Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1892. Juni (Jahrgang 19, nr. 5616-5639)

1892-06-10 / nr. 5623

- YedaktkonundYdministration Heltauergafje 23. Erscheint mit Ausnahme des auf Sonn-­­nd Feiertage folgenden Wochentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährlich 2 fl. 50 fl., Halb­­­jährig 5 fl, ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’s Haus, mit Zustellung 1 5l., 3 fl. 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Postversendung: Für das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 Er., Halbjährig 7 fl., ganz­­­jährig 14 fl. Für das Ausland: bierteljährig 7 RM. oder 10 Fre3., halbjährig 14 NM. oder 20 Fre3., ganzjährig 28 RM. oder 40 Fres. Unfrankisrte Briefe werden nicht angenommen, Manusk­ripte nicht zurückgestellt. Der Raum einer einspaltigen Garmonbzeile fostet beim einmaligen Einrücen 7 Er., das zweites mal je 6 fr., dag drittemal je 5 fr. d. W. ex­­­ celusive der Stempelgebühr von je 30 Er. 5623. XIX. Jahrgang ro. Siebenbürgisch-Deutsches ..­.H­.stree3ws«s.dt-Freitagl O TixIst Fi­­gaffe Nr. 23: in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz @. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danne­­­berg, Pest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg ‚Adolf Steiner, Karoly­­n Liebmann. Insertionspreis: Pränumerationen und Anferate übernehmen außer dem Hauptbureau, Heltauter­­­ 1892. Zum fünfzigjährigen Dienstinbissum des Bischofs D. ©. D. Teutsch. Heute haben sich fünfzig Jahre erfüllt, seit D. D. Teutsch, der gegen­­­wärtige Bischof unserer evangelischen siebenbürgischen Landeskirche, am 10. Juni 1842 zum dritten Lekter am Gymnasium zu Schäßburg berufen worden war. Er, der Forscher, Lehrer und Schreiber unserer siebenhundertjährigen Sachsen­­­geschichte, der „Alte Thore, alte Thüren An dem alten Burggemäuer Uns’rer Berge aufgeriegelt, Daß sie Elirrten in den Angeln, Und in mächtig hohen Bogen, Nundgewölbt, dort mit gefehlten Gurten gothisch auf sich schwingend Dehnten weit sich vor den Augen Hallen gleich, ehrwürdig, mächtig, Die Jahrhunderte, die reichen, Der Geschichte uns’res Volkes, —” hat selbst ein halbes Jahrhundert seines Volfes mit dem fruchtbaren Wirken und Schaffen seiner eigenen Persönlichkeit im Schul- und Kirchendiente aus­­­gefüllt. Seine Arbeit ist wohl nur die der Einzelpersönlichkeit im organischen Zusammenleben und Zusammenwirken der Kräfte eines ganzen Wolfstums ; unter den vielen Bäumen des Waldes ist er nur ein Baum, aber ein hoch­­­ragender, weit wurzelnder und schattender, mit wöstlichen Früchten beladener Baum, dessen Stamm wohl auch, wie wir alle früher oder später, fallen, dessen Standort aber den nachfolgenden Geschlechtern in ehrenvollstem Gedächtnis bleiben wird. Heute, nach fünfzig Jahren treuester und erfolgreichster amtlicher Arbeit, ziemt es sich, aus dem reichen Inhalte derselben das Bedeutsamste, was ©. D. Teutsch in Kirche und Schule geleistet, in dem Knappen Rahmen eines Festartikels hervorzuheben, den zu schreiben und zu unterzeichnen über Auf­­forderung der Löblichen Redaktion ich gerne übernommen habe. Nur auf dem Hintergrunde der Zeit Hebt si die Mannesthat ded ein­­­zelnen deutlich ab. &. D. Teutich trat, wo nut 25 Jahre alt, in das „Lektorenleben“ ein, das in Schäßburg nicht anders tie in den übrigen Gaddhijenstädten war und das, wie es der selbstbefreiende Humor im Liede zeichnete, dem Brofefsor die Schüffel mit gar magerer Kost bot: „Schwach bedeckt mit Schwarzbrotschnitten, In der Mitten Liegt das Ei, Und des Wassers volle Kanne steht dabei.“ Unser Volt lebte in den vierziger Jahren noch in den engen Stuhls­­­und Kapitellgrenzen, die jeden an die Scholle fesselten, eingeschnürt und ein­­­gerostet; fernab vom Weltverkehr, gar genügsam mit allem, auch mit sich selbst. Der Strahl höheren Strebens hatte den Scheitel gar weniger gesaßt, diese zugleich damit aus der selbstzufriedenen Behaglichkeit scheuchend.­­­ D. Teutich gehörte zu diesen wenigen. Der Reformdrang, der damals die Besten unseres Volkes: Stefan Ludwig Roth, Zofet Andreas Himmermann, Karl Goos und andere mehr beseelte, führte auch ihn in ihre Reihen. Uns Später geborenen erscheinen die vierziger Jahre bdieses Säfulums, in welchen der siebenbürgische Landeskundeverein, die Rechtsakademie, der Landwirtschaftsverein, der Jugendbund, Gewerbe, Sparkassen­ und andere Vereine entstanden, im poetisch verklärten Schimmer dieser Reformbestrebungen. Wir sehen diese Zeit nur in dem Flammenscheine der edlen Begeisterung der damaligen Reform­­­freunde; aber die dumale Umgebung, auf welche das Licht dieses heiligen Reformfeuers fiel und aus deren nächligem Schafe er geboren wurde, ist den meisten unter uns unbekannt. Ein Beitgenosse schreibt in herbem G Seelen­­­schmerze: „Um das Jahr 1848 an unsere Thüren pochte und wir Rechenschaft ablegen sollten von dem Zustande unseres Bolfes und wir dessen oft in Brosa und DVersen gepriesene „deutsche” Tüchtigkeit bewähren sollten in Not und Kampf, — wie stand er damals mit ihm und uns, wie gerüstet fand und damals die Zeit, die ernste? Hatte auch nur eine Ahnung des Ringens, das aus ihn Hervorging, in unseren Seelen Plab gefunden. Tebte in der Masse unseres Volkes auch nur der Leife Gedanke daran, daß es außerhalb der Grenzen seiner Stuhls- und Landesumzäunung noch Staaten und Völker gebe, mit deren Schicsal das feinige in Wechselwirkung stehe, daß in der Neuzeit der elektrische Funke irgend einer Durchgearbeiteten Idee den ganzen großen Ring der Völkerkette in Augenbliden zu durchfahren und zu erschüttern ver­­­mag? ... . Zeit und Erfahrung nötigten dem Sachsen das Prinzip des Still­­­standes auf, das, wenn es auch nicht ausschließlich sein Prinzip war, doch gerade in dem frischgrünenden Lebenskranze magyarischer Entwiclung sich fast ausnahm wie die heilige Inquisition in den Gärten Hesperiens oder die egoi­­­stische Spinne im Pußzimmer der jugendlichen Aristokratin. Ya, wir waren diese Spinne und spannen uns ein, fingen uns sogar wohl zu fühlen an in einem Neb von Tabularinstruktion, Verbezy, Negulativpunkten und U­niver­­­sitäte- und Gubernialverordnungen in der gemütlich dunkeln Ede und freuten und, wenn sich thörichte Fliegen und Schmetterlinge in unserer Kunst ver­­­fingen, wenn im dreißigsten Jahre alles so recht geistesalt, jugendbelächelnd, verstandeschürr wurde und der Schlaf des Großvaters nachgeschlafen wurde vom Vater und fortgeschlafen wurde vom Sohn und nicht ausgeschlafen war noch vom Enkel.“ Daß unser Volt in Handel, Gewerbe und Landwirtschaft, Schule und Kirche, Gemeinde und Staat anders gerüstet werden müsse, davon war G. D. Teutsch mit seinen Gesinnungsgenossen bis ins Innerste der Seele durch­­­derungen. Um es besser rüsten zu helfen, ging er mit dem strengen Ernfte seiner Lebensauffassung zunächst an seine eigene Ausrüstung und an die Er­­­füllung seiner Berufspflichten in seinem Sculante. Aus dem särglichen Ein­­­formen, das er als dritter Lektor im­­­ Jahresgehalte von 56 fl., später als erster Lektor von 101 und als Konreftor von 200 fl. bezog, begründete er fi eine Privatbibliothek, in der z. B. die Anschaffung des Damals in Sieben­­­bürgen seltenen Werkes „Schlossers Geschichte des 18. Jahrhunderts” allein einen Vierteljahresgehalt auf einmal verschlang. Mit anderen tüchtigen Amts­­­genossen — Die ersten waren seine eigenen Lehrer, die­ Späteren seine einstigen Schüler — in edlem Wetteifer verbunden, hob er das Schäßburger Gym­­­nasium während seiner 21jährigen Lehrthätigkeit zu einer Höhe, die er früher und später nicht erreicht hat. Unter den Lehrern der Schäßburger Schule war — wie e8 in einer „Lebensskizze von Freundeshand“ unwahrheitsgetreu heißt — „auch nicht ein Mietling, unter denen des eigentlichen Gymnasiums auch nicht ein Lüdenbüßer; unter den Schülern reyster Wetteifer in geistiger Arbeit bei fröplichem Jugendmute; auch die Trägen wurden mitgerissen, indes was ganz faul war, bald abfallen mußte.“ Diese fruchtbare Schularbeit, durch die Wirren der Jahre 1848/9, welche ihn mit Karl Gooß als Abgeordneten auf den Klausenburger Landtag führten, und nachher 1850 durch die Mission, die im Interesse der Erlangung der Zehntentschädigung der evangelischen Geistlichkeit ihn an der Seite des Superintendenten Georg Paul Binder ein Vierteljahr lang in Wien festhielt, nur unterbrochen, wurde nachhaltiger fortgefegt, als er, am 29. September 1850 zum Rektor des Schäßburger Gymnasiums erwählt, diese Anstalt 13 Jahre lang leitete. Zunächst galt er, den „Organisationsentwurf für Die österreichischen Gymnasien“, dessen Annahme für die fächsichen Gymnasien in den unter dem Borsige des Ministerialkommissärs Ritter von Heufler und unter der Teil­­nahme Teutich’s zu Hermannstadt gepflogenen Beratungen beschlossen worden war, durchzuführen, den Lehrplan einzurichten, den P­ersonalstand der Lehrer zu vermehren, die Mittel für deren Besoldung, welche die Nationsuniversität durch ihre großartige, der Initiative und Umsicht Fosef Andreas Zimmermanns zu verdanfende Widmung damals so reichlich gewährte, daß der Gehalt des dritten Lektor von 56 auf 300 fl., des Mektors auf 600 fl. stieg, zu beschaffen, für die Bibliothek und Lehrmittelsammlungen Sorge zu tragen. Nach des Tages hatten Mühen, nach anstrengender Schularbeit, welche Lehrer und Schüler in strammer Zucht hielt und durch das eigene Beispiel ernster Plichterfüllung zur äußersten Anspannung der Kräfte aneiferte, leuchtete noch in später Nacht», oft auch in frühester Morgenstunde, aus dem Studierstübchen des schindelge­­­dechten Stammhauses in der Baiergasse der Schimmer der Talgferze, später der Dellampe, bei deren matten Schein der nimmermüde, eisenfeste Schäßburger Nektar an den im Jahre 1858 abgeschlossenen Heften der „Geschichte der Siebenbürger Sachsen” schrieb, die Teutich in Hinreißendem Katheder-Vortrage seinen Schülern, in volkstümlicher Schriftdarstellung feinem Bolfe zu eigen ge­­­macht hat. Die Kirche, in deren unmittelbaren Dienst a. D. Teutsch seit seiner Er­­­wählung zum evang. Pfarrer in Agnetheln im Jahre 1863 getreten, Hatte bereits früher in ihm einen ausgezeichneten Vorkämpfer und Mitarbeiter gefunden. Als Publizist und Historiker hatte er durch die Veröffentlichung seines „Zehnt­­­rechts der evangelischen Kirche A. B. in Siebenbürgen“ (1858), des „Urkunden­­buch­s der evangelischen Landeskirche A. B. in Siebenbürgen" (1862), der­­­ Abhandlungen „Zur Geschichte der Pfarrerwahlen in der evangelischen Landes­­­kirche” (1862), „die Rechtslage der evangelischen Kirche A. B. in Sieben­­­bürgen“ sich große Verdienste um die Kirche erworben und als Mitglied des Landeskonsistoriums, dem er seit 1861 angehört, und noch früher hervorragend den Anteil an der neuen Kirchenverfassung, welche durch die am 27. Februar 1855 erlassene „provisorische Vorschrift für die Vertretung und Verwaltung der evangelischen Landeskirche A. B. in Siebenbürgen” angebahnt und durch die am 4. Dezember 1860 herausgegebenen und von der ersten Landeskirchen­­­versammlung im Jahre 1861 angenommenen „Provisorischen Bestimmungen für die Vertretung und Verwaltung der evangelischen Landeskirche A. B. in Siebenbürgen”, — abermals das verdienstvolle Werk des damaligen Ministerial­­­rates 3. U. Zimmermann — begründet wurde. Die neue Kirchenverfassung feßte an die Stelle der brüchig gewordenen Ordnungen: der Lokal- und Domestikak­onsistorien, sorwie des Oberkonsistoriums, in welchen außer den Kirchenhäuptern als weltliche Mitglieder die Amtsleute der Dörfer, Märkte und Städte, die evangelischen G Sfuhls- und Distrikts­­­beamten, die von der Regierung ernannten evangelischen Räte und Gefretäre der Landesstellen und die mit ihnen im gleichem ange­­stehenden Oberbeamten der städtischen Stühle und Distrikte, ferner die Mitglieder der Nationsuniver­­­sität saßen und willkürlichen Eingriffen der Regierung in das Innerleben der Kirche öfter freien Lauf ließen, und an Stelle der in ek­lusivem Kantonsigeist verm­öd­erten Kapitel die freien Pfarrgemeinden mit Gemeindevertretung und Presbyterium, die zehn Kirchenbezirke mit Bezirksversammlung und Bezirkde fonsistorium und als oberstes Organ der einheitlichen Gesamtkirche für Kirchen­­­regiment und Gesehgebung die Landeskircchenversammlung und das Landes­­­konsistorium.­­­ Ohne die neue Verfassung wäre die Kirche duch die politischen Er­­­lütterungen der 1860 und 1870er Jahre und durch die staatlichen Schulgefege der S0er Jahre unfehlbar zermalmt und aufgerieben worden. Mit Recht hebt der „Rechenschaftsbericht über die Am­tswirksamkeit des zweiten Landezkon­­­sistoriums (Periode 1865 bis 1870)“ hervor: „Während die Wandlungen der fünfziger Jahre einen Organismus vorfanden, der, von der Spihe an zuweit gespalten, die Wurzeln der einen Hälfte nicht in der Gemeinde selbst besaß, während daher jene Wandlungen den ganzen Organismus fast bis zur Ber­­brödelung und gänzlichen Auflösung des gesamten Kirchenregimentes erschütterten — begegneten die neuen großen Umgestaltungen einem eigenlebigen, einheit­­­lichen, von unten herauf aus der Gemeinde emporgewachsenen Bau, der die festen Pfeiler seines Bestandes in sich selbst und in der freudigen Mitwirkung aller seiner Bewohner trug.“ Und dennoch hat, um unser Kirchenschifflein in den sichern Hafen der neuen V­erfassung zu bergen, e3 gewaltiger Kämpfe in unserer Mitte gegen Feuilleton. Einquartierung. Humoresse von Elisabeth Hofmann. In einem behaglich erwärmten und vornehm ausgestatteten Salon saß eine Meine Gesellschaft um den Theetisch. Man feierte im Haus des Hauptmanns Stübe den ersten Geburtstag des Stammhalters, und zu diesem Hochwichtigen Ereignis waren die Eltern und der sechsjährige Bruder der jungen Frau herbei­­­geeilt, die Paten hatten sich eingefunden, einige Offiziere und junge Freundinnen; so war ein intimer reis beisammen, dem nur die Hauptperson entzogen war, der Heine Eberhard. Er ließ vorläufig noch andere­­­i in die Freuden seines Geburtstages teilen, während er selbst, von zärtlichem Mutterfuß eingeluft, in seiner Wiege lag, ahmungslos, auf welchem der Planeten er das Licht der Welt erblich hatte. Sein sechsjähriger Onkel Ernst stand dabei — ein Kind bei dem anderen. Die junge Mu­tter,kaum zwanzig Somm­er zählend,«beugte sich noch einmal über das schlumm­ernde Kind,winkte dann die Wärterin herbei und hob die Schleppe ihres dunkeln Seidenkleides au,damit ihr Rauschen nicht etwa den kleinen Schläfer störe.­—Ein glückliches­ Lächeln lag auf dem­ reizenden Gesicht,als sie den Salon wieder betrat. »Gretel,du sollst heute Scheherezadefeint«rief ihr Mann ihr entgegen­, den Arm um die schlanke Gestalt seiner Frau legend,,,ich sprach von m­einer damaligen Einquartierung,und nun möchte man aber mehr w­issen!Das kann aber keins besser erzählen als du!« ,,Lasset doch die alte Geschichte!«meinte die Mama,etwas verlegen abwinkend. ,,Ahat«lachte der alte Herr auf dem­ Sofa,,,Mütterchen,du denkst i wohl an die Bodenthür?" Der Hauptmann­ drückte die Hand seiner Schwiegerm­u­tter­——es giebt noch solche gute Ausnahmeverhältnisses—und sagte:,,Gretel und ich waren dir doch sehr«dan­kbar damals;—nicht wahr,mein Schatz?« Die junge Frau feste sich Lachend neben ihren Mann und begann auf das stürmische Verlangen der Anwesenden zu erzählen, nachdem zuvor die Theegräser frisch gefüllt waren und die Herren sich mit der Erlaubnis der Damen L Zigarretten angezündet hatten : „Mit siebzehn Jahren kam ich aus Lausanne, wo ich die übliche Pensions­­­zeit verlebt hatte, zureid und folgte der Einladung meiner Freundin Minna Stübe, noch einige Tage bei ihr in Erfurt zu bleiben, ehe ich in meine Heimat reiste. Die Trennung von Minna fiel­ mir ohnehin schwer und so blieb ich bei ihr. Der Besuch aber sollte mir sehr verhängnisvoll werden. Meine Freundin hatte einen Bruder, dieser war Lieutenant, P­ersonalbeschreibung kann ich mir ersparen“, sagte sie, nediich zu ihrem Mann aufsehend, „oder soll ich ?" „Sa, bitte!” meinte der Hauptmann, „möchte ganz gerne willen, tvas dir eigentlich an mir gefallen hat!“ „Nein, so sehr haffe ich mir doch nicht in die Karten guhen! Wir können uns die ganze Schilderung des Sichjehen und Sichverlieben ersparen, — Lotte, mac­­hein solch bedauerndes Gesicht, da kannst du im jeder Liebes­­­geschichte liefen! Also, ich war selig, denn so jung ich noch war, ich liebte meinen Hans über alles. Während die unschuldige Minna am Flügel saß und mehr aufrichtig als vollendet sang: „Du, meine Seele, du mein Herz“ — stand hinter der Fenstergardine ein Liebespärchen und was die Schwester sang, das jagte er seinem Schach ins Ohr! — Aber nun die Eltern! Mit großem Schied kam mir beim Abschiednehmen der Gedanke, was werden sie dazu sagen? Ich wußte, daß Manta nie sehr eingenommen war für die Lieutenants, sie traute ihnen nicht über den Weg — entschuldigen Sie, meine Herren! — Und nun Hatte ich mich bei meiner Jugend bereit3 mit einem solchen Lieutenant heimlich verlobt! Aber ihn aufgeben, nie, ich sah mich schon als verstoßene Tochter, als mit meinem Geliebten fliehende ! Vorläufig beschlossen wir, seinen Sterblichen et­was zu verraten! Hans Hatte eine Ahnung davon, daß er auf einer Gerterafstalsreise meine Heimat berühren wirde, ich konnte ja auch Minna öfter besuchen, zudem gab es eine wohlorganisierte Bost! — Und num in meine Heimat! Ein sehlichtes Dorf, dort, wo die dunkeln Berge sind, die alten Tannen rauschen, der Waldbach dazu murmelt, der­­­ Postilon sein Sieden bläst! — CS find no Uxzustände in unserem Dörfchen, Feine Spur von gepflasterten Wegen, regnet es, so sind sie grundlos. Almorgendlich um die achte Stunde bläst der Hirte, alsbald öffnen sich die Ställe, und die Vierfüßler trotten heraus und schreiten gewichtig dem Sammelpunkt zu. Das ist der Pla vor der Kirche. Dort tragen sich alle wichtigen Ereignisse zu: ist Kirchenweih, so promenieren dort die gepußten Burschen und Mädchen; kommen einmal Seiltänzer durch den Ort, so lassen sie dort ihre Künste sehen; ist Markt, eine et­was zu Hoch gegriffene Benennung, so versammeln sich dort einige Weiber mit Töpferwaren oder Gemüse, das viel von seiner Jugendfrü­he eingebüßt hat. Nicht weit von der Kirche steht der Röhrenbrunnen mit seinem breiten, runden Boden. Sein wider Wasserstrahl füllt die „Butten“, die die Mägde darunterstellen. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist das Kriegerdenkmal für 1870. Als es enthält wurde, hielt ein biederer Mann eine Rede und sprac­h mit erhobener Stimme, die Begriffe verwechselnd von der Heute stattfindenden „Einweihung“ dieses Denkmals. Nun muß ich erzählen, daß sogar in unser ärmliches Bergnest der Kastengeist gedrungen ist. Auf der obersten Gesellschafts­­­stufe fißen einträchtiglich und friedlich nebeneinander der Befiser der großen Porzellanfabrik des Dorfes und der dort stationierte Oberförster. Auf der zweiten Stufe figen Pfarrer, Postherren und Lehrer, auf der dritten Biers­­brauer, Glasbläser, dann stuft fichs ab, es folgt die gemeine Menge und ganz unten fißen“. Gretel beugte sich herab und machte die entsprechende Hand­­­bewegung, während sie lachte, „der Kuhhirt und der Ziegenhirt! So denken sich3 die auf der ersten Stufe Sitenden und meinen, von der eigenen Würde durchdrungen: Wir sind die Gebildeten, die Ersten, die haute wolde! Gie­­r halten sich streng für si, Gattinnen und Kinder verkehren ausschließlich untereinander, Höchstteng giebt­ einmal im Jahr ein Kaffee, zu dem dann als Gnadenbeweis die Frau Pfarrer und die Frau Lehrer herangezogen werden. Die Gattin des Oberförsters ist aber auch eine geborene „von“ und läßt si infolge dessen „gnädige Frau“ nennen, und die Fahrikgbesiger Hölzlein künnen sich eigentlich nach alten Rechten Hölzlein von Holzhausen nennen! Aber sie ließen es, der Name war ihnen zu Hölzern. — Nun aber existiert noch einer im Dorf,” hier warf die Erzählerin einen zärtlichen Ei voll Schelmerei auf den alten Heren in der Sophaede, „der si zum größten Entgegen des Herrn BERN E aD EBREnL

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