Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. Februar (Jahrgang 23, nr. 6730-6754)

1896-02-01 / nr. 6730

-­­ Seite 110 Hermannstadt, Samstag Siebenbürg ein­e­ Bentiges Tageblatt. 1.Februar 1896. Nr.6730 der Unsicht belehrt werde, daß die vorhandenen Seestreitkräfte in seiner Weise ausreichten, um die Machtstellung des Reiches an zur See zu sichern. Der Staatssekretär für Indien,Hamilton,hieltum 28.d.Mtg.in Chisiik,einer­ Vorstadt Londons,eine Rede,in welcher er sagte,danl dter versöhnlichen Haltung der Vereinigten Staaten hege er das Vertrauen daß die Benezuelafrage in ehrenhafter, befriedigender Weise gelöst werde. Wir wollen — sagt Hamilton — die Monroe-Doltrin’ auf unsere Kolonien, besonders in Südafrika anwenden. Jede andere Nation sollte Har verstehen, daß jeder, der versucht, die Doltrin, soweit unsere südafrikanischen Kolonien in Frage kommen, zu durchbrechen, auf den Widerstand der ganzen vereinigten Macht Englands und seiner Kolonien in allen Westteilen stoßen würde. Hamilton betonte­­ schließlich die Notwendigkeit der ununterbrochenen Aufrechterhaltung der Armee- und Marine Streitkräfte. Der wunderlichen Mär von dem Abschlusse eines Vertrages zwischen­­ Rußland und der Türkei folgte eine neue nicht minder wunderliche von einem Zeilungsprojekte, das Rußland den Mächten unterbreitet haben sol. Un­­zweifelhaft übertrumpft den Erfinder des russisch-türkischen Schug- und Trupe­bündnisses der Erfinder des Teilungsprojektes, das angeblich folgendermaßen ausschauen sol: Rußland nimmt Armenien und die asiatischen P­rovinzen bis Alexandrette sowie Konstantinopel, Frankreich erhält Syrien, P­alästina und Jerusalem, England Egypten und die Ostküste des persischen Golfs, Oesterreich Serbien und Macedonien, Italien Tripolis und Griechenland, Thessalien, Kreta und die Inseln des ägäischen Meeres. „Wär’ der Gedanke nicht so verwünscht gescheidt, man wär’ versucht, ihn dumm zu nennen.“ Der meist sehr gut unterrichtete „Warriot“ von Brüssel bringt eine Notiz, der zufolge der Bapst ein Schreiben an den Präsidenten der französischen Republik erlassen habe, das erklärt, das Ende der Langmut des Papstes hinsichtlich des französischen Staates sei gekommen. Die Abberufung des Heren dr. Behaine bedeutet in den Augen Noms die Beschlagnahme der äußeren Politik und des Verhaltens gegenüber dem­­ Batk­an durch die Freimauererei. Leo XIII. weiß, daß das französische Kabinet ebenso die Abwendung des „Beitritts zur Republik” wie den Krieg mit der Kirche will. Darin liegt die Bedeutung dieses beginnenden Konfliktes: er kann, falls nicht das Ministerium fält, zum Bruce führen. Wie in Rom verlautet, will sich König Menelis von Schoa in Abuah zum Kaiser krönen lassen, weil er glaube, daß eine solche Krönung angesichts des großen italienischen Heeres einen gewaltigen Eindruck machen müßte. Dem englischen Blaubuche über die Bok­ommnisse in Ar­menien, welches selbstverständlich die Wirren im türkenfeindlichen Sinne fo­­dert, entnehmen wir aus dem Memorandum des britischen Delegierten Shipley, daß die Zahl der armenischen Opfer einschließlich der infolge ‚Mangels an Lebensmitteln Gestorbenen 900 nicht übertreffe. Bestätigt wird die Behauptung der Hinschlachtung armenischer Frauen durch türkische Soldaten. Shipley überzeugte sich, daß die türkischen Behörden weniger die Unterbrücung der P­rendorevolte, als die Vernichtung der betreffenden Distrikte wünschten. Gleichzeitig führte Shipley aus, daß die Agitation gegen die türkischen Be­­hörden Zahre hindurch von auswärtigen armenischen Komitees in den Distrikten Muh und Talori unter den Armeniern betrieben wurde. Der Mißerfolg in den Bestrebungen, Herr dieser Bewegungen zu werden, führte zur Er­­bitterung der türkischen Behörden. Die türkische Regierung sei nun ihrer ersten Pflicht nicht nachgekommen, und zwar jener, allen Klassen ihrer Unterthanen Schule zu gewähren. Im nordamerikanischen Repräsentantenhause, mo der Senats­­beschluß betreffe der armenischen Frage in Diskussion stand, entspann sich am 29. d. M. eine heftige Debatte, welche den Sprecher zu wiederholten Malen zum Einschreiten nötigte. Hepburn brachte ein Amendement in Vorschlag, nach welchem der Präsident angewiesen werden sollte, dem türkischen Gesandten seine Bässe zuzustellen. HiN machte dem Antragsteller heftige Vorwürfe, worauf Hepburn erwiderte: „Wir wollen mit der Türkei, deren Hände von Blut triefen, seine politischen Beziehungen unterhalten.” Das Amendement w wurde schließlich abgelehnt und der ursprünglie Antrag zum Reichluffe erhoben. Aus dem ungarischen Reichstag. (Nach dem „Neuen Pester Journal“.) Budapest, 29. Januar. Die Debatte über die Borsoder Bizinaleisenbahn wurde fortgesegt. Zunäcst erklärte Ludwig Clay, daß auch er unter den Bizinalbahn­­konzessionären genannt wurde, aber grundlos. Er habe einmal auf Ersuchen eines Freundes ein Konzessionsgesuch zu den Vorarbeiten für eine Vizinalbahn unterschrieben, sich um die Sache weiter nicht gekümmert, davon auch nichts weiter gehört, als daß sie nach einem Jahre, ohne daß etivad gethan worden wäre, erloschen sei. Trogdem werde er unter den Konzessionären angeführt und da ihm das verlegend erscheine, flimme er für den Untersuchungsantrag Barthas. Aus diesem Anlasse bemerkte der Präsident, man solle von den Eisenbahnkonzessionären nicht in dem Sinne Sprechen, als wären sie unbedingt in schmäßige Sachen verwidelt. Infolge der von Dray aufgewworfenen, auf das Erlöschen der Vorkonzesionen bezüglichen Frage erklärte Handelsminister Daniel, daß die Konzessionen zu Eisenbahnvorarbeiten in der Regel für die Dauer eines Jahres erteilt werden; wer nach Ablauf eines Jahres nicht um Verlängerung bittet, dessen Konzession ist erloschen. Wenn daher der Abgeordnete Clay sein Verlängerungsgesuch ein­­reichte, habe er aufgehört Konzessionär zu sein. Redner schließt sich übrigens der Mahnung des Präsidenten an, die Sache nicht so zu betrachten, als würde jeder, der eine Vizinalbahnkonzession herausnimmt, deshalb schon in schmäßige Sachen verwidelt sein. Der Bau der Vizinalbahnen hat die Interessen des Landes­ jeder bedeutend gefördert und wenn einzelne Mißbräuche vorsamen, dürfe man nicht gler alle Konzessionäre verdächtigen. Der Antrag des Grafen Csary bezwecke lediglich, die öffentlichen Beamten und Abgeordneten gegen Verdächtigungen zu schüßen. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Lebhaft mißbilligte er Benjamin Boroff, daß viele Mitglieder aus Anlaß des Borfoder Zwischenfalles al­s, was mit den Bizinalbahnen zusammen­­hängt, in den Kot ziehen. Die Legislative hat wochenlang das Bizinalbahn­­gesäß beraten, jet aber sage man auf einmal, daß derjenige sich beseämue, der sich mit solchen Dingen beschäftigt. Und weil Redner denjenigen, der si um eine Vizinalbahnkonzession bewirbt, deshalb nicht schon für ehrlos hält, nehme er den Antrag des Grafen Csaky nicht an. (Bewegung links; NAufe rech3: Auch Csary hält ihn nicht dafür!) Der Uebelstand liege nicht darin, daß alle Abgeordnete sich um Kon­­zessionen bewerben ; daß sei ja mitunter ihre Pflicht. Darin Liege der Uebelstand, daß nach der Schaffung­­ des Vizinalbahngefeges nicht dafür gesorgt wurde, daß die Konzessionäre das zum Bau erforderliche Geld aus reinen Duellen erhalten könnten. Da dränge sich dann die inrerne Spekulation ein. Die Legislative solle für die Errichtung eines Geldinstitutes sorgen, von welchem man das Baukapital zu billigen Hilfen bekommen könnte. Da ein solches Institut fehlt und auch der Staat das erforderliche Geld nicht vergiebt, müssen die Interessenten das Geld dorther nehmen, woher und unter welchen Bedingungen sie e8 bekommen. Die Unteressenten sind berechtigt, die für sie notwendige Eisenbahn zu bauen, denn ohne Eisenbahn giebt er sein Leben mehr; sie achten weder auf die Opfer, die sie bringen, noch auf die Bedingungen der Finanzierung, wenn sie nur die Bahn zustande bringen. Diesem Streben hat Ungarn ein Vizinalbahnnet von 4000 Kilometern zu danken, welches der Bolfswirtschaft die größten Dienste leistet. Wenn man die weitere Entwickklung der Vizinal­­bahnen duch Ausschließung der Abgeordneten hemme, so schaffe man eine un­­haltbare Lage, Graf Csaky habe einen idealen Zweck ins Auge gefaßt, sein Antrag entspreche jedoch dem praktischen Leben nicht und deshalb nehme Redner denselben nicht an. Den Rednern, die an den Obergespanen sein gutes Haar Lassen, schloß sich heute der Abgeordnete Stefan Bajay an. Der Obergespan Szalavkty habe 36 Komitatsrepräsentantenwahlen summarisch passiert; an mit ihm sollte man summarisch verfahren. Hierauf ergriff Ferdinand Horanfty das Wort. Er besprach zunächst die Obergespansinstitution, dann aber äußerte er sich im Namen seiner Partei über die eingereichten Anträge. In der Obergespansinstitution, so wie sie recht organisiert ist, und bei der Erfüllung des Berufes, den das jügige System ihm auferlegt, » erblich Redner eine Gefahr nicht‘ bloß fü­r Die Administration, sondern für das öffentliche Leben überhaupt. Es sei doch eine monströse Ein­­richtung, daß die Obergespane absolut seine Verantwortlichkeit zu tragen haben, die Regierung hedt alle ihre Handlungen und es ist unmöglich, gegenüber dem Vorgehen der Obergespane, selbst wenn dasselbe gegen die Gehege verstößt, Abhilfe zu finden. Dies hat zur Folge, daß einerseits der Friede zwischen den Staatsbürgern gestört, andererseits das politische Leben selbst auf seiner obersten Stufe, im Parlamente, ungesund beeinflußt wird. Daraus entspringt die Un­­zufriedenheit im Lande, die Leidenschaftlichkeit, die Beunruhigung, die Entartung des parlamentarischen Lebens, was die Gefährdung hoher staatlicher Interessen, ja die Gefährdung des Ansehens des Staates nach sich ziehen kan. Deshalb wünsche es der Redner hauptsächlich, daß es der Legislative endlich möglich gemacht werde, an das große Werk der Verwaltungsreform zu gehen; dann werde es möglich sein, auch die Obergespansinstitution einer gesunden Reform zu unterziehen. In betreff der einzelnen Anträge erklärt der Redner, daß er den Antrag des Abgeordneten Run nicht annehme, weil seine P­artei für die Obergespane überhaupt nichtsvollens DOMAMMg Pazmandyz stimmte er nicht zu,weil er in dieser Beziehng denseie Standpunkt einnehme,wies er Handelsminister. Den Antrag Szalays lehne er ab,weil die Gerichtsbehörden­ aus eigener Initiative einschreiten,wenn die Umstände es erforderlich erscheinen lasse. Auch den Antrag Varadye lehne er ab,weil man die Regierung Urcht am Weier­spUd aUszUgen müsse,daß sie die Reinheit der Wahlen und die Ent­­haltung der­ Obergespane von jeder Einmischung in die Wahlen durch gesetzliche Garantien sichern Müsse.Dagegen nehme er den Antrag des Grafen Esaky mit dem ZUsAtz CMWge des Abgeordneten Bartha am.Der Antrangakys sei für die Zukunft,der Zusatzantrag Barthas für die Vergangenheit notwendig. Voneinander getrennt,wäre jeder dieser Anträge für sich nur eine halbe Maßregel.Redner votiert das Präliminare nicht­(Stürmischer Beifall der Opposition.)Er äußerte sich sodann Justizminister Erdely über den Antrag Szalays.Der Minister erklärte,durch gesetzliche Bestimmungen sei der­ Staats­­anwalt bei sonstigem Amtsverluste verpflichtet,bei dem kompetenten Gerichte einen Antrag zu unterbreiten,wenn,wo oder wann immer solche Handlungen begangen und bekannt wurden,die von amts wegen verfolgt werden müssen. Da gesetzliche Verfügungen bestehen,bedürfe es keinen Beschlusses der Abgeordnetenhauses,somit sei der Antrag Szalays überflüssig. ..Darauf erwiderte Szalay,da er soeben erfahren habe,daß die Staatsanwaltschaft die Unte­rsuchung in Angelegenheit der Boldvathalbahn bereits eingeleitet habe,ziehe er seinen Antrag zurück. Der folgende Redner,Julius Horvath,stimmte den Ausführungen Horanskys in betreff der Obergespansinstitution in jeder Beziehung zu.Wer ein dauerhaftes und anständiges Verwaltungssystem eingeführt sehen wolle, der müsse vor allem auf eine Aenderung der Obergespansinstitution hinwirken. Zur Erörterung der Vizinalbahnaffairen übergehend,bemerkte der Redner, daß die jetzige Debatte eigentlich ihre richtigen Ufer überschritten habe.Ugron habe ganz recht gehandelt,als er,ohne eine bestimmte Person zu bezeichnen, in seinem Antrage nur so weit ging,daß es für einen Obergespaninkompatibel sei,zugleich Eisenbahnkonzessionär zu sein.Diese Inkompatibilität ist selbsts verständlich-Dann aber wurde hier im Hause und in der Presse viel darüber gesprochen,daß den Konzessionären stets ein gewisser Verdacht anhafte.Aber anstatt daß hier erörtert worden wäre,ob dieser Verdacht und bei wem bei­rechtigt sei,wen man zu stigmatisieren,wennicht,wurde der Antrag ein­­gebracht,daß es den öffentlichen Beamten und den Abgeordneten,damit sie in keinen Verdacht geraten können,untersagt sein soll,Vizinalbahnkonzessionen zu erwerben.Dadurch­ ist gesagt,daß es für die Abgeordneten unehrenhaft sei,eine Konzession zu erwerben.Aber werden dann andere hinsichtlich ihrer Person die Erwerbung einer Konzession nicht ebenfalls für unehrenhaft halten. Wer das,was der Antrangakys bezweckt,erreichen wollte,hätte den vor kurzem­ eingebrachten Inkompatibilitätsantrag des Abgeordneten Holloans nehmen sollen. Redner selbst habe gegen jenen Antrag gestimmt,noch unrichtiger wäre es aber,durch die Annahme des CSaky’schen Antrages nicht bloß einzelne Abgeordnete,sondern das ganze Parlament,nicht bloß die jetzige,sondern auch alle früheren Regierungen in Verdacht zu bringen. Wenn aber der Verdacht einmal auftauchte, müsse Licht in die Sache gebracht werden, sei e8 durch eine parlamentarische Kommission, sei e8 in anderer Weise, damit «l­ar werde, wer Mißbräuche beging und wer rein dasteht. Dies erfordert nicht bloß die Reputation einzelner, sondern das sorgfältig zu mahrende Prestige des Parla­­mentes. Don diesen Ansichten ausgehend nehme Redner von allen Anträgen nur denjenigen der Abgeordneten Bartha an. (Beifall Link.) Iu langer Rede führte Jodann Z­ohann Hoch aus, daß die Ober­­gespane die unverantwortlichen Werkzeuge der Regierung, welche glauben, alles thun zu dürfen, da sie ja vom Minister stets in Schuß genommen werden. Die Volität des Ministers des Innern sei nicht loyal. Der ge­wesene Ober­­gespan Julius Mills werde zu Tode gehegt, damit neunundneunzig andere Schuldige durchschlüpfen können; ein Mensch werde geopfert, damit das System gerettet werde. (Stürmischer Beifall und Applaus der Opposition.) So betreff der Vizinalbahnen bemerkte der Redner, daß bei manchen das Baukapital mit 25.000 fl. per Kilometer, bei anderen mit 75.000 fl. festgestellt wurde, Bartha: Wer erhält so viel? Hoc erwieberte, die Eisenbahn des Abgeordneten Geza Kubinyi. Damit es endlich­er werde, wer sich auf Kosten­ des öffentlichen Interesses un­­berechtigte materielle Vorteile sichern wolle und wollte, nehme Redner den Antrag Barthas an. (Stürmischer Beifall und Applaus der Opposition.) Da weiter sein Redner vorgemerkt war, erklärte der Präsident die Debatte für geschlossen. Am Schluß der Sigung ergriff der Minister des Sanern Perezel noch das Wort um nachdrücklich die Institution der Ober­­gespäne in Schuß zu nehmen. Der Referent des Steinbruches in Kapolyhat. Unter diesem Titel bringt „Budapesti Hirlap“ in einer seiner früheren Nummern einen Feuilletonartikel, den wir in woörtlicher Niederregung folgen lassen : „Man beabsichtigte den Steinbruch in Kapolghat zu verstaatlichen und mein Vater schrieb mir, ich solle in das Handelsministerium gehen, um vom Referenten dieser Angelegenheit zu erfahren u. s. m. — Was ich von ihm erfahren sollte, halte ich aus später ersichtlichen Gründen für überflüssig, dem Zefer zu jagen. Ich sah im Adreßbuch nah, wo das Handelsministerium sei und trat am Morgen eines trüben Herbsttages um einviertel 10 Uhr an den P­ortier des Ministeriums heran, um ihn zu fragen, ob er nicht wisse, wo man hier etwas erfahren könnte. Er wußte es: „Rückwärts im Hofe, Links, Thür Nr. 5, im Einreichungsprotokolfe.“ Leicht fand ich­­in und freute mich, daß die Sache so glatt geht — und trat höflich ein. Mein El­e fiel auf einen ernst aussehenden Mann in den mittleren Jahren, der an einem Schreibtisch saß und — so shien eg — daran ehr gewöhnt war, daß jemand in sein Zimmer trete, denn er blichte nicht auf. Nachdem ich z­­eieinhalb Minuten vergebens gewartet hatte, von ihm bemerkt zu werden, trat ich zu ihm an den Teich und bat ihn um Entschuldigung.­­ Er aber entschuldigte mir nicht, sondern sah mich verdrieglich an. „Was ist gefällig ?" „Ich bitte in der Angelegenheit des Steinbruches in Kapolyhat.” „3a, ja." “ Damit nahm er von einer Stellage ein großes dickes Buch herab,sah trübselig hinein und­ nachdem er eine zeitlang darin herumgeblättert,nahm er ein Stückchen Papier und schrieb darauf:24852X8950.Den Zettel händigte er mir ein und setzte sich,wie jemand der seine Pflicht und Schuldigkeit gethan hat,wieder an den Tisch und schrieb weiter. Jetzt waren wir also zum­ein«­er,ich und der Zettel. «Draußen regnen­ es im Zimmer summte melancholisch eine Fliege;die Lage war eine ziemlich verzweifelte. Ich wußte nicht, wie ich den zerrissenen Kaden der Unterhaltung wieder aufnehmen sollte, und ein wenig lächelnd, fragte ich, wohin ich wohl mit diesem Zettel zu gehen hätte. „Zweiter Stod, technische Abteilung B*, sagte er, mich verwundert anblidend. Ich dankte ihm für seine Auskunft, ging zu derselben Thüre wieder hinaus zu der ich hereingekommen war, und begab mich hinauf in den 2. Stod. Dort suchte ich lange Zeit nach der „technischen Abteilung B*. Allerlei Mederschriften waren an den Thüren angebracht und gerade die „technische Abteilung “.* war nirgends zu finden. Sch ging vorbei an den Thüren des Liquidators, des Rates Kohlkrampf, der Präsidialabteilung, des Expeditors, des Sektionschefs Marufit, des Rates Pirkopy, der Kafja, C 5, A 3, des Ministerialrats K­önigsfeld, bis ich endlich zu einer Wendeltreppe gelangte, wo ein Holzlorb und eine Stehrichtfifte in stiller Einsamkeit fi­­ärmten und gar Feine Wehnlichkeit Hatten mit der technischen Abteilung B, so daß ich, nachdem ich neugierig umhergesehen Hatte, zurückging und in dem Vorzimmer der Abteilung C 5 den am Zenster figenden Diener fragte, ob er mir nicht sagen könne, wo die „technische Abteilung B“ zu finden sei. Der Diener zeigte mir persönlich die Thüre, die hinter zwei Vorzimmern und einer Ofenede so glücklich verborgen war, daß sie nur Eingeborene finden konnten. Ic trat nun in das Zimmer, in dem mehrere junge Leute, einander den Rüden kehrend, vor großen Schreibtischen figend, sich langweilten. Ich trat zu einem brieser Herren hin, sagte ihm, daß ich sein „Ergebenster Diener“ sei und überreichte ihm den Zettel. Er blickte darauf und b­at nun etwas ganz sonderbares. Seine rechte Hand ballte er zur Faust, trete steif den Daumen aus und legte diesen auf seine rechte Schulter. Anfangs glaubte ich, es sei dies vielleicht ein reis­maurerzeichen, kam aber bald darauf, daß er zu bedeuten habe, ich solle zu dem anderen, ihm den Rüden fehrenden Herrn gehen. Dies bhat ich und legte dem Herren den Bettel Hin. Dieser Half­fi aber einfach damit, daß er den Zettel wegschob. Nun rief ich: „Entschuldigen Sie”, worauf er den Zettel dennoch ansah und mit dem Ringfinger der linken Hand­gebieter sich auf den dritten Tisch zeigte. Der Herr des dritten Tiiches zeigte nichts, denn er war nicht dort, und so konnte ich denn ein wenig ausruhen. » Bis dieser Herr zurückkam beschäftigte ich mich da mich daß ich das gangess Ministerium samt den im Zimmer befindlichen Aktenstücken anfing zu den. anwifchen kam aus dem Nebenzimmer der Herr Abteilungschef heraus, die jungen herren schnitten sorgenschwicke,wichtige Gesichter,ich aber verneigte mich ehrerbietig vor dem Herrn Abteilungschef,was diesem so sehr gefiel,daß er mich mit kühler Teilnahme fragte,was ich wolle. »Der Steinbruch in Kapolyhüt«i .,Steinbruch?gehört nicht hierher,sondern in die Ingenieurabteilung ...Gehen Sie hinunter in die Ingenieurabteilungl.Stock. Ich dankte für die Auskunft j und eilte in die Ingenieur-Abteilung. Nach kurzen 17 Minuten fand ich im 1.Stock des zweiten Hofes die Ingenieur- Abteilung,nur war dies die Abteilungs für Brückenbauten,die für Architektur ist im 3.Stock. Auf dem Wege dahin aß ich im 2.Stock ein Paar Würstel mit Kreen, die ich mir von einem dort umherirrenden Mann gekauft hatte. Die Uhr ging auf halb­ IH bitte die Leser, nicht ungeduldig zu werden; ich wäre gewiß auch lieber früher fertig geworden, aber es war nicht möglich, denn im Vorzimmer des­­ Ministerialrates mußte ich eine halbe Stunde warten. Endlich empfahl er 1, laut ladend von einem diden, gutmütig aussehenden Herrn, und ich tat ein. So wünschte ihm einen guten Tag und sagte: „Mein Name ist Riss Mihaly.“ Er aber kümmerte sich nicht viel darum, sondern feßte sich nieder. Dann aber sab er mich argmöhnisch, die Stirne in Falten fegend, an, etwa so, tie­fe berühmten Untersuchungsrichter die berüchtigten Mittelhäter anzusehen egen. A Bewußtsein seiner hohen Stellung lächelte er auch ein wenig ver i­. .. Ich faßte Mut und begann meinen Vortrag: »Der Steinbruch in Kopoly hat...« Ich konnte nur so weit kommen,denn der Herr Rat klingelte,woran ein alter,hüstelnder Diurnist eintrat,welchem er den Zettel,den ich vorher auf seinen eleganten Schreibtisch gelegt hatte,übergab und dann,indem er das Wort»kårem«aussprach,so starr auf die Thür sah,daß ich verstand, was er wollte,daß wir nämlich beide,der Diurnist und ich,ganz unfehlbar sein Zimmer verlassen sollen.Der Diurnist faßte mich ein wenig am Rock und führte mich hinaus. Fast Hätte mich die Geduld verlafen. ALs mir aber draußen der Diener einen Stuhl anbot, beruhigte ich mich wieder und sah mit großem Interesse zu, wie er nach seinem Augenglas suchte, dasselbe abwischte und zwei Bücher und ein großes Affen-Verzeichniß durchblätterte, um sich endlich zu überzeugen, daß der At (ed war einviertel 12 Uhr), wenn er auch hier gewesen sein sollte, jeit nicht mehr sei, auf seinen Sal aber von Seiner Hohmohl geboren dem Herrn Ministerialrat referiert, Höchstens begutachtet worden sei. Nun Elügelten wir beide ganz freundschaftlich aus, daß es wohl am besten sein wird, wenn ich hinunter ins Erpedit gehe. Parterre, Thür Nr. 9. Im Erpebit schiefte mich der erste Herr im das zweite Bimmer an den dritten Tisch. Der an diesem Tisch figende Herr war aber so jede beschäftigt, daß ich ihn nicht stören durfte, bis er emblich selbst mir den Zettel aus der Hand eiß, eilig in einige Affenstücke Hineinblicke, mir dann den Zettel mit den Worten zurückgab „ist beim Mundieren" und, indem er einige Affenbündel unter den Arm nahm, rasch zur Thüre Hinausscheb. Ich wendete mich nun, fast verzweifelt, an einen freundlich aussehenden Herrn, mit braunem Vollbart, und bat ihn, mir zu sagen, was das heiße, wenn etwas „beim Mundieren“ sei. Der bärtige Herr lächelte freundlich: „Das ‚Heißt eben, daß man es manbdiert.” a Auch ich lächelte nun und fragte ihn, ob man das nicht vieleicht sehen w­ie, >

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