Kämpfen an, unser Soldatenfiiral, unser zur Erde Empfindungswelt. Wenn wir uns‘ je einmal auf irgends einem Arbeitsboden treffen und einander zulächeln, scheint selbst in diesem Lächeln unsere Fremdheit nur: noch, stärker, aufzuleuchten. Nichts ist . ihnen’ verbrüdert von allem, was dieses Krieges höchsten Inhalt ausmacht. Ihre Neugierde, ihren Sensationshunger aber brauchen wir nicht zu füttern. Wenn ‚dieser Kampf zu Ende gerungen und im späteren Jahren Erzählungen eines Soldaten, Erinnerungssbücher etwa, in’ die Welt hinaus ihren Weg finden, mögen sie dann ihren Durst’ nach aufregenden und blutfarbigen Schilderungen Leger. . : ARE ‚ Können die Balfanfürsten, die jeßt mit der heroischen Gebärde sieggefrönter Feldherren ihren Truppen folgen, uns solche Antwort geben? Die Balfangenerale, die fest schwertumgürtet das, morsche, ausgehungerte, von Bartels Trümmer, » Schlugen? hader - zertiffene Türfenreich in Bermes jene Albernheit, Duckmäusertum und bösmillige Heuchelei ist es; wenn irgend jemand behaupten möchte, die seuropäische ‚ Preise habe nur: der müßigen Neusgierde ihrer Leser, nur der unersättlichen Senfatinsluft dienen wollen, , inden sie ihre Berichterstatter » auf den Kriegsschauplag jchicte. Dicht vor den Toren tobt Dieser Krieg, fann in jedem Augenblick, unsere Türschwelle mt Blut bespingen, hat gleich ‚mit, seinem ‚Anfang ungeheure wirtschaftliche Werte in Europa vernichtet, "unzählige Cins ftenzen niiedergestrebt, hat rings um uns her so vielen Wohlstand zugrunde: gerichtet, kann mit seinem Ausgang noch vielmehr Katastrophen über uns heraufbeschwören, und es soll nurmäßige Neugierde geschmahloser: Zeitungsleser sein, die ausführliche Berichte: über» diesen Kriegr verslangt; ? ... « ,»7. g Juden letzten paar Dezennien haben wirl nicht ms hin zu- zählende Milliarden der . Bervolltommnung mung: des. militärischen . Apparats . dahingegeben, . haben die Technik des Menschenmordes ins Phantastische sich steigern und “entwickeln j * Ar a5 . 2 és Bent Be 48 ie. a a; a YA FE 2