Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1893. Juni (Jahrgang 20, nr. 5919-5943)

1893-06-11 / nr. 5928

, Reduktion-EndAdministration Heltauergasse 28. xrsch­eint mit Ausnahme des wurgsonns und Feiertage folgenden g sochentages tågkicij. glbonnement für getmannstadh Hongtslich85kr.,·vierteljährlich 2fl·5()kr.,halb- jahrrgefl.,»ganz Järi910fl. optte Zustellung in’­3 Haus,mit Zusteinglfl.,dfl.,6fl.,12fl. glbonnement mit 7ljostvsersendung: Hür das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 kr., Halbjährig 7 fl., ganz­ jährig 4 fl. ’ F­ür das Ausland: bierteljährig 7 RM. oder 10 Fres., halbjährig 14 RM. oder 20 Su ganzjährig 28 Kar oder v8. Eine einzelne Nummer Toftet 5 ff. d. W. Unfransirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. Siebenbürgisch-Deuffises Nee 5928, XX. Jahrgang Hermannstadt, Sonntag 11 . zum Pränumerationen und Inserate übernehmen außer­dem Hauptbureau, Heltauer­­gasse Nr. 23: in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Zehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein & Vogler), Rudolf Mosse, A. Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Dannen­berg, Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Insertionspreis : Der Raum einer einspaltigen Garmondzeit foftet beim einmaligen Einrücen 7 Tr., das zweite mal je 6 fr., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 kr. 1893. 5 ·gescheitert. Die Spaltung der Unabhängigkeitspartei. Ein Mitarbeiter der „Pestt Naplo” hat den derzeit als Delegations­­mitglied in Wien anweilenden Abgeordneten Gabriel Ugron über die Spaltung in der Unabhängigkeitspartei befragt. Ugron äußerte sich über Dieses Thema in einer Art, die nicht unbedeutend ist: Diese Spaltung ist eine Sonderung der verschiedenen politischen Auf­fassungen, die eintreten mußte, weil verfassungsmäßig dem König und dem Herricherhause treue und anhängliche Männer, die seine Revolution wollen, nur lange gemeinsam zusammen mit solchen Leuten Bolitis treiben konnten, die das Herrscherhaus nicht brauchen, die den österreichischen Kaiser nicht als König oder welche die R­epublik wollen. Die Differenz im Ausgangspunkte, die große Abweichung in der Richtung erklären die Entzweiung, machen den Bibhefpalt zu einem beständigen und führen zur Spaltung. I­n den staat­­rechtlichen Fragen, besonders in den das Herrsscherhaus interessierenden staats­­rechtlichen Fragen ist die prinzipielle Einheit nötiger, als in den kirchen­­politischen Fragen. Vor drei Jahren ging die Spaltung von anderen Fragen aus, aber dieselben Motive betrogen mich und meine Freunde zur Schaffung der Achtundvierzigerpartei gegenüber den neunundvierziger Bestrebungen. Wenn jemand noch zweifelte, so ist jegt mein damalige Vorgehen gerechtfertigt, obzwar damals wir austreten mußten und nicht jene, die im Prinzip von der Partei abgewichen und die jegt ausgetreten sind. Wenn damals die Majorität der Partei meinen Standpunkt gebilligt hätte, wären nicht drei Jahre verloren gegangen und man hätte die ber­­faffungsmäßige Achtundvierziger- und Unabhängigkeitspartei zu einer mächtigen Partei organisieren können. E83 ist merkwürdig: Eötvös, der infolge seiner Vergangenheit ein Unabhängiger gemäßigter Richtung sein müßte, ist dennoch Führer der Ultras,­ch finde hiefür nur folgende Erklärung: Er hält die Unabhängigkeitspolitik für unmöglich und vergeblich, die ohnehin nicht zur praktischen Ausgestaltung gelangen wird; er hält bloß das Prinzip aufrecht und Hinterläßt es als Tradition den Nachkommen; vielleicht werden diese glücklicher sein; ihm ist er also vollständig grei, ob der für undurchführbar gehaltene Standpunkt in unserem Leben mehr oder weniger unmöglich ist. Aus einem Anhänger der Denkpartei wurde er aus politischer Verzweiflung zu einem Unabhängigen; aber deshalb hat sich seine Ansicht über das auf Basis der Personalunion eingerichtete Ungarn nicht geändert; er glaubt auch heute nicht daran. Ich jedoch halte er für duchführbar und fürchte deshalb die Kompromittierung und deshalb till ich den Thron ıind jene, welche An­­wartschaft auf denselben Haben, mit der Versicherung gewinnen, daß Die Unabhängigkeit des ungarischen Staates auch im Interesse des Herrscherhauses und deds Thrones ist und nicht bloß im Interesse unseres Vaterlandes und der Magyaren. Das Edtvös’sche Manifest öffnet der Auer Auffassung in bemüßter Weise das Thor. Auch vor drei Jahren verteidigte er im Klub mir gegenüber die 49er, die sie damals noch verleugneten und jeßt unter dem Patronate Eötvds’ fi offen als solche zu bekennen begonnen haben. 8 ist ja sein Zufall, daß er mit dem 49er Gabriel Karolyi zuerst in Czegled den Kampfplah betrat und dann mit Otto Herman fortiegte. Das Ziel Edtvös ist, eine Kofjuth- Partei zu gründen unter dem Namen, dem Schuße und dem Prinzip des großen Batrioten. Er will den Zauber des Namens Kofjuth ausbeuten, da Kofjuth, Schon jeder alt ist und bald tot sein wird, aber die unter seinem Namen entstandene Partei wird bleiben und sich ohne seine Kontrole wach­den Die Kirchenpolitik war bloß ein Vorwand, er mußte sich für seinen politischen Sturz ein weiches Bett vorbereiten. Dieser politische Gniff war ziemlich gefchtet, jedoch unab­­sehbar schädlich, weil er si zur Bildung einer Kalvinistenpartei entwickelt hat. Ich fürchtete stets, daß es gelingen werde, nach dem Beispiel Deutschlands auch in Ungarn eine katholische Partei zu bilden. Bu meiner großen Stende sind die darauf gerichteten Bestrebungen an der Unbefangenheit der Katholiken Sept habe ich die Besorgnis, daß der radikalen Kalvinisten-Partei gegenüber die Bildung einer altkonservativen Katholiken-Partei provoziert wird. Ansichten und Plänen Eötvös’umgestalten können. Wir wollen seine neue Waffe zur Zerstüdelung der ungarischen Nation; wir haben fon genug an dem Nationalitätenkampfe. . . Die Auffassung Otto Hermans ist nichts neues; Cötrids Fannte sie im voraus; dies hat ihn nicht gehindert, Herman nach Miskolcz zu begleiten und ihn nach dieser Rede den Wählern zu empfehlen; er hat darnach­ die Verant­­wortlichkeit für ihn übernommen. Der Inhalt der Rede war vorauszusehen, da Sosef Madaraf, Ludwig Hentaler, Gabriel Karolyi, lauter Neunund­­vierziger, in seiner Begleitung waren. Es war eine berechnete Demonstration, daß Otto Herman die pragmatische Sanktion gering achtend, die Wpersonal- Union vertweffend und zu einer Eventualität degradierend, anstatt sie als ein felsenfestes Prinzip zu betrachten, in friedlicher, konstitutioneller Zeit, unter der Herrschaft der Gejege so weit und dorthin geht, wohin die Ungarn seit Jahrhunderten bloß am 14. April 1849, im Krieg greiten, notgedrungen, von den Heeren zweier Kaiser bedrängt, geflüchtet sind, was sie aber dann mit der Krönung des Königs toiderlegten und für immer vernichteten. Heute die pragmatische Sanktion verwerfen und ein unabhängiges Ungarn ohne Personal- Union verkünden, heißt: die Revolution selbst als Prinzip annehmen, wenn­gleich dies nicht eingestanden und ausgesprochen wird. Kossuth ist eben des­­halb, weil sein Prinzip der Diynastie gegenüber jet­zur Revolution führen würde, außerhalb des Baterlandes geblieben; er lebt in Turin und will in fremden Landen sein Leben beschließen. Dadurch hat er bei seiner Prinzipientreue den Rat gegeben, in Männern von ähnlichen Grundlagen zu thun geziemt, was für sie der richtige Weg ist. Niemals Hat Kossuth unseren Kompatrioten geraten, daß sie im Vaterlande lebend sein Prinzip befolgen­ sollen. Er hat stets hervorgehoben, der Beruf der heutigen Generation sei das Schaffen, seine Lebensaufgabe Hin­­gegen sei­­ der Protest. Darum war Helfy stets ein Anhänger des Prinzips der Personal-Union und ein Gegner des Prinzips der Inkompatibilität. Und darum glaube ich auch, daß Kossuth weder für die alte, noch für die neue Partei sich brieflich äußern werde. Für die alte Partei äußert er sich nicht, weil er sein P­rinzip, die Inkompatibilität der österreichischen Kaiserkrone und der ungarischen Königskrone, nicht deavouieren will; für die neue Partei will er sich nicht äußern, weil er seinen schlechten Rat geben und bei seiner edlen Gesinnung niemanden zum Teilhaber seines Geschichess machen will. — Beide Unabhängigkeitsparteien werden ihren Neigungen folgen. Die im Klub verbliebenen werden einheitlich, ernst, arbeitsam sein; ihre Auffassung wird eine staatsmännische werden und sie werden sich der patriotischen Negierungs­­fähigkeit nähern. Edtvös und seine Anhänger werden übertrieben, geräuschvoll, uneinig, intolerant sein und ihr N Radikalismus in der Lizitation um Prinzipien wird immer mehr revolutionär werden. Was Otto Herman betrifft, so liefert er im „Eogetertes” einen Kom­­mentar zu seiner Rede, der von leitenden­ Gedanken verselben, nämlich den bezüglich der „Unabhängigkeit“ und der Personal-Union, nach verstärkt. Mit Bezug auf die A­ußerungen Ugrons über den Austritt des Abge­­ordneten Eötvds und seiner Gesinnungsgenossen aus dem Klub der Unabhängig­­keits- und Achtundvierziger-Partei liegen schon zwei Entgegnungen des Abgeordneten Eötvös vor. „Bretti Naplo“ teilt nämlich den Inhalt eines Gespräches mit, welches in betreff des erwähnten Austrittes zwischen einem internen Redaktions­­mitglied des genannten Blattes, dem Abgeordneten Hod, und zwischen Eötvös gepflogen wurde, im „Egyertetes” aber veröffentlicht Eötvös eine selbständige Erklärung. Aus der erwähnten Unterredung heben wir die folgenden Neuerungen des Abgeordneten Eötvös hervor: Der eingetretene Bruch, sagte Eötvös unter anderem, Hatte prinzipielle Motive, allein auch einen persönlichen Hintergrund. Ich sah in der Effek­uierung des kirchenpolitischen Programms jenen Liberalen Standpunkt, welcher nicht bloß von den Traditionen der Unabhängigkeitspartei, sondern auch­ von den Tendenzen einer kräftigen nationalen P­olitik untrennbar ist. Es ist wohl wahr, daß das kirchenpolitische Programm nachträglich auch von dem Klub der Unabhängig­­keitspartei betont wurde; allein damals, als wir auf Grund dieser leitenden Spdee unsere politische Stellungnahme präzisieren und unser Verhältnis zu den Parteien feststellen mußten, wurde das Biel selbst aus den Augen verloren und im Parlamente mehr auf der Basis von Sympathien und Gefühlen, als auf der Basis von Prinzipen Bolitit gemacht. Ich bin ein Mann der festen Entbchlüffe; wenn ich ein Biel ins Auge faßte, so will ich es auch erreichen und ich nehme die Bundesgenossen dort, wo ich sie finde. Ich habe nie die Kooperation der Negierung gesucht, allein wenn unsere Wege in irgend einer Frage zusammentreffen, so gehe ich so lange mit ihr, als die Integrität unserer Prinzipien es gestattet. Die persönlichen Ursachen des Austrittes liegen mehr in Gefühlsdifferenzen. Ich bin ein viel zu aufrichtiger Mensch, als daß ich die Sntriguen lange vertragen konnte. Und es gab in jener Partei vier Männer, mit welchen unsere Natur sich absolut nicht vertragen konnte. Ich will diese nicht nennen, aber für die Spaltung muß ich ausschließlich sie verantwortlich machen. Während sie in den öffentlichen Parteiversammlungen mich stets über­­lizitierten, haben sie im Geheimen immer eine Minierarbeit gegen mich ver­­richtet. Als ich mit meinen politischen Freunden in der leßten Parteiversammlung erschien, war ich entschlossen, das Präsidium niederzulegen. Mein Entschluß wäre selbst dann nicht alteriert worden, wenn alle meine Anträge angenommen worden wären. Wenn ich ein offenes und aufrichtiges Auftreten gesehen hätte, wäre ich als gewöhnlicher Kombattant in der Partei verblieben und die Spaltung in der Partei wäre nicht eingetreten. Wir wollten ohne jeden Plan und Ver­­abredung mit der Macht der Prinzipien siegen, ich sah jedoch bald ein, daß hier die K­apazitation vergeblich sei, daß die Konspiration gegen uns mit im Borans verteilten Rollen organisiert war. Ich sah ein, daß die persönlichen Gegenzüge unausgleichbar seien, und daß ich, treu meinem Programme, Die Seen der Unabhängigkeit und des Liberalismus ohne fortwährende Kollisionen nur in einer besonderen Parteibildung zur Geltung bringen künne. Für mich ist in der Bolitit die konfessionelle Frage nur eine Nebensache; ich will weder eine salvinische, noch eine katholische, sondern nur eine ungarische Bolitit machen. GH will in der Kirchenpolitit nur die Reaktion bekämpfen ; ich halte den Ultra­­montanismus für gefährlich, weil er mit staatsrechtlichen Gefahren verbunden it. So unterftüge die kirchenpolitischen Reformen, weil die Bildung einer reaktionären Regierung mit ihnen inkompatibel ist. — Eötvös erwähnte sodann, daß er seinerzeit den Grafen Apponyi zugeredet habe, im die Regierung einzus­treten und dort seine Prinzipien zur Geltung zu bringen. Apponyi habe sich zu diesem Schritte nicht entschlossen. Wenn ich, fügte Eötvös Hinzu, nicht mit Apponyi gegen die Reaktion sümpfen konnte, so rampfe ich ohne Apponyi mit der jenigen Regierung gegen si. — Berner exlärte Eötvös, daß er einen friedlichen Ausgleich mit den im Klub Verbliebenen für unmöglich halte, weil nebst prinzipiellen Abweichungen auch Gefühlsmomente diese Möglichkeit aus­­schließen. Er kämpfe gegen die Reaktion und er möge weder den einseitigen Konfessionalismus Mocsarys, noch das Komorner Programm. Beide seien Uebertreibungen, — Etvös bemerkte ferner: Ugron behauptet, mein Biel sei, eine Korsuthpartei zu gründen, unter seinem Namen, seinem Schuße und seinem Prinzip; er behauptet ferner, daß mein Manifest in bewußter Weise der 49er Auffassung das Thor öffnet, und Schließlich behauptet er, daß ich die Verant­­wortlichkeit übernommen habe für Ditto Herman, der, die Personalunion ver­­­werfend, in friedlicher, konstitutioneller Zeit dorthin geht, wohin am 18. April 1849 die damaligen Staatsmänner in Kriegszeiten und aus Verzweiflung gingen. Ar dieses ist vollständig unrichtig und Ugron irrt entschieden. Im jeder unserer Erklärungen ist es mit voller arbeit enthalten, daß unser staatrechtliches Programm aus jenen Prinzipien besteht, welche die Unabhängigkeitspartei in ihren feierlichen Erklärungen und zulegt in dem Wahlaufrufe vom 31. Dezember 1891 und in dem dem jenigen N­ichttage vorgelegten Adreßentwurfe erörtert hat. Der Wortlaut unseres Wahlmanifestes zeigt, daß aus demselben die 49er Politit oder Mar gesprochen, die Politit des 14. April 1849 vollkommen aus­­geschlossen ist: das sieht nur jener nicht, der es nicht sehen will. Allerdings habe ich in meinen politischen Erklärungen die Bewügung und Erörterung des Wortes „Bersonalunion“ stets vermieden, denn über dieses Wort kann man streiten, da sich den inneren Sinn desselben jedermann nach freiem Belieben bestimmen kann. Aber hievon schweigen und die Erbberechtigungen der weib­­lichen Linie oder, wie Ugron sagt, die pragmatische Santktion leugnen, sind zwei durchaus verschiedene Dinge. Benilleton. Die Gefdidite Ehicagos. Den ersten Anstoß zur Gründung Chicagos gab die im Jahre 1804 von der nordamerikanischen Bundesregierung veranlaßte Erbauung des Forts Dearborn zum Schuß jener Weißen, die mit den Indianern des Nordwestens Tauschhandel trieben. Die ersten Bewohner waren „Pfahlbauer“, was so zu verstehen ist, daß die ersten Ansiedler der sumpfigen Gegend ihre Wohnstätte auf Brählen errichteten. Ihre Hauptnahrung bestand aus Auftern, Muscheln und Schweden: die Vorliebe für Auftern ist ihnen bis auf den heutigen Tag geblieben, denn nirgends in der Welt werden so ungeheuere Duantitäten dieses an Stichstoff so reichen Weichtieren verzehrt, als eben in Chicago. Interessant ist ferner, daß bei den ersten Anlagen auch ein ungewöhnlicher geologischer Fund gemacht wurde, nämlich das Skelett eines Mastodon. Um das J­ahr 1816 war in Ilinois weit und breit Fein Indianer mehr zu sehen. Die legten fünf laufend wurden auf Regierungskosten in die untwirt­­licheren, nach Norden zu gelegenen Gebiete transportiert. Von diesem Moment an war die Grundlage zur Größe Chicagos gelegt. Die erste Friedensrichter­­wahl fand am 2. Dezember 1825 statt, bei welcher Gelegenheit John Sinzie von sämtlichen Wählern, 35 an der Zahl, einstimmig gewählt wurde. Die heute mehr als 1.200.000 Einwohner zählende Stadt beherbergte damals 536 Seelen. Das erste Hotel wurde in Chicago 1841 gebaut. Damals zählte die Stadt­­ bereits 20.000 Einwohner. Che sie jedoch dazu gelangte, gab es noch einmal einen großen „ndianerschreden“. Diese hatten eingesegen, daß ihre Erpatriierung von sehr unangenehmen Folgen begleitet sei. Das Territorium, daß man ihnen antried, war so öde, daß sie nicht einmal ihrer Jagdluft fröhnen konnten, und sie kamen daher, 2000 Mann statt, unter der Anführung des „Schwarzen Habicht” aus Chicago zu­gezogen. Man sehrie ihnen­ eine Abteilung von Nestern entgegen, die jedoch Feriengeld gab, sobald sie die In­­dianer­ erbliche. Niemand war­ von dieser Wendung der Dinge mehr überrascht, als der Habicht selbst. Halbverhungert von dem langen Mann durch eine un­­­­­­wirtliche Gegend, wollten er und seine Krieger sich erft fatt effen und voll trinken. Sie b­aten es so gründlich, daß den Bundestruppen Zeit blieb, heran­zukommen. Die meisten Indianer wurden in vollkommen tronkenem Zustand aufgeknüpft und auch der Schwarze Habicht total besoffen gefangen genommen. Man verschonte sein Leben und begnügte sie damit, ihn in der Festung Monroe zu internieren. In dieser unerfreulichen Lage b­at er, was gefallene Größen neuerdings zwar häufig thun, Inndianer aber bis dahin noch niemals b­aten: er diktierte einem New Yorker Journalisten seine Denkwürdigkeiten in die Feder, welche auch alsbald gedruckt wurden. Nach des Häuptlings Tod wurde sein Skelett — echt amerikanisch — gestohlen und an einen Vorgänger Barnuma verkauft, der mit­­ demselben halb Amerika bereiste. Den riesigen Aufschwung der Stadt zeigt nichts besser als der Umstand, daß im Jahre 1837 nur vier Schiffe in Chicago landeten, ein Jahr später jedoch bereits mehr als 200. Bis 1848 vermehrte si die Einwohnerzahl auf nahezu 30.000. Die erste Eisenbahn bekam die Stadt 1850 in einer Länge von 42 englischen Meilen. Von nun an stieg die Bevölkerungszahl in rapider Weise; 1854 waren es 65.875, drei Jahre später 95.000, im Jahre 1861 bereits 120.000 und 1871 schon 334.270 Geelen, die gezählt wurden. Aus dieser Uebergangsepoche sei noch ein charakteristischer Vorfall verzeichnet. Am Ufer des Michigansees war eine Ansiedlung entstanden, in der sich großes Gesindel angesiedelt hatte, das den Schrecen der friedlichen Bevölkerung bildete. Streiche, Ge­wohnheitsdiebe und ähnliches Gelichter wohnte hier in Bretter­hütten, die einen förmlichen Seuchenherd bildeten. Bürgermeister Wentworth teilte den „Kolonisten” eines Tages mit, daß er am nächsten Dienstag das ganze Viertel in Brand stehen werde. Wer sich rechtzeitig salvieren wolle, möge es thun, wer nicht, der möge bleiben und­­ umso besser für die ehrliche Be­­völkerung! Am bestimmten Tage ging die offizielle Brandlegung vor sich und die Verbrecherrepublik ging in­ Flammen auf. Die furtbarste Katastrophe, die die Perle von Illinois traf, war der große Brand am 7., 8. und 9. Oktober 1871. Vierzehn Wochen lang regnete es nicht im Gebiete des Michigansees und die aus Holz gebauten Häus­er der Stadt befanden sich, zufolge der anhaltenden Dürre, in einem zunderähnlichen Zustand. Dazu kamen die seit einigen Tagen herrschenden West- und Sidmett­­winde. Wie der Brand eigentlich entstand, ist nie dargelegt worden, nur so­­ viel ist bekannt, daß Samstag abends ein großes Holzlager am Südrande des Chicagoer Zluffes fi entzündete und noch in derselben Nacht 300 Häuser zu Ale wurden. Montag abends waren von den 60.000 Häusern der Stadt nicht mehr als 150 übrig. Alle übrigen waren zu Asche geworden, wie all die ungeheueren Schäße der Idustrie und des Gewerbefleißes, die hier auf­­gespeichert lagen. Ueber 300 Polizisten büßten ihre Leben während des Feuers ein, und das Entgeßen, das in der heimgesuchten Stadt herrschte, zwar ein un­­beschreibliches. Wie viele Menschen eigentlich beim Brand ihr Leben­ einbißten, it niemals bekannt geworden, denn die Arbeiterviertel und sonstigen Zentren der ärmeren Bevölkerung waren nach­ dem Feuer mit verfehlten Zeichen förmlich überfiel. So schnell kam die entjegliche Feuersbrunst, daß in vielen Häusern sämtliche Einwohner zu Grunde gingen. Großartig zeigte sich der Gemeinsinn der Amerikaner in diesen Tagen. Von allen Seiten kamen die Spenden und bloß die eine Stadt New York sandte mehr als 15 Millionen Dollars. Zu Hunderten kamen die Extrazüge, welche Lebensmittel, Wäsche und Zelte herbeischleppten. Und ehe zwei Jahre ver­­gingen, erblühte neues Leben aus der Asche. Herrlicher als je woch­ die Stadt empor und nicht zwei Jahrzehnte nach dem großen Brande ist sie bereit der Bevölkerungsanzahl und dem Territorium nach die achtgrößte Stadt der Welt. Das größte Kontingent liefern die Deutschen (400.000), dann kommen die Ieländer (216.000), Böhmen und Polen sind je 50.000, Ungarn ist durch 4827 Seelen vertreten. Die Gesamtsumme der Bevölkerung beträgt 1.208.660 Seelen und hat sich daher die Seelenzahl in sechzig Jahren mehr als ver­ Hundertfacht. Heute fesselt Chicago, die mächtige und Herrliche Stadt, dieses stolze Riesenwerk menschlicher Thatkraft und menschlichen Unternehmungsgeistes, die Aufmerksamkeit der gesamten zivilisierten Welt. Sie eröffnet eine Weltaus­­stellung, die alles bisher Dage­wesene auf­­ diesem Gebiete übertreffen wird. Und­­ wie die Chicagoer mit Stolz verkünden, wird die größte Sehenswürdigkeit der Columbia-Weltausstellung vom Jahre 1893 Chicago selbst sein. Welcher Art auch die übrigen verheißenen Wunder sein mögen, die Stadt selbst wird den Mittelpunkt aller Ueberraschungen bilden. Und dies alles haben die amerika­­nice Energie und der amerikanische Fleiß bewirkt ! _ .

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