Pester Lloyd - reggeli kiadás, 1934. augusztus (81. évfolyam, 172-196. szám)

1934-08-01 / 172. szám

Mittwoch, 1. August 1934 Bei der Hinrichtung ereignete sich kein beson­derer Zwischenfall. Beide Delinquenten hatten um geistlichen Beistand gebeten, den sie Dr. Dollfuß am Mittwoch verweigert hatten, und beide erhielten ihn selbstverständlich. Sie beichteten und Planctta nahm auch die Kommunion, nachdem er den gan­zen Tag gefastet hatte. Die Verurteilten traten zur festgesetzten Stunde, um 16 Uhr 35 Minuten, gefaßt und mutig vor den Scharfrichter hin. Zuerst kam Holzweber an die Reihe: als er sein Haupt in die Schlinge gelegt hatte, rief er: —• Ich sterbe für Deutschland! Heil Hitler! Planctta rief, als der Scharfrichter an ihn herantrat, nur die Worte: — Heil Hitler! Die Frauen der beiden Hingerichteten waren anwesend. Sie ertrugen die furchtbare Prozedur schluchzend, aber sonst mit erstaunlicher Ruhe. Bei heiden Hingerichteten trat der Tod innerhalb 12 Minuten ein. Natürlich waren die üblichen Sieherheitsvor­­kehrungen um das Gerichtsgebäude und überall in der Stadt getroffen. Es hat sich jedoch bis zur Stunde auch nicht das geringste ereignet. * Nachträglich höre ich noch, daß die Verteidi­ger doch um Gnade bitten wollten. Der Verteidiger Planettas begab sich mit einem Gnadengesuch zum Bundespräsidenten. Der Verteidiger Holzwebers eilte zu Bundeskanzler Dr. Schuschnigg und der dritte Verteidiger zu Kardinal Dr. Innitzer. Sie kamen aber gar nicht in die Lage, ihre Gnaden­gesuche überreichen zu können. Der Verteidiger Planettas, Dr. Braunegg, der Kriegsinvalide ist. hat nach seinen ergebnislosen Bemühungen um Gnade einen Nervenschock erlit­ten und mußte ins Spital gebracht werden. Der Dank Miklas’ an Hindenburg. Berlin, 31. Juli. (DNB.) Der österreichische Bundespräsident hat dem Reichspräsidenten auf dessen Beileidstelegramm anläßlich des Attentats auf Bundeskanzler Dr. Doll­fuß wTie folgt geantwortet: . ,‘,Fiir die Kundgebung herzlicher Anteilnahme an dem schweren Unglück, das Österreich durch das Hinscheiden seines Bundeskanzlers Dr. Doilfuß ge­troffen hat, bitte ich Ew. Exzellenz, meinen aufrich­tigsten Dank entgegenzunehmen. Bundespräsident Miklas.“ Bundeskanzler Dr. Schuschnigg für die volle Unabhängigkeit Öster­reichs. Paris, 31. Juli. (Ung. Tel.-Korr.-Bureau.) Der österreichische Bundeskanzler Dr. Schuschnigg äußerte sich dem Wiener Berichterstatter von Le Journal gegenüber in einem kurzen Interview. Er sagte: —- Wir "werden die Kraft zur Fortsetzung des Wer­kes unseres geliebten Führers Dollfiuß, zum Aufbau des neuen Österreich und zur Wiederbelebung der Wirt­schaft im Rahmen der vollen Unabhängigkeit eben aus dem Schmerze schöpfen, den das furchtbare Attentat verursacht hat. Nur die volle Unabhängigkeit macht es möglich, daß das Volk Österreichs kn Geiste der Einheit und des Friedens mit Gattes Hilfe wieder glücklich werde. Das politische Testament Dr. Dollfuß*. Paris, 31. Juli. (Havas.)' Nach einer Wiener Meldung des Intransi­­geafit wurde das politische Testament des Bundeskanzlers Dr. Dollfuß aufgefunden. In diesem bedeutungsvollen Dokument erklärt Dr. Dollfuß, daß für den Fall, daß er aus dem politischen Leben verschwinden sollte, Dr. Schuschnigg zum Führer der österreichischen Politik, Fürst Starhemberg aber zum militärischen Führer bestellt werde. Die Sondermission v. Papens. Berlin, 31. Juli. Aus Wien wird dem DNB gemeldet: In gutunter­richteten Kreisen wird jetzt bekannt, daß die Ertei­lung des Agtéments an v. Papén am Mittwoch oder Donnerstag dieser Woche erfolgen soll. Entgegen an­derslautenden Gerüchten soll die österreichische Bundesregierung keineswegs die Absicht haben, die Erteilung des Agréments an Bedingungen politischen Charakters zu knüpfen. Die gestern beschlossene Entsendung des Gesandten Tauschitz wird jetzt in allen diplomatischen Kreisen als ein deutliches Zei­chen für die Absicht der Regierung gewertet, jetzt so schnell wie möglich wieder zu einer Aufnahme normaler Beziehungen und zur Wiederherstellung einer entspannten Atmosphäre mit Deutschland zu gelangen, doch soll die österreichische Regierung be­absichtigen, über einige Fragen eine Klärung von deutscher Seite herbeizuführen, wobei man jedoch den Standpunkt vertritt, daß es sich hiebei um for­male Fragen handelt, die bereits in der Zwischenzeit ihre Klärung gefunden haben. Einstellung des österreichischen Pressedienstes in München. Paris, 31. Juli. (U. T.-K.-B.) Wie der Agence Havas aus Berlin gemeldet wird, hat der österreichische Pressedienst, der von der Leitung der Österreichischen National­sozialistischen Partei in München herausgegeben , wurde, sein Erscheinen eingestellt. -.............. Maßregelung der nazistischen Beamtenschaft. “ ' ' " Wien, 31. Juli. (Ung. Tel.-Korr.-Bureau.) Das Bundeskanzler­amt hat einen Runderlaß herausgegeben, wonach jenen öffentlichen Angestellten des Bundes, der Län­der, der Gemeinden, sowie der diesen unterstehenden Betriebe, einschließlich der Bundesbahnen, gegen die der begründete Verdacht bestehlt, daß sie an der Aufstandsbewegung der letzten Tage unmittelbar oder durch Begünstigung der Aufstände teilgenom­men haben, die am 1, August und weiterhin fälligen Dienstbezüge bis auf weiteres zurückzuhaltcn sind. Weiter steht der Entwurf eines Verfassungs­gesetzes in Vorbereitung, worin verfügt werden soll, daß die am 1. August und weiterhin fälligen Dienstbezüge öffentlicher Angestellten, die an der am 25. Juli eingeleiteten Aufstandsbewegung teil­genommen haben, bis zum rechtskräftigen Abschluß des gegen sic eingelöteten strafrechtlichen oder Verwaltungsstrafverfahrens zurückgehalten werden sollen. Anschließend hieran wird gemeldet, daß der Gesandte Dr. Anton Rintelcn, der Hofrat der Poli­zeidirektion Otto Steinhäusel sowie der Polizeiober­kommissär Leo Gotzmann vorläufig unter Kürzung ihrer Bezüge auf zwei Drittel ihres Dienstes ent­hoben wurden. Die Veränderungen bei der Wiener Polizei. (Telegramm unseres Sonderberichterstatters.) Wien, 31. Juli. Mit Rücksicht auf die Betrauung des Polizei vizeprä­­«identen und Generalinspizienten der Bundespolizei in Österreich Dr. Michael Skubl mit der provisorischen Lei­tung der Bundespolizei Wien wurde der Leiter der staats­­poüreiKchen .Abteilung, Hofrat Dr. Johann Presser provi­sorisch mit der Funktion eines Polizeivizepräsidenten be­traut. Nur ein Nationalsozialist unter den akademischen Würdenträgern. Wien, 31. Juli. (Bud. Korr.) Das Bundesministerium für Unter­richt hat seinerzeit die Bestätigung der Wahl zu den akademischen Würden (Rektorat, Dekanat) von der Zu­gehörigkeit zur Vaterländischen Fropt abhängig gemacht, Die Einsendung der diesbezüglichen Erklärung wurde mit dem 31. Juli befristet. Von allen akademischen Wür­denträgern liegen nunmehr .diesbezügliche Erklärungen vor, mit Ausnahme des Dekans der juridischen Fakultät Professors Dr. Schönbauer. Für diese Würde wird somit im Herbst , eine Neuwahl erfolgen müssen. Die Verhaftungen. Wien, 31. Juli. (»Wiener . Amtliche1 ^Nachrichtenstelle.)- Der deni Sträf­­bezirksgericht ..Wien 1 zugeteilte tandesgerichtsral Dr. Guntram Wenger wurde wegen Bemerkungen hochver­räterischer Natur dem Landesgericht für Strafsachen, Wien 1 eingeliefert. Wien, 31. Juli. (Wiener Amtliche Nachrichtenstelle.) Der Bäcker­gehilfe Franz Mnschek wurde von der Gendarmerie in Puchenau in Oberösterreich wegen verschiedener Betrü­gereien verhaftet. Bei den Erhebungen und Einvernahmen gestand Maschek, der nationalsozialistischer Parteianhän­ger ist,’ an einem am 10. Juni an einer Eisenbahnbrücke versuchten Sprengstoffanschlag beteiligt gewesen zu sein und weiter an dem. Überfall auf dgs Bundeskanzleramt vom 25. Juli mitgewirkt zu j/aben. Wien, 31. Juli. (Ung. Tel.-Korr.-Bureau.) Die Abendblätter melden, daß der Präsident der Spielkasino-A.-G. Fehringer nicht verhaftet worden sei. Der Prozeß gegen die Putschisten. Wien, 31. Juli. (Ung. Tel.-Korr.-Bureau.) Für morgen äst ein Prozeß gegen weitere Teilnehmer am Mittwoch-Putsch a »gesetzt. 3000 österreichische Nationalsozialisten ln Jugoslawien. Belgrad, 31. Juli. (Bud. Korr.) Die Zahl der österreichischen National­sozialisten, die auf jugoslawisches Gebiet geflüchtet sind, hat sich auf 3000 erhöht. Heute nachmittag sind keine Flüchtlinge mehr eingetroffen. Der Zustrom scheint be­endet zu seih. Belgrad, 31. Juli. (Inf.) Der Polizeichef von Warasdin hat heute den sich dort aufhaltenden nationalsozialistischen Emigranten das Trägen des Hakenkreuzes am Arm verboten, das sie bisher ungehindert tragen konnten. Heute ist ein neuer Transport von 5.9 Flüchtlingen in Warasdin eingetroffen. Darunter befinden; sich auch zwei Frauen und fünf Kinder. In den ersten Tagen nach der Flucht befanden sich die Emigranten in großer Not, doch verfügen sie bereits, wie die Blätter melden, über gewisse Geldsummen und können Nahrungsmittel einkaufen. Sie werden täglich von einigen Stadtpolizisten zum Baden geführt. Frau Dollfuß in Riccione. Rom, 31. Juli. (Havas.) Die Witwe des Bundeskanzlers Dollfuß ist in Begleitung eines österreichischen Staatsbeamten in Riccione eingetroffen. Die Gemahlin Mussolinis hatte in Gesellschaft der beiden Kinder Dollfuß die Witwe er­wartet, die weinend die Kinder, dann die Gemahlin Musso­linis küßte. Dann fuhren sie im Kraftwagen nach der Villa San Angelo. Aller Voraussicht nach wird auch Mussolini heute abend dort eintreffen. • 3 • PESTER LLOYD Die Trauerfeiern für Dr. Dollfuß im Ausland. London, 31. Juli. (UV T.-K.-B.) In der Weshninisler-Abtei wurde heule ein Trauergottesdienst für Bundeskanzler Dr. Dollfuß ab­­gehalten. Zum Requiem erschienen die meisten Mitglieder des Diplomatenkorps, ferner mehrere Minister und Ab­geordnete. und die Präsidenten beider Häuser des Parla­ments, Macdonald, Baldwin und Sir John Simon waren durch ihre parlamentarischen Privatsekretäre vertreten. Die Trauergäste füllten die große Kathedrale bis in die letzte Ecke und viele fanden gar keinen Platz mehr in der Kirche. Kardinal Bourne erteilte mit glänzender geistlicher Assistenz 'die Absolution. Paris, 31. Juli. (Havas.) In der Notre-Dame-Kathedrale hat heute vormittag eine Trauermessc für das Seelenheil des Bundes­kanzlers Dr- Dollfuß stattgefun'den. Das diplomatische Korps war vollzählig erschienen, auch hatten sich die österreichische Kolonie und zahlreiche Vertreter des fran­zösischen politischen Lebens eingefunden. Die -Messe pon­­tifizierte der erzbischöfliche Vikar. Nach der Messe sprach der Erzbischof von Paris Kardinal Verdier die Libera. Bukarest. 31. Juli. (Bud. Korr.) Zum Gedenken Dr. DpUfuß’ veranstal­tete die österreichische Gesandtschaft ein Requiem, bei dem das gesamte diplomatische Korps vertreten war. Un­garn war durch den außerordentlichen Gesandten und be­vollmächtigten Minister Mctggarg oertreten. * Die Budapester österreichische Gesandtschaft er­sucht lim Veröffentlichung folgender Zeilen: „Außerstande, allen königlich ungarischen Behör-: den, sowie den verschiedenen Körperschaften und Per­sönlichkeiten einzeln für ihre’ wohltuende Teilnahme am schweren Verluste izu danken, den Österreich durch den Tod weiland des Herrn Bundeskanzlers Cr. Dollfuß erlitten. hat, ersucht die österreichische Gesandtschaft in Budapest, ihren herzlichen Dank auf diesem Wege ent­gegenzunehmen.“ Die Haltung der Mächte. St. Paul, 31. Juli. (Havas.) Kellogg erklärte, er glaube nicht, daß die österreichischen Ereignisse zu einem europäi­schen Krieg führen könnten. Frankreich. Paris, 31. Juli. (Havas.) Der österreichische Geschäftsträger Bischof ist heute vom Außenminister Barthou emp­fangen worden. Der Diplomat dankte Barthou, daß er zum Requiem, das für das Seelenheil des Bundes­kanzlers Dr. Dollfuß in Paris veranstaltet wurde, er­schienen war. Barthou erkundigte sich nach der Lage in - Österreich und gab Bischof wiederholt die Ver­sicherung, daß Frankreich strikt an den in der Er­klärung vom 17. Februar niedergelegten Prinzipien festhalte und daß es zusammen mit den übrigen Mächten, die diese Erklärung mitunterzeichnet ha­ben, die Aufrechterhaltung der österreichischen Un­abhängigkeit in vollem Maße unterstützen werde. Italien. Wien, 31. Juli. (Ung- TeL-Korr.-Bureau.) Die Gerüchte, wonach italienische Truppen in Tirol eingerückt seien, werden von kompetenter Seite als voll­kommen grundlos bezeichnet. Mailand, 31. Juli. (Inf.). Das faszistisohe .Abendblatt Sera schreibt -zur Lage in Europa, der Angriff gegen Österreich bilde ein Attentat auf den Frieden Europas, den Italien und die Großmächte mit allen Mitteln verteidigen werden. Unter dieser Bedingung werde es für das Dritte Reich nicht schwer sein, sich mit Rom wieder zu verständigen, nach­dem die Freundschaft nicht benachteiligt, sondern die Rechte und Pflichten des Reiches in Europa und in der Welt loyal anerkannt worden seien. Wie die Rechte Deutschlands von Italien mit Entschlossenheit und Auf­richtigkeit im Völkerbund verteidigt worden seien, so müsse Deutschland seine Verpflichtungen gegenüber den anderen Staaten mit der gleichen Loyalität und Aufrich­tigkeit einhalten. Jugoslawien. Belgrad, 31.-Juli. (Inf ) Zur Lage in Österreich wird von maßgebender Seite des Außenministeriums folgendes erklärt: Wenn irgendeine ausländische Macht sich entschließen würde,

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