Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1930. április (77. évfolyam, 74-97. szám)
1930-04-01 / 74. szám
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Blau, Boros, Győri & Nagy, Haasenstein & Vogler, Ludwig Hegyi, Simon Klein, Cornel Leopold, Julius Leopold, Magy. hirdető-iroda, Rudolf Mossa A.-G., Jos. Schwarz, Sikray, Julius Tenzer. Generalvertretung des Pester Lloyd für Oesterreich : M. Dukes Nachf. A.-G., Wien, Wollzeile 16. Einzelnummer für Budapest und für die Provinz: Morgenblatt an Wochentagen 16 Heller, an Sonntagen 82 Heller, Abendblatt 16 Heller. — Für Oesterreich: Morgenblatt an Wochentagen 30 Gr., an Sonntagen 40 Gr. und Abendblatt 30 Gr. Für Jugoslawien: Morgenblam an Wochentagen 3 í>inar, an Sonntage» 4 Dinar und Abendblatt 2 Dinar 50, Redaktion u. Adm.: V., Mária Valéria-ucca 12, Telephon der Administration: 849-09. 77, Jahrgang, Budapest, Dienstag, 1. April 1930« Nr. 74 Die Kodiiizierung des Völkerrechts. Von Dr. WILLIAM MARTIN, Redakteur des Journal de Genevc. Genf, 28. März, Seit einigen Wochen tagt im Haag die erste Konferenz für die Kodiiizierung des Völkerrechts. Nun kann man aber ohne Übertreibung sagen, daß, aus der Nähe betrachtet, jedes mit völkerrechtlichen Bestimmungen ausgestattete internationale Abkommen eigentlich eine Etappe der Kodiiizierung des Völkerrechts darstellt. So hat zum Beispiel das Abkommen von Barcelona vom Jahre 1921, das die Rechtsvorschriften des Verkehrs und des Transits festgesetzt hatte, im Grunde genommen das Völkerrecht auf einem weiten Gebiet der interstaatlichen wirtschaftlichen Beziehungen kodifiziert. Unter Koditizierung verstehen wir eigentlich eher eine kompilatorische, als eine schöpferische Arbeit. Die lateinamerikanischen Staaten haben dieses Werk in Belangen, die sie besonders interessieren, vollbracht, und zwar auf einer außerordentlich breiten Grundlage. Diese Staaten blicken auf die gleiche Abstammung und auf eine ziemlich gleiche kulturelle Vergangenheit zurück; aus diesem Grunde konnten sie sich so leicht über Rechtsfragen einigen, die sie alle für annehmbar fanden. Aus diesem Grunde auch erfreut sieh der Gedanke der Kodiiizierung des Völkerrechts in den Vereinigten Staaten einer solchen Volkstümlichkeit und auch der Völkerbund entschloß sich auf eine amerikanische Anregung hin, diese Arbeit in Angriff zu nehmen. Im Jahre 1925 fand die Konferenz der Interparlamentarischen Union in Washington statt. Man wußte sehr wohl in Genf, daß einige Mitglieder der Washingtoner Konferenz mit dem Völkerbunde gern in Wettbewerb treten wollen und sich mit dem Plan beschäftigen, eine ähnliche Initiative zu ergreifen, wie eine solche im Jahre 1907 zur Einberufung der zweiten Haager Konferenz geführt hat. Um dieser Initiative vorzugreifen und dem Völkerbund eine Arbeit nicht entreißen zu lassen, die zu seinen wesentlichen Aufgaben gehört, hat die Assemblee des Völkerbundes im Jahre 1924 über Antrag des schwedischen Delegierten Baron Marx von Würtemberg beschlossen, die Kodiiizierung des Völkerrechtes in Angriff zu nehmen. Es war natürlich unmöglich, diesen Angriff frontal auszuführen und das ganze Gebiet zu besetzen, auf das sich das internationale Recht erstreckt. Ein Ausschuß von Juristen wurde demgemäß mit der Aufgabe betraut, \ orerst die Probleme zu bestimmen deren Kodifizie rung am leichtesten durchgeführt werden kann, und nach Fühlungnahme mit den Regierungen hat diese Kommission fünf solche Hauptprobleme bestimmt: die Widersprüche zwischen den einzelnen Gesetzen über die Staatsbürgerschaft, das Recht der territorialen Gewässer, die Verantwortung einzelner Staaten für die fremden Untertanen auf ihren Hoheitsgebieten zugefügten Schäden, das Seeräubertum und schließlich die Vorrechte und Freiheiten der Diplomaten. Diese fünf Probleme wurden dem Völkerbundrat und der Assemblee vorgeschlagen, es wurde indes in der Folge beschlossen, nur drei dieser Probleme vor die geplante Konferenz zu bringen. Es hat sich in der Tat gezeigt, daß das Problem des Seeräubertums keine praktische, bloß mehr eine wissenschaftliche Bedeutung habe, die Frage der diplomatischen Vorrechte und Freiheiten aber noch nicht reif genug sei, als daß sich diesbezüglich eine allen Staaten annehmbare Konvention zustande bringen ließe. Eine kleine Kommission von Juristen wurde sodanu mit der Aufgabe betraut, die Konferenz vorzubereiten und die Texte auszuarbeiten, die ihren Diskussionen als Grundlage dienen sollen. Diese Konferenz findet gegenwärtig im Haag statt. Haag wurde zum Sitz der Konferenz hauptsächlich in Anerkennung der Verdienste auserkoren, die sich Holland auf dem Gebiete der Kodifizierung und des internationalen Völkerrechts erworben hat und auch um die fortlaufende Tätigkeit des Völkerbundes auf dem Gebiete des Völkerrechtes hervorzuheben. In der Tat, daß man trotz der ziemlich stichhaltigen theoretischen Einwendungen den Völkerbundrat und die Assemblee dazu bewegen konnte, die Notwendigkeit der Kodiiizierung des Völkerrechts durch die Einberufung dieser Konferenz anzuerkennen, ist hauptsächlich der Wirksamkeit des Internationalen Schiedsgerichts im Haag zu verdanken. Skeptisch veranlagte Leute haben lange Zeit hindurch selbst die Möglichkeit der Errichtung eines internationalen Gerichts in Abrede gestellt, indem sie sich darauf beriefen, daß dieses Gericht eigentlich kein positives Recht anwenden könne. Die Bewegung hat indessen durch die Verwirklichung ihrer Ziele ihre Berechtigung bewiesen. Das Internationale Gericht besteht und hat von seiner Nützlichkeit, seiner Autorität und seiner Gründlichkeit Zeugnis abgelegt. Allerdings wird es in seiner Wirksamkeit durch das Fehlen jedes positiven internationalen Rechts stark behindert. Gewisse Staaten zögern noch immer, Streitfälle durch dieses Gericht Teiles, der zum Ganzen gehört, durch das Ausfallen eines Einflusses, der vorher bestand, wird die Pflanze in einen Zustand versetzt, in dem sie ihre bestehende Form anzutasten und umzubauen beginnt, um sich wieder in- den dauernden Besitz dessen zu bringen, was ihr zur Vollständigkeit fehlt. Es ist, wie wenn an einer Stehlampe, deren Birne und Birnenträger zertrümmert wurden, einer der drei oder vier metallenen Seitenarme, auf denen der Lampenschirm ruht, sich selbsttätig nach der Mitte hindrehte und die Glühbirne nebst allen Leitungsanschlüssen aus sich erzeugte. Dieser Vergleich ist nicht übertrieben. Denn die unterhalb des Gipfelsprosses der Fichte wegstrahlenden Seitenzweige, von denen jeder beliebige zur Vertretung des verschwundenen Haupttriebs berufen und tauglich gemacht werden kann, haben ihrem Bau, ihrer Arbeitsweise und ihrer Beziehung zur Umwelt nach wenig mit dem verlorenen Hauptsproß gemein. Der Hauptsproß wächst allseitig gleichmäßig stark in die Dicke, ist daher rund; die Seiten- Iriebe haben im Querschnitt etwas von der Gestalt eines Kahnes, denn ihr Dickenwachstum ist auf der bodenwendigen Unterseite lebhafter als auf der Oberseite. Die Behandlung des Hauptsprosses ist nach dem Rundpinselschema durchgeführt, die der Seitenzweige nach dem Plattpinselschema. Der Hauptsproß verzweigt sich in den Speichenrichtungen eines Bades, der .Seitensproß gabelförmig. Der Hauptsproß strebt vom Erdmittelpunkt fori, ist also im Verhält; nis zur Schwerkraft abwendig gestimmt. Die Seitenzweige laufen wagerecht oder schräg in den Raum, sie . sind also im Verhältnis zur Schwerkraft querwendig. Das sind recht beträchtliche Unterschiede der Form und des Verhaltens gegenüber der Welt. Und nun genügt der Ausfall des Haupttriebs, dieses Abwesendsein eines Teils, dieses „Ohne“', daß einer der quergerichteten Seitenzweige an die Stelle des eingebüßten Hauptsprosscs tritt und daß er zuentscheiden zu lassen, weil sie nicht im voraus wissen, welches Recht zur Anwendung gelangt, besonders die angelsächsischen Völker, deren juridische Begriffe stark von den kontinentalen abweichen und die oft befürchten, es könnte ihnen gegenüber ein Recht zur Geltung gelangen, das sie nicht anerkennen. Es ist daher von großem praktischen und moralischen Interesse, dem Internationalen Schiedsgerichtshof völkerrechtliche Regeln zur Verfügung zu stellen, die alle Staaten anerkennen und die die Grundlage seiner Erkenntnisse bilden können. Dieses Interesse müßte außerordentlich stark sein, um die Widerstände zu besiegen, denn die Idee der Kodifizierung des Völkerrechts stößt bei den ernstesten Juristen auf gewisse wohlverständliche Vorbehalte. In der Tat, will man das Völkerrecht kodifizieren, so darf dieses Werk keinesfalls einen Schritt nach rückwärts bedeuten. Das Ziel, das man sich stecken muß, ist im Gegenteil, den größtmöglichen Fortschritt zu erzielen. Nun ist aber zu befürchten, daß man durch verfrühte Bemühungen gerade das Gegenteil desseu erreicht, was man angestrebt hat. Das Völkerrecht hat vielfache Quellen. Außer den Verträgen und Konventionen, die die Staaten miteinander abschließen, werden von den Juristen allgemein auch die Gewohnheit und die Gerächtspraxis als Rechtsquellen anerkannt. Eine Folge dieser Vielfältigkeit der Rechtsquellen und des verschwommenen Charakters dieser Quellen ist, daß man auf dem Gebiete des Völkerrechts in einem gegebenen Moment die einzelnen Rechtssätze außerordentlich schwer zu präzisieren vermag. Selbst die Verträge, denen man ja eine positive Existenz nachrühmen kann, können zu tausend Streitigkeiten Anlaß bieten. Oft ist es unmöglich, festzustellen, ob eine alte Konvention noch zu Recht besteht, ob sie durch spätere Konventionen überholt wurde, welche Staaten noch an sie gebunden sind usw. usw. Um nur ein einziges Beispiel anzuführen, sind innerhalb des Internationalen Pöstvereins die Mitgliedsstaaten durch mehr als fünfzig Verträge aneinander gebunden, die sich gegenseitig, aber bloß teilweise, aufheben. Es wäre eine schwierige Aufgabe, innerhalb dieses begrenzten Gebietes festzus tel len, was völkerrechtlich noch zu Recht besteht. Und die Schwierigkeiten sind bei den komplizierteren Problemen noch entsprechend größer. Dies bietet Grund genug, um das Völkerrecht zu kodifizieren, erklärt jedoch auch, warum man diese Kodifizierung fürchtet. Indem man nämlich die Regeln zu präzisieren trachtet, läuft man gleich mit dem Platz, den er bezieht, alle inneren und äußeren Eigentümlichkeiten des Gliedes annimmt, das er ersetzt! Er gibt das angestrebte Entwicklungsziel auf, einschließlich aller gcstaltlichen und leistungsmäßigen Eigenschaften, deren Fertigstellung entweder schon vollendet oder in die \\ ege geleitet ist, und wird so, wie der Haupttrieb gewesen: er wird abwendig gegenüber der Schwerkraft, bevorzugt im Dickenwachstum die frühere Unterseite nicht mehr gegenüber der Oberseite, ordnet seine Nadeln nach dem Schema eines urständigen Hauptsprosses an und verzweigt sich wie ein solcher, das heißt so, wie er es niemals .getan hätte, wenn nichts geändert worden wäre an der früheren Ganzheit des Baumes. Dies ist der Sachverhalt. Es ist der Sachverhalt eines „Funktionswechsels'1, wie es in der Sprache der Lehrbücher heißt. Ist er zu begreifen? Ohne Zweifel ist eine wundervolle Ersatzleistung zustande gekommen. Die Fichte ist durch die Abkommandierung eines beiläufigen Nebenzweiges zu einer ursprünglich nicht beabsichtigten Leistung in den Besitz eines neuen Gipfels gelangt, der die Geschäfte des früheren besorgt, so vollkommen wie dieser. .Alles, was zum Ganzen gehört, zu dieser geheimnisvollen inneren Form von Ordnung, die bewirkt, daß jedes Geschöpf viel mehr ist als nur eine Summe oder ein Aggregat seiner Zellen, — alles dieses ist wieder da. ohne daß die Zahl jener Glieder vermehrt worden wäre, die nach dem Verlust _ des originalen Gipfels bestand. Wenn man sagt, die neue Ganzheit sei durch eine „Organmetamorphose“ getätigt worden, so ist dagegen nichts einzuwenden. Wer jedoch mit dem Wort Metamorphose einen Beitrag zur Erklärung der Erscheinung geliefert zu haben glaubt, irrt. Denn die Gewißheit, daß Ganzheit nicht ist, und also Metamorphose einzuleiten sei, um Ganzheit von neuem zu bilden, kann sich in der Pflanze einstellen nur unter der Voraussetzung, daß ein bestimmter Zu- Feuilleton» Was ein verkrüppelter Baum leisten kann. Von ADOLF KOELSCH (Zürich). Eine Anzahl junger Fichten des Schlags, eine hier, eine dort, hatten Unglück gehabt: sie waren um ihre Gipfelsprosse gekommen, wahrscheinlich durch niederbrechende Bäume, denn man hatte in der Nähe gefällt. Dem Auge tat die Verstümmelung leid, denn die vollständige Form war zerstört, weil der Zuckerhut, dieser klare Kegel, in dessen Mantel der Baum hineingebaut ist, seine lebendige Spitze verloren halte. Aber es war noch etwas anderes zerstört, was sich nicht so sinnenfällig enthüllte: mit dem Gipfelsproß hatte die Pflanze auch jenes Glied eiugebüßt, daß sie als alleinigen Träger des Höhenwachstums und der Verjüngung nach oben besaß; der senkrecht aufstrebende Stamm konnte ohne den zentralen Hauptsproß höhenwärts nicht fortgesetzt werden Der junge Baum, vorher ein Ganzes, war jetzt ein Krüppel. Wie würde er sein Unglück ertragen? Denkbar war allerlei: er konnte an dem Ausfall früher oder später zugrunde gehen. Er konnte in der verkrüppelten Form fortexistieren, so gut oder schlecht es ging. Oder er konnte am Stumpf eine Knospe bilden und daraus den Gipfel erneuern. Keine dieser Möglichkeiten wird realisiert. Beschrittcn wird vielmehr ein vierter Weg: der Baum baut einen der schon vorhandenen Seitensprossen zum Gipfeltrieb um und rückt ihn an die leer gewordene Stelle. Es hört sich nicht leicht etwas einfacher an. Sieht man aber zu, so ist die Leistung Umständlich, mannigfaltig und ohne Zuhilfenahme eines irrationalen Lebcnsfaktors, der völlig im Dunkel bleibt und nur per analogiam namhaft gemacht werden kann, nicht zu verstehen. Denn durch das Fehlen eines