Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. März (Jahrgang 23, nr. 6755-6779)

1896-03-01 / nr. 6755

­ . “ Seite 216 Hermannstadt, Sonntag fi bereichern. Darüber besteht doch wohl sein Zweifel, daß der Gesamtertrag, selbst wenn wir die Beteiligung des Staates mit mehr als 6 Prozent veran­­schlagen, si nicht verringern wird. Und wenn überdies die dauernd sindende Tendenz des Einsfußes in Betracht gezogen wird, so ist wahrlich um so weniger Grund vorhanden, die Stereffen von Aktionären, die von privilegierten Rapieren auch heute noch effektive 4,5 Prozent beziehen, zu forcieren. In den eben umschriebenen Rahmen beginnen die Verhandlungen. Es läßt sich nicht leugnen, daß die Frage überaus verwidelt ist. Nationale In­­teressen sind beherrschend, und wo dergleichen Gesichtspunkte die Verhandlungen leiten, ist ein Uebereinkommen schwierig, ein Vergleich mühsam. Und noch ist der schwere Teil der Frage, die Festlegung der Duote, zurück. Politische Webersicht. Hermannstadt,29.Februar. In der Sitzung des Reichstags Vom 27.d.M.wurde das Budget des Handelsministeriums weiterverhandelt Außerdem»Trauerredner«,wie der»Pester Lloyd«den durch beinahe zwei Stunden das Haus in»elegische« Stimmung verlegenden Abgeordneten Babo nennt, sprachen in dieser Ligung der Kronstädter Abgeordnete Dr. Karl Schmidt, Erpremier KR. v. Tipa und Julius Horvath. « D»1«.K.Schmidt beleuchtete kritisch in seiner Rede u.a.den Entwurf zur Reform der Kreditgenossenschaften,und wurden seine zutreffendenAeißes kungen vomhause beifällig aufgenommen.Wir werden auf seine Rede noch zurückkommem Kolomanv.Tipa hielt diesmal keine lange Rede.Er sprach von der Ersprießlichkeit eines billigen Ausgleichs,was von der Opposition mit Widerstreben aufgenommen wurde,und empfahl demdaute,gegenüber dem taktischen Fehler,welchen der österreichische Reichsrat durch seine Resolution begangen,Festigkeit und kühle Zurückhaltung zu bewahren.Sollte aber trotz aller Friedfertigkeit sein annehmbarer Ausgleich geschaffen werden können,so müßte Ungarn auch seiner Ansicht nach,von seinem gesetzlichen Rechte,auf Errichtung eines selbständigen Zollgebiets Gebrauch machen.Die Verantwortung für diese Erschütterung der­ Volkswirtschaft in beiden Staaten würde dann aber nicht Ungarn treffen. Die eingereichten Beschlußanträge bezeichnete er als unannehmbar, den des Grafen Apponyi aus Zweckmäßigkeitsgründen. Eine Budapester Zuschrift der offiziösen „politischen Korrespondenz” führt aus, daß die Erstrebung der Indemnitätsfrist bis Ende Mai mittelst des Indemnitätsgefeges nur aus dem Grunde erfolgt sei, um selbst für­ die äußerste Eventualität vorgesorgt zu haben. In Wirklichkeit hoffe man, daß der Budgetverhandlung keine obstruktionsmäßigen Schwierigkeiten mehr bereitet werden dürften, da die Opposition einzusehen beginne, daß die OBer­­schleppung stattit der genannten Partei in der öffentlichen Meinung den größten Nachteil zufügt. Ueber die Ausgleichsverhandlungen zwischen Oesterreich und Ungarn­­. macht das offiziöse Organ des Ministeriums des Meußern, das Miener „Bremdenblatt“ folgende Bemerkungen : „Da es sich bisher gezeigt­ hat, daß die ungarischen Staatsmänner ebenso wie ihre österreichischen Kollegen von dem Wunsche beseelt sind, die im Auge befindlichen Unterhandlungen zu einem gedeihlichen Ergebnisse zu führen, kann nicht davon die Rede sein, daß die eigene Regierung siege oder eine Niederlage erleide, sondern es ist selbstverständlich, daß­ der neue Vertrag für beide Teile annehmbar sein müsse. Der Ausgleich muß fi ald Ausgleichung der beider­­seitigen S Interessen er­weifen. Die Wahrung der Interessen des eigenen Staates ist eine Pflicht, die von beiden Regierungen sehr ernst aufgefaßt wird. Die strengste Erfüllung dieser Pflicht schließt aber das Verständnis und die Würdigung der Bedürfnisse des anderen Staates nicht aus, nur dürfen die beiderseitigen Staatsmänner nicht auf die leidenschaftlichen Souffleure hören, die cis und trans die verantwortungsvollen Verhandlungen der Regierungen beeinflußen wollen.” Der Ausfall der Wiener Gemeinderatswahlen im dritten “Wahlkörper, wo nicht ein einziges Mandat den Liberalen zugefallen ist, hat in liberalen Kreisen nicht wenig Tonsterniert. Das Hauptorgan der liberalen Partei, die „Neue Freie Presse”, hätte sich damit zurechtgefunden, wenn der Handwerker in den B Vorstädten, oder die sie schreibt, „wenn die noch halbe bäuerliche, den Webergang zwischen Stadt und Land b darstellende Bevölkerung an der Peripherie den antiliberalen Führern gefolgt wäre“, daß aber auch der­­ dritte Wahlkörper in der inneren Stadt­,der antiliberalen Richtung zum Siege verhalf, geht ihr über den Strich. Wider ist hieran schuld? Nach dem angeführten Blatte nur die ultramontane Partei. Er schreibt: „Wo wir reden, ist ein brut­aler Rackfall in die Zeit vor vierzig Jahren, es ist ein Sieg der nacten, ultramontanen Reaktion. Der dritte Wahlkörper der inneren Stadt hätte nicht antisemitisch gemählt, wenn ihm nicht mit gutem Bedachte die Wiesinger und Porzer, die Häupter der Hek­falen Partei, wären als Kandidaten aufgestellt worden, und das läßt vermuten, daß auch in den übrigen Bezirken das antiliberale Net nicht so dicht ausgefallen wäre, wenn nicht Kette und Einschlag von geistlichen Händen wären geliefert worden. Die ultramontane Partei habe den Anteil an dem Siege, der unter der Parole „Lueger oder Badeni” sei. Ihr hat Wien sich ergeben. Wo Desterreich das fegtemal ihr die Herrschaft eingeräumt hatte, endete der Triumph bei Magenta und Solferino. Wie weit Wien mit ihr kommen wird, müssen wir abwarten. Sollte dem Wiener Bürgertum etwas Wehnliches in seinem Gemein­wesen widerfahren, so wird er niemanden anzufragen haben als sich selbst”. Wir flehen den Vorgängen in der österreichischen Haupt und Residenz­­stadt zu ferne, um uns ein Urteil anzumaßen, daß aber die ultramontane Gesinnung in dieser Weise alle Schichten der Wiener Bevölkerung durchtränkt hätte, kommt uns doc etwas — spanisch vor. Bezüglich der egyptischen Frage schmwebt etwas in der politischen Luft. Zunächst brachte die „Times“ eine Meldung über die Schritte, welche von der Pforte in dieser Angelegenheit gemacht worden wären. Es ist leicht erklärlich, von welchem guten Freunde die ja fest sonft lammfromme Pforte Hiezu die Anregung bekommen haben kann. Das „Reuter’sche Bureau“ war flugs mit einem Dementi bei der Hand und versicherte, vom türkischen Botschafter in London erfahren zu haben, daß er, der Botschafter, vom Marquis of Saltabury keinerlei Andeutung bezüglich Egyptens gemacht habe. Er habe seine Kenntnis von der behaupteten Ernennung einer Kommission durch den Sultan behufs Auffielung konkreter Vorschläge zur Regelung der egyptischen Frage. Er misse absolut nichts von der Frage, welche durch die Konstantie­nopeler Depetche der „Zimes” aufgeworfen wurde. Andererseits nun wird gesagt, an gut unterrichteter Stelle werde die „Zimes'Meldung für glaubwürdig gehalten und habe durch die Aeußerungen maßgebender englischer Stimmen ihre volle Betätigung erhalten. Der „Münd. Allg. Ztg.” wird von ihrem Londoner Korrespondenten geschrieben: „Ebensowenig vermag man sich über den Zusammenhang zu täuschen, der zwischen diesem Vorgehen und der von Rußland in DOstaften verfolgten Politik besteht. Wenn es die mißglücte Absicht Englands war, durch ein Engagement in Armenien Rußlands Aufmerksamkeit von den ostasiatischen Angelegenheiten abzulenken, so wird ihm dies jegt durch Umkehrung des Spießes von Rußland und Frankreich Heimgezahlt. Unz­weifelhaft ist das englische Streben zunächst dahin gerichtet, zu verhüten, daß die egyptische Uns­gelegenheit einen akuten Charakter annehme und so ihr freilich mit Händen zu greifender mittelbarer Zusammenhang mit den ostasiatischen Angelegenheiten zu einem unmittelbaren werde.. Man spricht von bereits eingeleiteten englisch­­französischen Unterhandlungen. Diese liegen allerdings um so näher, als alle Mächte von jeher der Ansicht Huldigten, daß bezüglich Egyptens England und Frankreich zunächst auf Verhandlungen unter­einander angewiesen seien. In einzelnen englischen Blättern wird übrigens gerade fegt wieder und speziell im Hinblick auf die ägyptische Stage zu einem Anschluß des Kabinetts von St. James an die Dreibundmächte geraten, doch fehlt bisher jeder Anhalts­­punkt dafür, wie England, von allem, was in der Tiebten Zeit sich ereignet hat, namentlich von seiner brutalen Deutschfeindlichkeit absehend, diesen An­­schluß etwa finden zu künnen meint. Deutschland ist doch nicht eine Macht, die man heute mit der Pfeitsche und morgen mit Zuderbrot behandeln kann.“ Zwei P­ariser Blätter zeigen wenig Achtung vor der Charakterfertigkeit der französischen Kammer. Die bonapartistische „Autoritée” und die radikale sozialistische „Petit Republique” sind übereinstimmend­ der Meinung, dieselbe Kammer, welche durc­ die Wahl der Budgetkommission die Einkommensteuer zurückge­wiesen habe, t werde für diese Steuer stimmen. Das septere Blatt schreibt, in der öffent­lichen Lagung melden die Deputierten aus Furcht vor den Wählern für die­ Steuer stimmen. In parlamentarischen reisen wird, mehreren Meldungen zufolge, die Frage erörtert, ob es jeir nicht an der Zeit wäre, eine Debatte über die finanzielle und allgemeine Politik der Regierung herveizurufen. Der Deputierte Sautier — heißt es — sei entschlossen, eine Interpellation über die allgemeine Politik und die Haltung der Negierung in der Frage der V­erfassungsrevision einzubringen. Der erste Lord der englischen Nomiralität Goshen hielt dieser Tage in einer Versammlung eine bemerkenswerte Rede. Er erklärte, die Ansicht, daß England mit der Politik des Kontinents nichts zu thun habe, beruhe auf einem Sertum. Unterhandlungen zur Herbeiführung eines Vergleich oder die Schaffung eines Schiedegerichts seien zwar von Bedeutung, aber wehe der Macht, welche nicht den Mut oder die Mittel besäße, nachdrüchlich ihre Meinung zu vertreten. Erst kürzlich seien einige Vorfälle, welche leicht zu einem Streit hätten führen künnen, ‚auf dem Wege der Verhandlungen erledigt worden. Ohne die diplomatischen Geschehnisse zu verraten, könne er erwähnen, daß ein h­ochbedeutender deutscher Staatsmann — jedoch nicht etwa Zürst Bismarc — im vergangenen Jahre die Ueberzeugung gehegt habe, England werde es niemald wagen, seine Interessien im Auslande mit Gewalt zu schüßen, und könne zu Kriegsoperationen nur durch einen Angriff auf das Zentrum seiner Interessen, in England selbst, gezwungen werden. Einer gefährlicheren Täuschung habe sich noch nie ein verantwortlicher Staatsmann hingegeben. Redner hofft, daß mit dieser Ansicht gebrochen sei und daß diejenigen, melche eine ähnliche Anschauung hegen, durch die jüngsten Ereignisse aus dem Irrtum gerissen worden seien. Die Beziehungen der englischen Regierung zum Deutschen Reiche seien so Herzlich, als sie im gegenwärtigen Reitpunkte nur sein können. Sie werden beiderseits mit Hilfe von Männern aufrechterhalten, die sich bewußt seien, daß jeder seine eigenen Rechte und Unt­ressen verteidigen müsse. Bezüglich der Sonderstellung Englands erklärte Redner, England m­­rde mit Freuden in verschiedene Gruppierungen der Mächte aufgenommen werden. Es sei nicht willend, die verlangte ausschließliche Hingabe zu gewähren, und aus diesem Grunde sei man etwas ärgerlich auf England. Man habe wohl den Berfuch gemacht, England zum Anschlusse an eine Gruppe von Mächten zu bewegen, doch habe er dem Bestreben, es einzufangen, widerstanden und dadurch Er­­bitterung hervorgerufen. Die Sonderstellung Englands beruhe nicht auf Schwäche, sondern auf dem Bedürfnis nach Freiheit des Handelns. Zu den Söiener Gemeinderatswahlen. Am 27. d. M. haben in Wien die Wahlen in den Gemeinderat ihren Anfang genommen. Angesichts dessen dürfte es nicht ohne Interesse sein, aus zwei deutschen Zeitungen über die Situation, knapp vor Beginn dieser Wahlen, eine Mitteilung zu machen. Der Berliner „Nationalzeitung“ wird unterm 23. d. M. aus Wien gesccrieben : „Die Residenz steht neuerlich vor der Aufregung der Gemeindewahlen, die infolge Auflösung der Gemeindevertretung in verhältnismäßig kurzer Zeit zum dritten Male vorgenommen werden müssen. Die Demagogen, welche die Massen auf ihrer Seite haben, sind siegesgewiß, die Liberale Partei dagegen so eingeschüchtert und ihr Anhang der geschäftlichen Boykott so entmutigt, daß eine starre Wahlenthaltung derselben den Sieg der Gegner noch sicherer erscheinen läßt, als im September vorigen Jahres, wo die Demagogen zwei Drittel der gesamten 138 Gemeinderatsmandate eroberten. Die Entscheidung liegt, da die Wähler in drei Zensuswahlkörpern wählen, zum großen Teil bei den Beamten, die sämtlich im zweiten Wahlkörper wählen. Ob das Entgegen­­kommen des Grafen Badeni, doch Schaffung eines bedeutend ausgebesserten Pensionsnormales und durch Erhöhung der Gehälter, den von der Regierung gewünschten Einfluß üben und die Beamten von der radikalen Opposition ableiten wird, ist zu bezweifeln. Im günstigsten Falle rechnet die fortschrittliche Partei auf eine kleine Verminderung der radikalen Mandate. Im Wesen wäre aber der Regierung, die den Kampf wider diese Partei aufgenommen hat, damit nicht gedient. Die künftige Mehrheit wird weitaus genügen, um den Schlachtruf, mit dem diese Partei in den Wahlkampf zieht, zur Wahrheit werden zu lassen. Dr. Zueger muß neuerlich zum Bürgermeister von Wien gewählt werden. Der Kampf hat sich zu einem solchen zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Führer der Christlich Sozialen zugespigt. Dr. Zueger verkündet in allen Versammlungen, von denen er jegt täglich zwei, drei im Laufe eines Abends besuc­ht, der Sieg seiner Partei bei dem am 27. d. M. beginnenden Wahlk fampfe bedeute die Entscheidung für den Sortbestand des Kabinett Babeni, werde eine große Mehrheit im Gemeinderate erzielt, die ihm (Lueger) wieder zum Bürgermeister erwähle, dann werde der Monarch nicht umhin dünnen, troß der einmaligen Ablehnung seiner Bestätigung, ihn diesmal in seiner Würde zu bestätigen, dann aber bleibe dem Grafen Badeni nichts übrig, als si zurückzuziehen. Diese Argumentation Luegerd findet bei den Massen vollen Glauben, und der Haß gegen das polnische Regiment thut das übrige, um die fährende Aufregung zu erhöhen. Daran wird vorläufig auch die Entscheidung über die beim Verwaltungsgerichtshofe eingebrachte Beschwerde der Radikalen wider die legte Auflösung des Wiener Gemeinderates und die nicht erfolgte Bestätigung Quegerd als Bürgermeister nichts ändern. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese zu Agitationszwecken erhobene Beschwerde als im Gehege nicht begründet zurückge­wiesen und in der Begründung erklärt, daß die Negierung in der That berechtigt es, nach den Bestimmungen des Gemeindestatutes, den Ge­­meinderat noch vor der Wahl des Bürgermeisters aufzulösen, da § 101 des Gemeindestatutes ihr das Mittel einräumt, eine Gemeindevertretung, welche aus was immer für Gründen nicht die Garantie für ein ersprießliches Wirken zu bieten scheint, von dem Beginne oder von der Fortlegung ihrer Thätigkeit auszuschließen. Da nun Dr. Lueger die Erneuerung seiner Wahl nach der Erneuerung des Gemeinderates als unab­wendbar hinstellt, Graf Babeni dieselbe aber als ausgeschlossen von der kaiserlichen Bestätigung erklärt, so ist schon heute klar, welche Folgen die Erfüllung de Wunsches Luegers haben würde. Der Anhang, den Lueger in der Wiener Wählerschaft begicht, dürfte jedoch durch diese Ent­­scheidung des obersten Ver­waltungsgerichtshofes nicht von seinem Ziele abgelenkt werden. Die künftige Mehrheit des Wiener Gemeinderates wird unbekümmert um den deutlich ausgesprochenen Willen des Monarchen und ohne Rücksichte­nahme auf die ablehnende Haltung des Ministeriums, Dr. Lueger wieder auf den Schild heben. Die Bundesgenossen der Antisemiten, die Gruppe der Deutschnationalen und die Klernfalen sind allerdings mit der Entschließung der Antisemiten nicht einverstanden; sie besigen Egoismus genug, um die Berufung eines ihren Gruppen näher stehenden Bewerber um den Bürgermeisterposten anzustreben, allein sie haben bisher wenigstens nicht den gen­ügenden Einfluß, um der Strömung in den Massen entgegenzutreten. Es kan daher als sicher an­­genommen werden, daß­­ die Residenz noch lange nicht in den Wiederbesit ihrer autonomen Verwaltung gelangt, daß vielmehr der kaiserliche Kommissär nach wie vor der Wahl die Verwaltung der ersten Gemeinde des W­eiches leiten wird, falls die Radikalen, die ja doch darauf brennen, endlich die Früchte ihrer Agitation zu genießen, nicht im legten Momente nachgeben und einen anderen aus ihrer Mitte als Bürgermeister präsentieren, dem dann wahr­ fcheinlich die Kaiserliche Bestätigung nicht versagt würde, obgleich das am Ende nur in dee B Personenfrage, nicht in der Sache, ein Sieg der Re­gierung wäre.“ Der Korrespo­ndent der „Münchener Allgemeinen Zeitung” berichtet aus Wien vom 23.d. M.: „Die Spannung, mit der man diesmal den Wiener Gemeinderatswahlen entgegensieht, ist weniger stark als die bei­den früheren Anläßen. Die Wichtig­­keit der Entscheidung ist nicht geringer geworden, aber da der Ausgang uns zweifelhaft ist, so eilt die Öffentliche Meinung über das Ereignis selbst seinen Folgen voraus. Die Mehrzahl der Wiener hat es sich nun einmal in den Kopf gelegt, Dr. Lueger als Bürgermeister zu sehen und so wird die antiliberale Partei auch diesmal die Mehrheit erringen. Die Liberalen strengen alle Kräfte an, um wenigstens die bol­legte mal von ihren Gegnern errungene Zmeis­drittel- Mehrheit zu brechen. Aber «8 ist fraglich, ob ihnen dies möglich ist. Im dritten Wahlkörper, der die kleineren Gewerbetreibenden umfaßt, üben die Antisemiten nahezu die Alleinherrschaft aus, sie errangen hier bei den festen Wahlen 46 Mandate; ale Bemühungen der Liberalen können nur dahin ger­­ic­tet sein, ihnen die 11 Mandate der inneren Stadt und des zweiten Bezirk (Leopoldstadt) zu entreißen. Nur der erste Wahlkörper, aus den Haus­hefigern und wohlhabendsten Bürgerkreisen bestehend, steht ziemlich geschlossen hinter den Liberalen­­­­graphien von Fidelisbad und dem Buddi. » "In der mittleren Gruppe liegt die Entscheidung und hier geben die Beamten des Staates, der Eisenbahnen und sonstiger Unternehmungen den Auschlag. Bekam­ntlich rührt von ihnen der Umschwung der Dinge her, seitdem sie sich im dem Streite zwischen Groß- und Kleinbürgertum auf die Seite der legteren geschlagen haben, ist das Ende des liberalen Stadtregiments gekommen. Aber es ist bisher nicht gelungen, ihre Vorliebe für Lueger und den Antisemitismus zu erschüttern; sie stehen in dem von dem genannten Volksführer prahlerisch verkündeten Duell Badeni-Lueger auf Seite des Septeren. Wohl löste die Regierung bereit, die eine ihrer Versprechungen ein und flug dem Abgeordnetenhaufe Verbesserung der Pensionen der Witwen und Waisen der Staatsbeamten vor; bald wird der noch wichtigere Gelegentwurf folgen, Erhöhung der Gehälter der Beamten betreffend, in welcher dem Staate eine jährliche Mehrausgabe von in wenigstend 16 Millionen Gulden auferlegt. Aber der soziale Kampf tobt deshalb doch fort und wird von der Opposition unter den augenblssisch populären Schlagworten des Antisemitismus geführt. Dagegen übt die Sozialdemokratie auf die steuerzahlenden Bevölkerungs­klassen nur geringe Anziehungskraft aus und sie hat denn auch, troß ihrer Lebhaften Agitation in allen Bezirken, nirgends Aussicht, an nur eine nennenswerte Zahl von Benfusmwählern auf fi zu vereinigen. Was wird nun geschehen, wenn Queger wieder mit einer stolzen Mehrheit in das Rathaus einziegt? Ein Wink von ihm und alle Mitglieder der anti- liberalen­ Partei werden ihm die Stimmen zum Bürgermeister geben. Falls er aber annimmt, ist die Auflösung des Gemeinderates sicher. Nicht ale Mit­­glieder der Partei Luegerd wünschen, daß er die Dinge auf die Seite treibe. Vermutlich werden die Führer der Antisemiten ihre Entscheidung davon ab­­hängig machen, ob ihre Zweidrittel-Mehrheit im Gemeinderat ungebrochen bleibt. Ist das der Fall, so werden sie bei ihrer tropigen Haltung verbleiben. Sollte aber ihre imposante Mehrheit abbrödeln, so werden sie berenten müssen, ob sie nicht alles durch ihre Halsstarrigkeit aufs Spiel legen. Denn dann sind sie in Gefahr, durch wiederholte Auflösungen des Gemeinderates und immer wiederkehrende Neuwahlen einen Ums­chwung der Dinge herbeizuführen.“ „Befangen, Tante Lina, gefangen.” Die Tante machte sich unwillig 08: „Lab mich, ein solcher Scherz ist unpassend, ist grausam." 8 zuchte bedenklich in ihren Mienen, das Weinen ‘war ihr ehr nahe. „Es ist sein Scherz,“ versicherte Gabriele in einem so ernsten, über­­zeugungsvollen Ton, daß jene nicht länger zweifeln konnte. „Aber Kind, das ist ja unmöglich,” sagte sie Heinlaut, „das könnte ja nicht mit rechten Dingen zugehen, dazu gehörte ein Wunder!” „Der Wunder höchsstes ist, daß uns die wahren echten Wunder so all­­täglich werden können!" zitierte Gabriele mit drolligem Pathos, indem sie die Tante wieder zu einem Stuhle zog und neben ihr Pla nahm. „Wir haben es hier, wenn du willst, nicht mit einem, sondern mit einer ganzen Reihe von Wundern zu thun, obgleich sein einzige darunter ist, bei dem die Engel bemüht werden müssen. Wunder Nr. 1. Mr. Bladhill ist ein ge­borener Deutscher und heißt ursprünglich Schwarzenberg.” „Das Wunder ist nicht so groß, mir haben das Geheimnis Halb und Halb durchschaut,­ fiel die Tante ein. „Weiter, weiter, wie kommt er zu deinem Vater ?” „Sie sind Jugendfreunde, Studiengenossen, das ist das zweite Wunder.” „Er hat deinen Vater aufgesucht ?“ „Gestern nachmittag, während wir draußen in Lebuig waren, ist er beim Vater gemein —" „Und er­ hat ihn zu heute s­­i­che geladen!” fiel Fräulein Lina ein, „das, du mußt es zugeben, Kind, ist das allergroße Wunder. Während der 14 Jahre, die ich hier im Hause lebe, ist er das erste Mal, daß ein Gast an unserm D Mittagsmahle teilnimmt.” „Dahinter steh­ etwas,” nichte Gabriele mit allerkiebst verfhmigter Miene, „und ich weiß auch was.“ (Fortlegung folgt.) Lange Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1. März 1896. Nr. 6755 Royal: und Tages: Chronik, Hermannstadt, 29. Februar, (Postalisces.) Das korrespondierende Bublitum wird hiemit ersucht, Briefe großen Formates, sowie Drucksachen, melde bei den Deffnungen der Brieffasten, ohne zusammengebogen zu werden, in dieselben nicht eingelegt werden können, ja nicht zusammenzubiegen und hineinzuzwängen, denn ed könnte vor­­kommen, daß ein solcher mit Gewalt in den Brieffasten hineingezwängter Brief, oder eine zusammengebogene Broschüre im Innern des Kaftens sich wieder in ihre ganze Größe entfalten, und die untere Deffnung desselben derart ver­­stelen könnte, daß dieser Gegenstand, sowie die später eingelegten Briefe beim Entleeren des Kaftens demselben nicht entfielen, welcher Umstand mehrere Tage nicht bemerkt werden, und daher bedeutende Verspätungen in der Ex­­pedition der Briefe verursachen konnte. Solche Sendungen größeren Formates wollen daher immer in die beim Bostamte befindlichen Sammeltästen hinter­­legt werden. (Rollstücke) In der Vollstühe wurden im Februar aufgeteilt 4706 Portionen Suppe, Zleiih und Brod, darunter 804 Kinderportionen, um 513 mehr als im Januar und um 751 Portionen mehr als im Februar 1895. (Siebenbürgisches Karpath­enmuseum.) Die Stadt Sächsisch- Regen spendete dem siebenbürgischen Karpathenmuseum 25 fl. Demselben sind weitere folgende Spenden zugegangen von: Ad. Sonn ein Ausstelungsichrant aus poliertem Nußholz, Schlossermeister Witty eine aus Eisen getriebene Rosette aus dem 16. Jahrhundert, 8. Schuller in Schäßburg neue Photos

Next