Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1893. Juli (Jahrgang 20, nr. 5944-5969)

1893-07-22 / nr. 5962

Seite 752 Hermannstadt, Samstag früherer Zeit, daß auch die Radikalen ein Mittel zur Behauptung der Gewalt und Erreichung ihrer Partei zwecke scheuten. Das Ministerium Avatumovitich auf der Anklagebank ist ein charakteristisches Bild der orientalischen Zustände im östlichen Europa. Auch die Serben sind ein politisch völlig unreifes Vort und der aus den Kulturländern unseres Erd­­teile nach dem­­ DOsten hin importierte Konstitutionalismus ist bloßer Schein, ein Mittel zur Befriedigung unlauterer P­arteileid­enschaften, die mit der Wohl­­fahrt des Landes im Widerspruch stehen. BEER TRT , Siebenbürgisch-D­entiches Tageblatt. m­ an 22. Juli 1893. Nr. 5962 politische Webersicht. Hermannstadt, 21. Juli. Der transdanubische evangelische Kirchendistrikt hielt, wie vom 19. d. M. aus Raab telegraphiert wird, Daselbst unter dem Präfidium des Bischofs Alexander Karfay und des Obergespans Koloman Rado seine ordentliche Jahresversammlung. Rado sprach in seiner Eröffnungs­­rede von der Kirchenpolitik der Regierung, welche den Distriktualkonvent vom G­esichtspunkte des patriotischen und nationalen öffentlichen Lebens alle wahren Anhänger der liberalen Ideen mit Freuden begrüßen könne. Die Rede wurde mit großem Beifall aufgenommen. Der Konvent befaßte sich sodann mit den auf die Durchführung der von Sr. Majestät sanktionierten Synodalbeschlüsse bezüglichen Verfügungen. Im „Peti Naplo“ ist ein bemerkenswerter Kommentar zur­­­ jüngsten Rede des Grafen Apponyi zu lesen; es heißt in jenem Blatte: „Graf Albert Apponyi hat in seiner Rede in Wartberg Gustan Belfics’ mit auffallender Wärme gedacht, noch wärmer als er dies in Bezug auf die nationale Gesinnung Belfics’ in einer der jüngsten Sigungen der ‚Delegation gethan. Apponyi hat wohl Belfics nicht genannt, allein jedermann kann wissen, daß sich die Worte Apponyis: „mit Ausnahme einer Stimme, in welcher ich aber jenen Mann erkenne, mit dem ich nicht immer übereinstimme, bei dem ich es aber hochhalte, daß er im Dienste von Prinzipien und Webter­­zeugungen steht und daß er dieselben seinen parteitaktischen Gesichtspunkten unterwirft“ — auf Gustav Belfics beziehen“ Die Berliner „National-Zeitung hat die Ansicht ausgesprochen, daß eine Annäherung Desterreich-Ungarns an Rußland mit dem Aus­tritte der ersteren Macht aus dem Dreibund gleichbedeutend wäre. Die russische Breite hegt wohl seine übertriebenen Erwartungen bezüglich der Folgen eines Handelsvertrages mit Desterreich-Ungarn, erhofft davon aber eine Ver­­mehrung der Chancen des europäischen Friedens. Zur Ueberführung der Gebeine des ruffischen Obersten Palizin von Muniacs nach Rußland bemerken ruffische Blätter: Die Magyaren dürfen überzeugt sein, Rußland werde, wenn es die Gelegenheit ergiebt, am ritterlicher Gesinnung nicht zurückstehen. Dafür Spreche schon das Hare Bewußtsein, daß eine Abschwächung des austro- russischen Antagonismus ein direkter Gewinn für den europäischen Frieden sei. Die „Bol. Korr.“ meldet aus Petersburg: Die Auslassungen der Wiener Presse anläßlich der bevorstehenden Verhandlungen über den Abschluß eines Handelsvertrages zwischen Rußland und Oesterreich-Ungarn haben in der hiesigen öffentlichen Meinung lebhafte Befriedigung erregt. Die Aussichten für eine derartige Konvention werden in den unterrichteten Kreisen für sehr günstig gehalten. Man Schreibt der „Köln. Big.” aus Sofia vom 12 Juli: „Die Aufnahme des früheren bulgarischen Rittmeisters Tichewdarom in die russische Armee, eines der Offiziere, welche mit dem e­rschoffenen PBanika einen Anschlag auf das Leben des Fürsten Ferdinand und der Minister beab­­sichtigten, bemerft Mar, daß man sich in Rußland nach wie vor als Hort der­­jenigen betrachtet, welche durch verbrecherische Mittel einen Umsturz der Lage in Bulgarien zu Gunsten Ruslands erstreben. Wenn eides­­vergessene Offiziere in einer fremden Armee zu Amt und Würden gelangen, muß ein jede scharfer Gegentug zwischen den beiden Ländern bestehen, ‚ein Gegenfa, der dem Angreifer, Rußland, ein jedes Mittel ad­recht erscheinen läßt, um seine bösen Absichten früher oder später durchzuführen. Die schwache Hoffnung, daß man allmählich im amtlichen Rußland zu der Einsicht kommen könnte, welche das nichtamtliche Rußland schon längst vertritt, daß nämlich die Feindschaft gegen Bulgarien eine politische Thorheit und eine Mißachtung sittlicher Grundlage ist, hat sie also noch einmal al­trügerisch erwiesen. Die gemeinschädlichen Narren, welche dem­ G Selbstherrscher aller Reuffen jeden Morgen das „Herr, gedenke der Bulgaren“ zurufen, behaupten ihren Pla an den Stufen des Thrones und sorgen dafür, daß die Welt in Unruhe er­­halten wird.“ Ueber den weiteren Verlauf des gegen das frühere serbische Mini­sterium Adalumovitsch eingeleiteten Brozesses wird vom 19. d. Mts. berichtet: In der heutigen Vormittagsfigung der Skupichtina wurde die Debatte über die Ministeranklage fortgelegt. Die Fortschrittler nahmen an­ derselben nicht teil. Garashanin dürfte infolge wiederholter Herausforderung seitens der radikalen Redner vor Schluß der Debatte noch einmal das Wort verlangen. Die Sagung wurde um 1 Uhr aufgehoben. Der Schluß der Debatte wird für Nachmittag erwartet. In der Debatte über die Ministeranklage sprachen seitens der Radikalen ausschließlich Bauern und Popen. Der Bauer Kanfo Tajfitih fordert das Blut des Wüterichd Stojan Ribaratsh und droht auch dem Staatsgerichte mit der Anklage, wenn es die liberalen Minister freispricht. In ähnlichen Aus­fällen ergeht sie Nedner auch gegen die Fortschrittler, namentlich gegen Garaschanin, der es nur dem Umstande, daß seine Verbrechen bereit verjährt sind, zu verdanken hat, daß er nicht gleichfall auf der Anklagebank ist. Die Anhänger der antidynastischen Fraktion betonen, daß der 1. April in erster Reihe das Verdienst der Nation und dann erst das des Königs war. Sämtliche Radikalen werden für Zumeisungsan eine Kommission stimmen. In der Nachmittagsfigung der Stupfchtina wurde die Debatte über den Anklageantrag gegen das Ministerium Apafumovitich beendigt. Sämtliche Mit­­glieder der radikalen Partei, mit Ausnahme der Minister, stimmten gegen den Uebergang zur Tagesordnung. Der Anklageantrag wurde mit 102 Stimmen angenommen und sofort ein z­wölfgliederiger Ausschuß gewählt, dem die Dar­­führung dieses Beschlusses obliegt. Der Abgeordnete Ruzitih hat einen von zwanzig Bauerndeputierten unterfragten Antrag auf Verlegung der gewesenen Negenten in Anklagezustand, eventuell auf Landesverweisung derselben eingebracht. In der am 18. d. M. abgehaltenen Situng der französischen Kammer interpellierte Dreyfus die Regierung über­ die fiamesische Angelegenheit und fragte, was sie in dieser Frage zu thun beabsichtige. Meinister Develle erwiderte, Frankreich habe die Einfälle der Siamessen nicht dulden künnen. E85 mußte sich am Linten Ufer des Merong ausbreiten. Im Laufe der dies­­bezüglichen Operationen seien verschiedene Zwischenfälle vorgenommen. Er habe die englische Regierung wissen Yassen, wie jeder ihn die Sprache über­­rascht habe, die Parlamentssekretär Grey im Unterhause geführt habe. Es sei Frankreich notwendig erschienen, die Streitkräfte vor Bangkok zu vermehren, da England und die anderen Mächte gleiche Maßregeln ergriffen hätten. Die französischen Schiffe haben Befehl erhalten, die Barre des Menamflusses nicht zu überschreiten. Diese Befehle trafen indes nicht zur rechten Zeit ein. Der Minister gedenkt noch des Brin­chenfalles, mit dem „Jean Baptiste Say“ und betont schließlich, daß die Haltung Stams ein weiteres Zumwarten nicht gestatte. Die Forderungen Stankreichs müssen befriedigt, seine Rechte formell anerkannt werden. Wenn die nicht der Sal sein sollte, müßte man Entsprechendes verfehren, Dreyfus und Delonele Schlagen folgende Tagesordnung vor: Indem die Kammer darauf rechnet, daß die Regierung die notwendigen Maßnahmen ergreifen wird, um den Rechten Frankreichs in Südcchina Anerkennung und Achtung zu verschaffen, die hiefür notwendigen Garantien zu verlangen, geht sie zur Tagesordnung über. Diese Tagesordnung wurde einstimmig ange­­nommen. Die Ereignisse in Bangkok haben indessen in England eine aufgeregte Stimmung erzeugt. Die „Times“ schreiben: „Weder England noch irgend eine andere Macht beabsichtigt, so viel wir willen, Siam in seiner Weigerung zu unterstügen, mit Frankreich bezüglich der Mekong-Grenzfrage in Verständigung zu kommen, aber England, als Nachbarstaat, mit großen Handelsinteressen im Spiel, kan­n sein diplomatisches oder militärisches Vor­­gehen mit Gleichgiltigkeit betrachten, durch welches die Unabhängigkeit Siams ernstlich gefährdet wäre.” Biel schärfer schreibt der "Standard": „Es giebt seine Entschuldigung für die übereilte und herausfordernde Handlungsmeile der Kanonmenboote. Der Vorfall ist unglücklich, aber wenn Frankreich Siam gegenüber ehrlich Handeln will, so braucht derselbe nicht zu weiteren Schwierig­­keiten zu führen.” „Daily Chronicle” verlangt ein sofortigs Eingreifen der Negierung. Das Blatt meint: „Ein roherer Mißbrauch des Völkerrechts in unserer Zeit ist noch nicht wahrgenommen worden. Die Zeit ist gekommen, wwo Frankreich rund heraus ersucht werden sollte, seine Absichten sind zu thun,­ und wo unsere eigene Regierung zur Genugthuung Englands und zur Belehrung der Welt über die gegenwärtige Lage, wie sie dieselbe versteht, und über die Aussichten für die Zukunft, wie sie dieselben zu beeinflussen gedenkt, eine Erklärung abgeben sollte.“. Korrespondenzen. Kronstadt, 17. Juli. Dem am 16. d. Mts. in der Stadtpfarr­­fische von Pronstanz abgehaltenen Trauergottesdienst wohnten troß der in Bädern und Sommerfrischen Abwesenden so viele Gemeindeglieder männlichen und weiblichen Geschlechtes bei, daß alle Pläe belegt waren. Mächtig ergreifend ertönte das von der Trauergemeinde gesungene Lied: „Lebe, wie du, wenn du stirbst, wünschen wirst, gelebt zu haben,“ durch die stillen Räume der Kathedrale. Fräulein Giesel trug das „Vater in Himmelshöhen“ von Stradella mit seelen­­voller Altstimme vor. Das Irauergebet sprach Stadtprediger Nußbächer. Stadt­pfarrer Franz Obert hielt die Gedächtnisrede. Er schilderte eingangs die Ver­­breitung der Trauerfunde bis in die entlegensten Gemeinden der Landeskirche, so daß am Tage der Beerdigung nachmittags 4 Uhr die Glocken in allen Gemeinden von Broos bis Draas zum Sterbegeläute ertönten. Weber die Berge und durch die Thäler wogte der Strom der Trauerflänge. In den Züften sich vereinigend gleich seeligen Geistern, begleiteten sie den Bereidigten auf dem Teßten Wege. Tausende von Glaubensgenossen horchten den ehernen Stimmen entblößten Hauptes in den Häusern und in den Gassen, auf Wiesen und auf Feldern, und schickten mit den Klagetönen der Gloden ihren ehrfurchtd­­vollen Gruß dem geliebten Bischof in seine Gruft nach. Der Predigt lag der Terz aus 1. Chor 15, 10 zum Grunde: „Er hat viel mehr gearbeitet als sie alle, nicht aber er, sondern Gottes Gnade, Die mit ihm war.“ Der Redner führte u. a. aus: Bischof D. ©. D­ Teutich gehörte zu jenen Männern, von denen das Wort des Heilandes gilt: „Ihr seid das Salz der Erde," denn wo er erschien in weiterem oder engerem reife, da hörte bald das nicht3fagende Gerede auf, da übertrug er seine Seelenstimmung, die immer auf Exailes und Großes gerichtet war, auf die Gesellschaft und verlieh der Unterhaltung eine Würde und eine Weihe, die sie über das Gewöhnliche und Altägliche er­­hob. Dies war die Folge davon, daß er mit all seinen Präften in der Arbeit stand, so tief, daß von ihm gesagt werden darf. Er hat viel mehr gearbeitet als wir alle, im Dienste der Wissenschaft, wie im Dienste seines hohen Amtes. Schon als Lehrer und als Rektor am Gymnasium von Schäßburg, al Träger der deen seines großen Amtsvorgängers, des Bischofs Dr. &. P. Binder, zog er die allgemeine Aufmerksamkeit auf fi. Ungewöhnliches Aufsehen machte er zuerst mit seiner Sachsengeschichte, in welcher er der Schleier Teife wegges­togen hat, der auf der Väter großen Thaten lag und ihres Lebens wildbe­u­mwegte Wogen und vorgeführt wie einen Schlachtentag. Unser Nationalgefühl wie unser. Vaterlandsgefühl Hat aus seiner Schrift so nachhaltige Antriebe empfangen als aus dieser. Er war gleich sehr begabt für­ die Arbeit mit der Feder wie für die Arbeit mit dem beredten Wort. Mit beiden Waffen hat er­ im Jahre 1850 die ewig denkmwürdige Stiftung der sächsischen Universität für unsere Gymnasien erkämpfen geholfen. Während schon seine schriftstellerische T­ätig­­keit befruchtend in weite reife drang, kam seine gewandte Beredsamkeit dem Südhjfenvolf noch im weiteren Streifen zu gute, und die Funken seines Feuergeistes­ drangen zündend in alle Schichten der Wolfsgemeinschaft. So wurde er schon im frühesten Mannesalter der Mittelpunkt einer geistigen Be­­wegung, deren Tragweite sich nicht übersehen läßt. Seine Verlegung in das Pfarramt änderte daran nicht. Denn auch in Agnetheln legte er die freie Be­­reitwilligkeit an den Tag, in die Lade zu treten, wo es galt, einer guten Sache zu dienen. Obschon er auf Reisen und im Umgange mit hervorragenden Männern des In- und Auslandes gelernt hatte, das Leben von seiner s­chönsten Seite zu schäßen und zu genießen, so vergaß er doch nie, daß "das Leben nicht der Güter Höchstes sei, und daß man sie der Arbeit widmen müsse, selbst auf die Gefahr hin, dadurch sein Leben abzukürzen. Nichts war ihm­ peinlicher, als einer Aufgabe nicht nachkommen zu künnen, die er sich selbst gestellt oder im Auftrage des Volkes übernommen hatte. Und die Zahl dieser Aufgaben ward immer größer, immer sch­werer die Bürde der Arbeit, die er mutig und freudig bemältigte. Immer höher stieg sein Stern, dessen Glanz weit hinausse­strahlte über die Marken der bergumgürteten Heimat. Das Sachssenwolf habe sich an diesem Glanz gemweidet. Er war stolz darauf. Aber auch das weitere Wort des Apostels gilt von ihm: Nicht aber er, sondern Gottes Gnade, die mit ihm war. Darin offenbarte sich Gottes Gnade an ihm, „Daß die­ Herzen der Glaubensgenossen sich ihm zumandten, daß er vor 26 Jahren zum Bischof gewählt wurde. Der Schwerpunkt seiner Bestimmung lag nicht im stilen Wollen des Pfarramtes, sondern in dem geistig mächtig wirkenden Amte des Bischofs unserer Kirche. Was im Jünglings- und im frühen Mannesalter ihm als Leuchtendes deal vorscmwebte, da war dem reifen Manne durch Gottes Gnade zu verwirklichen vergönnt: die Einigung seines Volkes in der Kirche, deren volkstümliche Verfassung er mitgeschaffen hatte. Das Band war zerrissen, welches einst die Väter um die Gaue des Sachsenlandes geschlungen hatten. Das stattliche Haus war zerfallen, unter dessen schirmendem Dache das Sachsen­­dorf sich jahrhundertelang geborgen wußte. Ein neuer Bau mußte geschaffen werden, auf anderem Grunde, auf dem unvergänglichen Grunde der Glaubens­­gemeinschaft. Der Edstein des Gebäudes war gelegt von Luther und Honterus. Den Bau selbst hat Teutich mit fundiger und kräftiger Hand ausgeführt. Die ‚zerstreuten Glieder der Kirche, die Kapitel ermangelten des inneren Zusammen­­hanges. Das Gesamtbewußtsein fehlte. Teutich hat die halb erstarrten Körper­­schaften, aus melden unsere Kirche bestand, zu neuem,­ lebendige, selbst­­bewußtem Ganzen zusammengeschweißt. Er hat unserer Kirche den Geist der in si geschlossenen und auf sich selbst gegründeten, durch sich selbst bestimmten Glaubensgemeinschaft eingehaucht. Und wenn neben Honterus einer als Säule unserer Kirche genannt zu werden verdient, so ist er es. "Mitten aus seinen Arbeiten ist er und durch den Tod entrisfen worden. "Sein Stern aber ist im Tode nicht erloschen. Sein Bild wird uns durch das Leben begleiten. Er ist den nachfolgenden Generationen:ein strahlendes Vorbild der rastlosen Arbeit im Dienste des Wolfes, Kein einzelner wird ihn zu erregen vermögen. Um so % dringender müssen wir alle ung, verpflichtet fühlen, nach Maßgabe unserer Kräfte, für die gute Sache unseres Volkes und unserer Kirche einzustehen. Wir haben nur dann eine Zukunft, wenn jene Tugend der rastlosen Arbeit im Dienste des Volkes bei Männern und Frauen immern tiefere Wurzeln s­chlägt. Nicht um den Versuch handelt es si, dem Verewigten nachzuahmen in dem, was durch Gottes Gnade ihm allein gegeben war, sondern darum handelt sich’g, so treu und unverdroffen, so fühn und unverzagt, wie er es gethan hat, mit Wort und That der gemeinsamen Sache zu dienen, damit das Wort des Dichters unter und zur Wahrheit werde : „Und ob viel mutige Fechter Auhh fallen im geistigen Strauß, Es kommen neue Geschlechter Und fechten ihn mutig aus.“ Wir legen auf seine Gruft den Palmzweig unbegrenzter Verehrung und nie erterbenden Dankes für das, was er unserem Volke und unserer Kirche gemesen ist. Den ebenso würdigen als erhebenden Schluß des Trauer­­nd bildete der Orgelvortrag Laffels: Lamentation von Alexander uilman. Keisd, 19. Juli. Die Einwohner von Keisd und Denndorf hatten im vorigen Jahre beim Vizegespansamt in Schäßburg einen Rekurs eingereicht gegen das in jenem Jahr von unserer Komitatsversammlung genehmigte Statut über die Besphigung der Weinberge in den Gemeinden des Großkofler Komitats zum Schuge gegen die Peronospora, weil nach jenem Statut diese Besprisung, mit fremden Arbeitskräften und Kommissionen durchgeführt, die Weinbauern zu­­ : Ein Aufstieg in die Lüfte. Bon Guy de Maupassant. Sept sehen wir die Ebene bei der Stadt, die von den weißen, geraden Straßen nach allen Richtungen durchschnittene Ebene. Plöglich aber verwirren sich diese Einzelheiten der Erbe, die bisher so deutlich und genau erkennbar waren, als ob man sie sanft überwischt hätte, Sie umnebeln sich Hinter einem Ein Marine-Lieutenant, welcher der militärischen Luftschiffer - Abteilung von Meudon attachiert worden, war al Bufchauer zu dem Aufstieg gekommen und leistete uns freundlich Hilfe. Mit beiden Händen hielt er das Geil, das uns an die Erde knüpfte, bis Zovis das Kommando einhalten ließ: „L­os­­gelassen !“ — losgelassen !­er. Plöglich versinft der große Kreiß von Freunden, wer und umschließt und zu uns spricht, die hellen Gewande, die ausgestrebten Arme, die schwarzen Hüte tauchen unter und verschwinden — nichts als Luft — wir sind aufge­stiegen, wir fliegen davon. . . Schon schweben kvir über einer ungeheuren Stadt und einem unermeßlichen Pla von Paris — ganz ähnlich von Neb­elplänen von den gezwundenen Straßen, dem grauen Fluß, den fpigen Denkmälern, der vergoldeten Kuppel des Invalidendoms und in weiterer Entfernung mit dem noch unvollendeten Glockenhaufe von Notredame de la Chaudonnerie und dem Eiffelturm. Ueber den Rand des Schiffes gelehnt sehen wir immer noch in dem Hof des K­üttenwerkes eine Menge von kleinen Männern und feinen grauen, die ihre Arme, ihre Hüte und weißen Taschentücher schwenken. Sie sind aber so fein, so fern, so insektenwinzig, daß man nicht faßt, daß man sie eben erst, vor fast acht oder zehn Sekunden verlassen hat. „Schauen Sie,” schreit Frovis mit Begeisterung: „Kinder, ist das schön ?“ Ein unendliches Gebrause stieg zu uns auf, ein Braufen, das aus tausend Geräuschen zusammengefegt ist aus all dem Straßenlärmen, dem Rollen der Wagen auf den Pilaster, dem Gemwieher der Pferde, dem Beitschen­­gef­all, den Menschenstimmen, dem Rollen der Eisenbahnzüge. Dur ‚alles Hindusch tünt nah und fern, shh­l und dumpf das Pfeifen der Lokomotiven, 908 die Luft zu zerreißen scheint. Plöglich erscheint nahe bei ung — nahe oder fern, das man man nicht genau sagen, denn man verliert, das Unterscheidungsvermögen für die Ent­­fernungen — erscheint in der hellen Luft ein durchsichtiger, riesiger, runder Sieden, der ihm nimmt und steigt, ein Ballon, ein anderer Ballon mit feinem Schiff, feiner Fahne, feinen Insassen. Ich erhebe meinen Arm und sehe einen der Insassen dieser Erscheinung gleichfalls den Arm erheben. Man erkennt die Wolfen, man sieht ‚den unendlichen Horizont quer doch diese phantastischen Schatten, al ob er nicht vorhanden wäre, und Timysherum fast unmerklichen Dampf, dann verwischen sie sich, so daß sie beinahe vers­chmunden sind. Wir steigen in die Wolfen hinein. Erst ist er ein leichter und durchsichtiger Schleier, der und umhält. Er verdichtet ich, mird grau, unducc­sichtig, zieht sich enger um ung zusammen, nimmt una gefangen, schließt ung ein, erwürgt ung. Bald darauf erhellt sich wieder diese Mauer von feuchtem­ und dunklem Dampf, sie wird weiß und bar, Wir streichen quer duch eine Art in Dampf aufgegangener Watte, durch einen Milchqualm, durch einen Silberbhaum, von Sekunde zu Sekunde be­leuchtet ein geheimnisvoller blendender Strahl, der von oben kommt, mehr und­ mehr die weißen Wogen, die wir durchschneiden, und plößlich tauchen wir darüber auf unter einem von Sonnenstrahlen übergoffenen, blauen immer. Kein Rausc ist im­stande, ein Traumbild zu schaffen, dem ähnlich, das wir gesehen haben. Summer weiter fteigend, Siegen wir über ein grenzenloses Chaos von Wolken, die wie Schnee augsehen. Sie dehnen sich aus, so weit das Auge reicht, phantastisch, sinnverwirrend, übernatürlich. Diese Schneemassen von unwundersamem Glanze rollen sie Hinter uns auf. Da sind Ebenen und Höhen, Gipfel und Thäler. Die Formen dieser neuen Welt, dieses Feenlandes, das man nur vom Himmel aus jehen kann, sind auf Erden unbekannt. Man erblich Provinzen von feinen Ob­den, von Turmipigen, Krystalltürmen, Ozeane, ins Grenzenlose dahinrollend, fi­türmend, unbeweglich bald, und bald drohen ; darüber feuchtender Schaum, der die Augen blendet. Man sieht violette Abgründe, in denen niedriger schwebende Wolfen sich beswegen, unwahrscheinliche Gebirgs­­züge, die mit verwirrender Deutlichkeit ihre ungeheuerlichen Rüden in den unendlichen Raum erheben,­­ zeichnet sich ein breiter Negenbogen, der ihn vollständig in eine vielfarbige Strahlenkrone einschließt. Leibhaftiger al das Gespensterschiff der Seeleute be­­gleitet ung dieser Gespensterballon quer durch den Raum und fiber die uns begrenzte Wolfenmwüste. Von einem Strahlentranze umgürtet, scheint er uns inmitten der unerforschten Himmels die Apotheose der Luftschiffer darzustellen. Man nennt dieses unwohlbekannte Phänomen die Aureole der Luftschiffer. Der Schatten, den der Ballon auf die benachbarten Wolfen wirft, bewirkt diese ergreifende Erscheinung. Zur Erklärung des umrahmenden Regenbogendy, aber Hat man verschiedene Theorien aufgestellt. Die wahrscheinlichste ist Biefe.“ Der Stoff, aus welchem der Werostat hergestellt ist, bleibt groß der Dualität des Gewebes und des Firniffes für das darin eingeschlossene Gas durchlässig genug. Er findet also ein unausgefehhtes Ausströmen durch die ganze Hülle statt und bildet rings um den Ballon eine leichte Feuchtigkeitsschichte. I Indem die Sonne diesen Dunst durchbricht, läßt sie Prismenfarben die in dem feinen Regen des Springbrunnens entstehen und wirft sie in Kronenform, dem Schatten des Ballond entsprechend, auf die nächste Wolke. Da wir unausgeregt steigen, so hört dieses Dampfbild bald auf, ung zu verfolgen, verkleinert sich: im dem Maße, in welchem wir ung erheben, von Sekunde zu Sekunde, bleibt unter. ung und schwebt auf dem Ozean der­ weißen Wolfen. Der schräge Sonnenstrahl wirft ihn da unten­ hin, da unten, wo er al u unseren Bervegungen folgt, jei schon einem Pinderball gleichend, den man hat fallen Yaffen und der in der erregten Wolfenmütze irrend umhberrolt. So weiter wir fliegen, desto stärfer macht sie die Hilfe geltend, desto verschwenderischer und unerträglicher wird der Nachprall des Lichtes auf diese strahlende Unermeßlichkeit. Das Thermometer zeigt 26 Grad, während wi­e bei unserer Abfahrt nur 13 Grad hatten, und der sehr gespannte Ballon einen Strom von Gas ausfließen, der rauchähnlich sich im Aether versp­reitet. Wir sind zweitausend Meter gestiegen, schwimmen also ungefähr fünf­­zehnhundert Meter über den Wolfen und sehen nichts anders als unermeßliche Silberfluten unter dem grenzenlosen Azur des Himmels. Hier und da violette Löcher, Abgründe, deren Boden man nicht sieht. Von einem leisen Winde getrieben, den man kaum bemerkt, schwimmen wir auf eines dieser Riffe zu. Von weitem möchte man sagen, daß ein Gretiher in der Unendlichkeit ums

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