Schul- und Kirchenbote, 1919 (Jahrgang 54, nr. 8-9)

1919-08-15 / nr. 8

114 seine Selbständigkeit in einem Brief an einen Freund treffend gekennzeichnet: „Ich kann nicht anders, als die Stunde segnen, in der ich Tübingen ver­­fieß, um zu Beitalozzi zu gehen. Stetten ist eine pädagogische Welt, und sie eröffnet mir Gruben, aus denen sich etwas hervorholen läßt. Natürlich nehme ich beständig Nachicht auf unser Siebenbürgen, in dem sich zwar schon manche Macht ent­wickelt hat, wo fig aber von­ dem Heil, das in der neuern Zeit durch Erziehung und besonders durch Bertalozzi der Welt unwiderfahren ist, noch feine Blüten und Früchte entfaltet haben.“ Und viel später­ schreibt Noth einem Neffen: „Mein Aufenthalt in Iferten wird mich nie gereuen, wenn ich gleich offenherzig gestehen muß, daß mir die allda empfangenen Grundlage, Pläne und Wünsche bei der spätern Einsicht in die Hoffnungs­­­osigkeit derselben das Leben nur haben verbittern helfen.“ Was fand Roth in Iferten vor? Der Ruhm Westalozz13 hatte damals seinen Höhepunkt schon überschritten. Der Meister selbst aber arbeitete un­­ermüdlich an der Vervollkommmung seiner Ideen, an der Verwirklichung seiner Pläne. Nach den landwirtschaftlichen Versuchen auf Neuhof, denen volksnwirtschaftliche und vollserzieherische Pläne zu Grunde gelegen hatten, war die gleichfalls lebensunfähige Armenanstalt auf Neuhof gefolgt. Nach dem ersten großen schriftstellerischen Erfolg mit „Lienhard und Gertrud“ waren Jahre der Enttäuschung gekommen. Politische und pädagogische Ab­­handlungen waren schließlich duch praktisches Arbeiten in dem Armenhaus zu Stanz und in der Burgdorfer Schulanstalt abgelöst worden. In Burg­­dorf war das eingehende Studium der Methode Pestalozzis Arbeit getreten. Münchenbuchsee hatte neue Enttäuschungen gebracht, die Iferten Bertalozzi auf der Höhe eines Ruhmes sah, der aus aller Herren Ländern Berehrer und Bewunderer in seine Anstalt brachte. Da kam der N Rückschlag. Wertvolle Arbeiter verließen den Meister. Kraft war 1816, Niederer 1817 aus der Anstalt weggezogen. Das Sahr 1818 aber brachte neue Freunde und neue Hoffnung auf Erfüllung alter Pläne. Der Cottaische Sem hatte die Herausgabe der Werke Bestalozzis übernommen. Die Summe, die der Meister erwartete, hatte er zur fort­­dauernden Erforschung der Menschenbildung, ihrer Gtundiäße und ihrer Mittel, zur Heranbildung von Volkslehrern und Volkslehrerinnen, zur Er­­richtung von Probeschulen bestimmt. In demselben Jahre konnte er nun auch einen d Jagend­raum verwirklichen und eine eigene Armenanstalt in Elindy eröffnen. Vom 1. Oktober 1818 , also vom selben Tage, da Roth nach Stetzen kam, ist eine Reihe von Briefen datiert, die Pestalozzi an einen Engl­­änder Greaves ‚chrieb. Sie sind von einer ganz besondern Bedeutung, da Pestalozzi hier seine Grundlage über Erziehung, die sonst zerstreut in seinen Werfen liegen, sammelt und in möglichster Vollständigkeit darlegt. Roth hatte also Gelegenheit, sofort Einblick in die Arbeit zu nehmen, die sein Lehrer schon geleitet hatte. Schon in Tübingen war Noth auf Pestalozzi aufmerksam gemacht worden, hatte sich mit seinen 30eern beschäf­­tigt, war aber nur so weit in sie eingedrungen, um den heißen Wunsch zu fühlen, zur Quelle dieser neuen Mensch­heitzbeglücung zu gelangen. Auch sein Aufenthalt bei Fellenberg in Hofwyl war eine Vorbe­­reitung auf Bertalozzi. Sellenberg, auf den ja neben den Philantropisten wirkt, Hatte in Hofmwyl eine eigene besonders Pestalozzi nachhaltend einger inne: táh­nstatt eingerichtet. Som­mar das gegeben, was dem Vater 5

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