Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1892. September (Jahrgang 19, nr. 5692-5717)

1892-09-01 / nr. 5692

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Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer,­ Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danne­­­berg, Budapest A. W. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­­n Liebmann. Insertionspreis: Der Naum einer einspaltigen Garnionbreile foftet beim einmaligen Einraden 7 fr., das z­weites­­­mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­­clusive der Stempelgebühr von je 30 Br. Nr. 5692, XIX. Jahrgang Hermannstadt, Donnerstag 1. September 1892, ‚Bräm­merallone-Einladung auf das Siebenbürgisch - Deutsche Tageblatt. Mit 1. September 1892 beginnt ein neues Abonnement auf das „Siebenbürgisch:Deutsche Tageblatt“. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährig 2 fl. 50 kr. vu 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne we­­nig Haus, mit Busteilung 1 fl. 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UBSU­ESRERENIEREEEREEE DENE­­N Auen u. : „Ich meinerseits werde wie bisher, so auch Hinfort, zur gerechten Lösung dieser Frage mitwirken, und ich fan sagen, daß ich die beste Hoffnung zu einer befriedigenden Lösung habe; und nicht nur ich selbst, sondern auch die gesamte Regierung ist davon überzeugt, daß man in dieser Hinsicht bi an die äußerste Grenze der Gerechtigkeit und Billigkeit gehen künne.“ (Begeisterte Bestimmung.) „K­olozsvar” erklärt, daß nach dieser wiederholten, entschiedenen Neuerung des Aderbauminister3 die befriedigende Lösung der Bedentschädigung in naher Aussicht stehe. Ein neuer Angriff auf die deutsche S­prache in den Mittelschulen. Das für 1891/92 herausgegebene Programm des evang. Gymnasiums A. B. zu Kronstadt enthält u. a. eine Abhandlung des Direktors Lud­wig Korodi: „Die Einheitsschulfrage in Berlin und Budapest“, in welcher der Berfaffer gegen die geplante Einheitsschule und für die Beibehaltung des humanistischen Gymnasiums sich ausspricht. Diese Abhandlung macht im „Egyetertes” (Nr. 237 vom 28. d. Mts.) Franz Kemeny zum Gegenstand einer abfälligen Kritik, die nach Darlegung der sachlichen Grande more solito in eine politische Sprge ausläuft und in das Fahrwasser der ungarischen Na­­­tionalitätenpolitik einlenkt. Wir glauben deshalb, die Anschauungen und Wünsche dieses Kritikers unseren Lesern umso weniger­­­ vorenthalten zu dürfen, als sie denselben Geist atmen, der auch in ähnlichen Weußerungen der ungarischen Publizists, selbst der offiziösen, nicht selten zum Ausdruck gelangt. Der Fach­­­mann des „Egyetertes“ schließt aus Korodis Auflag, daß die Einheitsmittels­­­schule den Sachsen nicht nach dem Geschmach sei. „Deshalb nicht — schreibt er unwörtlich — weil sie jenes geistige Band und den Zusammenhang noch mehr focern würde, nach welchem sie von feite Großdeutschlands so sehr Ichmachten, und weil sie eine neue Gefahr wittern, die in ihre Nationalitätsbestrebungen Bresche Iegen könnte. E83 ist überflüssig, zu sagen, daß diese Besorgnisse uns der Reform nicht entfremden können, daß sie vielmehr erwarten hassen, es werde vielleicht auf diesem Wege gelingen, die Angelegenheit der magyarischen Sprache in Ungarns Mittelschulen endgültig zu ordnen und den gravaminösen 8 7 des Mittelschulgefeges vom Jahre 1883 *) auszumerzen. Jawohl, gerade *) Der bezogene $ 7 des 30. ©.­. von 1883 lautet: weil ich wegen meines Hinsichtlich der Internationalität einbefannten duldsamen Standpunktes wiederholt Angriffen ausgejeßt war und ich auch in meiner Wirksamkeit mehrmals den Beweis dafür geliefert habe, daß ich nicht zur Garde der sogenannten wilden Chauvinisten gehöre, wage ich offen auszusprechen, daß nach Recht und Ueberzeugung in den Mittelschulen Un­­­garns nur magyarisch die Unterrichtssprache seinsam­, gerade so wie in Deutschland (und im Elsaß!) die deutsche, in China die chinesische Sprache. An dieser ebenso primitiven, all na­­­türlichen Wahrheit können uns die Weherufe der Zettungen, der Tageblätter und Tribuna am allerwenigsten irre machen. „Ich schließe meine erinnernden Zeilen in der sichern und patriotischen Hoffnung und mit dem Wunsch, es möge die Regierung so bald als möglich Mittel und Wege dazu finden, daß die Nationalitäten der Sprache des Vater­­­landes und der Verfassung sowohl im Unterricht, als auch in ihren Schul­­­programmen den ihr mit Necht gebührenden Pla einräumen und seinerzeit die einheitliche Mittelschule, deren Mittelpunkt die Magyarische Sprache und Literatur bildet, in vollem Maße annehmen und verwirklichen.“ Wenn der Schulmann des „Egyetertes’ die Magyarisierung der deutschen Mittelschulen als eine Forderung des „Rechtes“ darstellt, so Fan man eine solche Behauptung angesichts der Bestimmungen des Nationalitätengejeges vom Jahre 1868, welche den nichtmagyarischen Nationalitäten das altgeießlische Recht zur Errichtung und Erhaltung eigener Schulen bis dahin, wo der höhere Unterricht beginnt, neuerdings gewährleistet, in der That kaum begreifen. Man versteht aber derartige Forderungen des Chauvinismus im Hinblick auf die magyarischerseits Ieithin allgemein zugegebene Thatsache, daß die, den nicht magyarischen Nationalitäten günstigen Bestimmungen des 43. Geseßartikel 3 von 1868 nicht eingehalten worden sind. Was für böse Folgen solche Mitachtung des Gesees zeitigt, davon fan man gerade jet die traurigsten Belege finden und wahrlich sein Freund der Festigung unseres Staates ist es, der der P­e­­­gierung den schlimmen Rat giebt, die Bahn der Geiegesmißachtung und des Rechtsbruches zu betreten. Der Zeitpunkt zu solchen chauvinistischen Ergriffen ist überaus schlecht gewählt. 3 ist politische Tagesmode geworden, als Eaffische Zeugen für den Freisinn der ungarischen Institutionen und die Brüderlichkeit des herrschenden Stammes die „vollkommen befriedigten” Sachsen den minder befriedigten und unruhigen Nationalitäten hinzustellen und mit diesem Beispiel die Widerhaarigen anzufedern. Merkt man denn nicht, wie sehr man sich selbst Ligen straft, wenn man in demselben Augenblick, wo man mit der einen Hand die Sadhsten streichelt, ihnen mit der anderen Hand Faustschläge ins Gesicht giebt? Soll ein solches Beispiel etwa Nachfolge finden ? Indessen auch abgesehen von der politischen Raison und den Geboten der Schielichkeit: auch die Lammesgeduld der „vollkommen befriedigten” Sachsen könnte reißen, wenn ihnen unablässig mit der Konfisfation des Restes ihrer bescheidenen Rechte und Bedingungen zur Selbsterhaltung gedroht wird. Zur Zehentablösungs-Entschädigung. Am 28. August wurde die 10. Zuchtvieh-Ausstellung in Klausenburg unter persönlicher Teilnahme des F. u. Aderbauministers Grafen­ Andreas Bethlen eröffnet. Der Minister hielt hiebei eine längere, über die verschiedenen Zweige seines Faches sich verbreitende Rede, in welcher er sich unter anderem über die Frage der Naturalzehentablösung folgendermaßen („KRolozsvar” Nr. 196 vom 29. August) aussprach : „Meine geehrten Herren! Ich bin Ihrem Redner eine Antwort in Sachen der Redententschädigung schuldig geblieben. Diese Frage ist wichtig einesteils, weil sie die Honorierung ihrer berechtigten Ansprüche bezweckt, andernteils, weil ihre Lösung es möglich macht, daß der siebenbürgische Landwirt — indem er über mobiles Kapital verfügt — seine Wirtschaft ent­­­wickeln kann. Die russische „Boribungsreise” im Bamirgebiet. Sladstone ist duch seine rufsischen „Freunde“ gleich bei Antritt der Minister­­­haft vor eine unangenehme Verwiclung gestelt worden. Die Nachrichten aus Indien über das Vordringen der Russen in afghanischen Gebieten haben in der englischen Breite umso größere Bestürzung hervorgerufen, al noch vor nicht allzu langer Zeit die Ruffen wegen ihres Auftretens im Pamirgebiet (als sie englische Reisende ausgewiesen hatten) moralisch vor der englischen Diplomatie den Rückzug antraten, und als man befürchtet, daß regt nach dem Rücktritt Salisburys fie Rußland im Vertrauen auf Gladstones Schwäche s­­chwieriger erweisen werde. Es handelt sich aber bei der jenigen Frage, wenn anders die bisherigen Berichte der Wahrheit entsprechen, um nichts geringeres, als um die Stellung Englands zu Afghanistan. Der Emir dieses Landes hat als Schüßling England-Indiens sich um Beistand an den Vizekönig von Idien gewendet, und wenn ihm dieser Beistand verjagt wird, so ist bei der schon lange schwankenden Haltung Afghanistans zu gewärtigen, daß sich dieses Land von England ab» und dem mächtigen Gebieter Zentralasiens, dem russischen Zaren, zumendet. Die Länder Badafihan, Roshan, Schugnan und Wakhen bilden den nordöstlichen Teil des Emirats Afghanistan, dessen Zusammenhang mit der großen Westhälfte des Landes allerdings oft nur ein Lofer gewesen ist. Jene Gebiete liegen zwischen xussish Zentralasien und dem Hindukufch. Wakhan besonders grenzt im Osten an das Pramirplateau. Südlich des Septeren wie dem Hindukurch liegen Gebiete, die unter englischer Oberhoheit stehen, wie dem­ in den Städten Gilgit und Tihitral bereits englische Garnisonen liegen. Die Ruffen sind nun unter dem Titel „Wissenschaftliche Expedition“, aber t­atsächlich mit mehreren tausend Soldaten, vom Pamir aus in dieses Walhan eingedrungen, t wo afghanisches Militär steht. Mit dem Iepteren hat der russische Oberst Yanoriw einen Zusammenstoß gehabt, dessen Gründe nicht völlig Kar liegen. Hauptsache ist aber, daß Yanom selbst zugliebt, 1000 Mann starf zur sein, und daß er sich auf fremden Gebiet mit dieser Macht befindet. Nach der neuesten Meldung sind die Ausfen bis Langar am Ogus, umweit der Haupt­­festung Walhans, Kapandiu, vorgedrungen; die Afghanen scheinen sich zuriüche gezogen zu haben und den Erfolg ihres Hilferufes an den Bizekönig von Indien abzuwarten. Da der Emir in anderen Teilen seines Landes gegen Aufstände zu kämpfen hat, so ist natürlich an einen ernsthaften Widerstand seinerseits gegen die Rusfen nicht zu denken. England hat für seinen Schüßling einzus­­treten oder den Terhteren aufzugeben und dem russischen Einfluß zu überlassen. Der neue Minister der Auswärtigen in London, Lord Rosebery, hat denn auch am 25. d. M. mit dem russischen Geschäftsträger in London die Sache besprochen, was aber, wie vorauszusehen war, noch zu seinem Ergebnis geführt hat. Man wird nähere Berichte abwarten wollen. Allein für den Einbruch in Nordindien und Afghanistan kommt sofortiges Handeln in Betracht, und wenn der Vizekönig nicht alsbald militärische vorbereitende Schritte an der Grenze that, so werden die Afghanen alsbald annehmen, daß England ihnen den vertragsmäßigen Schuß nicht gewähren will. Nisten si die Ruffen in Wakhan ein, so trennt nur noch der Gebirgskamm des Hindurush Ruffish-Zentralasien von Englisch-ndien, und der Einfluß Englands in Afghanistan darf alsdann als verloren betrachtet werden. Die liberale Breite dringt daher in das Kabinet Gladstone, daß er das Ansehen Englands mit alles Fertigkeit wahre. Wie dies geschehen wird, muß sich bald zeigen. „Die Religionsgenossenschaften bestimmen die Unterrichts­­­spracche an den von ihnen erhaltenen Öffentlichen Mittelschulen selber, und inwiefern­ die Unterrichtssprache nicht die magyarische ist, sind sie ver­­­pflichtet, außer der Unterrichtssprache und deren Litteratur auch für den Unterricht der magyarischen Sprache und deren Litteraturgeschichte als obligaten Lehrgegenstand Sorge zu fragen und zwar in einer solchen Stundenzahl, als zur entsprechenden Aneignung derselben nötig sind. Der Kontrolle wegen sind sie verpflichtet, den auf die magyarische Sprache und deren Litteraturgeschichte bezüglichen Lehrplan und die Stundeneinteilung dem Minister für Kultus und Unterricht im vorhinein vorzulegen. „In Mittelschulen mit nichtmagyarischer Unterrichtssprache wird in der 7. und 8. Klasse Die magyarische Sprache und deren Litteraturgeschichte in magyarischer Sprache gelehrt und ist aus diesen Lehrgegenständen die Maturitätsprüfung in magyarischer Sprache abzulegen . . .“ Benifleton. Auf den Inseln. (Aus dem Brief einer Siebenbürger Südhifin.) (2. Fortlegung.) Ben Chalfi oder Halfi, wie man allgemein sagt, der zweitgrößten niel, wollte ich Ihnen ja sprechen, al mir die Erinnerung an die alberne Geschichte gestern den bösen Streich spielte, mich selbst zu verlieren im seichten Geplauder. Alle guten, twie nit minder auch alle dummen Gedanken müssen glücklicher­­­weise bald wieder dem unabweiglichen Eindruck, dem starren Zauber des Tier- „lten Naturbildes weichen, welches sie juft von der nordwestlichen Seite der ‚Inseln dem entzücten Auge darbietet. Ja, wem es gegeben wäre, das sonnige Traumleben ihrer Schönheit wie unbewußten Nature­­n hellseherisch zu erraten — und die Lösung dieses Naturrätsels auf den Leser zu übertragen, der neidenswerte Glückkiche vermöchte eben mit der Weber zu malen, wie mancher begabte Maler mit dem Pinsel auch dichtet. Von überwältigender Schönheit stellt sich mir dies Landschaftsbild be­­­sonders am Abend dar, und das will ich nun, wohl fühlend meine Schwäche zwar — Ihnen und mir selbst hiemit dennoch festzuhalten versuchen. — Der schmale Wasserstreifen, der die Inseln trennt, erglühte und erzitterte ‚förmlich, unter den purpurnen Reflegen der untergehenden Sonne, und selbst die feinsten Wölkchen am Firmament waren angehaucht von diesem feurigen Schein. Rosiges Halbdunkel ruhte auf den bläulichen Wogen und wenn dann ein Kahn diese im tiefsten Frieden dahinträumenden Fluten durchschnitt, Klang „das leichte Verrauschen der aufgewühlten Wellen wie leise Mufii an das ans ‚dächtig, lauschende Ohr, — gestehen Sie selbst, geehrter Freund, e3 Tiegt etwas Unausgesprochenes — Boelievolles in die­ser fremdartigen Luft- und Wasser­­­welt, — Welche zaubervollen Effekte schuf aber die s­­cheidende Tageskönigin erst in die Einsattelung der beiden Bergkegel — darinnen anmutig die Häuser von Halfi aufgebaut sind, — während der Wald feierlich still die Sonnen­­strahlen aufsaugt. Vom tiefsten Rot bis zum Hellsten Rosa tauchte sie diese Häuser in die wärmsten, reizendsten Sarbentöne, ließ Abschied nehmend ihre Strahlen auf den zahllosen Fensterscheiben ruhen, daß diese meteorartig auf­­­birgten, und selbst die alten, hohen Cypressen seufzend und verschämt erglühten unter dem rechten, heißen Gutenachfluß, um ersättlich auch noch den schönen Wald flüchtig streifte. Aber damit ist dieses einzig schöne Rundbild noch Lange nicht erschöpft, denn über die Berge Halkis Hin­weg, deren Seiten die riesigen, sonst völlig nüchternen Schul- und Seminar-Gebäude Frönen, melde nun auch von den Sonnenstrahlen beschienen in leichster Plastik dastehen, über das alles hinweg wogt und ebbt in demselben Goldton das Meer, und in nächster Nähe liegt Antigone, die drittgrößte Jusel im Range, die erste aber was gemütliches, echtes Landleben anbetrifft, und two jeder, im Gegenja von Prinkipo, leben und sich leiden kann, wie er eben will. Bon Antigone erweitert si­­cher Blid wieder, und umfaßt nun die offene, geheimnisvoll dunkelnde See, während im Hintergrunde auch die alte Chalifenstadt, zur Nachtruhe sich rüftend, den sonnig dunstigen Schleier über si geworfen hat, den kaum die Heißen Mittagssonnenstrahlen wieder heben und Lüften können. Die beiden Hellglänzenden Leuchttürme von Stambul und Phanarasi aber, welche sich Schräge gegenüberstehen, wachend über Land und Meer und Schiffe, senden fest eben ihre grellen Lichtblige in langen Strahlenbüscheln über die nachtschwarzen Gewässer, die trog dem ruhelos auf und nieder mogend, das mächtig ergreifende Nundbild harmonisch begrenzen. — Ermüdet e8 Sie, verehrter Freund, nicht, so folgen Sie mir nun wo zu einem nächtlichen Ritt und fürchten Sie nichts, denn es geht nicht auf dem Besenstiel zur Behausung dunkler Mächte, sondern im Gegenteil, auf dem geduldigen Langohr zu Heiliger Stätte nach St. Georgius auf der steilen Berg­­­folge, dur eine märchenhafte Rallmondnacht, wie sie nur diese paradiesiiche Insel rennt, wo wohligste Wärme durch unsere Adern, durch unser Gemüt rinnt, — wo die balsamisch duftenden Luftwellen wie in einem Glashaus unser Ohr umschmeicheln, — furz, doch eine Nacht, wie ich sie noch niemals erlebt habe, dabei den feierlich ernsten Wald uns knapp zur Seite, so ritten auch wir, wie die Mehrzahl der Insulaner, dem Hohen, vom Mondlicht phan­­­tastisch beleuchteten alten Gemäuer zu. In allen Sprachen, wie das unter diesem kosmopolitischen Wolfe nicht anders möglich ist, hört man Gesänge, oft mit stärkerer Lunge zwar als Stimme — an den Mond‘ richten — dabei aber wieder auch twicklich gut vorgetragene, mehrstimmige Lieder, die sich in solcher Stimmung und Umgebung doppelt erfreulich anhören. Die Straße ist überfält auch mit Wagen, in welchen die Alten meist teilnehmen an diesen seltsamen nächtlichen Ausflügen, die jungen türkischen Damen — welche ebenfalls mitfahren — begleitet von ihren Sklavinnen und Ennuchen natürlich mitinbegriffen in der luftigen Schar. Nach kaum einhalb­­­stündigem Ritt kommt man oben an, und hier ist noch alles wach, der Kaffee­­­wirt und die armen Mönche nügen die Gelegenheit, den Gästen etwas klingende Münze abzunehmen. Der Heimweg steigert dann bei vielen noch die Fröhlichkeit, denn in den Wagen, und selbst in den Satteltaschen der Reittiere, werden einige sorgen­­­brechende Flaschen vorsorglich mit Hinaufgenommen. — Die Damenwelt fühlt sich mit Rudereis, welches, so unglaublich das dem Nordländer auch klingen mag, hier jede Nacht bis 1 Uhr mindestens auf den Straßen, und besonders auf den Spazier­wegen, die wie sehr jeden Abend dicht gefüllt sind, verfauft wird. Für mich war der Ausblick auf die mondbeglänzte herrliche Wasserfläche von ungleich höherem Interesse,als alle Süßigkeiten des Orients. Schöner algisches kam­malt der Dichter dieses Nachtbild,hören se nur: „Prachtvoll ist im Süden die Lenznacht in Meerstädten, two vom felsigen Seeufer Villen und Gärten­­­ himmern, vagend über der Stadt. — Wenn aber nun der sprühende Sonnenhymnus verflungen ist und purpurn die See glänzt, — — Dann liegt in seinen Tiefen die. niedergetaute Silbersternglut der Golf so rein, — und drüben die Bergkuppen erblühn, aufragend in goldigem Manderduft,” — S·

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