Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1892. März (Jahrgang 19, nr. 5540-5565)

1892-03-01 / nr. 5540

Siebenbürgisch-Deutsches ‚Hermannstadt, Dienstag 1. März Medaktion und Administration Heltauergasse 23. eint mit Ausnahme des auf Sonn- und Phase folgenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fr., vierteljährlich 2 fL. 50 fl., Halb­­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. gun Bustellung in’3 Haus, mit Zustellung 1, 3 fl., 6 fl., 12 fl. Abonnement mit Wortversendung: Für das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 Er., Jelbjährig 7 fl., ganze jährig 14 fl. Für das Ausland: bierteljährig 7 NM. oder 10 Fres., halbjährig 14 RM. oder 20 Fres., ganzjährig 28 AM. oder 40 Free. Unfranlirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurücgestellt. Nr. 5540, XIX. Jahrgang an Pränumerationen und Inserate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauer­­­gasse Nr. 23, in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danne­­­berg, Pest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmonbzeile fostet beim einmaligen Einraden 7 Er., das zweite­ mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­­celustive der Stempelgebühr von je 30 kr. 1892. Der lebte Jahresbericht des Gustav-Adolf-Bereins. Unter den Sinnerarbeiten in unserem Volks- und Kirchenleben nimmt der Gustav-Adolf-Berein eine hervorragende Stellung ein; er ist vielleicht am tiefsten ins Volk gedrungen. Der 29. Jahresbericht über das Jahr 1890/91 läßt die Arbeit desselben wieder einmal übersehen. Zunächst ist besonders erfreulich, daß die Sammlungen einen höheren Ertrag geliefert haben als im Vorjahre. Der Hauptverein besteht gegenwärtig aus 10 Erweigvereinen mit 259 Ortsvereinen (und 8 Frauenvereinen), welche zusammen 51.541 Mitglieder zählen und ungerechnet die Beiträge für den Deputiertenfond 4058 fl. 91 fr. gesammelt haben gegen 3939 fl. 71 fl. des Vorjahres. Davon haben die Zweigvereine selbst verwandt 1365 fl. 63 fl., zu Verwaltungszwecken verbraucht 11 fl. 88 fl. und 2681 fl. 40r., um 61 fl. 55 fl. mehr als im Vorjahre, an den Hauptverein eingeschidt. Zu dieser Einsendung kommen noch 16 fl., welche Herr Reifeprediger Hannenheim an Gerchensen aus der Diaspora an die Hauptlasje abgeführt hat, macht 2697 fl. 40 fl. Zum ersten Drittel davon, bestehend in 899 fl. 14 fr. ist noch stiftungsgemäß das halbe Binsenerträgnis der Grampes-Thomas-Teutschländerischen Stiftung im Betrage von 2 fl. 72 Er. zu schlagen, so daß also zusammen 901 fl. 86 kr. zur unmittelbar freien Ver­­­fügung des Hauptvereins standen; die beiden anderen Drittel zu je 899 fl. 13 Er., zusammen also 1798 fl. 26 fl. wurden dem Zentralvorstande einge­­­sendet. In der Hauptwaffe betrug sanach das ganz auf Unterfrügungen zu verwendende Aktivum 2700 fl. 12 Er., gegen 2622­ fl. 83 fl. im Vorjahr um 77 fl. 29 Er. mehr. Von den 10 Z­weigvereinen hat 1 (Schelt) kein Jahresfest gefeiert, weil Niemand geladen hatte, da die Gemeinden die Ausgaben fürchten. Der Bericht bemerkt dazu: „Um die guten Wirkungen der Wanderversammlungen unserem Verein und unseren Gemeinden zu erhalten, giebt es in der That nur das eine, aber auch unbedingt wirksame Mittel, den Aufwand bei diesen Versamm­­­lungen auf das mindeste zu beschränken und einem etwaigen falschen Wett­­eifer in dieser Beziehung alle Adern zu unterbinden. Nur dann fan, dann wird aber auch jeder Z­weigverein jedesmal ohne Schwierigkeit die Stätte seines Jahresfestes finden, wie dies in den meisten derselben ohnehin schon erfreulicher­­­weise der Fall ist.“ Die übrigen Biweigvereine (außer Schelt) haben alle Jahresfeste ge­­­feiert. Die schöne Sitte der Festgaben bürgert sich bei denselben mehr und und mehr ein. Dem Billunger Emweigverein überreichte die Bruderschaft von Burghalle, wo das Jahresfest stattfand, eine Bibel mit der Bitte, dieselbe einer bedürftigen evang. Gemeinde A. B. zukommen zu lassen, die Schweizerschaft ebenda ein schön gest­chtes Altartuch mit der Bitte, dasselbe einer armen evang. Gemeinde im deutschen Mutterlande zu übermitteln. Der Hermanns­­städter Zweigverein erfreute sich eines Geschenkes der Nachbarinnen der Gräfen­­­gasse in Heltau, bestehend in einem schwarzen Altartuch, welches der Gemeinde P­etersdorf (Schelfer Kirchenbezirk) zuerkannt wurde. Der Repser Biweigverein freute sich des Umstandes, daß in seinem Bereiche zum erstenmale und zwar in drei Gemeinden sich auch die Schulfinder an dem schönen Werke des Vereines beteiligt. Eo geschieht dies schon seit längerer Zeit an ziemlich vielen Orten, allein gewiß noch nicht allgemein genug, so daß es allerdings durchaus am Blaße war, wenn sich diesmal der Hermannstädter Zweigverein, wie schon im Vorjahre der Schäßburger, mit Vorkehrungen zur weiteren Verbreitung dieser Gepflogenheit beschäftigte. Was man dagegen einwenden kann, daß auf diese Weise die Eltern zweimal besteuert würden, ist ganz hinfällig; mögen immer­­­hin die Eltern bei ihrem eigenen Beitrage einen Kreuzer abzwachen und ihn dem Finde zur Beisteuer übergeben, so daß sie im ganzen gar nicht mehr bei­­­tragen, so wird doch der bei diesen Kindersammlungen weitaus wichtigere Ziwved erreicht, die jungen Herzen frühzeitig mit Anteil an der Vereinzfache zu er­­­füllen, so daß sie einst als Erwachene aus Ueberzeugung, nicht bloß um äußerer Rück sichten willen, an dem Segenswerte mitarbeiten. Auch von andern Bemühungen, das Vereinsleben wärmer zu beseelen und reicher zu gestalten, kann berichtet werden. Mehrfach regt sich in den Zweigvereinen das Streben nach innigeren Beziehungen zwischen Gebern und Empfängern, damit, wie es der Kronstädter Zweigverein ausdrückt, „die mehr bureaufratische Wohlthätigkeitsübung in eine herzliche Liebeserweisung übergehen möge". Dahin zielt auch die von immer mehr Seiten wiederholt und nach­­­drücklich gestellte Forderung, daß die Unterstügung ruhenden Gemeinden recht­­­zeitig (bis 15. Juni) einschreiten und sie dabei der bekannten Form der „tabellarischen Berichterstattung” bedienen mögen. Der Kronstädter Zweigverein hat schon in diesem Jahre diejenigen Gemeinden, welche diesen beiden Forderungen nicht entsprechen, bei der Verteilung unberücksichtigt gelassen. Der Hauptvorstand hat schon in seinem Bericht über 1887/88 die Verwendung dieses Formulars gebilligt und empfohlen, indem er zugleich der Meberzeugung Ausdruck gab, daß solcher Verwendung „nicht leicht ein wesentliches Hindernis im Wege stehen werde”. Er war so gemeint, daß sie die Hilfe suchenden Gemeinden von den für den Haupt- und Zentralverein bestimmten gedruckten Formularen abschriftlic solche auch für den Gebrauch bei Seuchen an die Zweigvereine herstellen und diese benügen sollten. Außer dem bereits erwähnten geben die Berichte der Zweigvereine nur noch zu wenigen Bemerkungen Anlaß. Vielleicht empfiehlt es si, im Zus­­­ammenhange mit denselben wieder einmal an die wiederholte und dringende Bitte des Hochwürdigen Zentralvorstandes zu erinnern, daß Unterstügungen außerhalb des eigenen Hauptvereinsgebietes in der Regel nur an solche Ge­­­meinden verliehen werden möchten, welche durch den Zentralvorstand diesem Hauptvereine empfohlen worden sind, da nur auf diese Weise die notwendige Planmäßigkeit und gerechte Aufteilung der Gaben erreicht werden künne. Diese Empfehlungen sind in den alljährlich vom Zentralvorstande allen Haupt und Erweigvereinen zugesendeten „Auszügen aus den eingegangenen Unterstügungs­­­geruchen“ enthalten. Nun hat von den umnie dem Hauptverein vom Zentral­­­vorstande empfohlenen 21 Gemeinden eine einzige, Marburg-Bettau, von einem unserer Bizweigvereine eine Unterstüllung erhalten. 9 Gemeinden beziehungsweise Anstalten, die von unseren Biweigvereinen und zwar teilweise von mehreren derselben unterftügt wurden, sind unserem Hauptvereine nicht empfohlen, ja zwei solcher Gemeinden (Boldisthal und Zadoma) kommen in den erwähnten „Auszügen“ überhaupt nicht vor. Da liegt denn doc die Frage nahe, ob wir uns im solcher Weise nicht auf dem Weg befinden, die Ausnahme zur Regel zu machen? Jedenfalls stünde es schlimm um unsere eigenen hilfsbe­­­dürftigen Gemeinden, wenn die Hauptvereine, denen sie der Centralvorstand mit gutem Vorbedacht empfohlen hat, solcher Empfehlung in ähnlich geringem V­erhältnisse nachachteten. Aber von 113 solcher von dem Centralvorstande siebenbürgischen Gemeinden erteilter Empfehlungen sind 47 von Wirkung ges­­­esen, wobei übrigens die Höhe der gegebenen Unterstügungen gar nir in Betracht kommt. Was die Bestimmung dieser legieren bei uns betrifft, so haben einige Zweigvereine den Grundjag größerer Freiheit, andere den der äußersten Gleichmäßigkeit, der in Mühlbach nun fon im Dritten Jahre bis zur Teilung von Kreuzern in Sechstel und Drittel eingehalten worden ist, was doch als in Wirklichkeit undurchführbar eigentlich auf bloßen Schein hinaus kommt, aber die Rechnung erschwert. In mehreren Emweigvereinen bestehen feromme Stiftungen und Sonde zu Gunsten des Vereinszweckes, deren Verhältnis zu dem Bmeigverein aber verschieden aufgefaßt wird, ja welches auch nicht überall ganz klar ist. Der Jahresbericht veröffentlicht vollinhaltlich die Vorlage über die Ver­­­teilung der Unterstügungen, ein lehrreiches Bild vielfacher Not. Unsere Gemeinden haben im abgelaufenen Jahr 10,093 fl. 54 fl. von 29 Haupt- und Zweigvereinen, sowie vom Zentralvorstand erhalten, doppelt so viel als vor zehn Jahren! Die Summe verteilt sich auf 47 Gemeinden, am geringsten für Dunnesdorf zum Schulbaufond mit 22 fl. 50 Fr., und Waflid zur Schuldentilgung mit 17 fl. 29 fl., am höchsten bei Beßling mit 775 fl. 74 fl. Nicht viesen Gaben sind so zu erwähnen: für Michelsdorf (Her­­mannstädter Kirchenbezirk) eine Altar- und Kanzelbekleidung, ein Altartuch, ein Betichemel und eine Taufsteindecke, alle diese Gegenstände vom Frauen­­­vereine Mannheim, ferner für die Neifepredigerstelle der Landeskirche eine Abendmahlsfanne, Kelch und Brotteller von den Konfirmanden sämtlicher Mannheimer Geistlichen, sowie eine Abendmahlsdede und ein Brotdedchen von Fräulein Bauer in Mannheim. Immer wieder erneuen sich auch in dieser Form die Zeichen liebevoller Teilnahme für und aus der Mitte der evang. Glaubensgenossen im Mutterlande der Reformation und sie find­­ung eine be­­­sonders sichtbare Mahnung, im Kampfe für die evek­ten Güter des Lebens nicht zu verzagen! Der Jahresbericht berichtet in herkömmlicher Weise auch über die Jahres­­­versammlungen (diesmal in Schäßburg und Görlik), die auch diesmal auf die Teilnehmer tiefsten Eindruck gemacht haben. Wir haben seinerzeit über beide berichtet. Zum Schluffe giebt derselbe eine Uebersicht über die Mitgliederzahl und die Jahreseinnahmen der Zweigvereine von 1862 bis 1891, also über die 30 Jahre des Bestehens des Vereines, eine Uebersicht über die vom sieben­­­bürgischen Gustav-Adolf-Verein in den Jahren 1862 bis 1891 auswärtigen Gemeinden gewährten Unterstügungen; eine weitere Nebersicht über die vom Gustav-Adolf-Verein während der Jahre 1862 bis 1891 an siebenbürgische Gemeinden verliehenen Unterstügungen, inwieweit sie durch den siebenbürgischen Hauptverein vermittelt worden sind, sowie einige Mitteilungen aus der Ges­­chichte des siebenbürgischen Hauptvereines in tabellarischer Mebersicht. Aus den Tabellen geht hervor, daß mit der Gesamteinnahme des Hauptvereines im legten Jahr (4074 fl. 91 Fr.) die Höhe von 4000 fl. wieder erreicht und überschritten wurde, was während des dreißigjährigen Bestandes dieses Haupt­­­vereines bisher im ganzen bloß siebenmal, nämlich in den gesegneten­­­ vier Anfangsjahren 1862 bis 1865 und dann noch vereinzelt in den Jahren 1869, 1884 und 1885 der Fall war. Und was noch erfreulicher ist: von den zehn Erwergvereinen haben nicht etwa nur einige ein zufälliges, außergewöhnliches Steigen der Sammlungen aufzumeisen, während dieselben in andern vielleicht erst recht zurückgegangen, oder durch Steigerung in den ersteren übertragen worden wären, sondern alle Zweigvereine sind in die Höhe gegangen bis auf einen, S Hermannstadt, der gegen das Vorjahr einen kleinen Rückgang von 2 fl. 2 fr. verzeichnet. Und doch bemerkt gerade dieser Z­weigvereinsvorstand in einigen seiner Ortövereine ein erfreuliches und nam­haftes Steigen der Beiträge. Unser Verein hat seit seinem Bestehen insgesamt aufgebracht 1862 bis 1871 42.927 fl. 21'/, tr., 1872 bis 1881 36.656 fl. 79"), tr., 1882 bis 1891 39.316 fl. 45 °, fr., ist glei 118.600 fl. 46%/, fr. Was unsere Gemeinden in dieser Zeit erhalten haben, das ist im Bericht im einzelnen an­­­gegeben. Der Zentralvorstand behandelt in seinem Bericht natürlich auch Sieben­­­bürgen: „Viel deutsch-evangelisches Leben und Streben und viel Not”, das ist der Eindruck aus den Berichten, die der Zentralverein aus diesem Lande er­­­hält: „Möchte weiche Hilfe des Vereines die Opferfreudigkeit und den Glaubens» mut stärfen und wahren helfen“ — spricht er —; eine Reihe der Gemeinden seufzt unter Schulden, die sie kaum verzinsen, viel weniger abzahlen können, so daß die Strafe zu erlahmen droht. Neun brauchen Gotteshäuser. Zum Teil ist der Bau begonnen, oder äußerlich fertig, z. B. in Petersdorf, bedarf aber kräftiger Förderung, zum Teil ist aus Mangel von Mitteln der Beginn des Baues unmöglich, 3. DB. in Billat, Blutroth. In Hadad, der einzigen evan­­­gelischen Gemeinde in einem Umkreise von 20 Quadratmeilen, 1750 von Eins­­wanderern aus Baden und der Schweiz gegründet, müssen wegen Erdrutschungen Kirche und Schule umgebaut werden ; die Kirche ist schon gesperrt. Da ist ausgiebige Hilfe von Nöten. Johannisdorf hat zu einer hölzernen Notkirche seine Zuflucht nehmen müssen. In Morigdorf ist die Kirche, eines der edelsten Baudenkmäler Siebenbürgens aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, ion abgetragen worden. Auch in Streins-Blasendorf droht das Gotteshaus ein­­­zustürzen. Kirchennot! Schulnot in Durles, Groß-Schogen! In Scholien konnten nur zwei Pfeiler das Schulhaus vor dem Einsturz e jringen. Wie groß die Dürftigkeit in einzelnen Gemeinden­ ist, bei me ist das neu aufgenommene Fred, 250 Seelen, rings von griechisch orientalischen Romanen umgeben, das 350 fl. für eine Eichhenreparatur nicht aufbringen kann. V­om Hauptverein werden Benilleton. Der unverwundbare Fakir. In Berlin erregen gegenwärtig die Darstellungen eines indischen Yakirs ungeheures Aufsehen, nicht bloß im großen Publikum, sondern auc in der wissenschaftlichen Welt. Es handelt sich dabei nicht um Betrug, sondern um „Wunderdinge“, für deren Entstehung und Möglichkeit die Erklärung fehlt, die fs aber nicht verleugnen lassen. Bejagter Fafir Namens Soliman ist ein kräftiger, wohlgebauter Mann in den Dreißigern und erklärt seine Vorführungen in gutem Stanzefisch. Auf dem Boden hodend, verbrennt er vorerst Pulver in einem mit glühenden Kohlen gefüllten Boden, dessen Rauch er einatmet, um sich in den für seine Produktionen notwendigen Zustand zu verlegen. Dann nimmt er lange, feige und ziemlich starre Nadeln und sticht sich dieselben duch Wangen, Ohren, Nase, schließlich durch die Kehle, worin sie feitfigen bleiben. Der Austritt von Blut aus den Wunden findet nur statt, wenn jemand im Bublikum einen solchen Wunsch ausspricht. Zum nächsten Experiment verwendet Soliman eine stärkere Nadel. Mit dieser durchbohrt er sich die Zunge und dreht die Nadel so lange, bis die Zunge spiralförmig zusammen­­­gedreht is! .... Einen haarscharfen Yatagan fest­­er Hierauf an seinen ent­­­blößten Leib und hämmert mit einem schweren Holzschlägel auf den Rüden 108, ohne darauf mehr als eine gerötete Strieme hervorzubringen. Das gräßlichste Experiment wohl aber ist, daß der Mann mit einem fpigen Stahl feinen Augenapfel samt Sehsträngen und Bewegungsmustern aus der Augenhöhle hervorzerrt und ihn in einiger Entfernung zwischen den Fingern präsentiert und dann zurückgleiten läßt ... . Das nachfolgende Spiel mit Giftschlangen, deren eine er schließlich mit Haut und­­­ Knochen verzehrt, steht eigentlich zu und hinter dem bereits Gesehenen. Zum Schluffe nimmt Soliman eine der glühenden Kohlen an dem Boden, bläst sie zu voller Glut und legt sie dann auf seinen Unterarm. Nach Entfernung der Kohle von demselben ist nicht die Spur einer Verbrennung zu sehen! Eine Erklärung für diese Produktionen giebt es nict; man muß an­­­nehmen, daß die Fafire sich im D­esige gerwister, durch Jahrhunderte über­­lieferter Geheimnisse befinden, die sich in den verschiedenen religiösen Orden, denen die Fakire angehören, erhalten haben. Soliman Ben Aiija gehört zu dem Orden der Saadi, der von Saad-eddin Dschebari schon im Jahre 1335 gestiftet worden sein soll. Ale diese Produktionen sind nun im weiten muhamedanischen Oriente alltägliche Erscheinungen und jeder, welcher den Fuß jemals nach Ägypten oder Algier, nach Persien oder Indien seßte, wird derlei, für den Europäer oft peinliche und unheimliche Kunststüde bereit gesehen haben. Wenn man ss nicht, wie dies die meisten Europäer thun, auf den Standpunkt der un­­­bedingten Negation stellt, so ist die Erklärung solcher Kunststüde eine ungemein schwierige. Man muß annehmen, die uralten Kulturwölker der Accader (Sum­­­merier), Egypter und Inder hätten, da sie in fortwährendem engstem Stontafte mit der Natur standen, auch kontemplative, ruhig beobachtende Menschen waren, auf diesem Wege eine Reihe von Kenntnissen und Wissenschaften erworben, sowohl in Bezug auf den Menschen selbst (Selbstsuggestion, Konzentrierung von Willenskraft), al auch im Bezug auf die sie umgebende tausendfältige Natur, deren Spezielle Eigenschaften sie sich zu Dienste machten. Und er­­st leicht zu verstehen, warum solche Kenntnis voraus den Völkern des Südens geworden sein sol. Welche tausendfältigen Formen- und Artenreichtum bieten nicht die Tropen in ihrem Pflanzenleben, deren tat­­würzige, balsamische, Liebliche und betäubende Gerüche, deren wohlthätig heilende, giftige oder besondere körperliche und geistige Zustände herbeiführende Eigenspaften jie den dortigen Bewohnern bald erschließen mußten ! Was die merkwürdigen Kunststücke der Derwische, Hafire, Sanjafjys, Yogis anbelangt, so muß man erwähnen, daß das Bolt in Indien, Persien, Arabien, Egypten und Nordafrika daran glaubt und diese Männer als mit übernatürlichen Sträften begabte Heilige anstaunt. Es ist eine­ gang gewöhnliche Erscheinung in den genannten Ländern, einen solchen Deenschen auf der Straße, umringt von einem reife Gläubiger, zu sehen, wie er sich­ lange und suige Nägel in die Augen oder in den Störper stößt, fi spießförmige Eisen durch die Baden bohrt, Schwerter und Messer in den Leib sticht, oder einen Haken, an welchem eine schhwere eiserne Kugel baumelt, in das Fleisch hängt. Oft auch schieben sich diese Leute glühende Kohlen in den Mund und fallen und ver­­­schluden ganze­­­ Glaslampen, ohne an nur ein Unbehagen merken zu lassen. Andere, wie die Saadijed dem großen Orden der Rifai-Derwitche (auch der Berliner Balir gehört angeblich diesem an) spielen mit Skorpionen und Giftschlangen, von denen sie sich beißen und teen lassen, ohne Schaden Bieber zu nehmen. Die indischen Yogis besitzen noch ganz andere,in der That unerklärliche Geheimkünste.Ein,,alter ander«erzählt e unlängst im,,Chambers Journal« einige dieser Kunststücke,unter denen das Wachsen eines Mangobaumes eines der interessantesten ist.Er schreibt:Dieses Stück wurde einmal im März in der Veranda meines eigenen Hauses ausgeführt,und zwar vor mir und drei anderen sehr skeptischen und scharfäugigen Personen,die in einem"Halbkreise saßen,in dessen Mitte ein großer,mit eben aus unserem Gartenfrische·ent­­­nommener Erde gefüllter Blumentopf stand.Der Gaukler mischte etwas in die Erde und steckte dann ein trockenes Mangosamenkorn hinein;er besaß es darauf und bedeckte es mit einem länglich viereckigen Leinentuche.Während der Gaukler und sein Gehilfe zur Belustigung anderer Zuschauer eine Reihe erstaunlicher Trues ausführten,beschränkten wir Vier unsere Aufmerksamkeit auf den Manga,entschlossen,­uns in keiner Weise täuschen zu lassen.Das Tuch fängt an,sich zu erheben,wie von einem darunter befindlichen Stocke getrieben.Als es etwa acht Zoll über dem Blumentopf hervorsteht,tritt der Gaukler heran,erfaßt es,ohne den Topf zu berühren,an zwei Enden und hebt es vor unseren Augen vorsichtig auf,wir erblicken einen jungen Mango­­­schößling anscheinlich eine Woche alt.Diese Prozedur wiederholt er,wobei zuerst das Bäumchen etwa zwei Fuß hoch ist,später drei Fuß,vier Fuß, dann mit grünen Früchten und schließlich mit reifen Mangos behangen,welche der Gaukler abpflückt und uns zum Genusse überreicht.Die Europäer unter­­­suchten alles,Baum,Topf-Tuch,ohne den geringsten Anhaltspunkt zu finden; auch der Gaukler,welcher nur mit einem Lendentuche bekleidet war,wurde untersucht,jedoch nichts verdächtiges an ihm entdeckt. Man erinnert sich dann willkürlich an den Ausspruch Hamleth aber noch mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gebe,als unsere Schulweisheit sich träumen läßt. "

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