Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1881. Juli (Jahrgang 8, nr. 2289-2314)

1881-07-22 / nr. 2307

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Erler’s Buchhandlung, Bistritz Friedrich Wachs­­­mann Nr. 187, Sächsisch- Regen Adolf Dengyel, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, Rotter , C., H. Schalek, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M­­onfertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile kostet beim einmaligen Einraden 7 fr., das zweitemal je 6 Kr., das drittemal je 5 kr. d. W. exclusive der Stempelgebühr von je 30 Er. Pränumerationen und Inserate @. L. Daube & C. 1881. E Wolle, Wollhandel und­­­ Gewerbe in Siebenbürgen.) an Johann Hintz. Die auffälligste Aenderung ist, daß vom Jahre 1878 an feine Wolle mehr bei Soogmeze Hereinsommt. Die Ursache dessen in feine andere, als daß unsere Morane (Viehwirthe) die bisher in Beparabien, soweit es zu Rumänien gehörte, ihre Heerden hielten, nach der romänisch gewordenen Dobrudicha übersiedelt sind und nunmehr mit ihren Biererzeugnissen gleich­­­falls durch den Tömösscher Baß nach Kronstadt herein verfehren. Es werden übrigens nicht die sämmtlichen Welt­­­shafe unserer Morane in Rumänien geschoren. Sie führen einen Theil +" Schafe im Monat Mai vor der Wollihur zur Weide auf die Geb’ in Siebenbürgen. Die Wolle von diesen Schafen, als im Inland erzt *, gelangt nicht zur Ein­­­tragung bei den Zollämtern. Man schäßt die­ im Iunland geschorene Wolle aus der Umgebung von Kronstadt und von den jefleriichen Weide­­­gebirgen auf 1000, von Hermannstadt 200, zusammen 1200 Meterzentner. Diese 1200 Meterzentner Wolle sind abzuziehen von den oben berechneten 22,500 Mirztr. So bleiben 21,300 Mirztr., die von der Wollernte aus Rumänien herkommen. Wir dürften der Wahrheit nahe kommen, wenn wir aus diesen Umständen folgern, daß unsere Morane neben ihrer Wolle- Erzeugung, die sie von den eigenen Schafen in Rumänien per 21,300 Mirztr. Haben, im Jahr 1878 bis 10,000 Mtrztr. Wolle von Fremden einfauften und mit nach der Heimat zuführten. In der obigen Einfuhr vom Jahr 1879 mit nur 20,422 Merztr. ungewaschener Wolle ist schon so bedeutend weniger Wolle eigener und fremder Erzeugung hereingelangt, daß er auffallen muß. Nicht die mindere Giebigkeit der 1879er Wollschur trägt die Schuld. Die Ursache ist keine andere, als daß unsere Meofane, s­­chifank­t und ermiüdet durch die an der Landesgrenze vom Ende des Jahres 1877 an bestehenden sanitär-polizei­­­lichen Maßregeln, in­­folge deren die Schafwolle, weil ungewaschen, nur unter Bedeckung von Kontumaz-Dienern und Gensdarmen und nur an den voraus angezeigten Kronstädter Wollwäscher zugeführt werden darf, weniger von der selbsterzeugten und von Fremden eingefauften Wolle aus Rumänien einführten. Auch war diese Einfuhr nur am Tömdjcher Pa gestattet. Für die Einfuhr an anderen Päffen muhhten in jedem einzelnen Fall die Er­­­laubniß vom 5. Handelsministerium erwirkt werden. Deshalb kommt im Jahr 1879­ beim Rothenthurm eine so geringe Einfuhr von nur 1735 Mirztr. vor. vn Uebrigeng nehmen Kenner an, es sei im­­­ 1878, und noch mehr im Jahr 1879 eine größere Menge ungewaschener Schafwolle aus Rumänien auf Bin nach Siebenbürgen in die romantischen Grenzdörfer ein­­­geschwärzt worden. Man tchägt die eingeschmuggelte Wolle vom Jahr 1878 auf 400 und im Jahr 1879 auf 1000 Detrztr. So erhalten wir eine Wolleinfuhr in Meterzentnern: &3 läßt sich betreffs dieser Wolle annehmen, das davon faum '­, Zurkan (eigentlich eine Mittelwolle zwischen Zigai und Zurfan, Wlajchta­­enannt) ist, die hauptsächlich aus der Kleinen Walachei nach Heltau ge­­­nngt. Das übrige Quantum ist Zigaiwolle. Die Lammwolle beträgt von beiden Arten etwa Y,, des ganzen Quantumsd. Auch­ ist unter dieser ein­­geführten Wolle eine naturbraune (lichter- und dunklerbraune) Wolle aus Bulgarien, in einer Menge von jährlich 400 bis 500 Mtrztr, die nach Kronstadt gelangt. Rechnet man zu dieser Wolle die im Inland erzeugte, oben berechnete *) Bol. Nr. 2305 bed „Siebenb.-Deutschen Tagebl.” Wolle im südöstlich Landestheilen in beiden Jahren mit je 9493 und im übrigen Siebenbürgen mit 12,000 fo erhalten wir eine inländische Woll­­­erzeugung dieser beiden Jahre zu 21,493 Mirztr., und wir haben man im Ganzen im Jahr 1873 32,898 + 21,493 == 54,391, und im Jahr 1879 22,622 + 21,493 —= 44,115 Meterzentner. Im Jahr 1880 dürfte die derartig berechnete Wollerzeugung und Erwerbung in Siebenbürgen nur noch 38,500 bis 39,500 Meterzentner betragen haben, weil aus den siebenbürgischen Wirthschaften in Rumänien wegen den Erschwernissen bei der Einfuhr nicht mehr, als beiläufig 15,000 Mirztr. Hereingelangten. (Die sichergestellte Ziffer ist noch nicht publicist, wird aber vermutlich sogar eine geringere sein, als 15,000 Meterzentner.) Wenn wir die Wollproduktion Siebenbürgens vergleichen wollen mit derjenigen Ungarn?, so müssen wir von den obigen Ziffern u. a. des Jahres 1878 zu 54,391 abziehen die von fremder Erzeugung aus Rumänien zugeführten 10,000, so bleiben 44,391 Metrztr. Im Jahr 1879 sind derartig abzuziehen, 5000 von 44,115, so bleiben 39,115, und im Jahr 1880 lassen wir die ganzen 39,500 Merztr. gelten. Der Durchschnitt dieser aus der selbsteigenen Wollerzeugung der Siebenbürger hervorgegangenen Ditenti­­­täten ist 40,002 Merztr. Es entfallen auf eine der 955 Quadrat-Meilen Siebenbürgens 42 Merztr. In Ungarn entfallen aus diesen Jahren durch­­­schnittlich 54 Mirztr. auf eine Quadrat-Meile. ‚ Nehmen wir Die sieben Komitate des südöstlichen Siebenbürgens allein, so entfallen auf je eine der 375 Quadrat-Meilen 63 Meterzentner. Es gibt in Ungarn einzelne Gruppen von Gespanschaften, die eine noch weichere Produktion, und zwar feinerer, werthvollerer Wolle besiten, als das südöstliche Siebenbürgen. Die reichste Wollproduktion in Ungarn ist auf den großen Ebenen in Händen der dichter beisammen wohnenden magyarischen Bevölkerung. In Siebenbürgen ist sie gepflegt von der rumänischen Bevölkerung in den gebirgigsten Gebieten des Landes vertheilt auf die Ebenen Rumäniens. Die Schafzucht bedarf eben des großen Weide­­­raumes. Mehr und mehr nimmt heute der Pflug vom Weidegrund ab, in Ungarn wie in Rumänien.­­­ zeigt sich die ewig gleiche Erscheinung, daß, sobald Kultur und Menschenvermehrung in einem Land ihre Fort­­­schritte machen. Die Menge der Schafe und der Wolleerzeugung abnimmt,­­­ steigt aber die bessere Haltung des Schafviehes, womit das en und die Güte der Wolle und aller übrigen Schaferzeugnisse zunehmen. Dieser Erfolg der eingetretenen Verminderung des Schafstandes ist auch bei ung in einigem Maße zu bemerken. 1. Binnenhandel. 1. Zustand der zu Marfte gebraten Wolle. Sowohl diese­­jenige Wolle, welche aus Rumänien als auch aus dem Inlande in den Handel und in die Werkstätten gelangt, ist im schmusigen Zustande, in welchem sie geschoren wurde. Viele der Schafwirthe suchen den Schmut an der Wolle für die Schur, rücksichtlic für den Verkauf zu vermehren, indem­ sie die dem Staub viel­­er auf staubigen Wlagen herumtreiben, wodurch von an den schweißigen Haaren hängen bleibt; ein­­e der Wolle, den der Käufer kaum zu bemerken vermag. Die geschorene Wolle wird in möglichst geschonten Gießen in grobe Läde (von genannter galizischer Hanfleinwand) gefüllt und so zu Marfte gebracht. — Im kleineren Verkehr auf der Mitte des Landes spielt sich dieser Wollabrat auf allen um unteren zahlreichen Jahrmärkten ab, auf denen die Kleinen Gewerbeleute (in den Gomitaten mit magyarisch-romänischer Bevölkerung die sogenannten Gobösok) erscheinen und ihre Einkäufe vollziehen. Bi der Reinheit macht man beim Wollhandel im Kleinen und noch mehr im Großen einen Unterschied zwischen der Seldwolle, Die die unreinere, und der Gebirgswolle, die sauber ist und öfter als halbgewaschen gilt. Der Grund dieses Unterschiedes ist einleuchtend, den Augmündungen der Thäler, wo sie getränft und schließlich geschoren werden, Gebirgsbäche, die das Unreine von der Wolle am Schaf ab­­­waschen. Solche Wolle nennt man in Kronstadt „Schanzwolle“, weil die Schafe von den größten unserer Weidegebirge nach den Niederungen am sogenannten Alti­hang zur Schur gelangen. Diese Wolle wird gern von Tuchmachern getauft. Die Wollwäscher beziehen bei nng mehr die massen­­­hafter per Wagen (jet per Eisenbahn) aus den Gebieten an der unteren Donau kommende Wolle, die auf der Hierherreife vielen Fährlichkeiten durch Hige, Negen, Eintrocnen, öfter auc­ ee­­cken Einlagern in feuchtere Localitäten zu bestehen hat, bevor sie im Großen oder Streinen an den Mann gebracht wird. Das Erscheinen der Schafwolle zum Verkauf fällt für diejenige, die aus Rumänien kommt, in die Zeit nach der Schur daselbst, vom Monat Juni bis September, für Lammwolle, weil deren Schur später ist, vom halben Juli angefangen. Im Stand bei unseren Aderwirthen werden die Schafe früher geschoren, weil auch die Lammung hier eine frühere ist. (In Rumänien Monat März, in Siebenbürgen Januar und t­ebruar.) (Fortlegung folgt:) .. . 1878 1879 a) bei den Zollämtern verzeichnet . 31,29820,422 b)von im Inland gesorenen Passuation(­­­Schafen............1200 1200 e) eingeschmuggelte Wolle ... 400 1000 Summa . 32,898 22,622 _ Wolitl­ge Neberficht, Hermannstadt, 21. Zull. &3 sind schon nahezu vier Monate vertroffen, seit das Geiäß über­ die Konsumsteuern in Kraft getreten ist, man sollte daher glauben, daß diese Steuerangelegenheit im ganzen Lande schon geregelt sei. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Verhandlungen wegen Vereinbarung einer zu entrichtenden Pauschalsteuersumme haben kaum in einigen Fällen zum Ziele geführt. Die Verpachtung der Steuer ist fast nirgends gelungen, und die Pächter, die sich hie und da fanden, sind nicht im Stande, mit den Kauf­­­leuten und Konsumenten ein Uebereinkommen zu treffen. &8 mehren sich täglich die Klagen darüber, daß man von den Kaufleuten in der Provinz die Entrichtung der Steuer auch für jene Kaffee- und Zucerquantitäten fordert, welche aus einer größeren, aber offenen Stadt bezogen und dort schon einmal versteuert wurden. Der Finanzminister hat bekanntlich nun zu dem dritten Mittel, welches ihm das Gefeg einräumt, gegriffen, nämlich zur direkten Vorschreibung oder Zuweisung, und auch bei diesem Vorgehen zeigt es sich, daß die zweimalige, also Doppelte Besteuerung zur Regel werden sol. E83 ist mun bereits so weit gekommen, daß Kaufleute auf dem Lande, da sie die hoch zugewiesene Steuer nicht zahlen konnten, erklärt haben, auf den Verkauf von Kaffee, Zuder u. |. mw. lieber zu verzichten. Wie die Gegner dieser Steuer von Anfang an richtig harthaten, erweist sich diese Steuer entweder als veratorisch, oder al die gejegliche Höhe verdoppelnd. Wie übrigens bei dieser Vorschreibung dann Hin und wieder vorgegangen worden, darüber konnte man ganz ermegliche Beispiele anführen, wie denn, um nur Eines Hervorzuheben, in dem romänischen Dorfe des Hermann­­­städter Komitates, Eulenbach, der Zuderverbrauch einer jeden­­­ Familie mit circa zwei Kilo Mi ausgerechnet wurde!­­ulenbach) ist bekam­tlich eine sehr arme Gemeinde. »­­­» Der Wiener Correspondent des,,Temps«berichtet,die Unter­­­­­handlungen zwischen Oesterreich und England bezüglich der Errichtung einer gemischten Donau-Com­mission zumeecke, die Schifffahrt zwischen Galatz und dem Eisernen Thor zu regeln,seien gescheiterte England,in dem es ein allgemeines Apellationsrecht verlange,kraftdessen jedes Mitglied der europäischen Commision die Be­­­fugniß haben sollte,selbst gegen die mit Einstimmigkeit getroffenen Ent­­­scheidungen der gemischten Commission zu protestiren,habe schließlich ein von Deutschland eingebrachtes Amendement angenommen,nach welchem die Appellation nur für principielle Fraen zuzulassen sei,und unter»der Be­­­dingung,daß die europäische Commission allein das Recht habe,sichi­l­er die Natur der strittigen Fragen auszusprechen und zu entscheiden,ob diese feuilleton. Die Entführung. Novelle von Stanidlau Graf Grabomsti. (17. Fortjegung.) Hm, nimm hier den Brief und lasse den Postschein sofort unter­­schreiben; Du bist mir aber dafür verantwortlich, Tiebes Kind, damit ich seine Unannehmlichkeiten habe. Ich omme nachher selbst zu Euch und hole mir den Schein ab." „Sei außer Sorge; der Brief kommt nur in die richtige Hand.“ Marie verstehke ihren Brief und eilte damit sogleich nach Hause, sehr glücklich, Herrn und Frau Bergmann zweifellos die größte Beruhigung ver­­­schaffen zu können. Karein mischte sich aber auch immer wieder eine ängst­­­liche Empfindung in Bezug auf Heren Braun, dessen Benehmen ihr immer rät­selhafter und verdächtiger erschien. Sie überlegte auch, ob sie den Beiden Etwas davon sagen solle, daß dieser Diann sich so lebhaft für sie zu inte­­ressiren scheine, daß er sich sogar um die Briefe bekümmerte, — denn wozu hätte ihr der Architekt den Auftrag ertheilt, danach zu fragen, wenn er Dies Schon bei Jenem gethan? — aber sie fühlte sich eigentlich zu sehü­chtern, ein Mißtrauen auszusprechen, das sich vielleicht doch als falsch erwies oder große Unannehmlichkeiten für alle Theile zur Folge haben konnte; daher beschloß sie, vorläufig wenigstens über die Sache zu schweigen. Die Genugthuung und Freude, die aus den Augen des jungen Mannes und der bleichen schönen Frau strahlten, als sie ihnen den Brief überbrachte, der tiefe, erleichternde Seufzer, der sich der Brust des Ersteren entrang, rührte sie tief, —­­achten es doch, als sei das Glüc bei Ihnen auf einmal wieder eingeführt. Da sie begriff, Beide würden sich jeit viel zu sagen haben, verließ sie schnell das Zimmer, ohne nur einen Dank abzuwarten. Eine Heine Weile später kam Herr Bergmann selbst herunter in die Zimmer; er mußte ihm eine schwere Last vom Herzen genommen sein, denn er trug sich noch stolzer und feiter als früher und bilichte h­elferen Auges umher, Um die wenigen ammierenden Gäste, zu denen diesmal nicht Herr in der Wirthschaft und im den Gastloyalitäten noch Mancherlei zu thun. An ihr Onkel Tam, nachdem er sein Postbureau geschlossen hatte, hat sich Die Schafe, die am eld weiden, betreten mehr von der Grasnarbe entblößte, wässerige, morastige o­ Auf den Anhöhen im Gebirge ist der Weideboden reiner, geschlossener. Auch passiven Hier die Schafe öfter im Zutrieb zu Braun gehörte, fümmerte er sich gar nicht, sondern suchte sofort das junge Mädchen auf, um ihr in sehr warmen Worten seinen Dank auszusprechen, en­­tEaNnte er ihr den mit seinem Namen unterzeichneten Empfangs­­­ein ein: „Um so mehr, als wir Ihnen so großen Dank schuldig sind," setze er hinzu, " „thut er meiner Frau und mir seid, sie num sehen morgen verlassen zu müssen; unabweisliche Verhältnisse machen dies nothwendig. Aber seien Sie überzeugt, daß wir stets in dankbarer Erinnerung dieser Insel und Ihrer Freundlichkeit, Liebes Fräulein, gedenken werden.“ In den einfachen Worten lag so viel Herzlichkeit, daß Marie, obgleich sie schon auf die baldige Abreise der Fremden vorbereitet gewesen war, sich da eines lebhaften Bedauerns darüber nicht erwehren konnte. Feike da wollen also wirklich morgen schon nach Hamburg zurückehren 9“ sagte sie. „Nur bis nach Cuxhaven, um und dort an Bord des englischen Dam­pfers zu begeben." „Ach, eine so weite Reife für die arme, schwache Dame!“ Marie erreihete sogleich lebhaft über die ihr entschlüpfte Aeußerung, da dieselbe wohl auch dem Herzen des Mannes wehe thun konnte, aber Herr Bergmann schien im Gegentheil ihre Theilnahme anzuerkennen, denn er antwortete ihr sanft, seine Frau sei allerdings leidend, aber dies beziehe si mehr auf das Gemüth, als auf den Körper, und gerade von dieser Reife hoffe er eine stärkende Beruhigung für das erstere. Als er wieder gegangen war, bewegte das junge Mädchen diese Worte noch lange in sich, und es überkam sie selbst wie tiefe Traurigkeit. Diese Leute schienen aus ihrer Heimat in ein fernes Land fortzugehen, sie ent­­­flohen dem Unglückk und nahmen die Hoffnung mit sich, — wer mußte, ob nicht eine trügerische?! — Marie dachte daran, mit welchen Kummer nur sie ihre eigene Feine Heimat und alle ihre Lieben verlassen könnte; wie eine Ahnung der Zukunft zog er durch ihr Herz, und ihre Augen füllten sich un­­­willkürlich mit Thränen. Bald indessen wurde sie in die Gegenwart zurückgerufen, denn es gab den Schein aus und Ausklärung über den sonderbaren Vorfall bei Abholung des Briefes.In Gegenwart ihrer Eltern erzählte sie ihm Alles,was sie wußte und dachte. Die beiden Männer nahmen die Sache allerdings ein wenig nü­chterner —­wenn wir so sagen sollen,weniger poetisch auf,als sie.Sie schüttelten die Köpfe und meinten,seine Richtigkeit habe es mit dem Benehmen des Architekten und seiner Frau doch wohl nicht ganzz nicht zum ersten Male benutzten Leute,die sich daheim ein Vergehen oder gar Verbrechen zu Schulden kommengelassen,die Insel als vorübergehenden Zufluchtsort,die große Geld­­­sendung sei auch auffällig,und jener Herr Braun habe vielleicht guten Grund, das Pärchen nicht aus den Augen zulassen,indessen bekümmere dies Alles die Helgoländer ja nicht weiter. Gegen eine solche Anschuldigung Derer,denen sich einmal ihr Herz zugewandt hatte,sträubte sich Marien­’s Gefühl nun allerdings entschieden, aber den­ erfahrenen Männern wagte sie doch nicht laut zu widersprechen, dagegen schöpfte sie aus dieser Unterhaltung die Ueberzeugung,Herr und Frau Bergmann seien wirklich unschuldig verfolgte,und in ihren Augen konnte Herr Braun dann nur die Rolle des spionirenden Verfolgers spielen.Der Letztere hatte gestern auch gegen sie eine Aeußerung gethan,daß er die Insel wahrscheinlich schon mit dem nächsten Dampfschiffe verlassen werde;dies stimmte ganz zu obiger Annahme. Das Schicksal der Beiden gewann damit immer mehr Interesse fü­r sie;sie fühlte sich zu deren Beschützerin berufen,und doch kannte sie die Ver­­­hältnisse so wenig,daß sie dafür keinen bestimmten Plan zu entwerfen ver­­­mochte. Durfte und sollte sie die Gefährdeten geradezu warnen, indem sie ihnen erzählte, wodurc­ sich jener Herr Braun ihr vervächlig gemacht hatte? — 8 würde darin doch auch ein Mißtrauen gegen Lene sich geäußert haben, und sie fürchtete, daß dasselbe in Verrennung ihres guten Willens, übel aufgenommen werden könnte, oder sie Ängstigte vielleicht grundlos die arme Frau nur noch mehr. Da kam ihr bei ihrem Nachsinnen ein anderer Gedanke, und sie nahm zu seiner unverzüglichen Ausführung allen ihren Deutsch zusammen. Auch in dem jungen Mädchen, wie in den meisten Frauen der Insel, lag Etwas —­­­­­­­

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