Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1884. Juni (Jahrgang 11, nr. 3181-3204)

1884-06-25 / nr. 3200

Usbaction und Administratime Heltauergassess. Erscheint mit zuzu«;;;u-zosns ude fage täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fr., vierteljährlich 2­­­. 50­ fr., Halbjährig 5 °, annäherg 10 ee ee vs He mit Zustoßung 1 fl, 3 g 68, 1. Abonnement mit PBostversendung: Für das Inland: vierteljährig 3 fl. 50 fe. Detsianine 7 fl, ganzjährig. Für das Ausland: vierteljährig 7 MM. oder 10 res, halbjärt TURER oder 20 Beh, Ganpiäheg 38 EN I oder 263, ganzjährig Unfrantiste Briefe werden nicht angenommen, be feente nicht weiheehalt N 3200. XI. Jahrgang. Siebenbürgist­ Beufkes Hermannfadt, Wittwod, 25. Juni Der Wahlsieg des ungarischen Liberalismus. O..W.. Die Abgeordneten­wahlen sind­ vorüber. Die, noch,in­ der näch­sten Zeit stattfindenden Stichwahlen und die nach dem Zusammentritt, des Reichstages durch die Doppel­wahl mehrerer Abgeordneten notwendig werdenden Nachwahlen können das Gesamtresultat nicht mehr alterieren, welches im Fortbestande der bisherigen Majorität in beinahe gleicher Stärke seinen entscheidenden Ausdruck und eine scharfe Nuance durch die Wahl von nahe an 20 antisemitischen Abgeordneten findet. Das Ausland hält sich an die einfache Thatsache, daß der Fortbestand des Kabinett Tika par­­­lamentarisch vorläufig gesichert ist;­und Preßbureau und offiziöse Journalistis haben dafü­r gesorgt, daß urbi et orni der Wahlsieg des Ministeriums als Triumph des Liberalisums verkündigt werde. Die Nachrichten von den En Etreffen, welche dem­ Wahltermin vorangegangen,­­­ mochten wohl auch weniger genau orientierten Zeiern ausländischer Blätter, die Ber­­­mutung beigebracht haben, daß er mit der freien Neußerung des Bolfs­­­willens, wie er da in den Wahlen zum Ausdruch kommen soi, nicht eben am glänzendsten bestellt sein müsse. Zur­­­eerstellung, beziehungsweise Sicherung der Ordnung bei den Wahlen ist denn auch ein kolossales Auf­­­gebot von militärischen Sträften erfolgt, und unter dem Schuhe der Bajonnete hat der Terrorismus von Unten fi­­­aum irgendwo geltend zu machen verstanden. Von welchen Einfluß auf das Wahlresultat aber der Terroris­­­mus von Oben gewesen ist, davon fann man sich außerhalb des Landes, vollends aber in Ländern, wo die Wahl wirklich frei und wo die Ab­­­stimmung geheim it, kaum­ einen Begriff machen. Die Summe von amt­­­lichen Be­­ENDET, der Wähler, von empörenden Mißbräuchen der Anti­­­gewalt, von schamlosen Beziehungen und Stimmenkäufen und von direkten Gewaltthätigkeiten zur Verhinderung koppositioneller Wahlen, vorn welchen die Blätter zu berichten wissen, auch wenn man manche, der Hilfe des Partei­­­kampfes und insbesondere der Erbitterung über erlittene und zum­ Teil nicht mit rechten Dingen zugegangene Niederlagen entsprungene Nedertreibungen und thatsächliche Unrichtigkeiten in Abschlag bringt, noch immer haarsträubend genug, um den vielgerüh­mten, ungarischen Konstitutionalismus in einem ganz anderen Lichte ersc­heinen zur lassen, als er sich durch allerlei Künste zu erborgen­ verstanden hat. FR Bezeichnend ist es vor allem, daß im einem Lande, das nur zur Hei­eren Hälfte von Magyaren bewohnt ist, von mehr als 400 Abgeordneten nur etwa 16—18 als sogenannte Nationalitätenvertreter aufgezählt und. Davon sind 12 Siebenbürger Sadhsen, 3 Romänen, 1 Serbe. Die mehr als 1Y,, Millionen Slovaten haben abermals seinen einzigen Vertreter im Abgeordnetenhause. Denn das halbe Dusend genetischer slowakischer Mit­­­glieder der Regierungspartei wagt er nie, je einmal das Wort für das Interese seiner Konnationalen im Reichstage zu erheben. Mehrmalige Er­­­fahrungen, daß bei dem gegenwärtigen Wahlsystem die Erringung eines Mandats für einen national-slovakischen Kandidaten auch dort, wo 90 Prozent der Wähler Slovaken sind, unmöglich ist, und daß der Sieg eines solchen nötigenfalls mit Bajonnet und Kugel verhindert werden wü­rde, hält die nationalgesinnten Wähler slovakischer Nationalität von der Urne ferne. Daß nahe an 3 Millionen Rumänen nur drei Vertreter ins Parlament entsenden, läßt er wohl von vorneherein als glaubhaft erscheinen, daß der freien Bethätigung des B Wolfswillens von Seiten der Regierung sein freier Raum gelassen wird, sondern daß die Abgeordnetenwahl in nationalistischen Bezirken mit wenigen Ausnahmen eine reine, von den Gewalthabern ver­­­anstaltete Komödie ist, gegen welche die Manifestation der V­olfssouveränetät für den napoleonischen Corps legislatif ein Akt politischer Freiheit genannt werden muß. Nur in einer Atmosphäre, in welcher der Begriff des un­­­behindert ausgeü­bten Staatsbürgerrechtes fast ganz verloren gegangen, der Glaube an den Sieg des Rechtes über die Gewalt vollständig verschwunden ist, wo Macht und Reichtum als unüberwindliche Faktoren dastehen, konnte sich der Antisemitismus zu solcher Ausdehnung entwickeln, wie sie die Wahlen erkennen lassen. Gegenüber dem offenen Seelenlauf, der einzelne Abge­­­ordnetenkandidaten 30—40.000 fl. erörtet hat und in besonders hervor­­­ragendem Maße von einigen jidischen Kandidaten ausgeübt worden ist, tritt der,­­­ dem Gelde Angugn­­­ade Antisemitismus als eine Höchst bedauerliche, dem Anfsehen des Landes abträgliche, aber dem ob­­­jektiven Beobachter begreifliche Reaktion auf. Papfreice Wahlproteste gegen Die schreiendsten Gewaltthaten werden verbreitet, die empörten Wericheger Wähler haben sie­, sogar an den Kaiser um­­rechtsichtig gewendet, aber die Thatsache, daß der ungarische Reichstag seit andert­­­halb Decennien an­ die skandaleierten Wahlen verifiziert hat, läßt seinen Glauben an den Erfolg irgend­­welcher Proteste auffo­nmen. Nur das durchaus ungeießliche Auftreten des Wahlpräses im Berechter Wahlbezirk ist sofort von den Blättern der­ Negierungspartei und vom Zentral­wahl-Komite derselben desavouniert worden. Im sicheren Besitz der Majorität kann ich ja das Ministerium des Innern in einem besonders erlatanten Falle den Zufruf Fatoniischer Tugend gönnen. Welchen Gebrauch nun aber Ia­­­binet Tipa von seiner zum vierten Male errungenen parlamentarischen Mehrheit zu machen gedenkt, das läßt die Rede vermuten, welche einer der Smitnisten des Ministerpräsidenten, der Abgeordnete Emerich Ipanka, in Theresiopel nach seiner Erwählung ehalten. Sein Liberalismus will der Demagogie der oppositionellen Partei- Hichter, d. h. der politischen Aegitation vor den Wahlen durch eine ent­­­sprechende Abänderung des Wahlgesäßes eine Ende bereiten. Er will das Auftreten des Stuhlrichters, des Bezirksrichters, des Geistlichen im Wahl­­­freise, in dem er wohnt, abschaffen. Der Terrorismus, der Mißbrauch der Amtsgewalt, das sind Dinge, von den­en Sr Soania sein Wort spricht. Ein Geset gegen Gewaltthätigkeit hält er für nötig, natürlich nur wenn sie von unten, nicht aber wenn sie von oben kommt. Die Hausordnung des Abgeordnetenhauses will er abgeändert haben, die Cloture einführen, die Disziplinargewalt des Präsidenten erweitern, den zeitweiligen Ausschluß, ja sogar­ den Mandatsverlust­ einzelner Abgeordneten — wenn sie Skandal machen — der Besschlüffen der Majorität anheimstellen. Die Mandats­­­­­­­dauer soll auf fünf Jahre verlängert wierden, natürlich dem armen Wolfe zu Lieb, damit­­­ in den Wahlbewegungen nicht mehr so viel­ Zeit verliere. Und damit dann die Regierung ganz ungehindert und nach Herzensluft wirtschaften könne, müssen natürlich auch die Läden und Auswüchse des Preßgeheges beseitigt werden. Was vom Liberalismus des Tiparegimes zu halten sei, konnte zwar jedermann seit lange willen, ebenso, wie leicht zur Erhaltung der Gewalt auf der Schein derselben geopfert werden wü­rde. Daß aber so rasch nach dem Wahlsiege der liberalen Partei ihre nächsten Ziele verkündet werden würden, und da dies so offen geschehen fan, wird wohl mancher „Liberale“ Wähler nicht gedacht haben.­­­ Pranumerationen und Inforate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauergasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dreaz­­­wandt­s Nachfolger, Mediaseh J. Hedrich’s Erben, Schässburg H. Zeidner’s Filiare, Bistritz Friedrich Wachsmann Nr. 187, Sächsisch-Regen Karl Fronius, Mühlbach Jos. Wagner, Staufmann, Broos Paul Battoni, Zehrer, Wien Otto Maas (kaasen­­­stein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Moriz Stern, Heinrich Schalek, J. Danne­­­­ berg, Pest A. V. Goldberger, Frankfurt a. M. G. L. Daube & C. Snfertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile Loftet. beim einmaligen Einladen 7 tr., da zweitemal je 6 %., das drittemal je 5 fr. 8. 8. exclusive der Stembelgebühr von je 30 fr 1884. politische Nebersicht. Hermannstadt, 24. Juni. Der in P­reßburg zum Reichstagsabgeordneten gewählte Herr Kultus­­­minister Trefort hat dort vor seinen Wählern eine längere Rede gehalten, — „Programmrede” wird man sie nicht nennen dürfen, denn die guten Preßburger Wähler wollen sein politisches Programm, sondern die dritte Landesuniversität — welche in mehrfacher Beziehung Beachtung verdient, denn sie verdolmetscht unter Anderem die Gesinnungen der Regierung über den Ausfall der rechten Wahlen. Man erfieht, daß es der Regierung trob ihren vielen, ihr zu Gebote gestandenen Mitteln außerordentlich sch­wer geworden ist, dasjenige zu erreichen, was sie eben erlangt hat, und darum plaidirt ein Minister für die Verlängerung der Reichstagsmandate von drei auf jeh8 Jahre. Man dürfe das Land, meinte der Minister, nicht alle drei Jahre den Aufregungen und Kosten einer allgemeinen Wahl auslegen, der jegige Zustand schädige die gesamte soziale Kraft, wirfe auf das Volk demoralisierend, indem er die gefährlichsten Leidenschaften entfeifele. Auch die Frage der Revision des Wahlgejeges ließ der Redner, wenn auch nur verschämt, nebenbei durchklingen. Natürlich konnte die wichtige Tagesfrage in Ungarn, die antie semitische Strömung nicht übergangen werden, und da verstand er denn der ungarische Kultusminister, — welch’ Gegensab zu dem Berliner Hofprediger Stöder! — mit den greifften Farben zu malen, indem er als das eigentliche Biel des Antisemitismus die Revolution und den Sozialismus oder vielmehr den Kommunismus, welche böse Kräfte das Land in steter Aufregung erhalten und die Grundlage der gesellschaftlichen Ordnung untergraben, mit der P­erspektive Hinstellte, wie­ sie beim Branntswein aus Schenter­­big be­­­ginnen und beim Fürsten Chterhazy oder beim Primas von Ungarn aufhören! Zum Schluffe sagte der Herr Minister: „Wenn wir umher­­­bilden, so jeden mir, daß Ungarn mehr als einen Feind auf der Welt besigt, und wenn ich die sozialen Verhältnisse erwäge, so sehe ich noch ernstere Uebel.” Was thut aber die Regierung, der Herr dr. Trefort angehört, um fs Freunde zu verschaffen und die sozialen Uebel zu heilen ? Ein langes Sündenregister liegt vor. Der tichechische Löwe ist unmeirfch geworden und kündigt in der „politis“ der uffischen Presse wegen deren Ausfälle gegen die tichechische Nation von nun an die Freundschaft. Das Prager­­­ Blatt schreibt­­­­iesbe­­­züglich: „Wenn unsere Kollegen am Nemwartrande auf­ die reichen Onsel sich hinauzspielen und von uns geleisteten Diensten sprechen, so provozieren sie nur ein ironisches Lächeln; sprechen sie gar von Diensten der russischen PBo­­­ ‚Litifer, fo erinnern fie uns fofort an jenen Heren vd. Novikom, der vielleicht zum Sturze Hohenwart’s mehr beitrug, als Andrasiy. So sehen die Sym­­pathien des offiziellen Rußlands für uns aus und man kann nur Dant wissen, wenn wir auf diesen Gegenstand nicht näher eingehen.” Nicht nur an dem „Newastrande” auch in der „Moskauer Ztg.” war den Herren in Prag der Text­ gelesen worden, indem Herr Katlow ihnen sagte, wie die Thätigkeit ihrer polnischen Bundesgenossen in Galizien [ schwerlich zur Festigung der Freundschaft zwischen Rußland und Oesterreich beitragen könne... ‚Sir Desterreich. sei.bietet Frage auch speziell darum von Wichtigkeit, weil auch in Berlin die polnischen Intriguen, deren Brutstätte bekan­ntlich in Defterreich Liege, große Unzufriedenheit erregten. Die Börsen in Defterreich-Ungarn sind um eine Hoffnung ärmer ges­­worden, noch bis zum rechten Wagenblice glaubte man, daß die deutsche Börsensteuer-V­orlage dem Reichstage in Berlin nicht zugehen werde. Nun ist, wie eine telegrafische Meldung besagt, dieses doch geschehen. Für die zu Ende dieses­ Monates beabsichtigte Finalisierung der ungarischen Gold­­­renten-Konvertierung ist dieser Umstand von erheblicher Tragweite. Das Medereinkommen zwischen Frankreich und England bezüglich Egyptens liegt Heute im Wortlaute vor. Der erste Artikel dieses Paktes lautet: „Um gewisse, zunächst in der englischen öffentlichen Meinung aufge­­­tauchte Bedenken zu zerstreuen, erklärt die französische Regierung ausdrücklich, auf die Wiederherstellung der französisch-englischen Kontrolle in­­­ Egypten zu verzichten, und verpflichtet sich, in seinem Falle eine bewaffnete Intervention im Nildelta ohne vorherige Zustimmung Englands eintreten zu Lassen.” Das französische „Journal des Debats“ kritisiert deshalb dieses Uebereinkommen sehe scharf, bezeichnet es als ein Unglück, als ein französisches Sedan im Mittelmeer. Es giebt aber auch Stimmen, welche meinen, das genannte Blatt nehme nur deshalb diese Haltung ein, um im England die Annahme der Bedingungen dieses Uebereinkommens leichter zu machen. Aenilleton Ein neuer Fund aus der Römerzeit. Salzburg bei Hermannstadt, 22. Juni. Das ist ein Sommeranfang! Seit fünf Tagen fon nichts als Wolten, Gußregen, Sturm, daß die Wellen der Salzteiche hoch gehen und der Mut der Badegäste am Boden s­­chleicht und das Herz selbst des hartgesottensten Lochredners dieser, von europäischem Bädercomfort nicht im geringsten geplagten Stätte fich Heim winscht, um doch dabei zu sein, werm fest die Melonenblüten erfrieren und die jungen Bohnen das Haupt senfen. Welch’ eine Wohlthat, daß doc in diesem ganzen ärarischen Badeorte sein einziges Barometer existiert, dessen beharrlich niederer Stand? — wie aus dem gebildeten Hermannstadt verlautet — die Gemüter dieser armen fremdsprachigen Menschen, die sich mit der — Wohl zur Heranziehung zahlreicherer Badegäste — nur des magya­­­r­ischen Idioms kundigen Badegartenverläuferin ohnehin so schwer verständigen können, abh, noch mehr niederschlagen würde. Doch bei jedem Unglück ist nach alter Erfahrung an ein Glück. Sturm und Gußregen dieser Tage haben an einem der Teiche die aus demselben an­­­steigende Bergwand ins Rutschen gebracht, wobei ein unwohlerhaltener römischer Votivstein zu Tage trat. Damit ist für die, schon früher durch den Fund römischer Münzen bezeugte K­olonisation dieser Stätte durch die Römer ein neues Zeugnis erstanden. Mommiern hat Caput Stenarum hier nachge­wieser und das findet auf der Anschrift unseres Steines Betätigung. Sie lautet: AESCVLAPIO.ET HYGIAE.NYMPHIS QVE.BONIS.PRO SALVTE.VND.SAL RECVPERATA.FL­­IOS.GALLO.EQ.R DVIR.COL.STEN EX.VOTO.POSVIF d. i. Aesculapio et Hygiee Nymphisque bonis pro salute undis salium recuperata Flavius Josephus Gallo, eques Romanus, duumvir colo­­­­­­ nie Stenarum, ex voto posuit — deutsh: dem Aesculapius und der Hygia und den guten Nymphen feßte (diesen Stein) für seine, in diesen Salzmwellen­­­ wieder erlangte Gesundheit Flavius Sosephus Galo, römischer Ritter, Dirum­­­bir (d. i. Bürgermeister) der Kolonie Stenarum, seinem Gelübde gemäß. Gewiß, es wird sein Kenner sein, der die Bedeutung dieser Inschrift­­­ nicht entsprechend würdigte. Eo ist damit der uralte Salzbau bi in die Zeit vor der Römerherrschaft nachgewiesen. Denn wenn der andere römische Ritter Flavius Sosephus Gallo für die Wunden, die er im heißen Kampf gegen die Barbaren davongetragen, in den warmen Salzteichen Heilung finden konnte, so mußte hier seit unvordenklicher Beit­­ragesbau stattgefunden haben, wie denn in der That die zahlreichen prähistorischen Sandftüde an den Zeichen und an vielen andern Stellen beweisen. Unser Votivstein selbst aber bezeugt, daß die jebt zu Bädern gebrauchten Teiche schon damals als solche benaht wurden, ja noch mehr. Außer der Inschrift auf der Stirnseite desselben ist nämlich auch auf den drei anderen Seiten ein lateinischer Text eingemeißelt, der, schwerer zu entziffern als jene, einen Zobgesang auf die Heilkraft der Teiche enthält. Das Ganze, auch äußerlich kenntlich der Striche unter­­­schieden, gliedert sich in drei Teile, eine Anrufung der Götter, Charakteristis der Teiche und Ruhm ihrer Heilkraft, Gruß und Bitte an den Leser. Die beiden ersten Teile sind im Sapphischen Versmaß, der Septe ist im jambischen Trimeter verfaßt. Wir hoffen, dem Wunsch des Leferd zu begegnen, wenn wir versuchen, das ganze Höchst interessante Stüd im deutschen Reimstrophen, die dem Genius unnserer Sprache besser entsprechen, wiederzugeben. So lautet es in der Mederregung : Ihr Göttinen und Götter Hört Sn Huld des Mannes Dant, Dem Shr Gesundheit Habt gewährt, Da er so Lange Trank! In Romas Hundert Schlachten war Des Leibes Kraft gelähmt,­­­ Im Kampf am Rhein bald grau das Haar, Der stolzge Mut gezähmt ! Da kam in dieser Reihe Flut Die alte Kraft zurück; Nun rollt er wieder leicht das Blut Und heiter ist der Blid, Drum Tünde Allen dieser Stein Die Wunder, die ihr schafft, Da in die salz'gen Wellen ein Ihr Schlofi­t des Lebens Kraft. Tunf­­ein zuerst im „Grünen“ dic, Gichtkranfer, steif und bleich; Er stärft der Leib genesend sich In Sals jodiertem Reich. Und daß sich wieder färben mag Dein Antlik rot von Blut, Brauch, bleiches Frauchen, jeden Tag Des zweiten Teiches Flut. Denn frage die Gelehrten nur, Die kritisch ihn befahn, Ob nicht zum Salz hier die Natur Auch noch ein Kraut gethan? Aus feines Wissens Schat sogleich Ein jeder dir bereift, Auch Eisen Hat im Salz der Teich Den man den „roten“ Heißt. Gar mächtig wirft ein drittes Bad Auf Herz und Phantasie, Drum geh’, Betrübter, oft den Pfad Zum tiefen Töföly. ) Die Stelle lautet im Untert­­­ad lacum Tocullium, woher zweifellos der heutige Name des Teiches stammt, ein neuer höchst merk­würdiger Beweis — zu den früheren: Samostus u. |. w., — wie wunderbar sich doch uralte Benennungen erhalten haben. Tocullius hängt gewiß zusammen mit dem lateinischen, selten vorkommenden Wort tocullio, der Wucherer; dieses gehört zum Stamm des griechischen toxos (rixte, gebären) das Rind, das Zunge, lacus Tocullius der Kraft, Jugend spendende.

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